Trotz Kindern immer berufstätig 30.07.2013, 08:19 Uhr

Eine Serbin war 1913 die erste Ingenieurin in Deutschland

Es gab keine Frauenquote, Mentorinnen-Netzwerke oder Girl’s Days, es gab nicht einmal das Frauenwahlrecht: Als Jovanka Bontschits am 18. Juli 1913 an der „Großherzoglichen Technischen Hochschule zu Darmstadt“ ihr Diplom als Architektin bekam, galt die erste Ingenieurin Deutschlands als Paradiesvogel. Ihre Karriere aber verfolgte sie so zielstrebig wie ihr Studium.

Jovanka Bontschits drang in eine Männerdomäne ein und war in ihrem Berufsleben sehr erfolgreich.

Jovanka Bontschits drang in eine Männerdomäne ein und war in ihrem Berufsleben sehr erfolgreich.

Foto: Archiv der TU Darmstadt

„Fräulein Dipl.Ing.“, titelte die Berliner Illustrierte Zeitung im August 1913 ihren Artikel über die damals 26-jährige Serbin. „Den Frauen werden immer mehr von jenen Berufen erschlossen, die sonst die ureigenste Domäne des Mannes gewesen sind“, wunderte sich das Blatt. Zum Wintersemester 1909/1910 schrieb Bontschits sich an der heutigen TU Darmstadt für das Fach Architektur ein und traf dort neben 357 Männern auf nur eine Kommilitonin.

Voraussetzung für die Aufnahme waren naturwissenschaftliche Kenntnisse sowie Grundkenntnisse unter anderem in Hochbaukonstruktion, Bürgerlicher Baukunst und Ornamentzeichnen. Und die junge Frau, an die sich ihre heute in Boston lebende Enkelin Ivana Hrga-Griggs als „durchsetzungsfähig“ erinnert, hatte einiges im Gepäck.

Bontschits‘ Familie finanzierte ihr Architekturstudium

Bontschits hatte bereits an der Schule Deutsch gelernt, sieben Semester an der Universität in Belgrad studiert und ein Praktikum im öffentlichen Bausektor bei der serbischen Staatsbahn absolviert, bevor sie nach Darmstadt kam: „Sie hatte offenbar schon sehr früh eine genaue Vorstellung davon, was sie wollte und was als Frau in diesem Bereich möglich war“, vermutet Verena Kümmel vom Büro der Frauenbeauftragten der TU Darmstadt.

Anders als ihr späterer Ehemann Andrej Katerinic, der als serbischer Stipendiat ebenfalls in Darmstadt Architektur studierte, finanzierte Bontschits Familie das Studium selbst. Ihr Vater war Richter am Obersten Gericht in Belgrad, zählte zum gehobenen Bildungsbürgertum und legte offenbar Wert darauf, dass seine Tochter einen eigenen Beruf erlernte. „Viele Osteuropäer kamen vor dem ersten Weltkrieg zum Studium nach Deutschland“, berichtet Kümmel. Die deutschen Universitäten insgesamt, vor allem aber die Ingenieurstudiengänge genossen dort ein hohes Renommee.

Stellenangebote im Bereich Forschung & Lehre

Forschung & Lehre Jobs
Bergische Universität Wuppertal-Firmenlogo
Wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in (Doktorand*in) im Bereich Ingenieurdidaktik und Didaktik der Technik mit Schwerpunkt Labore in der Lehre Bergische Universität Wuppertal
Wuppertal Zum Job 
Technische Universität Darmstadt-Firmenlogo
W3-Professur Gasturbinen und Luftfahrtantriebe Technische Universität Darmstadt
Darmstadt Zum Job 
Hochschule Reutlingen-Firmenlogo
Akademische:r Mitarbeiter:in "Wärmewende" (m/w/x) Hochschule Reutlingen
Reutlingen Zum Job 
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin-Firmenlogo
Professur (W2) | auf Lebenszeit Fachgebiet Rechnerarchitekturen und Rechnersysteme Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
THU Technische Hochschule Ulm-Firmenlogo
W2-Professur "Elektronik" THU Technische Hochschule Ulm
THU Technische Hochschule Ulm-Firmenlogo
W2-Professur "Elektrische Antriebe" THU Technische Hochschule Ulm
Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin-Firmenlogo
Professor (W2) | Permanent Computer Architecture and Computer Systems Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Berufsakademie Sachsen - Staatliche Studienakademie Riesa-Firmenlogo
W2-Professur für Energieinfrastruktur und regenerative Energiesysteme (m/w/d) Berufsakademie Sachsen - Staatliche Studienakademie Riesa
Technische Universität Darmstadt-Firmenlogo
Professur (W3) für Umformtechnologie Technische Universität Darmstadt
Darmstadt Zum Job 
Frankfurt University of Applied Sciences-Firmenlogo
Professur »Künstliche Intelligenz in Kommunikationsnetzen« (w/m/d) // Professor »Artificial Intelligence in Communication Networks Frankfurt University of Applied Sciences
Frankfurt am Main Zum Job 
Karlsruher Institut für Technologie (KIT)-Firmenlogo
Umweltingenieurin / Umweltingenieur (w/m/d) Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Eggenstein-Leopoldshafen Zum Job 
Universität Innsbruck-Firmenlogo
Universitätsprofessur für Massivbau Universität Innsbruck
Innsbruck (Österreich) Zum Job 
THU Technische Hochschule Ulm-Firmenlogo
W2-Professur "Elektrifizierte Fahrzeugantriebssysteme" THU Technische Hochschule Ulm
Hochschule Osnabrück-Firmenlogo
Tandem-Professur Robotik, Data Science and AI, Digitalisierte Wertschöpfungsprozesse Hochschule Osnabrück
Osnabrück, Lingen Zum Job 
Technische Hochschule Augsburg-Firmenlogo
Professur für verfahrenstechnische Produktion Technische Hochschule Augsburg
Augsburg Zum Job 
Fachhochschule Dortmund-Firmenlogo
Professur für "Werkstofftechnik und Metallografie" Fachhochschule Dortmund
Dortmund Zum Job 
Frankfurt University of Applied Sciences-Firmenlogo
Professur "Didaktik in der Mathematik" (w/m/d) Frankfurt University of Applied Sciences
Frankfurt am Main Zum Job 
Bergische Universität Wuppertal-Firmenlogo
Research Assistant (postdoc) in the field of additive manufacturing of metals Bergische Universität Wuppertal
Wuppertal Zum Job 
Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes-Firmenlogo
W2-Professur (m/w/d) für Fahrzeugtechnik - Fahrdynamik und Fahrwerke Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes
Saarbrücken Zum Job 
Hochschule Wismar-Firmenlogo
W2 Professur Holzbau und hybride Konstruktionen Hochschule Wismar

