Scrum: So funktioniert agiles Projektmanagement im Sprint
Scrum stammt ursprünglich aus der Softwareentwicklung: Die Methode des agilen Projektmanagements kann aber auch Ingenieuren und Informatikern helfen, wenn klassisches Projektmanagement an seine Grenzen stößt. Ingenieur.de hat die wichtigsten Infos zu Scrum.
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Sie wollen im Projektmanagement neue Wege gehen, um Projektziele und Deadlines besser und schneller zu erreichen? Dann kann es sich lohnen, die etablierten Projektmanagement-Tools einmal links liegen zu lassen und es mit agilem Projektmanagement nach der Scrum-Methode zu probieren. Alternativ können Sie Scrum auch mit klassischen Werkzeugen des Projektmanagements kombinieren. Der englische Begriff „Scrum“ ist übrigens keine Abkürzung. Er stammt vielmehr aus dem Rugby und bedeutet übersetzt „dichtes Gedränge“. Beim Rugby entsteht es, wenn sich die Spieler um den Ball tummeln.
Woher kommt Scrum? Die Historie
Grundsätzlich beschreibt agiles Projektmanagement einen Prozess, bei dem Teams in kurzen Projekteinheiten arbeiten. So können sie flexibel auf Veränderungen reagieren und durch regelmäßigen Austausch und Zwischenergebnisse produktiver agieren. Der Projektprozess basiert auf sogenannten „Sprints“. Für jeden Sprint oder Sprintzeitraum, beispielsweise eine Kalenderwoche, werden bestimmte Aufgaben und Herausforderungen definiert, die erfüllt und gemeistert werden müssen. Das soll dazu beitragen, dass Arbeitsprozesse kontinuierlich optimiert werden können.
Wichtig ist auch, dass die Aufgaben und Prozesse durch sehr qualifizierte Mitarbeiter umgesetzt werden. Sie verfügen idealerweise über hochgradige Expertise in ihrem Bereich, kennen sich hier also bestens aus. Sie werden als sogenannte Stakeholder für ihren Bereich eingesetzt. Als Stakeholder ist eine Person oder Gruppe definiert, die ein berechtigtes Interesse am Verlauf oder Ergebnis eines Prozesses oder Projektes hat.
Scrum ist eine bestimmte Form des agilen Projektmanagements, die erstmals für die Softwareentwicklung eingesetzt wurde. Sie ist vor allem durch Projekt-Sprints gekennzeichnet. Neben Scrum gibt es weitere Methoden des agilen Projektmanagements wie etwa Kanban oder Scrumbuts.
Die ersten Ansätze zur Scrum-Methode liegen in den achtziger Jahren bei den beiden Wirtschaftstheoretikern Ikujirō Nonaka und Hirotaka Takeuchi. Letztendlich waren es jedoch die Softwareentwickler Ken Schwaber und Jeff Sutherland, die zu Beginn der 1990er-Jahre das agile Projektmanagement-Framework Scrum entwickelten. Schwaber hat eine eigene Softwarefirma, in der er Scrum anwendet und arbeitet als Berater für andere Unternehmen. Sutherland arbeitet als Scrum-Berater. Auf der OOPSLA, einer jährlich abgehaltenen Forschungskonferenz, definierten sie 1995 erstmals die Scrum-Methode.
Was ist Scrum? Eine Methode mit Mannschaftsgeist
Scrum stammt wie beschrieben aus dem Rugby, das bekanntlich ein Mannschaftssport ist. Mit den heutigen Herausforderungen in puncto Schnelligkeit und Flexibilität lassen sich nach dem Scrum-Leitgedanken Entwicklungen und Projekte nur noch im Team bewältigen – und nicht mehr mit Einzelkämpfern. Scrum setzt vor allem auf Team Spirit. Und um beim Bild des Rugby-Sports zu bleiben, so legt das Scrum Team Wege als Einheit zurück und spielt sich dabei den Ball hin und her, um das Ziel schneller zu erreichen.
Nach der Definition von Schwaber und Sutherland ist Scrum ein Framework (zu Deutsch: Rahmen), innerhalb dessen Menschen komplexe, adaptive Aufgaben angehen können. Durch agiles Projektmanagement gemäß Scrum wird es für sie möglich, produktiv und kreativ Produkte mit dem höchstmöglichen Wert zu entwickeln. Scrum ist leichtgewichtig, einfach zu verstehen, aber nicht leicht zu meistern.
