Unternehmen investieren bevorzugt in Ingenieurstudium
Unternehmen sponsern die akademische Ausbildung vor allem, um den Akademikermangel in Deutschland zu lindern. Im Jahre 2009 investierten sie 2,2 Mrd. € in die Hochschullehre, ergibt eine Studie des Stifterverbandes. Der Bildungsökonom Dieter Dohmen findet die Erkenntnisse wenig aussagekräftig.
„Investitionen von Unternehmen in die akademische Bildung.“ In Deutschland ist die Debatte zu diesem Thema zwiegespalten. Die Wirtschaft müsse mehr tun, heißt es einerseits Unternehmen sollten die Freiheit der Wissenschaft nicht durch ihre Einmischung gefährden, fordern andere. Als Grundlage für eine Diskussion liegen jetzt erstmals Zahlen zum Engagement der deutschen Wirtschaft in der Hochschullehre vor.
„Das Engagement der Unternehmen ist überraschend groß“ und entspreche dem Budget von zehn mittelgroßen Hochschulen, kommentiert Andreas Schlüter, Generalsekretär des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft, die Studie, die der Verband und das Institut der deutschen Wirtschaft Köln vorstellte.
Im Jahre 2009 investierten Unternehmen 2,2 Mrd. € in die akademische Bildung, einen Großteil davon in die Wirtschafts- und Ingenieurwissenschaften. Das sei doppelt so hoch wie das finanzielle Engagement für die Auftragsforschung an Hochschulen, heißt es in der Studie. Rund 1,54 Mrd. € flossen mit der Förderung von dualen Studiengängen, Praktika, Stipendien sowie der Studienfinanzierung eigener Mitarbeiter direkt an Studierende 642 Mio. € gingen über Gelder, Sachspenden, Dienstleistungen sowie Stiftungsprofessuren an die Hochschulen. Insgesamt investierten fast 60 % deutscher Firmen in die Hochschulen.
Das Engagement sei aber auf allen Seiten weiter ausbaubar, gestand Schlüter. So könnten getrost mehr als nur 6100 Studierende über Stipendien der Wirtschaft gefördert werden, auch wenn die Studie das Engagement über Unternehmensstiftungen und Verbände nicht erfasst habe.
Wichtigster Beweggrund von Unternehmen für Investitionen in die akademische Bildung sei die Linderung des Akademikermangels, erläuterte Schlüter. Gesellschaftliche Verantwortung und die Sorge um qualifizierte Mitarbeiter seien weitere wichtige Gründe.
Um den Förderwillen der Wirtschaft weiter anzuheizen, stünden vor allem die Hochschulen unter „Bringschuld“, erklärte Schlüter beim Villa-Hügel-Gespräch, zu dem der Stifterverband nach Essen geladen hatte. Sie seien zu wenig an der Nachfrage orientiert.
Margret Wintermantel nahm die Kritik im Namen der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) auf und warf Teilen der Wirtschaft ihrerseits fehlendes Entgegenkommen vor. Als wichtiges Instrument bezeichnete die HRK-Präsidentin die Stiftungsprofessuren. Durch den Zwang, diese nach fünf Jahren ins Hochschulbudget überführen zu müssen, sei „die strategische Flexibilität der Lehrangebote beeinträchtigt“.
Den Einwurf von Staatssekretär Georg Schütte, die finanziellen Möglichkeiten des Staates seien an ihre Grenzen gelangt, ergänzte Dorothee Dzwonnek, Generalsekretärin der Deutschen Forschungsgesellschaft: Die außerstaatliche Förderung behebe nicht das Dilemma der staatlichen Unterfinanzierung. Zu einer nachhaltigen Grundfinanzierung sei es noch ein sehr langer Weg.
„Nicht wirklich überzeugend“, findet Dieter Dohmen die Stifterverband-Studie. Hinter den Ausgaben der Unternehmen vermutet der Berliner Bildungsökonom geringeres Bildungsengagement, als es der Öffentlichkeit vermittelt werde. „So stellt sich die Frage, ob die Finanzierung der Studierenden in dualen Studiengängen wirklich Engagement für die Hochschulbildung bedeutet oder eine Ausbildungsvergütung für Studierende ist und damit ein ,Gehalt“ für die produktiven Leistungen der Studierenden im Betrieb.“
Ähnliches gelte für Praktika. Auch hier profitierten die Unternehmen unmittelbar vom Wissen der Studierenden, ohne dass viele Arbeitgeber bislang durch besonders üppige Bezahlung der Praktikanten aufgefallen seien. WOLFGANG SCHMITZ
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