IU Lernreport 2024: Wie lernt eigentlich Deutschland?
Der IU Lernreport 2024 liefert spannende Einblicke in das Lernverhalten in Deutschland. Und genau darüber spricht Prof. Dr. Ulrike Lichtinger, Professorin für Sozialwissenschaften an der IU Internationalen Hochschule und Expertin für Positive Bildung im Interview mit Ingenieur.de. Sie erläutert, warum lebenslanges Lernen so bedeutsam ist, welche Faktoren den Lernerfolg fördern und wie innovative Technologien wie KI die Bildungslandschaft verändern können.
Was war die Hauptmotivation für die Durchführung des „IU Lernreports 2024“, und welche Fragen wollten Sie mit dieser Studie besonders beantworten?
Wir wollten gern einen Status Quo, wie die Menschen in Deutschland heutzutage, in Zeiten von digitalen Medien und KI, lernen. Was sind Treiber, was Barrieren beim Lernen? Und welche Rolle spielt lebenslanges Lernen in der heutigen Zeit? Die Idee ist, diese Befragung alle zwei Jahre zu wiederholen, um auch Trends abzubilden. Als größte Hochschule in Deutschland ist gerade das lebenslange Lernen ein großes Thema für uns – unsere Studierenden im Fernstudium stehen ja oft bereits im Beruf oder kümmern sich um Kinder oder andere Angehörige und sind eben auch älter als Erstis, die gerade von der Schule kommen. Wir wollten einen Überblick darüber bekommen, wie Menschen lernen, was und warum – oder auch warum nicht. Wir von der akademischen Seite können die Ergebnisse einordnen und wertvolle Hilfestellung geben, was sich ändern muss und wie es besser klappen kann.
Überraschende Ergebnisse
Gab es überraschende oder unerwartete Ergebnisse für Sie persönlich, die aus der Studie hervorgingen? Womit haben sie gar nicht gerechnet?
Zunächst finde ich die Teilnehmerzahl von N=2512 Personen und die Abbildung der Ergebnisse nach Alterskohorten sehr gut. Das erlaubt uns, Rückschlüsse über alle Altersstufen zu ziehen und Besonderheiten zu identifizieren.
Inhaltlich fand ich es besonders erstaunlich, dass in allen Altersgruppen etwa ein Drittel der Befragten angibt, aktuell kein Interesse am Lernen zu haben. Das hat mich überrascht, weil Lernen von allen insgesamt positiv oder zumindest eher positiv wahrgenommen wird und in unserer Gesellschaft als Schlüssel zur persönlichen Weiterentwicklung und zum lebenslangen Erfolg gilt. Gerade in Zeiten, in denen lebenslanges Lernen als unverzichtbar angesehen wird, zeigt dieses Ergebnis, dass es Barrieren oder Haltungen gibt, die wir noch besser verstehen müssen.
So gar nicht gerechnet habe ich damit, dass in jeder Altersgruppe mehr als die Hälfte der Befragten angibt, dass ihnen zuweilen geeignete Vorgehensweisen beim Lernen fehlen oder gefehlt haben. Bei den unter 25-Jährigen sind es sogar knapp zwei Drittel, obwohl in Schulen mittlerweile „Lernen lernen“ weit verbreitet ist. Offenbar kommen diese Ansätze nicht so an, wie erhofft – oder sie erreichen die Schülerinnen und Schüler nicht nachhaltig genug. Das ist definitiv ein Punkt, der zum Nachdenken anregt.
Wenn Sie sich an Ihr eigenes Studium zurückerinnern, was hat sich aus Ihrer Sicht im Vergleich zu heute am meisten verändert – sowohl in Bezug auf Lernmethoden als auch auf die Nutzung digitaler Technologien?
Mein Studium in den 1990ern war sehr analog geprägt, und digitale Technologien, wie wir sie heute kennen, waren praktisch nicht vorhanden. In der Bibliothek habe ich mit Microfiche gearbeitet, um Artikel und Bücher zu recherchieren – ein umständlicher und zeitintensiver Prozess. In den Seminaren und Vorlesungen dominierten Overhead-Projektoren mit Folien als primäres Medium. Die Gestaltung der Lehre war dabei häufig weniger auf die Bedürfnisse der Studierenden ausgerichtet. Inhalte wurden primär frontal vermittelt, und der Fokus lag eher auf der Forschung der Lehrenden als auf der didaktischen Aufbereitung der Themen. Lehre hatte damals in der Wahrnehmung vieler Dozierender einen geringeren Stellenwert.
