Bildungskluft in Deutschland: Wie Eltern die Bildungschancen ihrer Kinder beeinflussen
Der Bildungserfolg in Deutschland ist stark vom Elternhaus abhängig, mit höheren Chancen auf einen Hochschulabschluss für Kinder akademisch gebildeter Eltern. Einwanderungsgeschichte und das Alter bei der Zuwanderung beeinflussen ebenfalls signifikant den Bildungsstand im Erwachsenenalter.
Die Wahrscheinlichkeit, in Deutschland einen Hochschulabschluss zu erlangen, ist stark vom Elternhaus abhängig. Laut dem Statistischen Bundesamt in Wiesbaden haben Erwachsene aus einem akademischen Elternhaus um ein Vielfaches häufiger einen Hochschulabschluss als jene, deren Eltern keinen akademischen Abschluss besitzen.
Eltern mit höherer Bildung sind oft Vorbilder und unterstützen ihre Kinder besser akademisch. Sie verstehen das Bildungssystem besser und können gezielter helfen. Außerdem sind sie meist finanziell besser gestellt, was den Zugang zu guter Bildung und Förderprogrammen erleichtert. Studien zeigen, dass Kinder von Akademikern eher in einem Umfeld aufwachsen, das den Wert von Bildung betont, was ihre eigenen Bildungsziele und Erfolge fördert.
Neuer Bildungstrichter des DZHW: Bildungsherkunft entscheidend
Von 100 Kindern aus Familien mit akademischem Hintergrund beginnen 78 ein Hochschulstudium. Hingegen beträgt diese Zahl bei Kindern aus Familien ohne akademischen Hintergrund nur 25 von 100. Diese Erkenntnisse stammen aus dem aktuellen Bildungsbericht des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW).
Das Sozialprofil der neuen Studierenden unterscheidet sich stark von dem der gleichaltrigen Gesamtbevölkerung: Über die Hälfte (55 %) der Studienanfänger stammen aus Familien mit akademischem Hintergrund, während in der gleichaltrigen Gesamtbevölkerung nur 28 % dieser Hintergrund haben. Junge Menschen aus akademischen Familien sind daher unter den Studienanfängern deutlich überrepräsentiert. Im Gegensatz dazu sind Studienanfänger aus Familien, in denen die Eltern höchstens eine berufliche Ausbildung haben, mit 29 % unterrepräsentiert. Besonders selten vertreten sind diejenigen, deren Eltern keine berufliche Ausbildung haben: Nur 8 von 100 dieser jungen Menschen beginnen ein Hochschulstudium.
Diese Unterschiede entstehen jedoch bereits früh im Bildungsweg und nicht erst beim Übergang ins Studium. Kinder aus Familien ohne akademischen Hintergrund besuchen seltener Schulen, die zur Hochschulreife führen. „Besonders deutlich wird der Einfluss des familiären Bildungshintergrunds jedoch bei der Entscheidung für oder gegen ein Hochschulstudium. Bei Familien ohne akademischen Bildungshintergrund fällt diese Entscheidung oft gegen ein Studium aus, auch wenn das Kind viel-leicht ein hohes Bildungspotenzial hat“, erklärt Nancy Kracke, eine der Autorinnen der Studie.
„Soziale Ungleichheiten wirken über viele verschiedene ‚Kanäle‘“, sagt Sandra Buchholz, Professorin für Soziologie an der Leibniz Universität Hannover und Abteilungsleiterin am DZHW. „Gerade bei späteren Übergängen, wie der Entscheidung für oder gegen ein Studium, sind es weniger die Leistungsunter-schiede, die soziale Ungleichheiten vermitteln.“
Einfluss des elterlichen Bildungsstands auf den Hochschulabschluss
Menschen aus akademischen Elternhäusern haben viel häufiger einen Hochschulabschluss als jene, deren Eltern keinen akademischen Abschluss haben. Im Jahr 2021 hatten 56 % der 25- bis 65-Jährigen mit mindestens einem akademischen Elternteil selbst einen Hochschulabschluss. Das ist dreimal so viel wie bei Personen, deren Eltern nur einen beruflichen Abschluss oder die Hochschulreife hatten (19 %), und fast fünfmal so viel wie bei Menschen mit formal gering qualifizierten Eltern (12 %). Dies berichtet das Statistische Bundesamt (Destatis) im Nationalen Bildungsbericht, basierend auf einer Sondererhebung des Mikrozensus. Zum Vergleich: 24 % der Erwachsenen in dieser Altersgruppe hatten unabhängig vom Bildungsstand der Eltern einen Hochschulabschluss.
Wer gilt als formal gering qualifiziert?
Als formal gering qualifiziert gilt, wer weder einen beruflichen Abschluss noch die Hochschulreife hat, sondern nur einen Haupt- oder Realschulabschluss. Im Jahr 2022 traf dies auf 2,8 Millionen Menschen (17 %) im Alter von 25 bis 65 Jahren in Deutschland zu. Kinder von formal gering qualifizierten Eltern waren zu 40 % selbst formal gering qualifiziert. Dieser Anteil sinkt deutlich mit dem Bildungsniveau der Eltern: Bei Eltern mit beruflichem Abschluss oder Hochschulreife waren nur 7 % der Kinder formal gering qualifiziert, und bei Kindern aus akademischen Elternhäusern waren es nur 3 %.
Einwanderungsbezogene Unterschiede im Bildungsstand
Unterschiede im Bildungsstand der 25- bis 65-Jährigen hängen auch mit der Einwanderungsgeschichte zusammen. Im Jahr 2022 hatten in Deutschland geborene Kinder von zwei zugewanderten Eltern seltener einen Hochschulabschluss (19 %) als Menschen ohne Migrationshintergrund (25 %) und waren häufiger formal gering qualifiziert (23 % gegenüber 10 %). Diese Unterschiede lassen sich jedoch vollständig durch den im Durchschnitt niedrigeren Bildungsstand der zugewanderten Eltern erklären.
Alter zum Zeitpunkt der Zuwanderung sind entscheidend
Einwanderungsbezogene Unterschiede im Bildungsstand zeigen sich deutlich bei selbst Zugewanderten, abhängig vom Alter zum Zeitpunkt der Zuwanderung nach Deutschland. Erwachsene, die als Minderjährige zugewandert sind, haben einen höheren Bildungsstand, je jünger sie bei der Zuwanderung waren. Von denen, die vor ihrem dritten Lebensjahr nach Deutschland kamen, haben die meisten einen Hochschulabschluss (24 %) und sind selten formal gering qualifiziert (20 %). Im Gegensatz dazu haben Erwachsene, die im Alter von 14 bis 18 Jahren zugewandert sind, die niedrigste Hochschulabschlussquote (9 %) und sind am häufigsten formal gering qualifiziert (49 %).
Erwachsene, die mit 18 Jahren oder älter nach Deutschland kamen, haben mit 25 % genauso oft einen Hochschulabschluss wie Menschen ohne Einwanderungsgeschichte, wobei 79 % dieser Abschlüsse bereits im Ausland erworben wurden. Allerdings ist der Anteil der formal gering Qualifizierten bei den im Erwachsenenalter Zugewanderten mit 38 % fast viermal so hoch wie bei Menschen ohne Einwanderungsgeschichte (10 %).
Eigene Bildungschancen verbessern
Wenn man den eigenen Bildungserfolg unanhängig davon verbessern möchte, gibt es mehrere Ansätze:
- Eigeninitiative und Selbststudium: Nutze öffentliche Bibliotheken, Online-Ressourcen, Bücher und Bildungsplattformen, um selbstständig zu lernen und Wissen zu erwerben.
- Schulische Unterstützung: Suche aktiv nach Unterstützung in der Schule oder der Hochschule, z.B. durch Tutorien, Nachhilfe oder Gespräche mit Lehrkräften und Beratern.
- Mentoring und Netzwerkaufbau: Finde Mentoren oder unterstützende Personen in deinem Umfeld, die Erfahrung im Bildungssystem haben und dich beraten können.
- Teilnahme an Bildungsprogrammen: Nutze Angebote wie Workshops, Sommerkurse, Fortbildungen oder Förderprogramme, um zusätzliches Wissen und Fähigkeiten zu erwerben.
- Engagement in außerschulischen Aktivitäten: Aktivitäten wie Sport, Kunst, Musik oder ehrenamtliche Arbeit können nicht nur die persönliche Entwicklung fördern, sondern auch die Bildung ergänzen.
- Finanzielle Unterstützung und Stipendien: Informiere dich über Möglichkeiten der finanziellen Unterstützung, z.B. Stipendien, Darlehen oder Bildungsfonds, um Bildungsbarrieren zu überwinden.
- Fokus auf persönliche Ziele und Motivation: Setze klare Bildungsziele und arbeite kontinuierlich daran, motiviert zu bleiben und Hindernisse zu überwinden.
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