Frauen in MINT-Berufen: „Du musst dich nicht vergleichen“
Trotz etlicher Netzwerke und Initiativen sind Frauen in MINT-Berufen immer noch rar. Woran das liegt und welche Tipps Frauen in Männerdomänen wirklich voran bringen, haben wir mit einer Ingenieurin besprochen.
Nach wie vor sind Frauen in den sogenannten MINT-Berufen unterrepräsentiert. 2018 ist der Anteil weiblicher Beschäftigte im Vergleich zwar gestiegen, dennoch liegt der Frauenanteil in MINT-Berufen bei 15 %, so eine Statistik der Arbeitsagentur. Teilzeitarbeit korreliert mit dem Frauenanteil. In MINT-Berufen sind circa 28 % der Frauen in Teilzeit beschäftigt. Nur knappe 5 % der Männer in MINT-Berufen befinden sich in einer Teilzeitbeschäftigung.
Wie empfinden Frauen in MINT-Berufen den beruflichen Alltag? Wir haben mit Britta Rülander, Systems Manager bei Texas Instruments, über ihren Werdegang und Vorbilder gesprochen.
Frauenquote in Vorständen: Großer Wurf oder Fortschritt in Trippelschritten?
ingenieur.de: Gab es einen Moment in Ihrer Karriere, in dem Sie sich gewünscht hätten, ein Mann zu sein?
Britta Rülander: Nein, eigentlich nicht. Als Frau fällt man in einem eher männerlastigen Umfeld natürlich schon eher auf. Aber nicht in einem negativen Sinn, ich habe mich nie benachteiligt gefühlt. Tatsächlich war es in allen Teams, in denen ich bis jetzt gearbeitet habe, und auch schon im Studium so, dass die Leute froh waren, dass auch mal eine Frau dabei ist. Ich hatte nie gedacht: Ach, ich wünschte, ich wäre wie alle anderen in der Gruppe. Und inzwischen gleicht sich das auch an. Ich bin jetzt seit fünf Jahren bei Texas Instruments und man trifft auf dem Flur immer häufiger Frauen.
Für was steht die Abkürzung MINT?“
Hinter MINT verbergen sich die Begriffe: „Mathematik, Informatik, Natur- und Ingenieurwissenschaft und Technik“. MINT umfasst also naturwissenschaftliche und technische Fachbereiche.
Und doch ist die Zahl an Frauen in den meisten Ingenieurberufen immer noch klein. Woran liegt das eigentlich?
Uns fehlen immer noch Vorbilder. Das fängt schon früh an: Wen sehen Mädchen denn in technischen Berufen? Es sind meist Männer. Der Wandel passiert sehr langsam. Es ist deshalb wichtig, die Vorbilder, die es gibt, sichtbarer zu machen. Man lässt sich ja als Mensch von Vorbildern inspirieren, in eine bestimmte Richtung zu gehen. Und wenn junge Frauen andere Frauen sehen, die einen erfolgreichen Weg gegangen sind, dann steigt die Wahrscheinlichkeit sicher, dass sie sagen: Ja, ich entscheide mich da auch zu.
Sie unterstützen bei Texas Instruments Kolleginnen und Kollegen bei ihrer Karriereplanung. Wie läuft das ab?
Wir haben eine Mitarbeiterinitiative namens „Career Navigator“ und fokussieren uns auf drei Punkte. Ein Punkt ist, dass wir eigene Erfahrungen aus unseren Karrierewegen teilen. Der zweite Punkt ist das Netzwerken. Wir möchten den Mitarbeitern die Chance geben, mit ganz unterschiedlichen Personen über Ziele zu reden, und nicht nur zum Beispiel mit der Chefin oder dem Chef. Ein dritter Punkt bezieht sich auf Workshops, in denen Mitarbeiter herausfinden können: Was passt zu mir ganz individuell? Damit bewegt man sich ein bisschen weg vom sehr allgemeinen Ziel, zum Beispiel CEO zu werden, hin zu der Frage: Welche inhaltliche Arbeit möchte ich eigentlich wirklich machen und welche Rolle passt dabei zu mir?
Suzanna Randall: Astronautin in spe über Frauen im All
Stichwort Netzwerken: Machen Frauen das anders als Männer? Oder ist das ein Klischee?
Ich würde sagen, das ist grundsätzlich von der jeweiligen Persönlichkeit abhängig. Meiner Erfahrung nach sind Frauen allerdings tendenziell zurückhaltender, das Netzwerk, das sie haben, für Karrierefragen zu nutzen. Nicht im Sinne von Vitamin B, sondern eher wenn es um Feedback und Input geht. Dafür haben wir hier im Unternehmen eine „Women‘s Initiative“, um das zu stärken, und in der Mitarbeiterinnen sich Input und Ratschläge holen können.
Zahlen zu Studium und Beruf: Frauen im Ingenieurberuf
Im Laufe einer Karriere bekommt man ja viele Ratschläge. Erinnern Sie sich an einen, der sich im Nachhinein als schlecht herausgestellt hat?
Eigentlich nicht. Wenn ich mich erinnere, dann bleibt mir vor allem etwas sehr Positives im Kopf. In meinem ersten Jahr im Unternehmen war ich die Jüngste im Team und hab gemerkt, dass ich einfach auch anders war als die anderen. Mein Chef hat damals gesagt: Du musst dich nicht vergleichen, du bist hier, weil wir genau dich brauchen für das Team. Deshalb haben wir dich eingestellt. Ich habe gelernt, mich weniger darauf zu konzentrieren, was ich nicht so mache wie die anderen. Sondern im Gegenteil vielmehr auf das, was ich anders mache und für das ich einstehe und von dem ich glaube, dass es dem Unternehmen nutzt. Diesen Rat würde ich auch anderen geben: Sei so wie du bist, dafür hat man dich eingestellt.
Dieses Interview ist erstmals im März 2021 erschienen.
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