Interview: Hochschule Offenburg 16.12.2011, 12:03 Uhr

Studieren auf Probe mit „startING“

Seit dem Sommersemester 2011 bietet die Hochschule Offenburg ein Studieren auf Probe an. „Mit dem Studienmodell ,startING‘ ermöglichen wir einen individuellen, an die jeweilige Bildungsbiographie angepassten Einstieg in ein Studium“, erklärt Tobias Felhauer, Leiter des fakultätsübergreifenden Studienmodells. Die bisherige Bilanz

VDI nachrichten: Das Studienmodell „startING“ umfasst ein Semester, das allen Ingenieurstudiengängen der Hochschule Offenburg vorgeschaltet werden kann und Interessierten Orientierung geben soll. Welches Konzept steht dahinter und warum ist ein solches Semester nötig und sinnvoll?

Felhauer: Unsere Erfahrung zeigt, dass Studieninteressierte dem immer größer werdenden Studienangebot zunehmend hilflos gegenüberstehen. In diesem „Dschungel“ an Studiengängen möchten wir Studieninteressierten mit sehr guten Schulkenntnissen, die eine Ingenieurkarriere anstreben, Orientierung geben. Weiterhin möchten wir mit startING aber auch eine Brücke bauen zu Studieninteressierten, die Zweifel am Studienerfolg in einem oft als anspruchsvoll geltenden Ingenieur-Studium haben.

Letztlich geht es uns darum, mehr Studieninteressierte für ein Ingenieur-Studium zu begeistern, indem wir ihnen einen individuellen, an ihre Bildungsbiografie angepassten Einstieg in ein Studium ermöglichen. Gleichzeitig erhoffen wir uns eine Verringerung der Studienabbruchquote, die gerade in den Ingenieurstudiengängen aufgrund von Fehlorientierung schmerzlich hoch ist.

Wie sieht das Curriculum des Studiums aus und was erlernen die Studierenden konkret?

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Die Lehrveranstaltungen sind strukturiert in die Bausteine Orientierung, Qualifizierung und Befähigung. Im Baustein Orientierung gibt es vielfältige Veranstaltungen wie ein fakultätsübergreifendes Ingenieurlabor, Kolloquien mit Ingenieuren, Firmenbesuche etc., um den Studierenden einen Einblick in die verschiedenen Ingenieur-Fachrichtungen zu geben. 

Im Baustein Qualifizierung werden den Studierenden vollwertige Vorlesungen in Querschnittsfächern wie Mathematik, Physik und Elektrotechnik mit zusätzlich umfangreichen Betreuungsmaßnahmen angeboten. 

Im Baustein Befähigung schließlich werden Methodenkompetenzen wie Lernstrategien, Zeit- und Projektmanagement oder Teamworking gelehrt, die für ein erfolgreiches und effizientes Studieren neben den Fachkompetenzen oftmals entscheidend sind. 

Erwerben die Studierenden einen Abschluss und wenn ja, welchen? Werden die Leistungen auf das nachfolgende Studium angerechnet?

Am Ende des startIng-Semesters erhalten die Teilnehmer ein Zertifikat, auf dem alle Prüfungsleistungen bestätigt sind. Bei erfolgreich absolviertem startING-Semester, d. h. wenn mindestens 15 der möglichen 30 Credits erworben wurden, erhalten die Studierenden einen garantierten Studienplatz in einem ingenieurwissenschaftlichen Bachelor-Studiengang ihrer Wahl. Die Prüfungsleistungen des Bausteins Qualifizierung werden im nachfolgenden ingenieurwissenschaftlichen Bachelor-Studium voll anerkannt. Dadurch entstehen dort Freiräume, die z. B. für eine Auslandsstudienphase genutzt werden können.

Angenommen, der Student wechselt die Hochschule nach dem startING-Semester: Rechnen auch andere Hochschulen die Leistungsnachweise an?

Die Anerkennung von Prüfungsleistungen ist immer Sache der jeweiligen Hochschule. Da insbesondere die Vorlesungen im Baustein Qualifizierung aber inhaltsgleich zu den entsprechenden Vorlesungen in einem ingenieurwissenschaftlichen Bachelor-Studiengang angeboten werden, ist zumindest die fachliche Voraussetzung für eine Anerkennung gegeben. Wir hoffen natürlich, die startING-Studierenden nicht nur bestens für ein weiteres fachspezifisches Ingenieur-Studium vorzubereiten, sondern, sie auch für ein Weiterstudium an unserer dynamischen Hochschule in einer klimatisch wie landschaftlich wunderschönen Gegend begeistern zu können.

Inwieweit arbeitet die Hochschule Offenburg beim „startING-Programm“ mit der Wirtschaft zusammen? Wie hoch ist der Praxisbezug?

Als Hochschule für angewandte Wissenschaften suchen wir aus einem Selbstverständnis heraus immer die Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. So erhalten wir große Unterstützung für dieses Projekt von vielen Firmen – eine Firma hat sich z. B. spontan bereit erklärt, einen Geldpreis für den besten startING-Absolventen zu stiften, was natürlich für die Studierenden eine zusätzliche Motivation ist.

Ingenieure aus der Wirtschaft stellen im Rahmen eines Kolloquiums ihren beruflichen Werdegang und ihre Tätigkeitsgebiete vor. Umgekehrt besuchen wir zahlreiche Firmen, um Ingenieure an ihrem Arbeitsplatz und in ihrem Arbeitsumfeld zu sehen.

Aber auch innerhalb der Hochschule geben wir den startING-Studierenden in fakultätsübergreifenden Laborübungen die Gelegenheit, selbstständig praktische Erfahrungen in verschiedenen Ingenieur-Disziplinen zu sammeln.

Können seitens der Hochschule bereits Aussagen getroffen werden, ob den Absolventen der Einstieg in das sich anschließende Ingenieurstudium leichter fällt?

Das Studienmodell wurde erstmals im Sommersemester 2011 angeboten. Alle Studienanfänger haben dieses Studienmodell auch abgeschlossen, was einer Drop-out-Quote von 0 % entspricht – dies ist für ein ingenieurwissenschaftliches Studienangebot schon bemerkenswert. Von den ersten Absolventen haben sich anschließend 85 % ganz bewusst für ein Weiterstudium in einem ingenieurwissenschaftlichen Bachelor-Studiengang an der Hochschule Offenburg entschieden. Weitere Analysen sind bisher noch nicht möglich – aber wir werden die Entwicklung der startING-Absolventen natürlich weiter beobachten, um Hinweise über die Wirksamkeit des Konzeptes zu erhalten. 

Wann findet das nächste „startING“-Semester statt und wann endet die Bewerbungsfrist?

Das startING-Semester wird immer zum Sommersemester angeboten, Studienbeginn ist Mitte März. Bewerbungsschluss für das Sommersemester ist immer der 15. Januar. Die Bewerbung erfolgt online über die Webseite der Hochschule Offenburg.

Ein Beitrag von:

  • Julia Schlingmann

    Redakteurin VDI nachrichten im Ressort Management und Karriere.

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