Landesrechnungshof prüft 21.12.2012, 18:28 Uhr

European Business School (EBS) in der Existenzkrise

Die European Business School (EBS) ist in den Verdacht des hessischen Landesrechnungshofs geraten, staatliche Projektmittel in nicht dafür vorgesehene Kanäle geleitet zu haben. Im Zuge der Prüfungen gerät auch die Landesregierung in die Kritik. Sie soll bei der Mittelvergabe nicht penibel genug hingeschaut haben.

Die European Business School (EBS) ist in die Schlagzeilen geraten. Die Privatuniversität für Wirtschaft und Recht im Rheingau und in Wiesbaden verzeichnet ein Defizit in Höhe von rund 5 Mio. €. Harte Kritik übt der hessische Landesrechnungshof nicht allein an der EBS, die ein namhafter MBA-Anbieter für weiterbildungswillige Ingenieure ist, sondern auch an der Landesregierung.

Der interne Bericht des Landesrechnungshofs vom 7. Dezember, der den VDI nachrichten vorliegt, lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. Er nimmt auf Beschluss des hessischen Landtags die umstrittene Förderung für den Aufbau der Law School als zweitem Standbein der EBS und die damit verbundene Universitätsgründung unter die Lupe. Die Prüfer sind der Auffassung, dass mit den Projektmitteln des Landes in Höhe von 24,7 Mio. € nur der Aufbau der juristischen Fakultät unterstützt werden dürfe. Tatsächlich seien aber „in erheblichem Umfang“ auch bestehende Strukturen der EBS gefördert worden.

Hinweise auf eine „finanzielle Schieflage“ der European Business School (EBS) 

Im Fokus der Diskussion steht der geplante Um- und Erweiterungsbau des ehemaligen Landgerichts in Wiesbaden als Standort für die Law School. Neben den rund 24 Mio. €, die das Land bereits in sein „Leuchtturmprojekt“ gesteckt hat, hält die Stadt Wiesbaden weitere 10 Mio. € für das Bauvorhaben bereit.

Doch der Baubeginn lässt auf sich warten. Mitten hinein in die Hängepartie platzte nun der Prüfbericht. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) habe weder den Bedarf für eine wirtschaftsnahe Juristenausbildung und eine weitere Universität in Hessen belastbar analysiert noch eine Prüfung der Zuverlässigkeit und Ordnungsmäßigkeit der EBS-Geschäftsführung und ihrer Bonität dokumentiert, heißt es. Trotz erster Hinweise auf eine „finanzielle Schieflage“ der Hochschule habe das Ministerium die finanziellen Verhältnisse nicht eingehend geprüft.

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Die EBS wiederum habe unter anderem die Regelungen des Vergaberechts nicht eingehalten. Dem HMWK empfiehlt der Rechnungshof vor diesem Hintergrund, alle wesentlichen Beschaffungsvorgänge zu überprüfen und gegebenenfalls Rückforderungen geltend zu machen. Zwei Tage vor Übersendung des Berichts an den Landtag hatte Hessens Wissenschaftsministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) verkündet, sie wolle die letzten 700 000 € der Fördersumme aussetzen, weil sie keine Informationen zur Liquidität der Universität habe. Zuvor hatten Hessens Wirtschaftsminister Florian Rentsch (FDP) und Wiesbadens Oberbürgermeister Helmuth Müller (CDU) ihren Sitz im Aufsichtsrat der kriselnden Universität aufgegeben.

Rechnungshof bringt nicht nur die EBS in Erklärungsnot

Die Wertung des Rechnungshofs bringt nicht nur die EBS, sondern auch die Regierungsparteien CDU und FDP erneut in Erklärungsnot. Kühne-Hörmann weist die Vorwürfe „ausdrücklich“ zurück. Die Entscheidung der Landesregierung, den Aufbau der EBS zur Universität zu fördern, sei „richtig und sinnvoll“ gewesen, betont die Ministerin.

Die Landeshaushaltsordnung sieht laut Kühne-Hörmann eine Bonitätsprüfung nicht als Regelprüfung vor. Für das Geschäftsjahr 2008 habe ein uneingeschränktes Testat von Wirtschaftsprüfern vorgelegen, so die Ministerin. Auch habe der Aufbau der Universität durch Schaffung einer weiteren Fakultät stets im Zentrum des Projekts gestanden. Zudem habe es einen Studiengang mit dem Schwerpunkt Wirtschaftsrecht in Hessen zuvor nicht gegeben.

