Weiterbildung, KI und der Weg zum KI-Prompter
Basti Koch ist Spezialist für E-Learning und Product Director von sparks, dem Microlearning-Tool aus der Haufe Akademie. Koch half bereits einem US-Geheimdienst sowie der Londoner Polizei bei der Weiterbildung mittels E-Learning. Mit sparks treibt er nun das Thema Future Skills voran und befähigt Menschen, Teams sowie Organisationen, täglich etwas besser zu werden. Darüber sprechen wir heute in diesem Interview. Außerdem diskutieren wir über das Berufsbild eines KI-Prompters.
Herr Koch, Sie haben sowohl US-Geheimdiensten als auch der Londoner Polizei bei der Weiterbildung mittels E-Learning geholfen. Welche speziellen Herausforderungen und Erfolge haben Sie in diesen Umfeldern erlebt?
Das beste Lernangebot bringt nichts, wenn es am Nutzer vorbeigeht. Der einzelne Mensch und seine Interessen müssen im Zentrum der Weiterbildung stehen. Als ich etwa mit der Londoner Polizei gearbeitet habe, bedeutete es für mich, mit den Polizisten und Polizistinnen auf die Straße zu gehen, um für ihre wirklichen Bedürfnisse passende Lernangebote zu entwickeln.
Der beste Prompt – darauf kommt es an
Sie betonen, dass der beste Prompt keine Programmier-Skills, sondern Human Intelligence benötigt. Können Sie genauer erklären, wie menschliche Fähigkeiten wie Analytisches Denken und Problemlösefähigkeiten die Qualität von KI-Interaktionen beeinflussen?
Das Ergebnis, dass Lösungen wie ChatGPT liefern, hängt ganz maßgeblich vom Prompt, also dem Input, ab. Um also guten Input zu liefern, ist es wichtig, die Funktionsweisen der Tools zu durchdringen und für ein gutes Sparring aufzuarbeiten. Und natürlich müssen auch die Ergebnisse eingeordnet und verifiziert werden. Dafür braucht es in hohem Maße menschliche Kompetenzen.
Guter KI-Output setzt guten menschlichen Input voraus
Die „Future of Jobs”-Studie des World Economic Forum hebt bestimmte Future Skills hervor. Wie stellen Sie sicher, dass diese Fähigkeiten in Ihren E-Learning-Programmen effektiv vermittelt werden?
Bleiben wir bei dem Gedanken, dass guter KI-Output zunächst guten menschlichen Input voraussetzt. Dann ist unser Angang, die Menschen zu unterstützen, guten Input zu erzeugen. Natürlich ist dafür ein guter Prompt relevant, aber auch der Schritt davor, die Frage, ob mir KI bei meinem Problem gerade überhaupt helfen könnte.
Dafür haben wir bei sparks eine Lerneinheit. Es gibt eine szenische Einleitung – eine Diskussion im Büro –, gefolgt von der Aufgabe, auszuwählen, bei welchen der genannten Tätigkeiten sich im Unternehmen KI einsetzen ließe. Es folgt eine Erläuterung, warum vor allem bei wiederkehrenden Aufgaben KI hilfreich ist und die Anregung, das im eigenen Arbeitsumfeld zu reflektieren. Die Einheit dauert nur fünf Minuten, folgt didaktisch AVAR-Prinzip und lässt sich schnell beim Warten auf den Bus machen.
Analyse und Aktion gehen weit auseinander
Wie bewerten Sie die aktuelle Lernkultur in deutschen Unternehmen im Vergleich zu anderen Ländern, mit denen Sie gearbeitet haben? Wo sehen Sie die größten Verbesserungsmöglichkeiten?
Kürzlich erschien eine Studie vom TÜV, die ich recht sinnbildlich finde. Da wurden Unternehmen befragt, ob sie Weiterbildung zu KI anbieten. Ja, sagen 12 Prozent. Dass die Mitarbeitenden KI lernen müssen, fanden aber deutlich mehr, nämlich 45 Prozent. Analyse und Aktion gehen also weit auseinander. Ich habe schon in einigen Ländern gearbeitet und mein Eindruck ist, dass bei uns E-Learning – und Weiterbildung allgemein – eher als Belastung empfunden wird. Vielleicht ist es auch in unserer Kultur zu stark verankern, dass man nach der Schule alles zu wissen hat und als Erwachsener schon “aus-gebildet” ist. Für die Lernkultur und letztlich die Innovationsfähigkeit Deutschlands ist das Gift.
Welche konkreten Schritte können Unternehmen machen, um eine offenere und positivere Lernkultur zu entwickeln und zu etablieren?
Ich halte drei Schritte für essentiell, erstens: Es braucht im Unternehmen für alle die psychologische Sicherheit, dass Neugierde und Weiterbildung wertgeschätzt werden. Weiterbildung darf nicht als Lösung eines Mangels, sondern als Vorbereitung für die Zukunft verstanden werden. Damit das gelingt, gilt zweitens: Das Management muss mit gutem Beispiel vorangehen. Durch Blocker für Weiterbildung im Kalender, durch das Sprechen im Unternehmen über Gelerntes. Und drittens müssen die Rahmenbedingungen stimmen.
Mitarbeitende, bzw. ihre Vertretungen wie Betriebsräte und Gewerkschaften, müssen mit dem Management gute und flexible Lösungen für Weiterbildung finden. Das gilt etwa, wenn Pendelzeit zum Lernen genutzt wird – dann gibt es gute Argumente, dass das als Arbeitszeit zu sehen ist.
Zwei große Gegner für Weiterbildungen
Wie gehen Sie bei sparks mit Widerständen gegen Veränderungen in der Weiterbildungskultur um? Gibt es spezifische Strategien, die Sie anwenden, um Mitarbeiter und Führungskräfte zu überzeugen?
Gerade bei Personalverantwortlichen und HR-Mitarbeitenden besteht eine hohe Bereitschaft, neue Tools auszuprobieren und den Mitarbeitenden zur Verfügung zu stellen. Für Lernangebote gibt es aber immer zwei große Gegner: die Erfolgsmessung und die Bereitschaft, die Zeit zum Lernen aufzubringen. Die Erfolgsmessung ist vor allem für die Geschäftsführung interessant und wir lösen sie durch ein Dashboard, das anonymisiert die Lernfortschritte der Mitarbeitenden zeigt. Die Menschen dazu zu bringen, sich weiterzubilden, hängt neben der vorherrschenden Lernkultur im Unternehmen auch von der Beschaffenheit des Tools ab.
Inhalte konsumierbar und multimedial gestalten
Welche technologischen Entwicklungen im Bereich E-Learning sehen Sie als besonders zukunftsweisend und warum?
Ich bin davon überzeugt, dass wir Weiterbildung in den Rhythmus des heutigen Arbeitslebens bringen müssen. Das bedeutet: Inhalte müssen leicht konsumierbar und multimedial sein. Aufgrund der sinkenden Aufmerksamkeitsspannen spricht auch vieles für Microlearning, als eher kürzere Inhalte, die hochgradig personenzentriert sind, um überhaupt das Interesse der Lernenden zu binden. Wir nennen das Stickiness.
In Ihrer Meinung, welche Rolle spielt Kreativität in der Zusammenarbeit mit KI-Systemen? Können Sie ein Beispiel geben, wie Kreativität zu besseren Ergebnissen führen kann?
Kreativität spielt eine große Rolle in der Zusammenarbeit mit KI-Systemen, insbesondere weil sie eng mit Problemlösefähigkeit verknüpft ist. KI-Technologien entwickeln sich rasant und es sind noch keine festen Standards etabliert, was uns die Möglichkeit gibt, kreativ zu experimentieren und innovative Lösungen zu finden. Lohnt es sich etwa, einen Prompt in mehreren Schritten aufzuteilen, um so ans Ziel zu kommen? Wie wirkt sich eine Begrüßung oder eine Bitte aus? Bei letzterem hat sich gezeigt, dass KI-Modelle oft bessere Ergebnisse liefern, wenn man höflich und menschlich mit ihnen interagiert, anstatt nur technische Befehle einzugeben. In deutschen Unternehmen wird es daher immer wichtiger, neben technischen auch menschlichen Fähigkeiten wie Kreativität und unternehmerisches Denken zu fördern, um die neuen Möglichkeiten optimal zu nutzen.
“Denkweise” des Tools verstehen
Herr Koch, wie würden Sie den Job eines KI-Prompters beschreiben und welche spezifischen Fähigkeiten sind Ihrer Meinung nach notwendig, um in diesem Beruf erfolgreich zu sein?
Das Berufsfeld ist gerade am Entstehen, daher ist es schwer, es in Gänze zu fassen. Sicherlich macht das Prompten aus, ein Wissen über die “Denkweise” des Tools zu haben, also: Wie gliedere ich Arbeitsschritte bei der Eingabe, welche Informationen muss ich zuliefern, wie verifiziere ich die Ergebnisse? Dafür sind kritisches und analytisches Denken unerlässlich.
Welche Rolle sehen Sie für KI-Prompter in der Zukunft der Arbeitswelt und wie können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Mitarbeiter für diese Art von Tätigkeiten gut vorbereitet sind?
Wir erleben gerade die ersten Schritte von Künstlicher Intelligenz. Es kann sein, dass sich “KI-Prompter” als Spezialisten-Beruf hält. Entscheidender als ein riesiges Team von KI-Spezialist*innen wird für die meisten Unternehmen aber sein, die Kompetenzen in die Breite des Teams zu bringen: Denken Sie an Vertriebler*innen, die mit KI schneller zielgerichtete Angebote erstellen oder Kundenlisten filtern können. An Journalisten oder Mitarbeitende in der Unternehmenskommunikation, die mit KI-Tools Gespräche in Sekunden transkribieren können. Oder an Ingenieure und Ingenieurinnen, die Visualisierungen und Präsentationen im Zusammenspiel mit der KI erstellen. Jeder im Unternehmen sollte für seine Bereiche wissen, wo und wie KI sinnvoll eingesetzt werden kann.
KI-Weiterbildung: „Die beste Zeit war bereits. Die zweitbeste Zeit ist jetzt“
Laut einer Studie möchten viele Arbeitnehmende Weiterbildungen im Bereich KI erhalten. Welche Erfahrungen haben Sie mit der Nachfrage und Umsetzung solcher Weiterbildungen gemacht?
Wir erleben auch von Personalverantwortlichen ein hohes Interesse an dem Thema, ja. Tatsächlich scheint es jedoch in Deutschland weiterhin eine Divergenz zwischen der Erkenntnis, dass KI-Weiterbildung sinnvoll wäre, und der Forcierung zu geben – die oben erwähnte TÜV-Umfrage legt das nahe. Für die Beschäftigung mit KI gilt aber das gleiche wie fürs Baumpflanzen: Die beste Zeit war bereits. Die zweitbeste Zeit ist jetzt.
Herr Koch, vielen Dank für das Interview!
sparks ist ein Microlearning-Tool, das Menschen und Organisationen dazu befähigt, jeden Tag ein bisschen besser zu werden. Mit sparks wird das Lernen zur täglichen Gewohnheit. Durch kleine Lerneinheiten, die sparks, wird Weiterbildung zu einem nahtlosen Teil des Arbeitsalltags. Die mobile Lösung ist so konzipiert, dass sie jedem und jeder Einzelnen die Fähigkeiten und das Wissen gibt, um sich in der modernen Arbeitswelt zurechtzufinden und zu behaupten. Entwickelt hat sparks Basti Koch mit seinem Team in der Haufe Akademie mit Sitz in Freiburg.
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