MINT-Fächer im Fokus des Hochschul-Barometers 2023: Abbruchquoten, Attraktivität und Perspektiven
Die Hochschulen sehen es als eine wichtige Aufgabe an, ihren Beitrag gegen den Fachkräftemangel zu leisten. Dabei haben sie selbst größere Schwierigkeiten, Fachkräfte für Wissenschaft und Verwaltung zu gewinnen. Insgesamt verschlechtert sich die Stimmung unter den Hochschulleitungen weiter. Das sind Ergebnisse des aktuellen Hochschul-Barometers.
Durch ihre Aktivitäten in Forschung, Lehre und Wissenstransfer nehmen Hochschulen Einfluss auf Innovationsprozesse und gesellschaftliche Entwicklungen. Doch welche Richtung schlagen die Hochschulen ein? Inwiefern beeinflussen die Strategien von Wirtschafts- und Politikpartnern die Entwicklung der Hochschulen? Das Hochschul-Barometer des Stifterverbandes bietet seit 2011 Einblicke aus der Perspektive der Hochschulleitungen, indem es diese Fragen beantwortet.
Der Praxisbezug des Studiums spielt dabei eine entscheidende Rolle: 73,6 Prozent der befragten Hochschulleitungen sind dieser Untersuchung zufolge der Meinung, dass eine stärkere Praxisorientierung des Studiums dazu beiträgt, den Fachkräftemangel zu verringern. Lediglich 31,4 Prozent der staatlichen Universitäten teilen diese Ansicht.
Praxisbezug im Studium
Ein Studium, das einen engen Kontakt zur realen Arbeitswelt pflegt, ermöglicht es den Studierenden, ihre theoretischen Kenntnisse in praktischen Situationen anzuwenden und zu vertiefen. Dieser direkte Bezug zur Praxis fördert nicht nur ein besseres Verständnis der Studieninhalte, sondern vermittelt auch wichtige Fähigkeiten, die im späteren Berufsleben unerlässlich sind. Durch Praktika, Fallstudien, Projekte mit Unternehmen und andere praxisorientierte Lehrmethoden können Studierende konkrete Einblicke in ihren zukünftigen Berufsfeldern gewinnen und entwickeln gleichzeitig die notwendige Handlungskompetenz. Ein praxisnahes Studium trägt somit dazu bei, dass Absolventinnen und Absolventen gut gerüstet und motiviert in den Arbeitsmarkt eintreten können.
In den MINT-Fächern Abbruchquoten verringern
Um die heutigen Probleme wie Klimawandel, Digitalisierung, gesellschaftliche Widerstandsfähigkeit, Pandemien und künstliche Intelligenz zu bewältigen, brauchen Absolventen spezielle Fähigkeiten. Jedoch denken mehr als die Hälfte der Hochschulleitungen (55,1 Prozent), dass die Bedeutung von Lehre und Vermittlung von Fähigkeiten an deutschen Hochschulen im Vergleich zur Forschung zu gering ist. Besonders in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) besteht die Herausforderung, Abbruchquoten zu verringern, den Frauenanteil zu erhöhen und die Studiengänge attraktiver zu machen.
In diesem Zusammenhang kooperieren fast alle Hochschulen (95 Prozent) bereits mit Schulen, um das MINT-Bildungsangebot zu erweitern, beispielsweise durch die Einführung von Lernlaboren oder Schülerforschungszentren. Allerdings nutzen nur 50 Prozent der Hochschulen die Gelegenheit, die interdisziplinäre Lehre zu fördern und so MINT-Fächer für neue Zielgruppen attraktiver zu gestalten.
Vielfältige Bildungs- und Karrierewege eröffnen
Über herkömmliche Bildungswege hinaus tragen Hochschulen dazu bei, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Die überwiegende Mehrheit der Rektorinnen, Rektoren, Präsidentinnen und Präsidenten berichtet, dass sie in den vergangenen fünf Jahren ihre Angebote für berufsbegleitende Weiterbildungen erweitert haben. Diese Entwicklung wird nach ihren Einschätzungen in den nächsten fünf Jahren weiter an Dynamik gewinnen. Zusätzlich geben fast drei Viertel (73 Prozent) der Hochschulleitungen an, dass die Förderung einer stärkeren Verbindung zwischen akademischer und beruflicher Bildung einen zentralen Aspekt ihrer Hochschulstrategie bildet. Dadurch sollen Studierenden vielfältige Bildungs- und Karrierewege eröffnet werden.
Stimmung an den Hochschulen sinkt
An den Hochschulen ist die Stimmung so schlecht wie noch nie seit dem Beginn der Messungen durch das Hochschul-Barometer. Im Vergleich zum Vorjahr ist sie um 7,5 Punkte gesunken und liegt jetzt bei 22,0 Punkten auf einer Skala von -100 bis +100, wenn man die aktuelle Lage bewertet. Besonders kleinere und mittlere Hochschulen sind unzufrieden. Das liegt teilweise daran, dass die Einschätzung der Wettbewerbsfähigkeit drastisch abgenommen hat. Nur etwas mehr als die Hälfte der Hochschulleitungen (51,5 Prozent) denkt, dass der Hochschulstandort Deutschland im internationalen Vergleich gut dasteht. Im Vorjahr waren es noch fast drei Viertel (72,5 Prozent). Gründe dafür sind unter anderem höhere Energiekosten und allgemeine Preissteigerungen.
Ein weiteres Anliegen, das die Hochschulen stark beschäftigt, betrifft ihre eigene Personalsituation. Es wird zunehmend schwieriger, qualifiziertes Personal für den wissenschaftlichen Bereich oder die Verwaltung zu gewinnen und zu halten. Nur noch jede fünfte Hochschule (20,1 Prozent) beurteilt ihre Personalsituation (aktuelle Ausstattung und Rekrutierungschancen) als (eher) gut. Im Vergleich dazu waren es in der Erhebung von 2020 noch über ein Drittel und 2021 etwa 29 Prozent.
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