Boxen für die Karriere? „Das Gegenteil von Mimimi“
Christoph Teege ist Ingenieur, Boxcoach und Motivationstrainer. Bei seinen Vorträgen werden die Teilnehmenden selbst zu Boxern. Was das soll, erklärt er im Interview.
Ihr Motto heißt „Boxen statt Mimimi“. Was verstehen Sie denn unter „Mimimi“?
Unter Mimimi verstehe ich übertriebenes Nörgeln, Jammern und die ständige Suche nach Schuldigen.
Und das gibt’s beim Boxen nicht?
Das Boxen ist einfach ein Konterpunkt dazu. Es geht bei dem Sport darum, die Verantwortung für sich und sein Handeln zu übernehmen und lösungsorientiert zu denken und zu handeln.
Inwiefern?Wenn zwei Boxer im Ring stehen, und einer von beiden nichts unternimmt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass er gewinnt, gleich Null. Beim Boxen muss man selber in Aktion treten, sich bewegen und auch mal dahin gehen, wo es – und ich setze das mal in Anführungsstriche – weh tut.
Wie läuft das bei Ihren Vorträgen ab? Müssen die Teilnehmer sich schlagen?
Nein, natürlich nicht. Aber sie müssen schon aktiv werden. Es gibt einen praktischen Part und einen theoretischen. Beim Praxisteil haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Boxhandschuhe beziehungsweise sogenannte Pratzen an, um miteinander zu trainieren. Eine Verletzungsgefahr gibt es nicht, da bekommt keiner ein blaues Auge oder eine blutige Nase. Nach der Boxeinheit kommt dann der theoretische Transfer des Gelernten in den Alltag.
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Fehlt es denn so vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Eigenantrieb?
Ich glaube, dass viele schon einen Impuls brauchen, um den inneren Schweinehund zu überlisten. Gerade in der Corona-Zeit haben mir zahlreiche Menschen erzählt, dass es ihnen schwer fiel, im Homeoffice den Computer auszumachen und wirklich Feierabend zu machen. Auch da hilft das Boxtraining als Metapher, zwischen Arbeit und Freizeit eine Grenze zu ziehen.
Es gibt unzählige Motivationsmethoden. Statt Boxen könnte man ja auch Yoga machen. Warum muss es eine Methode geben, bei der es ums Boxen geht?
Beim Boxen ist der Effekt sehr schnell spürbar. Stress kann man beim Boxtraining sehr körperlich in einem klar strukturierten geordneten Rahmen rauslassen, wie bei kaum einer anderen Sportart. Ohne, dass ich mir oder anderen weh tue.
Bei Ihrem Konzept geht es ja auch um Vertrauensübungen. Was hat das mit Boxen zu tun?
Haben Sie schon mal geboxt?
Bislang nicht.
Wenn man das mal ausprobiert, versteht man das sofort. Man steht seinem Sparingspartner gegenüber und man schaut sich in die Augen und achtet aufeinander, auf die Reaktionen und Aktionen des jeweils anderen. Denn sonst treffe ich mit meinem Boxhandschuh vielleicht nicht die Pratze des anderen, sondern seinen Körper, und das will ich ja auf keinen Fall. Während des Trainings geben sich die Partner Feedback. Und das funktioniert beim Training nur, wenn man laut und deutlich spricht beziehungsweise sehr genau zuhört.
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Haben Teilnehmende denn auch mal Hemmungen? Es kostet ja auch Überwindung, seinen Kolleginnen und Kollegen oder der Chefin gegen die Hand zu boxen.
Tatsächlich haben die allermeisten vorher nie was mit Boxen zu tun gehabt und manche denken dann: Soll ich jetzt meinem Kollegen hier auf die Nase hauen? Was soll das? Ganz klar: Nein, sollen sie natürlich nicht. Wir boxen nicht gegeneinander, sondern miteinander. Es geht um Motivation. Und sobald ich den Song „Eye of the Tiger“ anspiele, sind die Hemmungen sehr schnell weg und die meisten freuen sich, das einfach mal auszuprobieren.
Anders als in Ihren Seminaren, mussten Sie in Ihrer Boxkarriere eben doch mit der Möglichkeit auseinandersetzen, anderen Menschen ins Gesicht zu schlagen oder selbst einen Schlag abzubekommen. Wie bereitet man sich auf sowas vor?
Bei mir war es ein Sprung ins kalte Wasser. Als ich mit 30 angefangen habe, war ich noch als Ingenieur angestellt und wollte auch nicht unbedingt an Wettkämpfen teilnehmen, sondern nur trainieren. Dann gab es aber die Möglichkeit für mich, bei der Sendung TV Total Quizboxen mitzumachen und ich wollte diese einmalige Chance nutzen. Also hab ich meinem Trainer gesagt: Kannst du mich darauf vorbereiten?
Wie hat er reagiert?
Er hat gefragt: Klar, wie viel Zeit haben wir denn? Sechs Monate, zwölf Monate? Und es waren dann aber nur sechs Wochen. Er hat mir dann ganz klar gemacht: Im Wettkampf musst du dich damit auseinandersetzen, dass du einen Schlag ins Gesicht bekommst oder eben auch selbst jemanden boxt. Das kann man lernen, wenn man ein gutes Team hat, das auch pädagogisch Ahnung hat.
Wie fühlt sich so ein Treffer denn an?
Getroffen zu werden, fühlt sich an, wie ein harter Kopfball beim Fußball, oder als wenn man sich den Kopf stößt. Und jemandem ins Gesicht zu boxen, ist am Anfang extrem ungewohnt. Aber es gibt eben sehr klare Regeln, in denen man sich bewegt und dann gewöhnt man sich im Boxsport daran.
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