VDI befürwortet Bachelor- und Master-Studiengänge
Die deutschen Hochschulen haben das Zeug, die weltbeste Ausbildung in den Ingenieurwissenschaften zu bieten. Nicht nur für Abiturienten, sondern auch für beruflich qualifizierte Quereinsteiger. Und dies kann mit den neuen Bologna-Studiengängen – die es seit mittlerweile zehn Jahren gibt und damit gar nicht mehr so neu sind – funktionieren. Davon ist Willi Fuchs, Direktor und geschäftsführendes Mitglied des VDI-Präsidiums, überzeugt.
Willi Fuchs diskutierte Ende Oktober mit prominenten Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik auf einem VDI-Symposium in Berlin über „Chancen von Bologna nutzen: Ingenieurinnen und Ingenieure für die Zukunft ausbilden“. Mit ihm auf dem Podium saßen: Karl Deppen, Leiter des Bereichs Führungskräftenachwuchs der Daimler AG, die niedersächsische Wissenschaftsministerin Johanna Wanka, Wolfgang Marquardt, Vorsitzender des Wissenschaftsrates, und Margret Wintermantel, Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und VDI-Präsident Bruno Braun.
Fuchs wie auch der Präsident des VDI, Bruno Braun, ließen keinen Zweifel daran, dass der VDI voll und ganz hinter den Bachelor- und Masterstudiengängen steht. Die Frage, wie gut oder schlecht Hochschulen den Bologna-Prozess für die Ingenieurausbildung nutzen, zeigt sich vor allem im Bachelor.
„Es darf kein Makel sein, keinen Masterplatz zu ergattern“
Fuchs richtete gleich einen Appell an die anwesenden Hochschulvertreter im Publikum: „Nicht alle Studierenden werden Platz in einem weiterführenden Master-Studium finden. Doch auch der Bachelor ist eine Chance – es darf kein Makel sein, keinen Masterplatz zu ergattern! Gestalten und installieren Sie an den Hochschulen deshalb einen Bachelor, der es erlaubt, nach dem Studium auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.“
Viele Hochschulen hätten dies nicht getan und somit die Möglichkeiten des Bologna-Prozesses verschenkt, sagte Fuchs. VDI-Präsident Bruno Braun zeigte sich besorgt, dass gerade die Fachhochschulen, die durch ihren hohen Praxisbezug im Studium gekennzeichnet sind, diese Profilierung im Bologna-Prozess verlieren könnten. Ein „Angleichungswettbewerb“ mit den Universitäten sei feststellbar: „Dabei richten sich die Fachhochschulen zunehmend am Leitbild ‚Universität’ aus. Sie übernehmen von Letzteren auch deren Kriterien der akademischen Exzellenz.“ Zum Nachteil der Praxisorientierung.
Karl Deppen von der Daimler AG gab Entwarnung und erklärte: „Die jungen Absolventen, die zu uns kommen – sei es von der Universität oder von der Fachhochschule – sind keineswegs praxisfremd ausgebildet. Sonst wären wir nicht dort, wo wir als Industriestandort heute sind.“
Bachelor-Curricula braucht „Employability“
Deppen gab jedoch zu bedenken: Damit dies so bleibe, müssten die Hochschulen ihre Bachelor-Curricula so weiterentwickeln, dass die viel beschworene Employability nicht verloren gehe. Sowohl an Unis wie an FHs.
Darüber, dass es eine klare Ausdifferenzierung der Hochschultypen geben muss, waren sich die Symposiums-Teilnehmer einig.
Wolfgang Marquardt, Vorsitzender des Wissenschaftsrates und selbst Ingenieur, sagte: „Universitäten und Fachhochschulen sind gleichwertig, aber nicht gleichartig.“ Und das mache Sinn, denn die späteren Anforderungen an die Ingenieure seien sehr breit. „Es kann keinen einheitlichen Ingenieur geben – das ist nicht wünschenswert.“
Zugleich gehen jedoch auch die Gleichungen, Universität = Forschung, Fachhochschule = praxisnahe Lehre, nicht hundertprozentig auf.
Marquardt: „Forschung ist für die Fachhochschulen ebenso wichtig, auch, um ihre Reputation im Ausland zu erhalten. Außerdem kann es sich der Innovationsstandort Deutschland nicht leisten, auf kluge Ideen aus den Fachhochschulen zu verzichten.“ Auch diese brauchten für ihre anwendungsbezogene Forschung Fördermittel. Und von der Forschung, auch mit Industriepartnern, profitierte wiederum die praxisnahe Ausbildung.
Laut dem VDI wird der Fachkräftemangel Deutschland noch lange beschäftigen. Derzeit klaffe eine Lücke von 80 000. Und dabei haben die Unternehmen vermutlich noch Glück, denn: „Die Hochschulen haben Mitte der 90er-Jahre klug und vorausschauend gehandelt und keine Ingenieurstudienplätze eingespart, als die Nachfrage geringer war als heute“, erklärte die niedersächsische Wissenschaftsministerin Johanna Wanka.
Quote der Studienabbrecher ist immer noch zu hoch
Das Problem, nicht genug Absolventen „nachzuliefern“, liegt also woanders, nämlich an den hohen Studienabbrecherquoten: Um die 40 % der Studierenden bringen ihr Ingenieurstudium nicht zu Ende. Die meisten von ihnen scheitern an den Mathematikprüfungen, auf die sie sich offenbar nur ungenügend vorbereitet fühlen. Oder bereits bei der Bewerbung, weil sie angesichts der verwirrenden Zahl an Bachelorstudiengängen nicht einschätzen könnten, ob der Studiengang wirklich für sie geeignet ist. „Wir müssen sie ein wenig an die Hand nehmen“, erklärte HRK-Präsidentin Margret Wintermantel. „Hier könnte sich auch der VDI engagieren und seine Kenntnisse einbringen, um Studienanfänger besser vorzubereiten“.
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