OECD: Deutsches Bildungssystems hat sich in der Krise bewährt
Die OECD stellt dem deutschen Bildungssystem ein gutes Zeugnis aus: Vor allem die duale Berufsausbildung bewahrt die jungen Menschen in Deutschland vor Arbeitslosigkeit. Allerdings ist ein Hochschulstudium immer noch stark vom sozialen Hintergrund abhängig.
Gute Bildung ist Gold wert. Diese These wird durch den aktuellen Bildungsbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in den großen Industrienationen bestätigt. Erfreulich aus deutscher Sicht: Jugendliche sind seltener arbeitslos als in anderen Ländern, eine Folge des dualen Ausbildungssystems, wie die OECD hervorhebt. Da der Anteil der Jugendlichen in der Berufsausbildung vergleichsweise hoch ist (wobei die im Übergangssystem verharrenden und auf eine Ausbildung wartenden Jugendlichen mitgezählt sind), studieren in Deutschland zwangsläufig weniger junge Menschen als anderswo. Die OECD kritisiert trotzdem den geringeren Anteil der Hochschulabsolventen hierzulande (28 % gegenüber dem OECD-Durchschnitt von knapp 40 %).
MINT-Fächer: Frauen holen auf
In die Hochschulbildung sei dennoch Bewegung gekommen. Besonders die gefragten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Natur- und Technikwissenschaften) erfreuten sich besonders bei Frauen steigender Beliebtheit. Ihr Anteil unter den Mathematik- und Statistik-Absolventen betrug im Jahr 2000 noch 42 %, im Jahr 2011 waren es 59 %. Im Bereich Maschinenbau legte die Zahl der weiblichen Studienanfänger laut VDI von 2001 mit 5000 bis 2011 auf 10 659 Studienstarter zu.
Wie wichtig gute Bildung ist, zeigt die Tatsache, dass bei Akademikern in Deutschland nahezu Vollbeschäftigung herrscht: Nur 2,4 % der Hochschulabsolventen waren 2011 erwerbslos. Sie verdienen durchschnittlich das 1,5-Fache derjenigen, die nur Abitur oder einen vergleichbaren Schulabschluss haben.
Die Entwicklung verschlafen hat Deutschland bei der Bezahlung weiblicher Führungskräfte. Bei der OECD heißt es: „In keinem anderen Land, für das Daten zur Verfügung stehen, ist die Geschlechterdifferenz beim Anteil der Personen mit hohem Bildungsniveau … größer.“
Hochschulzugang hängt stark von sozialer Herkunft ab
Dass es sich beim Hochschulzugang immer noch um einen Flaschenhals handelt, hat für den Präsidenten des Deutschen Studentenwerks (DSW), Dieter Timmermann, handfeste Gründe: „Die Bildungsbiografie eines Menschen hängt in Deutschland noch immer entscheidend von der Bildungsherkunft seiner Familie ab. Diese grundlegende und seit Jahren unveränderte soziale Selektivität müsste die Verfechter von sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit mächtig erschrecken, uns jedenfalls erschreckt sie.“
Die am Mittwoch vorgestellte DSW-Sozialerhebung bestätigt die Zementierung sozialer Ungleichheit: Von 100 Akademiker-Kindern studieren 77 von 100 Kindern aus Familien ohne akademischen Hintergrund schaffen nur 23 den Sprung an eine Hochschule. Timmermann: „Dagegen hat die deutsche Bildungspolitik bislang weder Rezept noch Konzept.“
Derweil haben sich die Arbeitgeber mit den neuen Studienabschlüssen arrangiert, vor allem mit dem Master, wie die Studie „JobTrends“ des Beratungsunternehmens Staufenbiel zeigt. Personaler ziehen inzwischen die Master-Absolventen den Kandidaten mit einem Universitätsdiplom vor. Nur jedes dritte Unternehmen präferiert bei der Auswahl von Ingenieuren den Bachelor-Abschluss. „Dies zeigt die Hochachtung für Spezialisten mit Master und Diplom“, heißt es.
Der Master ist inzwischen akzeptiert
Die Einstiegs- und Entwicklungsperspektiven sind für die Abschlüsse allerdings ähnlich. Rund jeder zweite Arbeitgeber bietet laut Studie Bachelor-Absolventen die gleichen Entwicklungsperspektiven. „Das klingt bemerkenswert“, lautet der Staufenbiel-Kommentar, „liegt aber auch daran, dass einige Unternehmen ihren Mitarbeitern später etwa ein berufsbegleitendes Master-Studium ermöglichen, wenn es um die weitere Laufbahn geht.“
Dafür müssen viele Bachelor-Studenten Einbußen beim Gehalt hinnehmen: 57 % der Unternehmen bezahlen Master-Absolventen höhere Gehälter als Einsteigern mit Bachelor-Abschluss. Die Einstiegsgehälter liegen im Durchschnitt 14 % höher.
Für 83 % der Arbeitgeber zählt der passende Studienschwerpunkt zu den wichtigsten Kriterien bei der Auswahl neuer Mitarbeiter, für 56 % gehört dazu auch die Examensnote. Eine möglichst kurze Studiendauer ist hingegen nur für 42 % der Personaler entscheidend. Den Ruf der Hochschule finden nur 7 % wichtig.
Ein Beitrag von: