Kampagne rund um Koblenz: „Sei knorke. Sei Ingenieurin.“
Mit einer Plakataktion wirbt die Hochschule Koblenz dafür, dass sich mehr Frauen für die technischen MINT-Studiengänge interessieren. In den nächsten drei Wochen werden 140 Großplakate rund um Koblenz mit dem Slogan „Sei knorke. Sei Ingenieurin.“ geklebt.
„Sei knorke. Sei Ingenieurin.“ Kurz, prägnant und provokant ist das Wortspiel, mit dem die Hochschule Koblenz gemeinsam mit der awk AUSSENWERBUNG GmbH gestern eine Plakataktion gestartet hat. Das Ziel: Mehr Frauen in die MINT-Studiengänge – das sind die bisher bei Frauen eher unüblichen Studiengänge Mathematik, Informationstechnik, Naturwissenschaft und Technik. „Mit dem Motiv ‚Sei knorke. Sei Ingenieurin.‘ wollen wir junge Frauen dazu ermuntern, sich in einem entsprechenden Studiengang einzuschreiben“, betonte der Präsident der Hochschule Koblenz, Professor Dr. Kristian Bosselmann-Cyran, bei der öffentlich zelebrierten Plakatierung eines ersten Großplakats.
Erstes neun Quadratmeter großes Plakat geklebt
Das erste der neun Quadratmeter großen Plakate ziert seit gestern eine Plakatwand an der Winninger Straße in Koblenz-Güls. Weitere rund 140 Plakate derselben Größe kommen bis zum 11. Juli in der Stadt und in den umliegenden Kommunen hinzu. Koblenz, Neuwied, Bendorf, Lahnstein, Mühlheim-Kärlich, Vallendar, Waldesch und Weißenthurm sind die Zielorte für die Aktion, die jetzt zeitgleich mit der Einschreibung in das Wintersemester 2013/2014 angelaufen ist.
Der Kampagne vorausgegangen war ein studentischer Wettbewerb um die besten Ideen für das Ziel, mehr Frauen in die MINT-Studiengänge zu holen. Seit Anfang April hatten angehende Betriebswirte im Rahmen der Vorlesung „Marketing Communications“ von Professor Dr. Holger J. Schmidt an Entwürfen für eine Plakatkampagne gefeilt. Die Arbeitsgruppen sammelten Ideen, konzipierten ein oder gar mehrere Motive, organisierten eigenständig Fotoshootings, feilten an Slogans, erarbeiteten mit viel Leidenschaft graphische Umsetzungen und präsentierten diese Mitte Mai vor einer Fachjury.
Arbeiten allesamt auf hohem Niveau
Diese lobte das hohe Niveau aller eingereichten Arbeiten. „Visuelle Schlagkraft, Plakativität und Kreativität: Das stand für uns als Medienunternehmen bei der Bewertung der Ideen im Fokus“, so Stefanie Probstfeld, Leiterin Unternehmenskommunikation der awk AUSSENWERBUNG. „Die Bandbreite der Einreichungen reichte von klassisch bis provokativ. Die Studierenden spielen mit Zweideutigkeit in Wort und Bild, erzählen Geschichten.“
Dreieinhalb Stunden lang tagte die Fachjury an der Hochschule Koblenz, um die eingereichten sechs Plakatentwürfe zu diskutieren und zu bewerten. „Es war eine freiwillige Projektarbeit, die die Studierenden über mehrere Wochen zu den regulär geforderten Leistungen erbrachten“, betont Schmidt.„Vor diesem Hintergrund sind das außerordentliche Engagement, die Kreativität und die Professionalität der Studierenden bei der Konzeption und Gestaltung der Entwürfe noch höher zu bewerten.“
Hochschule Koblenz möchte sich mit der Kampagne als zukunftsorientiert präsentieren
Gewonnen haben die Marketing-Studierenden Nils A. Hillert, Stefan Heßling, Lea Colbow, Franziska Girwert und Natalie Buchen. „Die mehrdimensionale Aussage ist Einladung und Versprechen. Das Signal lautet: Frauen in MINT-Studiengängen haben beste Perspektiven. Frauen können anpacken, Frauen trauen sich etwas zu: Das Visual ist ein echter Hingucker. Es ist auch ein rundum selbstbewusstes Statement, was sich unter anderem in der Silhouette zeigt, die sowohl Bestimmtheit als auch Lässigkeit ausdrückt“, fasste Jury-Mitglied Wolfgang Hothum vom IKAO Institut für Kommunikations-Analyse und -Optimierung die Entscheidung der Jury zusammen. „Wir möchten uns mit dieser ungewöhnlichen Kampagne als zukunftsorientierte, aufgeschlossene Hochschule präsentieren – den jungen Frauen, die wir konkret damit ansprechen, aber auch einer breiten Öffentlichkeit“, erklärte Hochschulpräsident Bosselmann-Cyran.
Alle Partner profitieren von der Zusammenarbeit: „Die Kooperation ist eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten: Die Studierenden aus dem Bereich Marketing konnten ihre Fähigkeiten in der Praxis erproben, die Hochschule profitiert von einer starken Self-made-Kampagne und hoher visueller Präsenz. Und auch awk zeigt im Rahmen der Kampagne auf, dass das Plakat trotz stark wandelnder Medienvielfalt, veränderter Mediennutzung seine Stärke niemals verliert: Nah an der Zielgruppe. Reichweitenstark. Und unausweichlich“, fasste Stefanie Probstfeld zusammen.
Bundesregierung startete vor fünf Jahren ein Memorandum
Auch der Bundesregierung ist klar, dass es eine weit geöffnete Schere zwischen Jungen und Mädchen und den MINT-Berufen gibt. Die Mädchen überholen die Jungs in Sachen Bildung, mehr Mädchen machen Abitur als Jungen. Trotzdem spiegelt sich dieses hohe Bildungsniveau nicht im Frauenanteil an den technischen Studiengängen wider. „Komm, mach MINT“ hieß denn auch folgerichtig am 17. Juni 2008 ein „Memorandum zum nationalen Pakt für Frauen in MINT-Berufen“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, das von so ziemlich allen unterschrieben wurde, die große technikorientierte Unternehmen in Deutschland repräsentieren oder als Vereine oder Verbände mit technikorientierten Berufen konfrontiert sind.
Im Memorandum heißt es: „Immer mehr Mädchen und Frauen erwerben in ihrer schulischen Laufbahn hervorragende Qualifikationen für technische und naturwissenschaftliche Berufe. Viele Mädchen und Frauen interessieren sich für Naturwissenschaft und Technik. Sie sind ein wichtiges Potential für die zunehmende Zahl wissensintensiver Arbeitsplätze in Deutschland. Ihr Anteil an Ausbildungs- und Studiengängen im MINT-Bereich ist jedoch viel zu niedrig. Internationale Vergleiche zeigen, dass Frauen in vielen anderen Ländern in wesentlich höherem Umfang in technischen und naturwissenschaftlichen Studienfächern präsent sind als in Deutschland.“
Sodann hagelt es Ziele, die die Unterzeichner des Memorandums sich für die nächsten drei Jahre setzten. Sie wollten „den Anteil von Studienanfängerinnen in naturwissenschaftlich-technischen Fächern mindestens auf europäisches Niveau steigern; das bedeutet eine durchschnittliche Steigerung um fünf Prozentpunkte.“ Eine kurze Zusammenfassung der Bundesagentur für Arbeit, die das Memorandum ebenfalls unterzeichnet hat, gibt 2011 zu: „Insgesamt fällt der Frauenanteil aber noch immer unterdurchschnittlich aus.“
Realität: Steigerung um 0,6 Prozentpunkte
Trotzdem sieht die Bundesagentur für Arbeit Fortschritte: „Frauen in MINT-Berufen konnten vom Beschäftigungsplus stärker profitieren als Männer. Mit Ausnahme der Datenverarbeitungsfachleute fällt das Beschäftigungswachstum von Frauen in allen MINT-Berufen stärker aus als das der Männer. Besonders deutliche Zuwächse verzeichnen Naturwissenschaftlerinnen. Ihre Anzahl erhöhte sich mit 35,1 Prozent gegenüber 2007 kräftig und stieg auf 26 900 Biologinnen und Geowissenschaftlerinnen, 12 100 Chemikerinnen sowie 4100 Physikerinnen und Mathematikerinnen an. Auch die Ingenieurinnen verzeichnen mit knapp einem Viertel mehr Beschäftigten innerhalb von vier Jahren ein deutliches Plus. Rund 90 300 Ingenieurinnen arbeiteten im März 2011 sozialversicherungspflichtig in Deutschland. Diese positive Beschäftigungsentwicklung bei Frauen in MINT-Berufen hat dazu geführt, dass der Frauenanteil in MINT-Berufen von 2007 auf 2011 weiter angestiegen ist. Allerdings in bescheidendem Ausmass: um 0,6 Prozentpunkte auf 18,7 Prozent. Grund genug also für weitere Werbemaßnahmen a lá „Sei knorke. Sei Ingenieurin.“
Ein Beitrag von: