Wanderer zwischen Wirtschaft und Technik
Rudolf Hügel hat sich seine Studienwahl nicht leicht gemacht. Technik ist seine Leidenschaft und betriebswirtschaftliche Kenntnisse müssen sein. Deshalb hat er Technologiemanagement studiert. Die Besonderheit dieser Ausbildung an der Uni Stuttgart sind die zahlreichen Vertiefungsmöglichkeiten.
Gegen Ende seiner Schulzeit mixte sich Rudolf Hügel seinen späteren Beruf zusammen. Mechanik, Auto, Motor waren die Hauptzutaten, Betriebswirtschaftliche Kenntnisse sollten dem etwas Würze geben. Aber bitte dezent. Am Ende hätte ein Studium des Wirtschaftsingenieurwesens herauskommen können. Oder vielleicht doch der reine Maschinenbau?
Der Abiturient war unschlüssig. Schritt für Schritt näherte er sich seinem Ziel. Als erstes strich er das reine Technik-Studium, im zweiten Schritt schrieb er sich in Wirtschaftsingenieurwesen ein – um drittens Technologiemanagement an der Universität Stuttgart zu studieren. Warum? „Drei Viertel der Ausbildung sind Ingenieurwissenschaften und nicht die Hälfte, wie im Wirtschaftsingenieurwesen. Außerdem bietet die Uni Stuttgart den Schwerpunkt Verbrennungsmotoren und Kraftfahrzeuge an.“ Genau das interessiert den 29-Jährigen in Kombination mit dem Schuss Betriebswirtschaftslehre.
Ende 2004 hat sein Studium begonnen. „Das Vordiplom war fordernd, ein gutes Drittel meiner Kommilitonen war danach verschwunden.“ Hügel vermutet, dass die Uni die Messlatte zu Beginn des Studiums absichtlich so hoch legt, um die Studenten zum Überlegen zu zwingen, ob ihre Wahl die richtige ist oder sie sich besser etwas anderes, mit weniger Technik suchen. Ab dem Hauptstudium hat ihm seine Ausbildung richtig Spaß gemacht: „Die Vertiefungen in den technischen Fächern waren einfach interessanter als Grundlagen in Mathe und Physik.“ Anfang 2011 hat Hügel das Ingenieurstudium abgeschlossen. Elf Jahre zuvor wurde der Studiengang eingeführt. Später folgten die Technische Universität Bergakademie Freiberg und die Universität St. Gallen, Schweiz, mit ähnlichen Angeboten. Der Ansatz ist derselbe. „Wir bilden Ingenieure aus, die über den technischen Tellerrand des Maschinenbaus hinausschauen und sich in den Grundfragen der Betriebswirtschaftslehre auskennen“, sagt Rolf Ilg, Fachstudienberater im Studiengang Technologiemanagement an der Uni Stuttgart.
Angesiedelt ist der Studiengang in der Fakultät 7, in der Konstruktion, Produktion und Fahrzeugtechnik zusammengefasst sind. Interdisziplinär ergänzt wird die Ausbildung durch Professoren der Wirtschaftswissenschaften. „Das Grundstudium ist klassischer Maschinenbau, ergänzt durch kaufmännische Grundlagen“, so Ilg. Die Besonderheit des Studiums zeigt sich im Hauptstudium des Bachelor- und im Masterstudium. Hier können die Studenten ihre zwei Studienschwerpunkte aus über 40 technischen und zehn betriebswirtschaftlichen Fächern setzen. Konstruktion, Fahrzeugtechnik oder Controlling sind Beispiele dafür.
Etwa 150 Absolventen schließen jährlich ihr Studium in Stuttgart ab. Seit 2010 bietet die Uni auch einen Masterstudiengang in Technologiemanagement an. Etwa ein Drittel der Bachelor-Absolventen schreiben sich dort ein. Ilg begründet diese vergleichsweise geringe Anzahl mit dem großen Bedarf an Absolventen in der Industrie.
Rudolf Hügel hat seine Ausbildung noch als Diplom-Ingenieur abgeschlossen und hätte auch leicht einen Job gefunden. Doch leicht macht er es sich bekanntlich nicht. Er verglich das eine mit dem anderen Jobangebot und entschied sich für das internationale Trainee-Programm bei Mahle in Stuttgart. „Internationalität hat mir in meiner Ausbildung gefehlt, ich fand sie dort.“ Im Juli 2011 hat das Trainee-Programm begonnen, es endet im April 2013. Seit Januar 2013 ist Hügel für drei Monate im Mahle-Werk in den USA und ab 1. 5. beginnt er als Entwicklungsingenieur dort, wo seine Trainee-Zeit angefangen hat: In der Vorentwicklung Zylinderkomponenten.
Nun könnte man vermuten, dass ein Maschinenbaustudium doch eher das Richtige für Hügel gewesen wäre und dass Maschinenbauingenieure für seinen Job besser ausgebildet sind als Technologiemanager. „Jede Entwicklung ist ein Projekt und dazu gehört Projektmanagement. Ich denke, dass ich aufgrund meines betriebswirtschaftlichen Wissens den reinen Ingenieuren gegenüber einen Vorteil habe.“ Technisch fühlt er sich nicht unterlegen. „Eventuell habe ich Defizite in der Breite, im Speziellen fühle ich mich fit.“ Eventuell, so meint er, wäre ein Maschinenbaustudium mit entsprechender Spezialisierung doch besser gewesen. Mit seinem Wissen heute würde er sich noch gründlicher mit seiner Studienwahl auseinandersetzen, schließlich macht man seinen Job ein ganzes Leben lang.
„Unsere Absolventen arbeiten in Produktentwicklung, Konstruktion, Innovationsmanagement, meist in Verbindung mit Projektmanagementtätigkeiten“, sagt Ilg. Arbeitgeber sind Unternehmen, die technische Produkte herstellen, Fahrzeuge und Maschinen zum Beispiel. Oder Beratungsunternehmen. Ob künftig mehr oder weniger Technologiemanager gebraucht würden, kann Ilg nicht eindeutig beantworten. „Ingenieure sind gesucht, aber nur wenn die Wirtschaft läuft.“ Beim Gehalt gibt es nach Meinung des Studienberaters keine Unterschiede in der Bezahlung: „Maschinenbauingenieure und Technologiemanager verdienen ähnlich.“ Den Unterschied macht nicht die Ausbildung, sondern die Branche.
Hügel steht erst am Anfang seiner Karriere. Und er hat vor, eine solche zu machen. „Mittelfristig möchte ich Projekt-, langfristig Personalverantwortung übernehmen.“ In beiden Fällen ist er aufgrund seiner zusätzlichen betriebswirtschaftlichen Ausbildung dabei im Vorteil. PETER ILG
Ein Beitrag von: