Fachkräftemangel: Fehlende Tech-Spezialisten gefährden unsere Gesellschaft
Eine aktuelle Untersuchung von Stifterverband und McKinsey zeigt: Der technologische Fortschritt verschärft den Fachkräftemangel noch stärker als bislang gedacht. Bis zum Jahr 2026 werden vermutlich 780.000 zusätzliche Spezialisten benötigt. Bestimmte Skills sind besonders gefragt.
Das Schlagwort Fachkräftemangel ist in vielen Branchen im täglichen Sprachgebrauch bereits fest verankert, und ein Ende ist trotz der Bemühungen der Hochschulen nicht in Sicht. Das bestätigt eine aktuelle Online-Studie, die der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und die Unternehmensberatung McKinsey in diesem Sommer durchgeführt haben. Für ihre Analyse haben sie leitende Angestellte und Personalverantwortliche von 377 Unternehmen und 123 Behörden befragt. Parallel warfen sie einen Blick auf die deutsche Hochschullandschaft, um folgende Frage beantworten zu können: Bei welchen Studiengängen liegt der Schwerpunkt auf der Vermittlung von einer oder mehrerer Future Skills? Die Ergebnisse zeigen, dass das Berufsbild der Ingenieurinnen und Ingenieure noch weiter an Bedeutung gewinnt.
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Fachkräftemangel nach wie vor eklatant bei MINT-Fächern
Im Jahr 2018 hatte der Stifterverband bereits eine Studie mit ähnlichem Design initiiert. Aus den erhobenen Daten schätzten sie den zusätzlichen Bedarf an Fachkräften – damals bis zum Jahr 2023 gerechnet – auf etwa 700.000. Selbst diese bereits sehr hohe Zahl wird von den neuen Ergebnissen in den Schatten gestellt. Die Forschenden korrigierten die damaligen Werte um mehr als 11% nach oben.
„Der massive Bedarf an technologischen Kompetenzen ist eine große Herausforderung für Unternehmen und für die öffentliche Verwaltung“, sagt Volker Meyer-Guckel, stellvertretender Generalsekretär des Stifterverbandes.
„Denn Beschäftigte in den MINT-Berufen tragen wesentlich zum Wohlstand der Gesellschaft bei. Deshalb ist es oberste Priorität, durch intensive Anstrengungen in der Aus- und Weiterbildung dem wachsenden Fachkräftebedarf nachzukommen.“
Die Verantwortlichen in den Hochschulen sind sich über dieses Thema durchaus im Klaren, wie die Umfrage bestätigt. Allein das Angebot an technologienahen Studiengängen hat sich seit 2018 von 111 auf 311 nahezu verdreifacht. Ganz vorne dabei sind Studiengänge im Bereich Data Analytics und künstliche Intelligenz (KI). Parallel stocken Unternehmen und Behörden über Weiterbildungen die Zahl der Mitarbeitenden auf, die im Bereich Softwareentwicklung oder IT-Architektur eingesetzt werden können. Expertinnen und Experten stehen ohnehin ganz oben auf der Wunschliste, gemeinsam mit Fachleuten, die sich mit Data Analytics und KI auskennen. Etwa 40.000 Personen schließen nach Angaben der Forschenden jedes Jahr ein Studium im IT-Bereich ab – und können den Fachkräftemangel doch nicht beseitigen.
Technologische Herausforderungen verstärken Fachkräftemangel
Dass beim Fachkräftemangel kein Ende abzusehen ist, verwundert nicht. Schließlich ist die Digitalisierung eines der beherrschenden Themen unserer Zeit, verbunden mit dem verstärkten Einsatz künstlicher Intelligenz. Diese schafft wiederum zusätzliches Potenzial für den Einsatz von Robotern. Aber auch für die Energiewende wird mehr Know-how in den MINT-Bereichen benötigt. Dabei ist Energiewende ein Oberbegriff für viele Teilbereiche, in denen der Bedarf rasant steigt, etwa Elektromobilität und natürlich der Ausbau und die Forschung im Bereich erneuerbare Energien.
„Der Ausbau der Studiengänge in den technologienahen Studiengängen ist enorm“, sagt McKinsey-Partnerin Julia Klier. „Trotzdem wird der massive Bedarf an Tech-Spezialisten allein durch mehr Absolventinnen und Absolventen nicht zu decken sein. Dem Thema Up- und Reskilling von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Tech-Fähigkeiten wird daher in den kommenden Jahren eine zentrale Bedeutung zukommen.“
Die Herausgebenden der Studie betonen, dass ein weiterer Ausbau der technologisch orientierten Studiengänge und Weiterbildungsmöglichkeiten unverzichtbar sei. Parallel sehen sie als sinnvoll an, andere Studiengänge um Technik- und Informatikinhalte zu erweitern. Gemeint sind damit Fächer in verwandten Bereichen wie der Medizintechnik oder Bio-Informatik.
Ingenieurinnen und Ingenieure benötigen zusätzliche Kompetenzen für eine Karriere
Der Fachkräftemangel wird dadurch erschwert, dass es nicht reicht, beispielsweise eine Ingenieurin oder ein Ingenieur zu sein. Gleichzeitig werden die sogenannten transformativen Kompetenzen immer stärker benötigt. Gemeint ist damit unter anderem die Fähigkeit, Qualitätsunterschiede zwischen verschiedenen Informationsquellen beurteilen zu können (Urteilsfähigkeit) oder das Vermögen, echte Visionen zu entwickeln und andere Menschen davon zu überzeugen, dass diese erstrebenswert seien (Missionsorientierung). Unverzichtbar ist natürlich auch die Innovationsfähigkeit.
„Die sich rasant verändernde Arbeitswelt erfordert von den Unternehmen eine stetige Analyse der in ihrem Unternehmen benötigten Kompetenzen“, sagt Klier. „Unternehmen müssen die für sie besonders wichtigen Future Skills identifizieren und mit den vorhandenen Kompetenzen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abgleichen. Eventuelle Kompetenzlücken müssen geschlossen werden – durch Neueinstellungen und vor allem durch Qualifizierungen der Beschäftigten. Nur so können Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben.“
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