Ingenieur Michael Schmid arbeitet als Konstrukteur bei Herrenknecht
Gewagt und gewonnen. Michael Schmid – Konstrukteur bei Herrenknecht – wusste nicht, was er lernen sollte. In einer Ausbildung zum technischen Zeichner hat er Interesse an der Konstruktion gefunden, anschließend Maschinenbau mit Schwerpunkt Konstruktion studiert. Sein Job heute sei wesentlich kreativer als der zuvor.
TOP BORS hat nicht gebracht, was sich Michael Schmid erhofft hatte. Seit über 25 Jahren findet in Baden-Württemberg in Klasse 8 oder 9 das „Themenorientierte Projekt Berufsorientierung in der Realschule“ statt, abgekürzt TOP BORS. Schmid kam wie viele seiner Klassenkameraden in Zugzwang, weil er nicht so recht wusste, was er lernen sollte. Zimmermann könnte etwas sein, dachte er sich. Nach 14 Tagen auf dem Dach war klar: Lieber Industrie als Bau.
Michael Schmid wohnt in Hohberg. Das Städtchen liegt an der A5, zwischen Offenburg und Lahr im Schwarzwald. In dieser ländlichen Gegend trifft sich die Familie regelmäßig. Bei einer Geburtstagsfeier erzählt ein Onkel von seinem Beruf als technischer Zeichner. Der Neffe fand es spannend, am Computer dreidimensionale Produkte zu zeichnen. Computer und kreativ sein: „Für mich als 15-Jährigem schien das die ideale Kombination.“ Er bewarb sich auf eine Stellenausschreibung in der regionalen Zeitung. Bei Herrenknecht in Schwanau, Hersteller von Tunnelbohrmaschinen, etwa 20 km von seinem Wohnort gelegen, kannte er zwar niemanden, eingestellt wurde er dennoch.
Herrenknecht war zufrieden mit dem Auszubildenden
„Schon während der Lehre war mir klar, dass ich weitermachen will, wenn ich meine Berufsausbildung abgeschlossen habe.“ Technikerschule oder Ingenieur-Studium, das stand zur Debatte. Herrenknecht war sehr zufrieden mit dem Auszubildenden und bot ihm an, ihn mit einem Gehalt in Höhe einer Ausbildungsvergütung zu unterstützen, sollte er sich für das Studium entscheiden. Schmid nahm das Angebot an, zumal er lediglich zusagen sollte, nach erfolgreichem Studienabschluss vier Jahre in der Firma zu bleiben. Schmid sah das weniger als Verpflichtung, sondern eher als ein verlockendes Angebot.
Herrenknecht bezeichnet sich selbst als ‚Weltmarktführer für maschinelle Antriebstechnik‘. Die inhabergeführte Firma baut Maschinen für Verkehrs- sowie Ver- und Entsorgungstunnel in aller Welt, für alle Baugründe und Durchmesser von 0,1 m bis 19 m. Herrenknecht hat rund 5000 Mitarbeiter und einen Umsatz von 1,1 Mrd. €. Einige Referenzprojekte sind der Gotthard-Basistunnel, die Metroröhren in Guangzhou, China, und eine Meerwasserentsalzungsanlage in Tugun, Australien.
Gewaltig große Maschinen
Schmid ist von den teilweise gewaltig großen Maschinen fasziniert und entschließt sich für das Studium. In Offenburg erwirbt er die Fachhochschulreife und studiert anschließend in Karlsruhe Maschinenbau – Schwerpunkt Konstruktion – mit einem Bachelor-Abschluss. Gleich anschließend hängt er ein Master-Studium an, ebenfalls in Maschinenbau an der Hochschule Offenburg. „Schwer war das Studium nicht, aber anstrengend.“ Mathematik und logisches Denken liegen dem jungen Mann. Während der Schule und im Studium arbeitete er regelmäßig als Werkstudent bei Herrenknecht. Seit November 2012 ist er als Konstrukteur angestellt. Am Hauptsitz in Schwanau arbeiten rund 200 Ingenieure, davon 155 in der Konstruktion.
Etwa 15 Ingenieure arbeiten zurzeit an einer neuen Verlegetechnik für Masten von Offshore-Windkraftanlagen. Bislang werden die Rohre mit Durchmessern von 5,5 m bis 7,5 m mit Hydraulikhämmern 30 m tief in den Meeresboden gerammt. Das macht ordentlich Krach, der deutlich lauter ist als ein Kampfjet. Der Lärm schadet der Meeresfauna.
Neue Technologie: Im Inneren der Rohre rotiert ein Bohrer
Bei der neuen Herrenknecht-Technologie rotiert im Inneren der aufgestellten Rohre ein Bohrer. Der Meeresboden wird innerhalb des Rohres nach oben abtransportiert, dabei senkt es sich. „Rammen dauert zehn Stunden, wir dürfen nicht länger brauchen.“ Zeit ist schließlich Geld und das will auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gut angelegt wissen: Die Behörde fördert diese Entwicklung mit 20 Mio. €. Im Frühjahr 2014 sollen erste Bohrungen auf See vor Bremerhaven durchgeführt werden.
Schmid hat in seiner Masterarbeit den Fräskopf für den Abtransport des Materials entwickelt. Aktuell arbeitet er am Verspannsystem für den Bohrer und der Zylinderauslegung. „Als Konstrukteur braucht man technisches Verständnis, muss einschätzen können, ob eine Konstruktion machbar ist, sollte sich mit 3-D-Konstruktionsprogrammen und Finite-Elemente-Methoden auskennen.“
Teamfähigkeit wichtig
Dieses Verfahren dient zur Lösung komplexer Berechnungen und ist in der Konstruktion weit verbreitet. Teamfähigkeit sei wichtig, ebenso räumliches Vorstellungsvermögen und man sollte so flexibel sein, manchmal zwischen Toleranzen abwägen zu können. Bei den Stahlkonstruktionen für die Maschinen kommt es häufig nicht auf den Millimeter an, in Zylindern schon.
„Mir macht es Spaß, eigene Ideen zu entwickeln und umzusetzen und schließlich die fertige Maschine zu sehen.“ Schmid vermisst ein wenig, die Anlagen im Betrieb begutachten zu können, um festzustellen, ob sie wie geplant funktionieren. Sein berufliches Ziel ist zunächst, in unterschiedlichen Projekten Erfahrung zu sammeln. Später möchte er ein Team leiten, vielleicht in der Forschung bei Herrenknecht.
26 Jahre ist Schmid nun alt und hat schon zehn Jahre Berufserfahrung in der Konstruktion. „Früher habe ich Zeichnungen nach Vorgaben gefertigt. Heute habe ich einen kreativen Job.“ Faszinierend, welche Auswirkungen Geburtstagsfeste letztendlich haben können. PETER ILG
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