Ruhr-Uni Bochum bietet Studiengang zum Vertriebsingenieur an
Können Ingenieure verkaufen lernen? Zumindest ist das ein Ziel des Studiengangs „Sales Engineering and Product Management“ an der Fakultät für Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum. Doch noch sind umfassende universitäre Ausbildungsmöglichkeiten selten. Meist muss die Qualifizierung als Fort- oder Weiterbildung aus eigener Tasche bezahlt werden.
Ingenieuren im technischen Vertrieb rollen Unternehmen den roten Teppich aus – Konstrukteursgenius gepaart mit Verkäufergen ist eine Kombination, die auf dem Arbeitsmarkt rar ist. Das hat Gründe: Erstens ist der Verkauf nicht gerade das, was Ingenieure ureigen antreibt und zweitens mangelt es an fundierten Ausbildungsmöglichkeiten, die dem Nachwuchs den Job schmackhaft machen und ihn dafür qualifizieren.
Also stehen viele Unternehmen vor einem Dilemma. Guten Verkäufern mangelt es meist am technischen Know-how über komplexe Anlagen und Maschinen. Guten Ingenieuren wiederum gehen meist verkäuferische und kundenorientierte Fähigkeiten ab. Ein Problem, das man an der Fakultät für Maschinenbau der Ruhr-Universität Bochum schon vor Jahren erkannt hat und seither Vertriebsingenieure akademisch ausbildet: In dem Studiengang „Sales Engineering and Product Management“ (SEPM) kann nach dem Masterabschluss sogar promoviert werden.
Vertriebsingenieure als Schnittstelle zwischen Technikern und Kunden
„Unser Ziel ist es, Ingenieure auszubilden, die den Vertrieb von technologieintensiven und erklärungsbedürftigen Produkten leisten können“, sagt Studiengangkoordinator Luis Barrantes. „Die Vertriebsingenieure sollen in der Lage sein, als Schnittstelle zwischen der technischen Abteilung eines Unternehmens und den Kaufinteressenten zu agieren.“ In den letzten Jahren hat sich das Berufsbild des Maschinenbauingenieurs immer stärker zum Dienstleister entwickelt, was besonders Vertriebsingenieure zu Beratern und Servicemanagern, zum Bindeglied zwischen Unternehmen und Markt, macht. Die neuen Anforderungen bildet der zulassungsfreie Bachelor- und Masterstudiengang ab.
„Zu zwei Dritteln besteht das Studium aus technischen Inhalten, den Rest bilden Wirtschaftswissenschaften, Psychologie, Jura, Fremdsprachen und Rhetorik“, erklärt Barrantes. Die Studierenden belegen Pflichtmodule aus dem Vertriebs- und Managementteil, darunter „Interkulturelles Management“, „Internationales Vertriebsmanagement für Industriegüter“, „Product Management“ oder „Psychologie in der Businesskommunikation“. Im technischen Bereich setzen sie individuelle Schwerpunkte je nach persönlicher Präferenz in der Energie- und Verfahrenstechnik, den Maschinen- und Automatisierungssystemen oder im Werkstoffengineering. Die Studierenden können unter 13 Sprachen auswählen. Neben Englisch, Französisch oder Italienisch können sie auch Kurse in Japanisch, Rumänisch oder Irisch belegen. Sie sollen damit in die Lage versetzt werden, Texte in der gelernten Fremdsprache zu lesen sowie sich sowohl mündlich als auch schriftlich verhandlungssicher auszudrücken.
Vertriebsingenieur-Studium lehrt auch wirtschaftliche und juristische Inhalte
Kultur- und länderspezifische Besonderheiten stehen ebenfalls auf dem Lehrplan. Auch ein Auslandsaufenthalt an einer Partneruniversität ist während des Bachelorstudiums möglich, um internationale Erfahrungen zu sammeln. Ein hoher Praxisbezug der Ausbildung, etwa durch Praktika oder Kaminabende mit Unternehmern, rundet das Angebot ab. Studiengangleiter Joachim Zülch betont: „Anders als die Ausbildung zum Vertriebler im Konsumgütermarkt ist und bleibt der Vertriebsingenieur ein Ingenieur.“ Erfreulich ist, dass sich für diese Variante deutlich mehr Frauen erwärmen können als für einen rein technischen Studiengang.
Auch sie reizen glänzende Berufsaussichten: „Das Studium bereitet auf Management- und Führungspositionen in der Wirtschaft vor: Unternehmerisches Denken und Handeln sowie die Aneignung sozialer Kompetenz sind neben dem notwendigen technischen Know-how erklärte Ausbildungsziele“, sagt Zülch. Für den Master können sich auch Berufserfahrene einschreiben, die sich weiterqualifizieren möchten. SEPM-Absolvent Marius Schüürman lobt: „Die Stärke des Studiengangs ist, dass er interdisziplinär aufgebaut ist und damit eine vielschichtige Sichtweise auf wirtschaftliche, technische und juristische Zusammenhänge eröffnet.“ Ihm hilft das in der Praxis im Vertrieb der Gelsenkirchener ELE Verteilnetz GmbH ungemein. Schüürman: „Kaum ein anderer technischer Studiengang erweitert derart den Horizont, lehrt, wie Kunden betreut, Kosten kalkuliert und kontrolliert werden.“
VDI bietet zertifizierte Weiterbildung zum Vertriebsingenieur an
Den Bedarf an einer fundierten akademischen Ausbildung für den Vertrieb sieht Dieter Moll, der im VDI für den Fachbereich Technischer Vertrieb zuständig ist, schon lange. Daher bietet der Verein das Weiterbildungsangebot namens „Vertriebsingenieur VDI“ an. In sechs dreitägigen Modulen werden die Teilnehmer berufsbegleitend zum zertifizierten „Vertriebsingenieur VDI“ ausgebildet.
Auf dem Lehrplan stehen unter anderem: Methoden und Werkzeuge für die strategische sowie operative Weiterentwicklung des Vertriebs, Industrielles Marketing, Marktbearbeitung, Vertriebssteuerung sowie Trainings für ein verbessertes Verhandlungsgeschick und eine gelungene Kundenansprache. Der Lehrgang wird berufsbegleitend innerhalb eines halben Jahres absolviert. Abschließend werden die Teilnehmer in einem eintägigen Prüfungsworkshop auf ihr neu erworbenes Wissen hin geprüft und erhalten ihr Zertifikat.
Für Key Account Managerin Meike Erichsen hat sich der Einsatz jedenfalls ausgezahlt: „Der Lehrgang hat mir sehr viel praktisches Handwerkszeug mitgegeben, um optimierter, zielgerichteter und strategischer im Vertrieb arbeiten zu können“, sagt sie und bilanziert: „Er hat mir sehr bei meiner beruflichen Weiterentwicklung, aber auch bei meinem letzten beruflichen Wechsel geholfen.“
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