Wasserstoffsysteme und Erneuerbare Energien: Neuer Studiengang an der Westfälischen Hochschule
Die Westfälische Hochschule erweitert ihr Lehrangebot und führt im kommenden Wintersemester 2024/2025 in Gelsenkirchen den brandneuen Bachelorstudiengang „Wasserstoffsysteme und Erneuerbare Energien“ ein. Wir haben dazu mit Prof. Dr.-Ing. Christian Becker, designierter Studiengangsleiter (Lehrgebiete Mathematik & Simulation), gesprochen.
Angesichts der wachsenden Nachfrage nach umweltfreundlichen und erneuerbaren Energiequellen reagiert die Hochschule auf den dringenden Bedarf an qualifizierten Ingenieurinnen und Ingenieuren im Bereich Wasserstoff und alternativer Energietechnologien.
Wie reagiert Ihre Universität auf die steigende Nachfrage nach alternativen Energieträgern angesichts der globalen Erwärmung und wie wird der neue Studiengang ‚Wasserstoffsysteme und Erneuerbare Energien‘ dazu beitragen, diese Herausforderung anzugehen?
Prof. Dr.-Ing. Christian Becker: Das Studienangebot der Hochschule wird regelmäßig überprüft und weiterentwickelt. Wichtige Leitlinien sind dabei die Orientierung an den Arbeitsmarktbedarfen einerseits und an den Interessen der Schüler:innen andererseits. Wichtige gesellschaftliche Herausforderungen werden dabei in den Blick genommen. Die Nachfrage nach Erneuerbaren Energien ist aufgrund der globalen Erwärmung enorm gestiegen.
Die Mehrheit der Gesellschaft äußert den Wunsch nach alternativen und nachhaltigen Energieträgern, um die drohende Klimakatastrophe abwenden zu können. Gut ausgebildete Ingenieurinnen und Ingenieure sind hier essenziell. Im Studium der Wasserstoffsysteme und Erneuerbaren Energien können sich die Studierenden der Herausforderung stellen und sich mit der Wasserstofferzeugung, -Speicherung sowie anderen erneuerbaren Energiequellen wie Photovoltaik oder Windkraft und deren Zusammenspiel beschäftigen, um technologisch nachhaltige Lösungen zu konzipieren.
Könnten Sie bitte näher darauf eingehen, wie der Studiengang ‚Wasserstoffsysteme und Erneuerbare Energien‘ strukturiert ist und welche Inhalte die Studierenden während ihres Studiums erwarten können?
Zunächst möchte ich betonen, dass die ersten beiden Wochen der Vorlesungszeit des 1. Semesters unsere Orientierungswochen darstellen. Studierende haben die Möglichkeit, „in Ruhe anzukommen“ und ihr Vorwissen durch Vorkurse, z.B. Mathematik, zu schärfen. Gleichzeitig lernen sie den Campus, ihre Kommiliton:innen und die ersten organisatorischen Abläufe kennen.
Die ersten beiden Semester sind durch den Aufbau der notwendigen Grundlagen geprägt. Hierzu zählt z.B. die Ausbildung in den Modulen Mathematik, Physik, Chemie, Elektrotechnik und Thermodynamik. Aufbauend auf den Grundlagen wird dann ein breitgefächertes, anwendungsorientiertes Wissen vermittelt. Dies umfasst u.a. die Technologie des Wasserstoffs, also das Wissen um die Funktionsweise von Elektrolyseuren oder Brennstoffzellen aber auch essentielles Wissen um die Möglichkeiten der Energiewandlung und von energetischen Wirkungsgraden speziell im Kontext Erneuerbarer Energien.
Ferner spielen z.B. wirtschaftliche Aspekte, Fragen der Werkstofftechnik für die Fertigung, Sicherheit im Rahmen der Wasserstofftechnik, aber auch numerische Methoden für die Simulation von Wasserstoffsystemen eine wichtige Rolle, um die Studierenden umfassend auf ihren zukünftigen Beruf vorzubereiten.
Können Sie uns mehr über die verschiedenen Studienschwerpunkte innerhalb des neuen Studiengangs ‚Wasserstoffsysteme und Erneuerbare Energien‘ erzählen und wie diese dazu beitragen, dass die Studierenden sich mit den aktuellen Herausforderungen im Bereich der nachhaltigen Energieentwicklung auseinandersetzen können?
Im Grunde gibt es keine wählbaren Studienschwerpunkte, sondern neben den Grundlagen ein breitgefächertes Expert:innenwissen wie bereits vorhin dargestellt, wobei das Thema Sicherheit in einer Vielzahl von Modulen behandelt wird. Dieses breitgefächerte Studienportfolio zusammen mit dem individuellen Spezialwissen, welches sich Studierende während und nach dem Studium beim Berufseinstieg aneignen befähigt sie, die vor ihnen und uns liegenden Herausforderungen zu meistern.
Berufsperspektiven für Absolventinnen und Absolventen
Welche Berufsperspektiven bieten sich den Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs ‚Wasserstoffsysteme und Erneuerbare Energien‘?
Den Absolventinnen und Absolventen steht eine Vielzahl von Berufsmöglichkeiten bei gleichzeitig hoher Nachfrage aus der Industrie zur Verfügung. Mögliche Unternehmen kommen aus der Automobilindustrie, Raumfahrt- oder Luftfahrttechnik sowie der Energietechnik. Auch in Behörden und Organisationen (z.B. Umweltministerium, Umweltschutz- und Energiebehörden, sowie lokale Umwelt- und Energieämter) ist die Nachfrage nach qualifizierten Fachleuten im Bereich Wasserstoffsysteme und Erneuerbare Energien sehr hoch. Die ausgeübten Tätigkeiten sind genauso vielfältig und umfassen Projektplanung, Bemessungen/Dimensionierungen, Labortätigkeiten, Zertifizierungen oder auch Abnahmen von z.B. industriellen Anlagen.
Wie wird der Praxisbezug innerhalb des Studiengangs ‚Wasserstoffsysteme und Erneuerbare Energien‘ gewährleistet, und welche Rolle spielen dabei externe Partnerschaften mit Industrieunternehmen oder Forschungseinrichtungen?
Wir Professorinnen und Professoren bleiben natürlich einerseits durch unsere Forschungstätigkeiten stets am Puls der Zeit. Regelmäßig laden wir Fachexperten unserer Partner in der Industrie zu tagesaktuellen Fachvorträgen zu uns in die Veranstaltungen ein. Einige Module werden von industriellen Lehrbeauftragten gehalten, so dass eine Verzahnung mit der Praxis bereits im Studium erfolgt. Auch mit Forschungseinrichtungen vor Ort oder campusnah bauen wir unser Kompetenznetzwerk weiter aus. Ziel ist es dabei, immer die aktuellen Entwicklungen im Auge zu behalten und diese direkt und zeitnah in die Lehre zu tragen. Schlussendlich freuen wir uns natürlich besonders, wenn insbesondere die Bachelorarbeit in Zusammenarbeit mit einem Industrieunternehmen erfolgt und so ggfs. auch für den Absolventen oder die Absolventin ein direkter Übergang von der Hochschule ins Unternehmen gelingt.
Können Sie nähere Informationen zu den Lehrkräften und Expertinnen und Experten geben, die die Studierenden während ihres Studiums begleiten und welche Erfahrungen und Qualifikationen sie in den Bereichen Wasserstofftechnologien und erneuerbare Energien mitbringen?
Die meisten der beteiligten Kolleg:innen betreiben aktiv Forschung im Bereich Wasserstofftechnik und Erneuerbare Energien. Dies hat unter anderem zum Aufbau des Wasserstofflabors und des Solarlabors geführt. Ebenso arbeitet ein großer Teil der Kolleg:innen am Westfälischen Energieinstitut am Standort Gelsenkirchen mit.
