Exzellenzinitiative: Kleine Unis sagen großen den Kampf an
Die Exzellenzinitiative schickt die Hochschulen in einen Wettbewerb, der nun in eine neue Runde geht. Am 15. Juni stellt der zuständige Bewilligungsausschuss die Gewinner in den drei Förderlinien Graduiertenschulen, Exzellenzcluster und Zukunftskonzepte vor. Die bange Frage der kleinen technischen Universitäten ist, ob Außenseiter verstärkt zum Zuge kommen oder sich eine universitäre Zweiklassengesellschaft verfestigt.
Die TU München hatte Erfolg in der Königsklasse der Exzellenzinitiative, dem Zukunftskonzept, das die gesamte Uni einbezieht. „Die unternehmerische Universität“ heißt das Motto der TU. „Unser Unternehmensziel ist die Wissenschaftlichkeit“, so TU-Präsident Wolfgang A. Herrmann. „Das heißt, um die halbe Welt zu laufen und von den Ideen zu überzeugen. Das heißt innovative, auch risikoreiche Forschung. Und das heißt, Talente zu entdecken, zu fördern und für die Universität zu bewahren.“
Exzellenzinitiative ermöglicht innovative Reformen
Obwohl die TU München finanziell besser dasteht als die meisten Hochschulen und obwohl sie die Abkehr von der „Behörden-Universität“ schon in den 90er-Jahren begann, gab es einige Reformen, die ohne das Extrageld aus der Exzellenzinitiative nicht möglich gewesen wären. Etwa das Dual Career Office, das Partnern neu berufender Professorinnen und Professoren hilft, im Raum München beruflich Fuß zu fassen.
Die Exzellenzinitiative soll deutsche Spitzenforschung international sichtbar machen und neue Strukturen schaffen, die Spitzenforschung ermöglicht oder erleichtert. Nicht nur für die gesamte Universität, sondern auch innerhalb der Exzellenz-Cluster, interdisziplinären Forschungsnetzwerken auf Zeit. „Das wirbelt innerhalb der Lehrstühle und Fakultäten die Dinge manchmal durcheinander,“ sagt Jochen Feldmann von Ludwig-Maximilians-Universität München. „Aber das war ja genau so gewollt.“
Der Physiker koordiniert den Exzellenz-Cluster „Nanosystems Initiative Munich“, in dem sich die zwei großen Münchner Universitäten, fünf Forschungsinstitute, die Uni Augsburg, die Hochschule München und das Deutsche Museum zusammengeschlossen haben.
Feldmann schätzt die Freiheit, die ein solcher Cluster kreativen Forschern bietet. „Ideen kommen nicht immer gerade, wenn ein Antrag geschrieben wird. In einem Cluster können wir sie aber jederzeit finanziell fördern.“ Schon mehrmals wurde aus einer Idee ein neues Projekt, für das Nachwuchsforscher EU-Mittel einwerben konnten.
Für Nachwuchsförderung steht aber vor allem die dritte „Wettbewerbsklasse“ der Exzellenzinitiative, die Graduiertenschulen. Sie bieten eine strukturierte Doktorandenausbildung mit exzellenter Betreuung. Hier konnten auch viele kleinere Universitäten ihre Stärken zur Geltung bringen, die für ein Exzellenzcluster nicht genug Forscher auf einem Fachgebiet haben. Und diese Graduiertenschulen wurden nicht selten zum Modell für die gesamte Universität.
Wissenschaftsrat-Präsident sieht keine Gefahr für Zweiklassen-Unis
33 der rund 80 staatlichen Universitäten hatten Erfolg in einem der drei Wettbewerbe. Sie stehen im Scheinwerferlicht – aber was ist mit den anderen? Entsteht hier eine Zweiklassen-Gesellschaft? Wolfgang Marquardt, Präsident des Wissenschaftsrats, widerspricht: „Spitzenleistungen kann man nur erbringen, wenn es auch ein leistungsfähiges Substrat in der Breite gibt. Und wir müssen dafür sorgen, dass die Spitze gewissermaßen den Mittelwert der Breite nach oben zieht.“ Nicht jede Universität könne und solle alles bieten, sondern muss Schwerpunkte setzen, wo die eigenen Stärken liegen.
Dass dies auch vermeintliche Verlierer im Exzellenzwettbewerb längst verstanden haben, zeigt die Brandenburgische Technische Universität Cottbus. Sie konzentriert sich auf fünf Schwerpunkte: Energie, Umwelt, Material, Bauen sowie Informations- und Kommunikations-Technologien. Mit Erfolg: „Wir sind eine von nur 28 Universitäten weltweit, die ein University Technology Center von Rolls-Royce haben,“ sagt Walther Zimmerli, Präsident der BTU. „Weil wir im Bereich Triebwerksforschung Spitze sind.“ Auch international ist die BTU gut vernetzt. Für die Exzellenzinitiative ist die BTU aber mit 6750 Studierenden zu klein, und es fehlt in der Lausitz an außeruniversitären Forschungsinstituten als Partner. Erfolg hatte sie hingegen im Programm „Spitzenforschung in den Neuen Ländern“.
Zimmerli: „Den Plänen des brandenburgischen Wissenschaftsministeriums, die BTU mit der Hochschule Lausitz zusammenzulegen, begegnen wir mit einer Strategie der gezielten Zusammenarbeit in den Bereichen, die zusammenpassen. Derzeit mit einem erfolgreichen gemeinsamen Studiengang für Bauingenieurwesen.“ Die BTU ist nur zu 60 % ausfinanziert sie schließt einige Lücken durch einen ungewöhnlich hohen Anteil von Drittmitteln.
Wegen des sogenannten Kooperationsverbots konnte die Bundesregierung Universitäten bisher nicht direkt fördern. Erst letzte Woche beschloss das Kabinett, den entsprechenden Grundgesetzartikel zu ändern, sodass Bund und Länder in Zukunft Hochschuleinrichtungen von überregionaler Bedeutung gemeinsam fördern können. Forschungsministerin Anette Schavan will damit insbesondere die in der Exzellenzinitiative entstandene Zusammenarbeit zwischen Universitäten und außeruniversitären Forschungsinstituten stärken.
Studenten-Initiative: „Wir brauchen keine Exzellenzinitiative 2.0“
„Wir brauchen keine Exzellenzinitiative 2.0“, kritisiert der Freie Zusammenschluss von StudentInnenschaften (fzs) diese Pläne. „Wir brauchen eine tragbare Grundfinanzierung.“
Walther Zimmerli sieht bei diesen Plänen durchaus auch Chancen für die kleine BTU: „In Kooperations-Projekten sind wir stark, wir denken, dass wir dort gute Karten haben.“
Wenn die Zukunftspläne des BMBF den Kleinen tatsächlich bessere Chancen bieten als im aktuellen Wettbewerb, könnte Exzellenz auch dort sichtbar werden, wo sie bisher im Schatten der Großen verborgen blieb.
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