Für die Opposition kündigt sich indes ein politischer Skandal an: „Während die staatlichen Hochschulen am Hungertuch nagen, hat Frau Kühne-Hörmann rund 24 Mio. € in der Law School versenkt“, kommentiert der SPD-Abgeordnete Marius Weiß den Prüfbericht. Die Finanzdaten der EBS seien offenbar „sakrosankt“ gewesen, erklärt der wissenschaftspolitische Sprecher der Grünen, Daniel May. Der Rechnungshofbericht habe klargemacht, dass die gesamte Förderung der EBS von Anfang an nicht den öffentlich verkündeten Zielen gedient habe. Auch die CDU sieht in der fehlerhaften Verwendung von Fördermitteln kein Kavaliersdelikt. „Die Wirtschaftshochschule hat sich hier nicht mit Ruhm bekleckert“, konstatiert der hochschulpolitische Sprecher der Christdemokraten, Rolf Müller.

Bereits 2011 hatte das HMWK wegen Unstimmigkeiten eine Überprüfung für das Projekt veranlasst und daraufhin eine Rückforderung von rund 1 Mio. € für die Jahre 2009 und 2010 gestellt. „Wer will denn an einer solchen Hochschule schon Jura studieren?“, fragt Janine Wissler, Fraktionschefin der Linkspartei.

EBS setzt auf mehr Studierende, Mehreinnahmen durch Studiengebühren, Drittmittel und Weiterbildungsangebote

Doch gerade auf mehr Studierende, mehr Einnahmen durch Studiengebühren, Drittmittel und Weiterbildungsangebote setzt EBS-Präsident Rolf Cremer. Der Wirtschaftsingenieur ist seit Juni 2011 Nachfolger von Christopher Jahns, der den Aufbau der Law School und die Weiterentwicklung der EBS zur Universität vorangetrieben hatte und für Aufsehen sorgte, weil die Staatsanwaltschaft Wiesbaden ihn 2011 wegen Untreue zulasten seines ehemaligen Arbeitgebers angeklagt hatte. Die Vorwürfe – Scheinrechnungen in Höhe von 180 000 € – weist Jahns bis heute zurück.

Sein Nachfolger versucht unterdessen, die Privatuniversität wieder auf die Beine zu stellen und Renommee zurückzugewinnen. Auf rund 5 Mio. € beziffert Cremer das Defizit, das sich seit 2008 aufgebaut habe. Der Präsident führt es unter anderem auf einen schnellen Personalausbau im Verwaltungsbereich zurück. So seien die jährlichen Personalaufwendungen zwischen 2008 und 2011 um 50 % von 12 Mio. € auf 18 Mio. € gestiegen, die Einnahmen aber mit den steigenden Ausgaben nicht ausreichend gewachsen. „Es klappte eine Schere zwischen Aufwand und Ertrag auf“, so Cremer. Das von externen Gutachtern geprüfte Aufbauprogramm „EBS 2018“ soll die Uni in die Lage versetzen, sich dauerhaft selbst zu finanzieren. 2014 soll sie wieder schwarze Zahlen schreiben.

Bis dahin soll eine Zwischenfinanzierung greifen. Cremer verweist zudem auf reformierte interne Strukturen, die Einführung einer „transparenten, nachvollziehbaren Governance“, Verbesserungen des internen Kontrollsystems sowie neue Regelungen im Beschaffungswesen und in der Rechnungsprüfung.

Der EBS-Präsident übt sich in Optimismus: „Forschung und Lehre werden von der derzeitigen Diskussion nicht beeinträchtigt.“ Im Jahr 2011 sei es aufgrund der Ereignisse um den früheren Präsidenten der EBS schon schwerer gefallen, neue Sponsoren zu finden, räumt Cremer ein. Der Reputationsverlust sei aber größtenteils wieder wettgemacht, sagt er mit Blick auf die rund 200 Förderer, die die Hochschule derzeit hat.

Wohin die Reise am geplanten Standort in Wiesbaden geht, soll nach Angaben eines EBS-Sprechers bis Februar 2013 klar sein. Doch damit dürfte die Debatte noch nicht beendet sein. Der hessische Landtag will genau wissen, was mit dem Geld geschah, das im Rahmen der Projektförderung in die EBS geflossen ist, und wer für was Verantwortung trägt. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zu den Vorgängen wurde einstimmig eingesetzt.

Ein Beitrag von:

  • Jutta Witte

    Surpress Journalistenbüro in Tübingen. Themenschwerpunkte: Bildung, Forschung und Wissenschaft.

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