Welche Rollen gibt es? Product Owner, Scrum Team und Scrum Master
Im Rahmen eines Scrum-Prozesses verteilen sich alle direkt Beteiligten auf die folgenden 3 Rollen:
- Product Owner: Er steht stellvertretend für die Anwender des Produkts oder die Stakeholder des Projekts. Bei einer Software sind das zum Beispiel die Nutzer, die einen reibungslosen Ablauf wünschen. Bei einem Produkt sind beispielsweise die Produktmanager die Product Owner, die letztendlich ihren Kunden im Kreis ihrer Kollegen vertreten.
- Scrum Team: Das Scrum Team setzt sich aus 2 bis maximal 9 Teammitgliedern zusammen. Und es setzt sich interdisziplinär zusammen. Geht es zum Beispiel um eine Softwareentwicklung, so können Software-Architekten und Programmierer ebenso Teil des Teams sein, wie Qualitätssicherer und Tester. Wegen seiner geringen Größe organisiert sich das Team komplett selbst. Einen Projektleiter gibt es nicht. Das Team erhält also keine Vorgaben für das weitere Vorgehen.
- Scrum Master: Der Scrum Master ist der Moderator für das Scrum Team. Er achtet darauf, dass das Team Theorie, Praktiken und Regeln der Scrum-Methode einhält. Zudem fungiert er als Ansprechpartner für Außenstehende. Folglich entscheidet er auch, welche Interaktionen für das Team relevant und wichtig sind – und welche nicht.
Welche Deadlines kennt Scrum? Die Time-Box
Eines der wichtigsten Elemente der Scrum-Methode ist die Time-Box: Das ist ein Zeitabschnitt, der unbedingt eingehalten werden muss. Innerhalb der jeweils gesetzten Time-Box finden Meetings oder Entwicklungsschritte statt. Die Time-Box trägt nach der Scrum-Logik maßgeblich zur Prozesseffizienz bei. Das Time-Boxing wird auch bei anderen Methoden des agilen Projektmanagements angewendet und hat sich in der Praxis erfolgreich bewährt.
Dahinter steht der einfache Gedanke, dass man viel effektiver arbeitet, wenn etwas zu einem gegebenen, relativ nahen Zeitpunkt fertig sein muss. Sie trödeln dann weniger rum, konzentrieren sich auf das Wesentliche und Ihr Ziel. Time-Boxing führt diese Fokussierung bewusst herbei. Wichtig ist, dass das Konzept der „Time-Box“ von allen Prozessbeteiligten ernstgenommen und unbedingt eingehalten werden muss.
Scrum-Methode verzichtet weitgehend auf Regeln
Agiles Projektmanagement nach der Scrum-Methode legt ansonsten nur wenige Regeln fest. Wichtig ist vor allem, dass sich das Team selbst organisiert und interdisziplinär zusammengesetzt ist. So ist sichergestellt, dass möglichst viele oder idealerweise alle Kompetenzen abgedeckt werden. Scrum basiert auf Erfahrungen und funktioniert in kleinen, sich wiederholenden Etappen. Im Fachjargon heißt das: Wenn Sie mit Scrum arbeiten, so arbeiten Sie iteratv, inkrementell und empirisch.
Die Laufzeit eines Scrum-Prozesses gliedert sich in sogenannte Sprints. Sie können zwischen einer und 4 Wochen dauern (Time-Box). Jeder Scrum-Sprint setzt sich dabei aus den folgenden vier Ereignissen zusammen:
Sprint Planning
Zu Beginn jedes Sprints findet das Sprint-Planning-Meeting, also die Sprint-Planungssitzung als Kick-off statt. Hierfür werden in der Regel maximal 8 Stunden eingeplant, die sich in 2 Blöcke zu je 4 Stunden gliedern. Alle Beteiligten treffen sich und legen Anforderungen sowie Arbeitspakete fest, die im aktuellen Sprint umgesetzt werden sollen. Voraussetzung für das Meeting ist ein gepflegtes und priorisiertes Product Backlog. Das ist eine Sammlung von Dingen, vor allem unvollständige Arbeiten oder Angelegenheiten, die fertiggestellt werden müssen. Vereinfacht ausgedrückt ist es eine Liste von Aufgaben und Anforderungen, die abgearbeitet bzw. realisiert werden müssen. Das Backlog wird kontinuierlich aktualisiert und weiterentwickelt und vom Product Owner geführt. Das Product Backlog ist dynamisch und nie vollständig. Es wird ständig durch den Product Owner angepasst.
