Vom Ingenieur zum Techniklehrer
VDI nachrichten, Köln, 2. 5. 08, ws – Ingenieure sind nicht nur in der Wirtschaft gefragt, auch als Lehrer stehen ihnen attraktive Berufsperspektiven offen. Dipl.-Ing. Christoph Hackenbroch hat vor vier Jahren die Chance zum Seiteneinstieg ergriffen. Ohne Reue, wie sich rückblickend zeigt.
Das Hans-Böckler-Berufskolleg ist eine Berufsbildende Schule für Maschinentechnik und Mechatronik, eins von rund 17 Berufskollegs in Köln. 2300 Schülerinnen und Schüler im Alter von 16 Jahren bis Mitte 30 werden dort in Bildungsgängen der Aus- und Weiterbildung unterrichtet.
Charakteristisch ist die vertikale Durchlässigkeit: Von der Berufsvorbereitung, der Berufsausbildung, der Fach- oder Allgemeinen Hochschulreife bis hin zum staatlich geprüften Techniker steht den Schülern ein breites Angebot offen. 20 der 75 Lehrer des Hans-Böckler-Berufskollegs haben den Abschluss als Diplom-Ingenieur.
Allein in den letzten vier Jahren wurden acht Ingenieure eingestellt und als Lehrer ausgebildet. Der Bedarf ist bei Weitem noch nicht gedeckt. So sind zurzeit vier Lehrerstellen für Maschinentechnik auch für Seiteneinsteiger über das Internetangebot des Schulministeriums NRW ausgeschrieben.
Christoph Hackenbroch (38) machte 1998 seinen Abschluss als Diplomingenieur für Maschinenbau an der RWTH Aachen. Danach arbeitete er sechs Jahre in der freien Wirtschaft, zuletzt im Bereich Qualitäts-, Umwelt- und Sicherheitsmanagement eines großen Konzerns unweit von Köln. „Es war eine schöne Zeit“, erinnert sich Hackenbroch, „aber es kommt die Phase, in der man sich fragt: Mache ich das mein Leben lang weiter – oder sollte ich mich neu orientieren?“ Mit 34 Jahren wagte er die Neuorientierung und bewarb sich beim Hans-Böckler-Berufskolleg.
Die Voraussetzungen, die ein Bewerber mitbringen muss, variieren von Bundesland zu Bundesland. In NRW dürfen die Kandidaten nicht älter als 50 Jahre sein. Sie müssen einen Hochschulabschluss mit mindestens acht-semestriger Regelstudienzeit nachweisen, aus dem zwei Unterrichtsfächer anerkannt werden können. Dazu kommt zweijährige Berufserfahrung.
Eine typische Fächerkombination für Seiteneinsteiger im gewerblich-technischen Bereich sind zwei berufsbezogene Fächer (z. B. Maschinentechnik/Fertigungstechnik) oder die Kombination eines berufsbezogenen Faches (Maschinentechnik) mit einem berufsübergreifenden Fach (Mathematik, Englisch).
Die Entscheidung für die Einstellung einer Bewerberin oder eines Bewerbers trifft die Auswahlkommission der Schule, die die Stelle ausgeschrieben hat.
„Ihre Stärken“, erläutert Karl-Georg Nöthen, Schulleiter am Hans-Böckler-Berufskolleg, „können Seiteneinsteiger besonders dann ausspielen, wenn sie neben pädagogischen Interessen und Fähigkeiten konkrete Berufserfahrung im Maschinenbau in die Lehrerteams einbringen können.“ Vielen Schülern läge die eher praxisorientierte Ausbildung am Berufskolleg.
Neben beruflicher Kompetenz, Team- und Kommunikationsfähigkeit legt Karl-Georg Nöthen bei den Seiteneinsteigern Wert darauf, dass die Bewerber bereits an einer Schule hospitiert haben. Nur so können sie feststellen, ob der Schulalltag ihren Erwartungen entspricht. „Die finanzielle Seite sollte bei der Entscheidung nicht allein im Vordergrund stehen. Wer aber Interesse für die Arbeit mit Jugendlichen zeigt, über Kompetenzen für die schülergerechte Gestaltung von Lernprozessen verfügt, gerne im Team arbeitet und darüber hinaus einen relativ krisenfesten Arbeitsplatz sucht, der kann von diesem Berufswechsel profitieren.“
Das Bewerbungsverfahren, erinnert sich Christoph Hackenbroch, unterscheide sich kaum von dem in der freien Wirtschaft. Viel Wert würde beim Bewerbungsgespräch auf die Frage der Motivation gelegt, denn die Schule möchte keine Bewerber, die sich, so Hackenbroch, „im Staatsdienst ausruhen wollen. Dafür ist das Anspruchsniveau zu hoch“.
Die ersten beiden Jahre seien hart. Neben dem Unterricht findet die berufsbegleitende Lehrerausbildung statt. Zu den 18,5 Unterrichtswochenstunden kommen sieben Ausbildungsstunden am pädagogischen Studienseminar hinzu. Die Einarbeitung in die Unterrichtsfächer, die Ausrichtung auf individuelle Lernprozesse und die Erweiterung des Methodenrepertoires hin zu schülerorientierten Unterrichtsformen stehen im Mittelpunkt.
Dabei werden nicht nur Unterrichtswerkzeuge vermittelt, auch die eigene Persönlichkeitsbildung nimmt breiten Raum ein. „Als Lehrer müssen Sie Ihre Persönlichkeit weiterentwickeln, um Schüler individuell fordern und fördern zu können“, erläutert Christoph Hackenbroch. „Denn was in der Industrie gerne behauptet wird, ist am Berufskolleg tatsächlich so: Der Mensch steht im Mittelpunkt.“ KLAUS HEID
Seiteneinsteiger sollten an Schulen hospitiert haben.
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