Darum hat sich ein Studierender für den Master in kerntechnischer Entsorgung entschieden
An der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen startet der neue Masterstudiengang „Sicherheit in der kerntechnischen Entsorgung“, der sich mit den komplexen Aspekten der sicheren Entsorgung von radioaktiven Abfällen befasst. Heute sprechen wir mit Nicolai Schweikowski, einem Studierenden, der uns erklärt, warum er sich für diesen Studiengang interessant.
Ab dem Sommersemester 2026 wird der neue weiterbildende Masterstudiengang „Sicherheit in der kerntechnischen Entsorgung“ angeboten. Das Studienprogramm wurde in enger Zusammenarbeit mit der Industrie und staatlichen Behörden entwickelt und zielt darauf ab, eine zentrale Lücke in der Qualifizierung von dringend benötigten Fachkräften zu schließen. Wir haben darüber ausführlich berichtet. Was ist dabei besonders interessnat, erklärt Nicolai Schweikowski.
Was hat Sie dazu bewogen, diesen Masterstudiengang zu wählen, und welche besonderen Herausforderungen sehen Sie in der kerntechnischen Entsorgung?
Die Entscheidung für diesen Masterstudiengang ergab sich aus mehreren Faktoren. Ein nicht konsekutiver Aufbau bietet die Chance, auch als Quereinsteiger eine fundierte Expertise zu erwerben, ohne an den eigenen akademischen Hintergrund gebunden zu sein. Dass der Studiengang berufsbegleitend gestaltet ist, ermöglicht es mir zudem, meine berufliche Praxis parallel fortzuführen und so meine theoretischen Kenntnisse und praktischen Erfahrungen unmittelbar miteinander zu verknüpfen.
Eine besondere Herausforderung in der kerntechnischen Entsorgung ist sicherlich die langfristige Sicherheit, die mit der Lagerung radioaktiver Abfälle einhergeht. Die Halbwertszeiten radioaktiver Materialien können sehr lang sein, was bedeutet, dass das Gefahrenpotenzial bei unsachgemäßer Handhabung auch noch über mehrere Generationen hinweg bestehen bleibt. Hier liegt für mich der Reiz der Herausforderung: einen Beitrag zu leisten, um die Sicherheit über einen langen Zeitraum gewährleisten zu können.
Wie schätzen Sie die gesellschaftliche Verantwortung ein, die mit der sicheren Lagerung von radioaktiven Abfällen verbunden ist?
Die sichere Lagerung radioaktiver Abfälle ist eine der größten gesellschaftlichen Verantwortungen unserer Zeit. Durch die extrem langen Halbwertszeiten dieser Stoffe kann ihr potenzielles Gefahrenpotenzial für viele Generationen bestehen bleiben. Bei unsachgemäßer Handhabung oder unzureichender Sicherheitsplanung könnten schwerwiegende Auswirkungen auf Mensch und Umwelt entstehen. Die Verantwortung, die wir heute tragen, ist daher nicht nur für die aktuelle, sondern auch für zukünftige Generationen entscheidend. Als Gesellschaft müssen wir gewährleisten, dass unsere Lagerungsprozesse und Sicherheitsvorkehrungen so robust sind, dass auch zukünftige Generationen keine Risiken in Kauf nehmen müssen.
Erwartungen sind hoch
Welche Erwartungen haben Sie an die praxisorientierte Zusammenarbeit mit der Industrie und den Behörden während des Studiums?
Meine Erwartungen an die praxisorientierte Zusammenarbeit sind sehr hoch. Da viele Lehrbeauftragte direkt aus der Industrie oder Sachverständigen-Organisationen kommen, erhoffe ich mir eine Lehre, die nicht nur auf theoretischem Wissen basiert, sondern aus erster Hand Einblicke in aktuelle Herausforderungen und Best Practices in der Industrie liefert. Diese Nähe zur Praxis ist für mich ein klarer Vorteil der Westfälischen Hochschule und einer der ausschlaggebenden Gründe, warum ich mich für diesen Studiengang entschieden habe.
Zusätzlich bereichern die Praktika innerhalb der Module das Studium erheblich. Durch den Austausch mit erfahrenen Fachkräften an verschiedenen Standorten, wie Zwischen- und Endlagerstätten, wird mir die Möglichkeit gegeben, mein Wissen direkt anzuwenden und die Arbeitsrealität in der kerntechnischen Entsorgung kennenzulernen. Exkursionen und der direkte Kontakt zu Experten helfen mir, praxisnahe Kenntnisse zu sammeln und gleichzeitig meine theoretische Basis zu erweitern.
Kenntnisse und Fähigkeiten entlang der gesamten Prozesskette der Entsorgungslogistik aufbauen
Welche Fähigkeiten und Kenntnisse möchten Sie durch das Studium erwerben, um effektiv zur sicheren Entsorgung radioaktiver Abfälle beizutragen?
Ein zentrales Ziel für mich ist es, umfassende Kenntnisse und Fähigkeiten entlang der gesamten Prozesskette der Entsorgungslogistik aufzubauen. Dazu gehören technische Fachkenntnisse zu allen Schritten der Entsorgung, vom Transport über die Zwischenlagerung bis hin zur Endlagerung von radioaktiven Abfällen. Besonders wichtig ist es für mich auch, die Schnittstellen zwischen den einzelnen Schritten zu verstehen, da hier oft komplexe Abstimmungsprozesse erforderlich sind, die sorgfältig gemanagt werden müssen.
Darüber hinaus möchte ich analytische Fähigkeiten und ein fundiertes Verständnis für Risikomanagement und Sicherheitsprotokolle entwickeln. Ziel ist es, nicht nur die Prozesse zu verstehen, sondern auch die Fähigkeiten zu erwerben, diese aktiv zu gestalten und bei Bedarf optimieren zu können. Schließlich ist auch die Zusammenarbeit und Abstimmung mit anderen Fachdisziplinen ein wichtiger Aspekt, auf den ich mich konzentrieren möchte.
Wie wichtig finden Sie es, dass der Studiengang nicht nur technologische, sondern auch rechtliche und kommunikative Aspekte integriert?
Die Integration rechtlicher und kommunikativer Aspekte ist absolut essentiell. Anders als in vielen anderen Branchen ist der „Stand von Wissenschaft und Technik“ in der kerntechnischen Entsorgung von zentraler Bedeutung und wird oft als verpflichtender Maßstab betrachtet. Jeder Schritt erfordert strenge Genehmigungsverfahren, und die Verantwortung, die damit einhergeht, verlangt von uns Experten ein tiefgehendes Verständnis des rechtlichen Rahmens.
Da die Kerntechnik sowohl technologisch anspruchsvoll als auch gesellschaftlich aufgeladen ist, erfordert eine erfolgreiche Arbeit in diesem Feld auch ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit. Es ist wichtig, die Anliegen und Bedenken der Gesellschaft zu verstehen und sie in den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen. Nur so kann ein verantwortungsbewusster und faktenbasierter Dialog geführt werden.
Internationale Erfahrungen sammeln
Sehen Sie berufliche Möglichkeiten auch im internationalen Kontext und könnten Sie sich vorstellen, nach dem Studium im Ausland zu arbeiten?
Ja, ich sehe viele Möglichkeiten im internationalen Kontext, da die Kerntechnik und besonders die Entsorgungslogistik für radioaktive Abfälle eine weltweit relevante Aufgabe ist. Der Austausch und die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene bieten unschätzbare Vorteile für die Weiterentwicklung und Verbesserung der Standards. Da viele Länder vor ähnlichen Herausforderungen in der Entsorgung stehen, ergeben sich viele Chancen für gemeinschaftliche Forschungs- und Entwicklungsprojekte.
Persönlich könnte ich mir gut vorstellen, Auslandserfahrungen auch auf beruflicher Ebene zu sammeln. Internationale Einsätze würden nicht nur mein Fachwissen erweitern, sondern mir auch interkulturelle Kompetenzen vermitteln, die in einem globalisierten Arbeitsumfeld zunehmend gefragt sind. Auch wenn die Entscheidung über einen Auslandseinsatz stark von den privaten Umständen abhängt, bin ich offen dafür und freue mich darauf, internationale Erfahrungen zu sammeln.
Wie stellen Sie sich die interdisziplinäre Zusammenarbeit in Ihrem zukünftigen Beruf vor, insbesondere mit Fachleuten aus Bereichen wie Geologie, Ingenieurwesen oder Recht?
Interdisziplinäre Zusammenarbeit ist in der kerntechnischen Entsorgung unverzichtbar. Der Bereich ist komplex und stellt hohe Anforderungen an verschiedene Fachdisziplinen, die alle ihren Beitrag leisten, um sichere und nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Die Expertise von Geologen beispielsweise ist notwendig, um geeignete Standorte für Zwischen- und Endlagerstätten zu bestimmen. Ingenieure spielen eine entscheidende Rolle in der Entwicklung und Implementierung technischer Lösungen für Lagerung und Transport, und Juristen sind unentbehrlich für die rechtlichen Genehmigungen und die Sicherstellung der gesetzlichen Konformität.
Ich schätze den kooperativen Austausch mit Experten aus diesen und weiteren Disziplinen sehr und freue mich darauf, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die das Potenzial haben, unsere Gesellschaft sicherer zu machen. Die großen Herausforderungen, die mit der kerntechnischen Entsorgung verbunden sind, lassen sich nur durch ein Zusammenspiel vieler Fachrichtungen und das koordinierte Arbeiten in Teams verantwortungsbewusst bewältigen.
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