Zudem war ich als Mitglied der Generation Baby Boomer Teil einer sehr großen Studierendengeneration – man war einer von vielen, oft unsichtbar für Dozierende und Professorinnen. Die schiere Menge an Studierenden führte zu großen Vorlesungen und weniger Raum für individuelle Betreuung oder Interaktion. Der Austausch zwischen Lehrenden und Studierenden war begrenzt, und persönliches Feedback war weniger vorhanden.
Heute hat sich aus meiner Sicht das Studium in vielerlei Hinsicht stark verändert – nicht nur durch die Möglichkeiten digitaler Technologien. Lehre scheint heute einen höheren Stellenwert zu haben, was sich in der Vielfalt der Methoden und der Interaktivität zeigt. Digitale Technologien ermöglichen es, Inhalte anschaulicher und flexibler zu vermitteln, sei es durch interaktive Präsentationen, digitale Whiteboards oder kollaborative Plattformen. Auch spielerische Elemente und Individualisierung sind wichtiger geworden und sprechen die unter 25-Jährigen stark an, wie die Frage zu Gamifikation in unserem Lernreport zeigt.
Insgesamt ist das Studium heute flexibler, diverser und stärker auf die Bedürfnisse der Studierenden ausgerichtet. Diese Veränderungen zeigen nicht nur den technologischen Fortschritt, sondern auch einen kulturellen Wandel im Hochschulwesen.
Zwei Schlüsselkonzepte moderner Bildung
Was bedeutet „praxisnahes“ und „nachhaltiges“ Lernen konkret im Kontext moderner Bildung, und wie könnte dies in Curricula integriert werden?
Praxisnahes und nachhaltiges Lernen sind zwei Schlüsselkonzepte moderner Bildung, die sowohl in der Theorie als auch in der Praxis tief verankert werden sollten. Praxisnahes Lernen zeigt sich besonders deutlich in dualen Studiengängen, wie sie beispielsweise an der IU angeboten werden. Dort werden Theoriephasen direkt mit Praxiserfahrungen verzahnt. Diese Kopplung ermöglicht einen effektiven Transfer des Gelernten in die Praxis, während gleichzeitig Praxiserfahrungen die Theorie und Empirie bereichern können. Diese wechselseitige Beziehung zwischen Theorie und Praxis schafft eine fundierte Grundlage für ein ganzheitliches Verständnis und macht das Lernen unmittelbar anwendbar.
Nachhaltiges Lernen steht im Gegensatz zu dem, was oft als „Bulimie-Lernen“ bezeichnet wird – kurzfristiges Auswendiglernen für Prüfungen, ohne dass das Wissen langfristig verankert wird. Nachhaltigkeit im Lernen bedeutet, Wissens- und Verstehensbestände kontinuierlich aufzugreifen, zu vertiefen und miteinander zu vernetzen. Besonders hilfreich sind hierbei Visualisierungen, die komplexe Zusammenhänge greifbar machen und die Speicherung im Langzeitgedächtnis fördern.
Ein weiterer zentraler Aspekt nachhaltigen Lernens ist das ganzheitliche Lernen, bei dem nicht nur kognitive, sondern auch emotionale Faktoren berücksichtigt werden. Wohlbefinden und Leistung sind eng miteinander verknüpft, und diese Erkenntnis sollte sich in der Didaktik widerspiegeln. Die Positive Bildung bietet hierzu ein wertvolles Rahmenwerk, das auf empirischen Studien basiert und zeigt, wie positive Emotionen, Sinnerleben und Erfolg durch Selbstwirksamkeitserfahrungen nachhaltige Lernergebnisse begünstigen können.
Um praxisnahes und nachhaltiges Lernen in Curricula zu integrieren, könnten die Verknüpfung von Theorie und Praxis durch projektbasierte Lernformen, die Einführung spiralcurricularer Konzepte zur Wiederholung und Vernetzung sowie die Berücksichtigung von Psychoedukation angedacht werden. Letztere stärkt die Reflexion über eigene Lernprozesse und kann helfen, diese zu optimieren und so erfolgreicher im Lernen zu werden.
Gedruckte Lernmaterialien sind beliebt
Bei den Tools setzen Lernende in Deutschland am häufigsten auf gedruckte Lernmaterialien (59,9 %) wie Bücher oder Skripte. Aber ist es im Sinne von Nachhaltigkeit? Oder nutzen einige tablets?
Es stimmt, dass auf Grundlage der Ergebnisse im Lernreport Bücher und Skripte weiterhin eine zentrale Rolle spielen und von 59,9 %t der Lernenden genutzt werden. Allerdings zeigt sich im Vergleich der Altersgruppen ein deutlicher Unterschied: Bei den Jüngeren sind gedruckte Lernmaterialien bereits weniger relevant – hier liegen die Werte über 10 Prozentpunkte niedriger als bei den Älteren.
Ich interpretiere diese Entwicklung so, dass Habitualisierung eine wichtige Rolle spielt. Ältere Generationen haben Bücher und Skripte über Jahrzehnte hinweg als primäre Lernmedien genutzt, während jüngere Generationen durch die Digitalisierungsoffensive, insbesondere seit der Corona-Pandemie, deutlich stärker an digitale Lernmaterialien herangeführt wurden. Tablets, Laptops und digitale Plattformen werden im Alltag dieser Lernenden immer selbstverständlicher.
Ob dies langfristig zu einem vollständigen Wandel führt, bleibt abzuwarten. Die Daten deuten jedoch darauf hin, dass digitale Lernmittel in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen werden. Schauen wir also in 10 Jahren noch einmal auf diese Frage – vermutlich wird sich das Verhältnis bis dahin erheblich verschoben haben. Wir können das ja gut im Auge behalten, da unsere Idee ist, den Lernreport, den wir jetzt zum ersten Mal durchgeführt haben, alle zwei Jahre zu wiederholen.
Ablenkung durch Smartphones und Social Media
Wie können junge Menschen effektive Strategien entwickeln, um die Ablenkung durch Smartphones und Social Media zu minimieren? Gibt es bewährte Methoden oder Programme?
Die Minimierung von Ablenkungen durch Smartphones und Social Media ist eine Herausforderung, die zunehmend an Bedeutung gewinnt. Studien zeigen, dass die Nutzung digitaler Technologien, obwohl sie viele Vorteile bietet, auch zu einer erhöhten kognitiven Belastung, einer reduzierten Aufmerksamkeitsfähigkeit und Schwierigkeiten beim Fokus auf langfristige Aufgaben führen kann. Umso wichtiger ist es, Strategien zu entwickeln, die helfen, den Umgang mit diesen Technologien bewusster und effektiver zu gestalten.
Zunächst spielen Zeitmanagement und Selbstregulation eine große Rolle. Das bewusste Setzen von Zeitfenstern für die Nutzung von Social Media oder das Einführen fester „bildschirmfreier Zeiten“ kann die Ablenkung deutlich reduzieren. Besonders hilfreich ist hierbei die sogenannte „Pomodoro-Technik“, bei der Arbeitsphasen von 25 Minuten mit kurzen Pausen abwechseln. Diese Methode unterstützt nicht nur die Konzentration, sondern hilft auch, den Wunsch, zum Smartphone zu greifen, auf die Pausen zu verschieben. Digitale Werkzeuge wie die Apps „Forest“ oder „Stay Focused“ bieten zusätzliche Unterstützung, indem sie die Nutzungszeit begrenzen oder den Zugriff auf bestimmte Apps während konzentrierter Arbeitsphasen blockieren.
Angemessenes Umgebungsmanagement zielt auf eine bewusste physische Gestaltung der Arbeitsumgebung ab. Studien zeigen, dass allein die Anwesenheit eines Smartphones in der Nähe die Konzentration beeinträchtigen kann – ein Effekt, der als „Phone Proximity Effect“ bekannt ist. Eine einfache, aber wirksame Strategie besteht darin, das Smartphone während wichtiger Aufgaben außer Sichtweite zu legen oder ganz in einem anderen Raum zu platzieren. Ergänzend dazu sollte der Arbeitsplatz so gestaltet sein, dass er keine weiteren digitalen Ablenkungen zulässt, beispielsweise durch das Ausschalten von Benachrichtigungen auf dem Computer.
