Wer lehrt morgen? Gehen Deutschland die Professoren aus?
Der deutsche Hochschulsektor steht vor einem gewaltigen Umbruch: Ab 2029 werden jährlich Tausende Professuren neu besetzt, weil die Boomer-Generation in den Ruhestand geht.
![Professoren](https://www.ingenieur.de/wp-content/uploads/2025/02/panthermedia_16090839_4500x3000-scaled-e1739427321407-1200x600.jpg)
Boomer-Ruhestand: Wer besetzt die Professuren von morgen?
Foto: PantherMedia / matej kastelic
Inhaltsverzeichnis
Ab 2029 erreichen jährlich mindestens 2.000 Professorinnen und Professoren in Deutschland das Rentenalter von 65 Jahren. Dieser Generationswechsel betrifft besonders die Hochschulen, darunter Fächer wie Evangelische Theologie, wo bis 2033 über die Hälfte der Lehrkräfte in den Ruhestand geht. Eine Analyse des CHE Centrum für Hochschulentwicklung zeigt, dass dies sowohl Herausforderungen als auch Chancen für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie die Hochschulen mit sich bringt.
Wandel im deutschen Hochschulsystem
Laut Statistischem Bundesamt gab es 2023 in Deutschland 43.078 fest angestellte Professorinnen und Professoren unter 65 Jahren. Bis 2033 wird voraussichtlich fast die Hälfte von ihnen diese Altersgrenze erreichen. Ab 2029 treten jährlich mindestens 2.000 Hochschullehrende in den Ruhestand. Der Renteneintritt der geburtenstarken Boomer-Generation führt damit zu einem großen personellen Wandel im deutschen Hochschulsystem.
„In den kommenden zehn Jahren müssen in Deutschland aufgrund des demographischen Wandels mehr als 40 Prozent der Professuren neu besetzt werden“, stellt der Geschäftsführer des CHE Centrum für Hochschulentwicklung Frank Ziegele fest. „Dieser Generationenwechsel mit den entsprechenden Ausschreibungen und Auswahlverfahren kostet Zeit und Geld. Personelle Umbrüche dürfen nicht für Sparprogramme herhalten“. Von daher sollten Hochschulen und Politik den demografischen Wandel frühzeitig planen und gezielt nutzen.
Die Altersanalyse des Statistischen Bundesamtes zeigt deutliche Unterschiede zwischen Bundesländern, Hochschultypen und Fachbereichen. Besonders betroffen sind Pädagogische Hochschulen, wo bis 2033 rund 55 % der Professorinnen und Professoren das Rentenalter erreichen. Deutlich jünger ist das Personal an privaten Fachhochschulen bzw. HAW, mit nur 34 % in dieser Altersgruppe.
Generationenwechsel an Hochschulen
Studienleiter Marc Hüsch kommt zu dem Schluss, dass in den nächsten Jahren auch an vielen Kunst- und Musikhochschulen ein Generationenwechsel bevorsteht. Besonders betroffen seien die Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft sowie die Hochschule für Künste Bremen, die zu den Einrichtungen mit dem höchsten Anteil an Professorinnen und Professoren gehören, die voraussichtlich in den nächsten zehn Jahren in den Ruhestand gehen. Zudem zeige die detaillierte Analyse der Altersstruktur je nach Lehr- und Forschungsbereich ein differenziertes Bild.
„Viele Professuren aus den Bereichen Kunst und Medien, Geschichte, Zahnmedizin oder Architektur müssen in der nächsten Dekade neu besetzt werden. In der Evangelischen Theologie erreichen in den kommenden zehn Jahren mehr als 60 Prozent der aktuellen Professorinnen und Professoren die Pensionsgrenze“, kommentiert Marc Hüsch, Leiter des CHE Datenportals hochschuldaten.de. „Dadurch könnten sich in bestimmten Fächern auch die Chancen für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf eine akademische Karriere erhöhen. Für die Hochschulen bieten sich mit den Neubesetzungen außerdem strategische Entwicklungschancen“.
Ähnliches Problem im Ingenieur- und IT-Sektor
In den nächsten zehn Jahren gehen bis zu 340.000 Fachkräfte aus dem Ingenieur- und IT-Sektor in den Ruhestand – eine Herausforderung für den Arbeitsmarkt. Während der Fachkräftemangel wächst, rückt der Wissenstransfer von erfahrenen Ingenieuren in den Fokus. Neben Zuwanderung und einer stärkeren Förderung von Frauen in MINT-Berufen könnte die gezielte Einbindung älterer Fachkräfte dazu beitragen, die Lücke zu schließen und wertvolles Know-how für die Zukunft zu sichern.
Ein Beitrag von: