Wenn der Arbeitgeber die Weiterbildung finanziert
Wenn sich der Arbeitgeber an der Finanzierung eines berufsbegleitenden Studiums oder einer Weiterbildung beteiligt, ist das mit Verpflichtungen verbunden – für beide Seiten. Wir klären die wichtigsten Fragen.
Der Preis für die Mitfinanzierung einer berufsbegleitenden Weiterbildung seitens des Arbeitgebers besteht in der Regel in einem befristeten Kündigungsverbot. Aber wie lange muss man nach der Fortbildung im Unternehmen bleiben? Gibt es gar kein Entrinnen? Und muss man die Förderung zurückzahlen, wenn der Arbeitgeber kündigt?
Zwei Jahre nach seinem Berufseinstieg möchte der Vermessungsingenieur Jürgen K., aktuell Assistent des Vertriebsleiters bei einem Kraftwerksbauer in Süddeutschland, einen Master in General Management machen. Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile entscheidet sich der 28-Jährige für ein berufsbegleitendes Studium. Hauptgrund: Auf das Einkommen kann und will er nicht verzichten. 36 Monate dauert das Fernstudium mit Präsenzphasen an einer renommierten Hochschule in Bayern, kosten wird es rund 32.000 Euro. Auf Antrag gewährt ihm der Arbeitgeber einen Zuschuss in Höhe von 50 %. Er knüpft daran aber die Bedingung, dass der Ingenieur nach Abschluss des Studiums noch drei Jahre im Unternehmen bleibt. Er überlegt: Kommt man später vielleicht mit einem Trick um die Verpflichtung herum? Doch vorher noch: Ist eine solche Auflage rechtlich überhaupt zulässig?
Die Zeche prellen – Rechtliches zur Studienfinanzierung durch den Arbeitgeber
„Im Grunde ja“, sagt Katrin Süßbrich, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Luther in Köln. „Wenn der Arbeitgeber einen Mitarbeiter für eine Weiterbildung von der Arbeit freistellt und sich an den Kosten beteiligt, darf er im Gegenzug den Beschäftigten für eine gewisse Zeit an sich binden.“ Sofern die Weiterbildung für den Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil am Arbeitsmarkt darstelle, schränkt Jens Siebert von der Arbeitsrechtskanzlei Laborius in Hannover ein: „Fortbildungen, die lediglich Kenntnisse auffrischen und/oder deren Nutzen sich nur innerbetrieblich auswirkt, wie eine Schulung auf einer betriebsspezifischen Software, bringen keinen solchen Nutzen.“
Die zulässige Höchstdauer der Bleibefrist hängt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts unter anderem von der Dauer der Weiterbildung ab. „Bei kurzen Fortbildungen von bis zu einem Monat darf der Arbeitnehmer höchstens ein halbes Jahr gebunden werden“, erklärt Süßbrich. „Bei zwei Monaten ist es schon bis zu ein Jahr, bei Lehrgängen von sechs bis zwölf Monaten längstens drei Jahre und bei noch längeren Weiterbildungen, wie sie in der Regel für ein Hochschulstudium veranschlagt werden, darf die Bindefrist auch fünf Jahre betragen. Das ist die Höchstgrenze.“ Allerdings sei diese Staffelung nur eine Faustformel, gibt die Anwältin zu bedenken. „Am Ende ist es eine Einzelfallentscheidung, bei der insbesondere das Gesamtbild von Dauer, Art und Aufwand der Weiterbildung sowie die Höhe des Arbeitgeberzuschusses betrachtet werden.“
Warum sich Unternehmen an Weiterbildungskosten beteiligen sollten
Einer der Hauptfaktoren bei der Entscheidung über die Teilnahme an einer berufsbegleitenden Weiterbildung ist die Finanzierung. Der Löwenanteil der Kosten für ein Bachelor- oder Masterstudium entfällt auf die Studiengebühren. Deren Spannbreite ist gewaltig und bewegt sich etwa zwischen 10.000 Euro und 50.000 Euro. Da nebenberuflich studierende Arbeitnehmer während der Weiterbildung schon einiges lernen, was sie unter Umständen schon jetzt im Beruf anwenden können, liegt es auf der Hand, den Arbeitgeber um eine Kostenbeteiligung zu bitten. Nur selten werden die Studiengebühren komplett übernommen. In der Regel gewähren Arbeitgeber neben zeitlicher Freistellung von der Arbeit einen Zuschuss von 20 % bis 50 %.
Es gibt weitaus mehr förderungswillige Unternehmen als man glaubt. Nicht nur große Konzerne, Unternehmensberatungen, Wirtschaftsprüfer und Anwaltskanzleien haben erkannt, dass man darüber die knappen Hochleister motivieren und an sich binden kann. Torsten Schneider, Personalleiter und Mitglied im Präsidium des Bundesverbandes der Personalmanager (BPM), rät, die Wünsche von Mitarbeitern nach Unterstützung bei der Weiterbildung wohlwollend zu prüfen: „Das sendet klare Signale dahingehend, dass Weiterbildung geschätzt wird und dass man bereit ist, in die Fortbildung seiner Mitarbeiter zu investieren.“ Allerdings müsse deutlich werden, dass bezahltes Lernen kein Selbstzweck sei. „Das Unternehmen will natürlich auch davon profitieren“, sagt Schneider, „und das ist auch sein gutes Recht.“
Jobwechsel trotz Bleibeverpflichtung?
Was nach guter und einfacher Win-Win-Lösung aussieht, landet immer wieder vor Gericht. Häufig wollen fortgebildete Mitarbeiter die zugesagte Bindefrist nicht einhalten und trotzdem den Zuschuss des Arbeitgebers nicht zurückzahlen. „Ob sie damit vor Gericht durchkommen, hängt im Wesentlichen von der Formulierung der Vereinbarung ab“, sagt Anwältin Süßbrich. „Der Arbeitgeber muss darin präzisieren, unter welchen Umständen der Arbeitnehmer gehen darf, ohne dass eine Rückzahlungspflicht ausgelöst wird.“
Schließlich stehe im Hintergrund immer das Grundrecht der freien Berufswahl und Berufsausübung. Das dürfe durch die Bleibeverpflichtung nicht unzumutbar eingeschränkt werden. Das Bundesarbeitsgericht hat in diversen Urteilen hervorgehoben, wie wichtig die Formulierung der Vereinbarung sei. Auch Schneider warnt vor „einer Menge steuerrechtlicher und arbeitsrechtlicher Fallstricke“, die sich allerdings gut beherrschen ließen.
Weil es keine gesetzliche Regelung zur Rückzahlung von Fortbildungskosten gibt, sondern nur Grundsätze, die der bisherigen Rechtsprechung folgen, und weil viele Arbeitgeber Mustervereinbarungen aus dem Internet verwenden, die im Einzelfall häufig unwirksam sind, rät Arbeitsrechtler Jens Siebert: „Wenn Arbeitnehmer mit Rückzahlungsforderungen überzogen werden, sollten sie die Vereinbarung genau prüfen. Die Chancen, dass sie unwirksam ist, sind durchaus nicht gering.“ Andererseits sollten Arbeitgeber stets individuell angepasste Vereinbarungen schließen.
Müssen Studiengebühren bei Kündigung zurückgezahlt werden?
Doch was ist, wenn der Arbeitgeber selbst seinem Mitarbeiter innerhalb der Bindefrist den Stuhl vor die Tür setzt? Geht das? „Ja“, sagt Süßbrich. „Auch der Arbeitgeber behält sein Kündigungsrecht. Ob damit aber eine Verpflichtung des Arbeitnehmers auf Rückzahlung der Fortbildungskosten verbunden ist, kommt auf den Hintergrund der Kündigung an. Wenn der Arbeitgeber etwa aus betriebsbedingten Gründen kündigt, muss der Mitarbeiter die erhaltene Förderung nicht zurückzahlen. Anders ist es hingegen, wenn verhaltensbedingte Gründe ins Feld geführt werden. Dann muss der Arbeitnehmer den Zuschuss zu seiner Weiterbildung bei entsprechender vertraglicher Regelung zurückzahlen.“
Eines sollten Arbeitgeber nicht unüberlegt tun, warnt Personalmanager Schneider: „Dass Unternehmen auf die Einforderung ihrer Rückzahlungsrechte verzichten, weil sie in der Öffentlichkeit nicht als knausrig dastehen wollen.“ Auch so etwas spräche sich nämlich herum. „Und dann könnten sich Mitarbeiter, die sich an die Fördervereinbarung gehalten haben, benachteiligt fühlen.“
Dieser Artikel erschien im Magazin Ingenieurkarriere, einer Sonderpublikation der VDI nachrichten. Laden Sie sich das komplette Magazin kostenfrei herunter.
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