Achtsamkeitspraktiken fördern die Fähigkeit, sich auf den Moment zu konzentrieren und Impulse, wie das ständige Überprüfen des Smartphones, besser zu kontrollieren. Programme wie „Mindfulness-Based Stress Reduction“ (MBSR) haben in der Forschung gezeigt, dass sie sowohl die Aufmerksamkeit als auch die emotionale Selbstregulation stärken können. Workshops oder geführte Meditationsübungen können jungen Menschen helfen, bewusster mit ihren digitalen Gewohnheiten umzugehen.
Bereits in der Schule sollten junge Menschen lernen, den Einfluss von Social Media auf ihre Konzentration, ihre Emotionen und ihr Verhalten zu reflektieren. Verschiedene Programme und Apps bieten technische Unterstützung, um die Nutzung von Smartphones und Social Media bewusster zu gestalten. Tools wie „Digital Wellbeing“ von Google oder „Screen Time“ von Apple ermöglichen es, die eigene Bildschirmzeit zu überwachen und gezielt einzuschränken. Darüber hinaus bieten Initiativen wie „Digital Detox“ oder Bildungsprogramme zur Medienkompetenz Workshops und Ressourcen, um einen nachhaltigeren Umgang mit digitalen Medien zu fördern.
Unterschiede im Lernverhalten zwischen den Generationen
Welche weiteren Unterschiede im Lernverhalten haben Sie zwischen den Generationen festgestellt, und wie können Bildungsangebote altersgerechter gestaltet werden?
Die Daten zeigen interessante Unterschiede im Lernverhalten zwischen den Generationen, die insbesondere vermutlich auf die Veränderung der institutionalisierten Lernerfahrungen zurückzuführen sind. So kennen viele ältere Lernende beispielsweise keine Schulbegleiter:innen oder unterstützende Strukturen wie Study Coaching, die heute an Schulen bzw. Hochschulen verbreitet sind. Auch die Nutzung moderner Technologien, wie KI-gestützter Lernprogramme und Lernapps, ist bei den Älteren noch weniger präsent, was möglicherweise auf eine geringere Vertrautheit mit diesen Tools zurückzuführen ist.
Ein überraschender Befund ist, dass Online-Kurse und Webinare von Lernenden bis 25 Jahren als weniger hilfreich wahrgenommen werden als von älteren Generationen. Dies könnte darauf hindeuten, dass jüngere Menschen, die stärker an interaktive und spielerische digitale Lernformen gewöhnt sind, klassische Online-Angebote als weniger ansprechend empfinden. Ältere Lernende hingegen scheinen diesen Formaten mehr Struktur und Nutzen abzugewinnen.
Aus den Ergebnissen im Lernreport wird deutlich, dass sich sowohl die Lernbedarfe als auch die Lernprozesse über die Lebensspanne hinweg verändern. Während Jüngere oft einen höheren Bedarf an interaktiven und technologiegestützten Formaten haben, schätzen Ältere häufig klar strukturierte Angebote und die Möglichkeit, Inhalte eigenständig zu erarbeiten.
Allen Generationen gemeinsam ist jedoch der Wunsch, adaptiv zu bleiben und sich mit neuen Technologien auseinanderzusetzen. Dies zeigt, dass Bildungsangebote darauf abzielen sollten, lebenslanges Lernen zu fördern und die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Altersgruppen zu berücksichtigen.
Lernen mit KI
Inwiefern verändert die Nutzung von KI-Technologien die Art und Weise, wie Menschen lernen, und welche Herausforderungen sehen Sie dabei?
Die Nutzung von KI-Technologien verändert aus meiner Sicht die Art und Weise, wie Menschen lernen, fundamental. Künstliche Intelligenz (KI) ermöglicht personalisierte und adaptive Lernumgebungen, die sich flexibel an die individuellen Bedürfnisse, das Lerntempo und den Wissensstand der Lernenden anpassen. Diese Technologien können eine stärkere Individualisierung des Lernprozesses fördern, indem sie datenbasiert Schwächen und Stärken identifizieren und gezielt Inhalte sowie Übungen vorschlagen. KI-gestützte Lernplattformen oder Systeme wie an der IU Syntea können automatisierte Feedbacks und Vorschläge für weiterführende Lernschritte geben.
Ein weiterer Vorteil der KI-Nutzung liegt in der Unterstützung von Lehrenden. KI kann administrative Aufgaben übernehmen, wie die Bewertung von Aufgaben oder die Analyse von Lernergebnissen, was den Lehrenden mehr Zeit für die persönliche Interaktion und die Gestaltung kreativer Unterrichtseinheiten gibt. Darüber hinaus ermöglicht KI durch Natural Language Processing (NLP) und generative Systeme, wie ChatGPT, neue Formen des Lernens, etwa durch interaktive Tutorien oder die Möglichkeit, komplexe Inhalte in einfachen, verständlichen Formaten zu präsentieren.
Die Integration von KI in Lernprozesse bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Erstens besteht das Risiko von Verzerrungen und Ungleichheiten durch die Nutzung voreingenommener Datensätze, auf denen KI-Modelle trainiert werden. Wenn Algorithmen unbewusste oder gar bewusste Bias enthalten, können bestehende soziale Ungleichheiten verstärkt werden, etwa in Bezug auf Geschlecht, Herkunft oder sozioökonomischen Hintergrund. Zweitens werfen Datenschutz und ethische Fragen große Bedenken auf. Die Verarbeitung großer Mengen personenbezogener Daten, die für KI-Anwendungen notwendig sind, birgt Risiken hinsichtlich der Sicherheit und des Schutzes sensibler Informationen. Dies erfordert klare Regularien und transparente Datenverarbeitungsprozesse. Drittens kann ein übermäßiger Einsatz von KI dazu führen, dass Lernende eine zu starke Abhängigkeit von Technologien entwickeln und wichtige Fähigkeiten wie kritisches Denken und eigenständige Problemlösung vernachlässigen. Zusätzlich ist der Zugang zu KI-Technologien ein bedeutender Faktor. Die Nutzung solcher Systeme setzt u.a. stabile Internetverbindungen, geeignete Endgeräte und digitale Infrastruktur voraus. Dadurch kann die digitale Kluft zwischen privilegierten und benachteiligten Gruppen weiter vergrößert werden. In Regionen oder Bevölkerungsgruppen mit eingeschränktem Zugang zu Technologie bleiben die Vorteile von KI-basiertem Lernen oft unzugänglich, was bestehende soziale Ungleichheiten verschärft.
Prinzipien der Metamoderne
Wie könnte sich das Lernverhalten in Deutschland durch technologische Entwicklungen und gesellschaftliche Veränderungen in den nächsten Jahren weiterentwickeln?
Aus meiner Sicht wird sich das Lernverhalten in Deutschland in den kommenden Jahren durch technologische Innovationen und gesellschaftliche Veränderungen dynamisch entwickeln, geprägt von den Prinzipien der Metamoderne: einer Verbindung aus Pragmatismus und Sinnsuche, Technologie und Menschlichkeit. Besonders Künstliche Intelligenz sehe ich als eine treibende Kraft, da sie personalisierte Lernprozesse ermöglicht, die sich adaptiv an die individuellen Bedürfnisse anpassen. Gleichzeitig könnten immersive Technologien wie Virtual Reality praxisnahe und interaktive Lernerfahrungen schaffen, die das Lernen stärker mit der Realität verknüpfen. Hybride Lernformate, die Präsenz- und Online-Lernen kombinieren, zudem die notwendige Flexibilität, um lebenslanges Lernen in einer dynamischen Arbeitswelt zu fördern.
Gesellschaftlich könnte ein weiter wachsender Fokus auf nachhaltige und interdisziplinäre Lerninhalte entstehen, die globale Herausforderungen wie den Klimawandel oder soziale Gerechtigkeit adressieren. Besonders in der Metamoderne, die multiperspektivisches Denken sowie die Verbindung von Rationalität und Emotionalität betont, wird Lernen ganzheitlicher. Neben digitalen Kompetenzen sehe ich Soft Skills wie Resilienz, Empathie und ethische Reflexion als entscheidend, um sowohl technologische als auch soziale Anforderungen erfolgreich zu bewältigen.
Diese Entwicklungen spiegeln aus meiner Sicht die zentrale Idee wider, scheinbare Gegensätze – Technologie und Menschlichkeit, Individuum und Gemeinschaft – in eine konstruktive Balance zu bringen. Bildungsangebote sollten daher nicht nur technologisch weiterentwickelt werden, sondern auch sinnstiftend wirken und sowohl pragmatische als auch visionäre Perspektiven vereinen. Solche Ansätze könnten das Lernen in Deutschland nicht nur effektiver, sondern auch bedeutsamer und nachhaltiger gestalten.
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