Aus den Product Backlogs werden für den Sprint Backlog die Aufgaben und Anforderungen zusammengestellt, die das Team innerhalb eines Sprints bearbeiten wird. Die Aufgaben des Sprint Backlogs werden als Tickets bezeichnet, wobei jeder Team-Member ein eigenes Ticket verantwortet. Das Sprint Backlog liefert zudem eine Einschätzung für das nächste funktionsfähige (Teil-)Produkt oder definiert, welche Arbeit noch zu tun ist, damit dieses am Ende des Sprints fertig ist. Zur besseren Visualisierung können die Prozessbeteiligten mit einem Kanban-Board wie Jira oder Trello arbeiten.
Daily Scrums
Das Daily-Scrum-Meeting findet, wie der Name schon andeutet, an jedem Arbeitstag statt. Es dauert nicht länger als 15 Minuten (Time-Box). In dieser Zeit stimmt sich das Team gegenseitig ab und informiert sich. Das Meeting ist ein sogenanntes Stand-up-Meeting. Das bedeutet, dass die aktiven Teilnehmer stehen – idealerweise im Kreis. Sie sitzen nicht. Auch der Scrum Master nimmt am Meeting teil. Er greift ausschließlich moderierend ein und das auch nur, wenn es unbedingt notwendig ist. Ansonsten notiert er sich vor allem Faktoren, die den Prozess bisher behindert haben, sogenannte Impediments. Auch der Product Owner nimmt nach Möglichkeit am Daily-Scrum-Meeting teil. So bleibt er auf dem neuesten Stand und kann bei Bedarf Fragen beantworten. Die Mitglieder des Scrum Teams stimmen jeweils Folgendes ab:
- was sie seit dem letzten Daily Scrum getan haben,
- was sie planen, bis zum nächsten Daily Scrum zu tun
- und was sie bei der Arbeit behindert hat.
Sprint Review
Am Ende jeder Sprint-Phase präsentiert das Scrum Team dem Product Owner und interessierten Stakeholdern das fertige Ergebnis und sammelt Feedback in Form von Meinungen, Verbesserungsvorschlägen, Lob und Kritik. Das Sprint-Review-Meeting wird auf 4 Stunden angesetzt. Jeder Teilnehmer sollte sich maximal eine Stunde darauf vorbereiten. Wichtig hierbei: Die Team-Mitglieder zeigen nur fertige Funktionalitäten (Increment of Potentially Shippable Functionality), keine Dummies und kein Powerpoint. Auf Basis des jeweiligen Sprint-Ergebnisses entscheidet der Product Owner, ob und falls ja wie der umgesetzte Teilschritt (Teilprodukt) weiterentwickelt werden soll. Diese Option hat er nach jedem Sprint. So können in sich geschlossene, funktionelle Bausteine eines Gesamtsystems sehr früh einen Nutzen erzeugen und einen Return on Investment liefern.
Sprint Retrospective
Das Sprint-Retrospective-Meeting wird für einen Zeitraum von maximal 3 Stunden angesetzt. Es findet nach dem Sprint-Review-Meeting statt und wird vom Scrum Master moderiert. Das Team diskutiert rückblickend, also retrospektiv, den gerade zu Ende gegangenen Sprint mit den gelieferten Ergebnissen. Die Team-Mitglieder überlegen, was weshalb gut und schlecht gelaufen ist und was zu tun ist, um den nächsten Sprint noch produktiver und/oder angenehmer zu machen. Hier spielt auch der Spaß bei der Arbeit eine zentrale Rolle.
Zum Ende jedes Sprints legt das Team dem Product Owner (Auftraggeber) ein funktionsfähiges Produkt (Product Increment) vor. Es muss auch dann einsatzbereit sein, wenn der Product Owner noch nicht vorhat, dieses auszuliefern. Das Feedback des Product Owners zum Produkt ist die Basis für weitere Überarbeitungen.
Fazit: Jedes Team kann die Scrum-Methode einfach umsetzen, denn sie braucht nur wenige Hilfsmittel und beansprucht kaum Aufwand. Sie eignet sich allerdings nicht für Branchen, die umfangreiche Dokumentation erfordern und/oder wo es um die Sicherheit von Menschen geht. Beispiel hierfür ist etwa die Softwareentwicklung für militärische oder pharmazeutische Zwecke.
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