Bachelorabsolventen finden ins Berufsleben
Noch sind Bachelorabsolventen in der Minderheit. Doch eine Studie der Universität Kassel deutet an, dass sie gut in den Beruf finden und anders als befürchtet auch Auslandsaufenthalte ins Studium einbauen. Allerdings entscheiden sich über drei Viertel der Bachelorabsolventen dazu, weiterzustudieren. Ein wesentlicher Grund: Masterabsolventen verdienen besser.
Die Politik verkauft die Bologna-Reformen gerne als Katalysator eines gesamteuropäischen Bildungsraums und Arbeitsmarktes. Für Kritiker droht das genaue Gegenteil: Ein verschultes Schmalspurstudium bilde an den Bedürfnissen der Wirtschaft vorbei Masse statt Klasse aus. Zudem hätten es Studierende aufgrund des Zeitdrucks und der mangelnden Harmonisierung der Studieninhalte viel schwerer als bisher, Auslandsaufenthalte ins Studium einzubauen.
Zumindest die letzte Sorge scheint unbegründet. Eine jüngst vorgestellte Studie des Internationalen Zentrums für Hochschulforschung (Incher) der Uni Kassel zeigt, dass Bachelor so mobil sind, wie alle anderen Absolventen und ohne Probleme Arbeit finden.
„Die Studie nimmt den notorischen Kritikern der Bologna-Reform den Wind aus den Segeln“, frohlockt denn auch Bundesbildungsministerin Annette Schavan. Finanziert von ihrem Ministerium befragten die Incher-Forscher 77 000 Absolventen der Jahrgänge 2006 bis 2008 zu ihren Erfahrungen in den ersten 18 Monaten nach ihrem Abschluss. Die Antworten lassen sich laut Studienleiter Ulrich Teichler in drei Kernaussagen fassen: „Über drei Viertel der Bachelor studieren weiter. Wenn sie sich für den sofortigen Berufseinstieg entscheiden, haben sie keine Probleme. Und dass sie weniger mobil sind als andere Absolventen, ist eine Mär.“ Ein Sprung nach vorn, den die Reform in Sachen Auslandsmobilität bewirken sollte, sei aber bisher nicht zu erkennen.
Noch basieren die Aussagen auf einer dünnen Datenlage. In der Umfrage stehen 11 400 Absolventen mit Bachelor oder Master 51 000 Absolventen mit herkömmlichen Abschlüssen gegenüber. „Solide Vergleiche werden erst ab 2015 möglich sein“, räumte Teichert ein. Doch Trends ließen sich auch aus den vorliegenden Ergebnissen ableiten.
Wenig überraschend: Die neuen Studiengänge führen zügiger zum Ziel. Drei Viertel der FH-Bachelor und zwei Drittel der Uni-Bachelor bleiben in der Regelstudienzeit. Auch Master-Studiengänge schließen 60 % der Teilnehmer fristgerecht ab. Dagegen ist es in herkömmlichen Studiengängen normal, zu überziehen. Zwei Drittel brauchen länger als vorgesehen. Für sie fallen Auslandsaufenthalte als Entschuldigung aus. Denn auch 28 % der Bachelor gehen während ihres Studiums ins Ausland.
Damit liegen sie nur knapp unter dem Durchschnitt von 31 % der Absolventen. Laut Teichler gibt es inzwischen einen stabilen Trend zum Auslandssemester oder -praktikum: „Seit Ende der 90er-Jahre hat sich die Zahl der Studierenden, die diese Gelegenheit wahrnehmen, verdoppelt“, berichtet er.
Dennoch findet er die Mobilität der Bachelor überraschend, weil Auslandsaufenthalte traditionell in die zweite Hälfte des Studiums fallen. Und diese zweite Halbzeit gehen auch mehr als drei Viertel aller Bachelor an. Gut die Hälfte bleibt ganz an der Hochschule, ein weiteres Viertel nebenberuflich.
Hier gibt es allerdings große Unterschiede zwischen FH- und Uni-Bachelor. Nur ein Drittel der FH-Absolventen studiert auf den Masterabschluss weiter an Unis sind es 65 %. Suchen FH-Bachelor zunächst Praxis, um später reflektierter in ein Masterstudium zu gehen? Haben ihre Kollegen an den Unis mangels Unternehmenspraktika Sorge, einen Job zu finden? „Solche Fragen können nur Langzeituntersuchungen klären. Wir erfassen ja bislang nur die ersten 18 Monate nach dem Abschluss“, stellte Teichert klar.
Aus diesen Ergebnissen ist abzulesen, dass es bislang keine Probleme beim Übergang in den Arbeitsmarkt gibt. Von den FH-Bachelor waren 18 Monate nach Abschluss ganze 4 % ohne Job – 1 % mehr als bei ihren Kommilitonen mit traditionellem Abschluss. Von den Uni-Absolventen suchten über alle Abschlüsse hinweg nur 2 % Arbeit.
Allerdings sind diese Zahlen mit Vorsicht zu genießen. Einerseits beteiligte sich nur die Hälfte aller Absolventen an der Studie. Und in absoluten Zahlen haben nur knapp 2000 Bachelor reguläre Vollzeitjobs angetreten – und das aus drei Jahrgängen und über alle Fächer hinweg.
Aus diesem Grund wertete Wilfried Müller, Vizepräsident der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), die Studienergebnisse sehr viel zurückhaltender als Schavan. „Die Studie bestätigt uns und sie liefert die lange ersehnte empirische Grundlage für die weitere Diskussion, doch wir stellen uns jetzt nicht hin und sagen, alles läuft optimal.“ Noch sei nicht entschieden, ob die Reformen die erwünschte Wirkung erzielen.
Tatsächlich lassen die Ergebnisse auch die Deutung zu, dass angehende Ingenieure, Naturwissenschaftler, Mathematiker und Informatiker den Bachelor nur als Zwischenprüfung zum Master sehen. Immerhin bleiben von ihnen 71 % bis 89 % an der Hochschule. Das gilt auch an den FH. Hier setzen 60 % der angehenden Ingenieure ihr Studium fort.
Ein Grund dürften die Gehälter sein. Während die befragten FH-Bachelor im Schnitt 34 000 € jährlich verdienen, haben Master-Absolventen von Fachhochschulen 11 000 € mehr in den Lohntüten.
Ähnlich sieht es bei Uni-Absolventen aus. Bachelor müssen sich mit 7000 € weniger Jahresgehalt als Konkurrenten mit traditionellen Abschlüssen und Master abfinden. Allerdings lohnt sich genaues Hinsehen. Denn die Einstiegsgehälter für FH-Ingenieure mit Bachelor bewegen sich nur 6 % unter dem Niveau der Absolventen mit Diplom. Dagegen liegen bei Uni-Ingenieuren zwischen Diplom und Bachelor durchschnittlich 15 % Gehaltsunterschied. P. TRECHOW
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