Diplomarbeit über einen modernen Zweckbau: eine Schule

Es war die Zeit, in der die Architektur in einem Wandel begriffen war. Der Historismus lag zurück, der Jugendstil wurde hinterfragt. Immer mehr rückten das funktionale Bauen, öffentliche Zweckbauten und Konzepte für eine planvolle Stadtentwicklung in den Vordergrund. Auch Jovanka Bontschits verschrieb sich den Fachgebieten, die in der Kaiserzeit als „modern“ galten. Wie ihre 15 Kommilitonen, die sich mit ihr zur Abschlussprüfung anmeldeten, wählte sie als Thema ihrer Diplomarbeit einen solchen öffentlichen Zweckbau, nämlich eine Schule, ließ sich mündlich im Fach Städtebau prüfen und schnitt dort mit der Note „ziemlich gut“ ab.

Die Diplomurkunde der Jovanka Bontschits, Deutschlands erster Ingenieurin, aus dem Jahr 1913. Das vorgedruckte

Die Diplomurkunde der Jovanka Bontschits, Deutschlands erster Ingenieurin, aus dem Jahr 1913. Das vorgedruckte „er“ musste per Schreibmaschine geändert werden. Und gleich fünfmal enthält das Diplom die Wertung „ziemlich gut“.

Quelle: Archiv der TU Darmstadt

Zu ihren Mitstudierenden pflegte Bontschits, soweit man dies unter anderem anhand von Fotos gemeinsamer Ausflüge rekonstruieren kann, offenbar ein gutes Verhältnis: „Es war absehbar, dass sie niemals auf dem deutschen Arbeitsmarkt aufschlagen würde. Von daher sahen ihre männlichen Kommilitonen in ihr wohl keine Konkurrenz“, sagt Kümmel. Denn, dass sie nach dem Abschluss wieder in ihre serbische Heimat zurückkehren würde, stand ebenso wenig infrage, wie der Entschluss zu arbeiten.

Bontschits bekam drei Söhne und blieb trotzdem berufstätig

Anders als viele Frauen, die zum Teil nur als Gaststudentinnen am Hochschulleben teilnahmen oder nach dem Vordiplom heirateten und nie wirklich ins Arbeitsleben eintraten, blieb die Mutter dreier Söhne berufstätig, bis sie 1945 in Belgrad in den Ruhestand ging. Wann genau Bontschits Deutschland verließ, ist unsicher. Klar ist, dass mit Ausbruch des ersten Weltkriegs im Sommer 1914 viele Studierende aus den gegnerischen kriegsführenden Ländern die Hochschule verlassen mussten.

Nach Zwischenstationen in Sankt Petersburg und Kiew arbeitete sie ab 1923 im serbischen Bauministerium. Jovanka Katerinic, wie sie nach ihrer Heirat hieß, betreute dort große Bauprojekte wie das Gebäude der Stadtverwaltung in Banja Luka oder das Gebäude für die Lehrerinnenausbildung an der Universität Belgrad. Als letzte Station ihrer Ausnahmekarriere leitete sie im Ministerium das Referat für Hochschulbau.

An der TU Darmstadt soll  Straße nach Bontschits benannt werden

„Sie hat Mut bewiesen und individuell eine ganz große Leistung vollbracht“, findet Verena Kümmel. Heute erinnert der Fachbereich Material- und Geowissenschaften der TU Darmstadt jedes Jahr mit dem Jovanka-Bontschits-Preis für herausragende Promovendinnen und Absolventinnen an ihre Großmutter. Ende 2013 soll auf dem Ingenieurcampus eine Straße nach ihr benannt werden. Heute stellen Frauen an der TU Darmstadt fast die Hälfte der Studierenden in Architektur.

Ein Beitrag von:

  • Jutta Witte

    Surpress Journalistenbüro in Tübingen. Themenschwerpunkte: Bildung, Forschung und Wissenschaft.

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.