Jungingenieure: Ohne Ethik keine gute Technik
Technik- und Karrierethemen kamen auf dem Kongress der Studenten und Jungingenieure nur am Rande zur Sprache. Verantwortung und Ethik waren die Stichworte, die sich wie ein roter Faden durch die Tagung zogen.
Sie planen und bauen mitreißende Produkte, sie haben Technikvisionen, sind als Fachkräfte heiß begehrt und hoch angesehen. Ingenieure aber stellen in Deutschland weit mehr dar als nur gewiefte Techniktüftler mit betriebswirtschaftlichem Basiswissen. Wer seinen Job wirklich gut machen will, sollte sich spätestens nach Fukushima auch der enormen gesellschaftlichen Bürde bewusst sein, die der Ingenieurberuf mit sich bringt.
Im Wissen um die damit verbundenen Herausforderungen und das Recht der Jugend, auch unangenehme Fragen zu stellen – schließlich geht es um ihre Zukunft – nannten die Studenten und Jungingenieure im VDI (suj) ihren Düsseldorfer Kongress „Ingenieure von heute mit Verantwortung für morgen“.
suj-Kongress: Jungingenieure beschäftigen sich mit Fragen der Ethik und Moral bei der Berufswahl
Bin ich ein schlechter Ingenieur, wenn ich mich mit der Technik auskenne, ethische Fragen aber nur am Rande betrachte? Kann ich oder soll ich einen Job machen, der sich mit der Herstellung umweltbedenklicher Produkte wie etwa Sportwagen oder mit Rüstungsgütern beschäftigt?
Solche Fragen sind es, die den Ingenieurnachwuchs beschäftigen. „Das Fachliche haben wir weitestgehend herausgelassen“, sagt Jungingenieurin Tina Barth, die als Projektleiterin den im Rahmen des Deutschen Ingenieurtages stattfindenden Kongress mit organisierte. Der Ingenieur in seinem Arbeitsumfeld war am Dienstag und Mittwoch Thema in Düsseldorf, der Perspektivwechsel – nicht allein der Blick in den Spiegel, sondern auch der kritische Dialog.
Was nicht heißen soll, dass die Debatte überkochte. Tina Barth: „Im letzten Jahr führten wir sehr emotionale Diskussionen zu Stuttgart 21. Beim Thema Fukushima habe ich die Erfahrung gemacht, dass Ingenieure verhalten darüber reden. Sie lehnen sich nicht so weit hinaus und beziehen nur dann eindeutig Stellung, wenn sie sich fachlich sicher sind.“
Aber konfliktscheu oder gar völlig unpolitisch seien junge Ingenieure deshalb nicht. Allerdings rege sein Studium nicht gerade zum Diskurs an, meint der Krefelder Maschinenbaustudent und suj-Arbeitskreisleiter Markus Wilhelm. Wer die Scheuklappen des reinen Technikexperten trage, müsse sich eben woanders davon trennen als an der Hochschule, wo Themen wie Verantwortung und Ethik viel zu kurz kämen.
Jungingenieure werfen auf suj-Kongress kritischen Blick auf die Technik
In Düsseldorf ging es für die jungen Ingenieure und Ingenieurinnen um das große Ganze, um den kritischen Blick auf die Technik. Gerade als Mitarbeiterin in einem Rüstungsunternehmen wäre sie ständig mit der Sinnfrage konfrontiert, sagt Tina Barth. „Schützen wir mit der Technik unsere Soldaten und unsere Bevölkerung oder treiben wir damit kriegerische Auseinandersetzungen voran?“ Fragestellungen, vor denen kein Ingenieur die Augen verschließen dürfe – auch wenn er selbst Teil des Apparates sei.
Ihr Wunsch sei es, dass die rund 200 Teilnehmer nicht allein ihre Karriereperspektiven neu ausgelotet haben, sondern sich auch darüber im Klaren sind, dass nicht nur gute Konstrukteure gefragt sind, sondern auch (umwelt-)bewusst handelnde Ingenieure. „Dass da noch mehr ist als nur ein Hightech-Produkt.“
Die vier Vortragsreihen auf dem Kongress spiegelten die wesentlichen Herausforderungen an junge Ingenieure und Ingenieurinnen wider: Ethik, Menschenführung, gesellschaftliches Engagement, Globalisierung und Softskills. Der Schwerpunkt „Ingenieure als Manager“ verdeutlichte, dass die Diskutierenden von heute die Macher von morgen sein könnten. Dass sie es sind, die Ethik und Verantwortung als gelebte Werte in Unternehmen und öffentlichen Einrichtungen verankern müssen.
Sich für den Kongress zu engagieren, habe gleich mehrere angenehme Nebeneffekte gehabt, bilanzierten Tina Barth und Markus Wilhelm: Man habe über Vorträge und Diskussionen seine Softskills geschult, das eigene Netzwerk um Gleichgesinnte erweitert – und es habe schlichtweg Spaß gemacht.
Wer, wie die Ingenieurin Tina Barth, mit dreijähriger Berufserfahrung neue Herausforderungen in Vereinsarbeit und Netzwerkarbeit sucht, dem bieten sich neue Chancen: Die VDI-Initiative „Activating career“ richtet sich an Ingenieure und Ingenieurinnen, die den Berufseinstieg längst hinter sich haben und neue Karrieresprünge ins Auge fassen.
VDI-Direktor Fuchs: „Das Wissen um Technik müssen wir Menschen vermitteln, die dieses Wissen nicht haben.“
Mit der Themenauswahl hätten die Organisatoren gezeigt, dass sie bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, dankte VDI-Direktor Willi Fuchs im Namen des Vereins. Die Arbeit im VDI sei als Übungsfeld für das Berufsleben bestens geeignet. „Hier können Sie lernen, sich in Teams einzubringen und Ideen durchzusetzen. Allerdings werden Sie für die Ideen immer kämpfen müssen.“
Fuchs betonte den gesamtgesellschaftlichen Auftrag, den auch junge Ingenieure vor allem bei der Orientierungshilfe übernehmen müssten. „Das Wissen um Technik müssen wir Menschen vermitteln, die dieses Wissen nicht haben.“ Ingenieure hätten sich in der Vergangenheit oft vornehm zurückgehalten. Die junge Generation müsse und werde offensiver zu Werke gehen.
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