Am Übergang von der Schule zur Hochschule klemmt es
Die Hochschulen fingen Studienanfänger mit Mathematikdefiziten nicht weich genug auf, heißt es im „Hochschulbildungsreport 2020“. Es sei nicht Aufgabe der Hochschulen, die Versäumnisse der Schulen aufzuarbeiten, hallt es zurück.
Deutschen Hochschulen gelingt es nach wie vor nicht, mehr Frauen in Ingenieurstudiengänge zu locken. Imagekampagnen und Förderprogramme der vergangenen Jahre scheinen ihre Wirkung zu verfehlen. Die Abschlussquote liegt seit Jahren auf gleichem Niveau, bei rund 20 %. Wenn junge Frauen sich für ein MINT-Fach entscheiden, dann bevorzugt für eine Naturwissenschaft.
Zu diesem Schluss kommt der „Hochschulbildungsreport 2020“, den der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft jüngst gemeinsam mit der Unternehmensberatung McKinsey Deutschland vorstellte.
Volker Meyer-Guckel, stellvertretender Generalsekretär des Stifterverbands, empfahl, die MINT-Programme für Frauen grundlegend auf ihren tatsächlichen Nutzen hin zu evaluieren. Ernst Schmachtenberg, Rektor der RWTH Aachen und Präsident der TU9, Zusammenschluss der großen Technischen Universitäten, meint: „Um mehr junge Frauen in Ingenieurstudiengänge zu bringen, brauchen wir eine gesellschaftliche Neuorientierung. Initiativen, die junge Frauen zum Technikstudium animieren sollen, genügen nicht. Die gezielte Ansprache und Förderung muss viel früher beginnen: Bereits im Kindergarten müssen überkommene Rollenbilder aufgebrochen werden.“
Der Hochschulreport stellt fest: Ingenieurstudenten bringen zu 73 % ihr Studium zu einem erfolgreichen Ende, die übrigen MINT-Studierenden nur zu 66 %. Die Humanmediziner schaffen dies zu 95 %.
„Das deutsche Hochschulsystem ist noch nicht ausreichend auf die demografische Herausforderung vorbereitet“, sagte Andreas Schlüter, Generalsekretär des Stifterverbands. Und Jürgen Schröder, Direktor von McKinsey Deutschland, ergänzte: „Unter anderem bieten die Hochschulen noch immer zu wenige Angebote für Studierwillige ohne Abitur.“ Auch müsse es mehr Angebote geben, um Kinder mit Migrationshintergrund und aus Nichtakademikerfamilien für ein Studium an die Hochschulen zu holen.
Der Report empfiehlt, bestimmte Hochschulen „in Ballungsräumen“ sollten zur „Integrationshochschule“ werden, die sich dieser Zielgruppen besonders annehme. Die Verfasser haben dabei offenbar vor allem die Fachhochschulen im Blick. Doch wie genau diese Hochschulen die besondere Betreuung finanziell stemmen sollen, lässt der Report offen.
Empfohlen wird eine intensivere Betreuung in der Übergangsphase von der Schule ins Studium – mit Sommerakademien und Brückenkursen. Dies würde insbesondere Ingenieurstudenten zugute kommen, die oft an der Fachmathematik scheiterten – was zu Studienabbruchquoten von bis zu 40 % führe.
Manfred Hampe, Vorsitzender der Fakultätentage der Ingenieurwissenschaften und der Informatik an Universitäten (4ING), begrüßt alle Aktivitäten, die studierfähiger machen. Jedoch: „Solche Angebote doktern an Symptomen herum, greifen aber nicht an der Wurzel des Übels an.“ Es sei Aufgabe der Schule, studierfähige junge Menschen „an der Pforte der Universität abzugeben. Dieser Pflicht kann sie sich auch dadurch nicht entledigen, dass allerorten Brückenkurse aus dem Boden schießen“.
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