Die Pioniere neuer Karrierewege
Als erste staatliche Ausbildungseinrichtung bietet Aalen ein Studium für Meister und Techniker auch ohne Abitur und nebenberuflich an. Derzeit läuft das erste Semester in Maschinenbau und Mechatronik – mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auf einen erfolgreichen Abschluss als bei Abiturienten. VDI nachrichten, Ellwangen, 9. 4. 10, ws
Der 35-Jährige konstruiert elektrische Komponenten für Kühlschränke. „Als Techniker habe ich keine Chance, weiter aufzusteigen, auch nicht finanziell.“ Deshalb will er Ingenieur werden, sein Arbeitgeber unterstützt ihn finanziell. Schließlich sind für die Ausbildung rund 20 000 € fällig.
„Wir verstehen uns schon als zahlende Kunden und versuchen deshalb Einfluss auf das Angebot zu nehmen“, spricht Hopf für seine Kommilitonen. Im ersten Semester hätten Mathematik und Physik gelesen werden sollen. Doch weil in der Physik vieles aus der Mathematik vorausgesetzt wird, wurde der Vorlesungsplan kurzerhand umgestellt und die Physik durch Werkstoffkunde ersetzt.
Wenn die Studenten die Grundlagen der Mathematik gelernt haben, erst dann kommt die Physik wieder auf den Plan. Stark sind die Studenten vor allem in praktischen Fächern, Defizite gibt es in den Naturwissenschaften. Darüber sind sich Professoren wie neue Studierenden einig. Durch Büffeln wollen die Teilnehmer das aufholen. Neben der Arbeit und den Vorlesungen kommt Hopf auf etwa fünf bis sechs Stunden pro Woche Vor- und Nachbereitungszeit. Freizeit hat er so gut wie keine mehr.
Solche Lebensphasen werden zunehmend auch andere zu bewältigen haben. Denn die Umstellung der Diplom- auf Bachelor- und Master-Abschlüsse fördert die Verzahnung zwischen Berufstätigkeit und akademischer Bildung. Im angelsächsischen Raum, aus dem das Bachelor-Master-Modell stammt, erwirbt die Hälfte ihren Master-Abschluss berufsbegleitend.
„Der Bedarf an berufsbegleitenden Studiengängen zum Ingenieur ist da, Aalen hat als erste Hochschule die Hand gehoben. Wir sind in das Projekt eingebunden und achten sehr darauf, dass das Niveau dem der normalen grundständigen Studiengänge entspricht“, sagt Achim Bubenzer, Rektor der Hochschule Ulm und zugleich Vorsitzender der Rektorenkonferenz an Fachhochschulen in Baden-Württemberg. Das Modell Aalen gilt als Blaupause in Hochschulkreisen „und wenn es gut läuft, wird es von anderen Hochschulen übernommen“, glaubt Bubenzer. P. ILG
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