Karriere 25.05.2012, 11:56 Uhr

Baustoffingenieure sind gefragte Spezialisten

Baustoffingenieure gibt es nur wenige. Doch die Spezialisten sind beliebt. Sie bauen Brücken zwischen Architekten und Baustoffherstellern und sie können Bauvorhaben hinsichtlich der am besten zu verwendenden Materialien einschätzen. Das lernen sie in einem deutschlandweit einzigartigen Studiengang in Weimar. Den hat auch Anne Scholz absolviert und ganz schnell eine Stelle gefunden.

In Sötenich, Wössingen und Karsdorf bei Dresden sind die drei Produktionsstandorte der Lafarge Zement GmbH, Tochter eines internationalen Unternehmens aus der Baustoffbranche. Was die Gegenden um die Städte gemeinsam haben, das sind Kalksteinvorkommen und die werden im Tagebau für die Herstellung von Zement abgebaut. Kalkstein ist das Ausgangsmaterial für Zement.

Baustoffingenieurin Scholz ist für Zement-Qualität verantwortlich

Er wird angereichert mit Ton, Sand, Eisenerz und in Mühlen zerkleinert und zugleich getrocknet. Daraus entsteht Rohmehl, das bei Temperaturen um 1450 °C zu Klinker gebrannt wird. Dem Klinker werden vor dem erneuten Mahlen nochmals Materialien zugesetzt, beispielsweise Gips. Am Ende dieses Herstellungsprozesses wird das graue Pulver in Silos gelagert. 3,5 Mio. t Zement produzieren die rund 400 Beschäftigten von Lafarge Zement in Deutschland jährlich. Die Firmenzentrale befindet sich in Karsdorf, dort steht auch das größte Werk hierzulande. Baustoffingenieurin Anne Scholz (40) ist in diesem Werk für die Qualität des Zements verantwortlich.

Ohne Zement gäbe es keine Autobahnen, Tunnel oder Hochhäuser. Das unscheinbare Pulver ist der wichtigste Bestandteil bei der Herstellung von Beton. Er sorgt in Verbindung mit Wasser als Bindemittel dafür, dass der Beton richtig fest, widerstandsfähig und dauerhaft wird.

Lafarge produziert unterschiedliche Sorten, die sich nach ihrem Anwendungszweck unterscheiden: beispielsweise Zement für Transportbeton, Fertigbauteile oder den Tunnelbau. „Der Einsatzzweck bestimmt die gewünschten Eigenschaften und die Festigkeit nach dem Erhärten“, so Scholz. Und weil es dabei häufig auf Sicherheit ankommt, sind die unterschiedlichen Zementsorten genormt. Das bedeutet: Bestimmte Parameter müssen in einem definierten Bereich liegen. „Die Norm gibt den groben Rahmen vor und lässt uns genügend Spielraum, um Kundenanforderungen zu erfüllen.“

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Baustoffingenieure sind gesuchte Spezialisten

Anne Scholz hat zunächst eine Ausbildung zur Baufacharbeiterin abgeschlossen, parallel das Abitur erlangt und anschließend Baustoffingenieurwesen in Weimar studiert. 1996 war sie fertig und „einen Job zu finden war recht einfach“. Zunächst arbeitete sie in einer Firma, die Zusatzmittel und Additive für den Einsatz in Beton herstellt, 1999 wechselte Scholz zu Lafarge. Angefangen hat sie als Produktentwicklerin, anschließend leitete sie die Produktion spezifischer Zemente. Seit zwei Jahren ist sie Quality-Managerin und in dieser Funktion für die Qualitätsüberwachung der Ausgangsstoffe über die Produktionsprozesse bis hin zum fertigen Produkt verantwortlich. Rund 30 Sorten produziert Lafarge in Karsdorf. Zwölf Mitarbeiter hat Scholz in ihrem Laborbereich. Mit Scholz beschäftigt Lafarge Zement drei Werkstoffingenieure. Und die sind nach Unternehmensangaben genauso schwer zu bekommen, wie andere Ingenieure auch.

„Weil es nur wenige Baustoffingenieure gibt, die Industrie aber solche Spezialisten braucht, hängen bei uns am schwarzen Brett mehr Jobangebote, als wir Absolventen haben“, sagt Kay Andre Bode, Fachstudienberater an der Bauhaus-Universität Weimar.

Seit dem Wintersemester 2009/2010 heißt der Studiengang Baustoffingenieurwissenschaft, er wird als Bachelor- und Masterstudiengang angeboten und ist einzigartig in Deutschland. Die insgesamt etwa 15 Absolventen jährlich sind Exoten. Das Gros der Baustoff-Spezialisten, den die Baustoffindustrie beschäftigt, sind Bauingenieure, die sich im Studium auf Baustoffe spezialisiert haben. Die Technische Universität München bietet den Masterstudiengang Baustoffe, Bauchemie und Instandsetzung.

Im Hauptstudium trennen sich die Wege von Bau- und Baustoffingenieuren

Zurück nach Weimar. Im Grundstudium haben Studenten der Baustoffingenieurwissenschaft und angehende Bauingenieure häufig dieselben Vorlesungen, vor allem in Grundlagenfächern wie Mathematik, Physik und Baumechanik. Im Hauptstudium trennen sich dann deren Wege. Den Baustoffingenieuren wird fortan vor allem Wissen um Bauchemie und Bauphysik vermittelt.

Welche Chemie gehört in den Zement, wie entsteht Schimmel an Gewerken und wie kann man ihn vermeiden, um einige Beispiele zu nennen. „Unser Ziel ist es, Baustoffspezialisten auszubilden, die Brücken bauen zwischen Architekt und Bauingenieur hin zu den Herstellern von Baustoffen und die in der Lage sind, den für einen Bau idealen Baustoff zu bestimmen „, so Bode.

Typische Arbeitgeber seien daher die Hersteller von Baustoffen, Ingenieur-Büros und Behörden, sowie die Universität Weimar selbst. Etwa ein Drittel der Absolventen promoviert. Die anderen zwei Drittel gehen in die Industrie, um in der Forschung und Entwicklung von Baustoffen zu arbeiten, andere arbeiten in der Produktion, Qualitätssicherung, dem Umweltschutz oder sind Gutachter bei Behörden. Energiegünstig Baustoffe herstellen und Bauwerke mit Baustoffen errichten, die eine günstige Energiebilanz erzeugen, nennt Bode als die beiden wichtigsten Trends der Baustoff-Branche.

„Als Zulieferbranche sind wir von der Baukonjunktur abhängig“, sagt Scholz. Doch sie ist optimistisch: Gebaut würde schließlich immer und für Zement gebe es keinen Ersatz. 

Ein Beitrag von:

  • Peter Ilg

    Peter Ilg ist freier Journalist und verfasst Texte über Arbeitsmarkt und Berufe, Mobilität und Fahrberichte, Wirtschaft und Märkte.

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