Wir konnten darüber hinaus Expert:innen aus der Industrie gewinnen, die uns in den wichtigen Fächern Wasserstofftechnologien I und II als Lehrbeauftragte zur Verfügung stehen. Über diesen direkten Draht in das Tagesgeschäft freuen wir uns natürlich besonders.
Wie sind die hochspezialisierten Labore am Campus Gelsenkirchen ausgestattet, und welche Möglichkeiten haben die Studierenden, dort praktische Erfahrungen im Umgang mit modernster Technologie zu sammeln?
Ohne auf alle Details eingehen zu können, da es den Rahmen sprengen würde: Die Ausstattung der Labore unterstützt die Lehre auf dem aktuellen Stand der Forschung. Die vorhandene Technik an Elektrolyseuren, Brennstoffzellensystemen, Prüfständen, Equipment für Fertigungsverfahren, Hardware der PC-Pools für die numerischen Simulationen, Photovoltaikmesstechnik, Versuche für Windkraftanlagen etc. bieten eine hervorragende Basis für praktische, studentische Erfahrungen.
Im Rahmen von Praktika, die fester Teil des Curriculums sind, arbeiten die Studierenden mit den entsprechenden Anlagen bzw. Systembausteinen und lernen praxisnah und können dadurch auch die theoretischen Grundlagen besser verinnerlichen. Auch im Rahmen von anwendungsorientierten Semester- oder Bachelorarbeiten können die Studierenden diese Labore nutzen, um dieses Wissen später im Beruf auf größere Anlagensysteme übertragen zu können.
Individuelle Schwerpunkte durch Wahlpflichtfächer
Inwiefern ermöglicht der Studiengang den Studierenden, individuelle Schwerpunkte durch Wahlpflichtfächer zu setzen, und welche Bereiche können sie dabei vertiefen, um ihren persönlichen Interessen und beruflichen Zielen gerecht zu werden?
Der Studiengang wird von zwei Fachbereichen getragen, deren vollständige Wahlpflichtkataloge für die Studierenden des neuen Studiengangs zur Verfügung stehen. Zusätzlich werde neue Wahlmodule speziell für den Studiengang Wasserstoffsysteme und Erneuerbare Energien entwickelt. Die o.g. Wahlpflichtkataloge umfassen ein breitgefächertes Portfolio aus Maschinenbau, Umwelt- und Gebäudetechnik sowie der Elektrotechnik und angewandten Naturwissenschaften. Wir bieten daher eine Vielzahl von relevanten Wahlfächern, deren Inhalte für unterschiedliche Branchen von Interesse sind.
Wie plant die Westfälische Hochschule, junge Ingenieurinnen und Ingenieure sowie technikaffine junge Menschen gezielt anzusprechen und für den neuen Studiengang ‚Wasserstoffsysteme und Erneuerbare Energien‘ zu begeistern? Angesichts der wachsenden Bedeutung von nachhaltigen Energielösungen in der heutigen Zeit, welche Strategien werden verfolgt, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen und ihr Interesse an diesem zukunftsweisenden Bereich zu wecken?
Die Westfälische Hochschule orientiert sich bei der Ausrichtung ihres Studienangebots an den Interessen und Neigungen von Schülerinnen, Schülern sowie Studieninteressierten vor allem mit technischem und naturwissenschaftlichem Fokus. Frühe Einblicke in die praktische Umsetzung der Studieninhalte bieten z. B. Aktionstage wie der Girls Day, aber auch Ferienworkshops und Schulkooperationen und Praktika. Darüber hinaus orientiert sich die Hochschule am Mediennutzungsverhalten der Studieninteressierten und informiert sie und ihre Bezugspersonen auf diversen Online- und Offline-Kanälen über die Studienmöglichkeiten. Dabei werden die Zukunftsrelevanz und der Nachhaltigkeitsbezug des Studienangebots besonders in den Fokus gestellt.
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