Wirtschaft und Bildung: Ingenieure blicken skeptischer in die Zukunft als jemals zuvor
Ingenieure gelten als realistisch, doch Schwarzmaler sind sie nicht. Laut einer Covid-19-Umfrage des Weiterbilders VDI Wissensforum blicken Ingenieure skeptisch in die Zukunft. Woran das liegt und was noch auf die Wirtschaft zukommt, erfahren Sie hier.
Das Jahr 2020 neigt sich dem Ende zu. Viele Menschen fragen sich, was uns wohl 2021 bevorsteht. Nach dem ARD DeutschlandTrend sind die Deutschen optimistisch. 67 % der Befragten blicken positiv ins neue Jahr. Ein knappe Mehrheit der Deutschen bewertet 2020 aus persönlicher Sicht negativ. Die Corona-Pandemie dürfte dafür ausschlaggebend sein.
Wie viele Ingenieure von der ARD befragt wurden, ist nicht klar. Das hat in den letzten Tagen der Düsseldorfer Weiterbilder VDI Wissensforum übernommen. Das Ergebnis: Ingenieure blicken skeptisch auf 2021.
55 % aller Teilnehmer der neuen Umfrage „Corona und die Ingenieursbranche 2021“ des VDI Wissensforums findet, dass der zweite Lockdown die deutsche Wirtschaft hart trifft. Bereits im Frühjahr befragte der Weiterbilder Ingenieure aller Branchen, wie sie die Situation einschätzen. Die Lage sei zwar nicht dramatisch, aber das Stimmungsbild unter den Ingenieuren ist immer noch verhalten.
Führen in und nach der Krise: Was brutaler Kontrollverlust mit Führungskräften macht
Auftragslage hat sich merklich verschlechtert
Eingebrochene Aufträge, stornierte Marketing-Budgets und geschlossene Grenzen haben die Wirtschaft stark belastet. Mehr als die Hälfte der Befragten gibt an, dass sich die Auftragslage in ihrem Unternehmen merklich verschlechtert hat. 11 % bewerten die Lage sogar als dramatisch. 25 % der Ingenieure geben aber auch an, dass sie keinerlei Auswirkungen der Krise auf die Auftragslage feststellen konnten. Gut ein Fünftel aller Unternehmen verzeichnete Zuwächse an Aufträgen.
Baubranche erwartet Auftragsrückgang 2021
Aber was kommt 2021…
Mit massivem Einsatz und Unterstützungen hat der Staat verhindert, dass die Corona-Krise Unternehmer reihenweise in die Insolvenz treibt. Doch gelöst sind die Probleme nicht; sie wurden eher in die Zukunft verschoben. Zahlreiche Selbstständige warten immer noch auf die November-Hilfe. Insgesamt sollen mehr als 300.000 Unternehmen von einer Insolvenz bedroht sein. Banken droht zudem eine Welle von Kreditausfällen.
„Die massiven staatlichen Corona-Finanzhilfen sorgen dafür, dass es große Mitnahmeeffekte bei echten Pleitekandidaten gibt, die ohne die Corona-Subventionen nicht überlebt hätten“, sagt die Wirtschaftsauskunftei Creditreform.
Was den Experten vor allem Sorge bereitet ist die Zahl der Großinsolvenzen, denn die ist deutlich gestiegen. Beispiele dafür sind Galeria Karstadt Kaufhof, Klier, Vapiano und Wirecard.
„Die Hilfszahlungen verschleiern derzeit die wahre finanzielle Struktur einiger Unternehmen. Derzeit haben über 300.000 Unternehmen in Deutschland finanzielle Probleme“, stellte Frank Schlein, Geschäftsführer der Wirtschaftsauskunftei Crifbürgel
Tendenz geht ins Negative
Wie lange wird sich die Pandemie noch auf den Alltag der Ingenieure auswirken? Im Frühjahr waren sich 58 % der Teilnehmer sicher, dass Corona mindestens ein Jahr Auswirkungen auf die Ingenieursbranche haben wird. Mittlerweile sehen das 50 % so. Allerdings geht die Tendenz weiter ins Negative. Mehr als ein Viertel (28 %) geht mittlerweile von mindestens zwei Jahren und mehr aus. Dies sind 8 % mehr als noch im Frühjahr. Ingenieure blicken der Zukunft skeptischer entgegen als noch zu Beginn der Pandemie.
Weiterbildung: Corona-Pandemie pusht die Digitalisierung
Homeschooling, mobiles Arbeiten und Seminare via Zoom: Die Corona-Krise hat nicht nur die Unternehmen zu einem Digitalisierungsschub gezwungen, sondern auch das Fortbildungsangebot. Messen, Tagungen und Weiterbildungsangebote haben 2020 fast ausschließlich in digitaler Form stattgefunden. Diese Entwicklung wird sich laut den Umfrageteilnehmern auch 2021 weiter fortsetzen. 55 % sagen aus, dass sie in Zukunft mehr Online-Angebote in Punkto Fort- und Weiterbildung nutzen wollen.
Digitale Weiterbildung und Ingenieure: Liebe ist es nicht
„Ein alarmierendes Ergebnis für alle Weiterbilder“, so Timo Taubitz, Geschäftsführer der VDI Wissensforum GmbH.
„Es muss der Weiterbildungsbranche gelingen, digitale Angebote so aufzubereiten, dass sie qualitativ mit Präsenzveranstaltungen mithalten können. Wir haben wichtige Learnings aus den bereits gelaufenen digitalen Veranstaltungen gezogen und arbeiten mit Hochdruck an der Weiterentwicklung unserer Konzepte. Das Ergebnis zeigt aber darüber hinaus, dass professionelle Präsenz- und Hybridveranstaltungen auch in Zukunft ein unverzichtbarer Baustein im Weiterbildungsmix sein werden.“
Weiterbildung wichtiger Schlüssel der persönlichen Qualifikation
Ob als Präsenz- oder Digitalveranstaltung: Weiterbildung wird auch 2021 als wichtiger Schlüssel der persönlichen Qualifikationen gesehen. Circa 60 % der Ingenieure geben an, dass das Weiterbildungsbudget in ihren Unternehmen gleichbleiben wird. Eine zentrale Aussage, denn 50 % der Teilnehmer sehen bedingt durch die Corona-Maßnahme eine Lücke bei der Weiterentwicklung von fachlichem Know-how.
Über die Umfrage
Die Online-Umfrage „Corona und die Ingenieursbranche 2021“ wurde mit 836 Teilnehmern vom 11. – 27. November 2020 vom VDI Wissensforum durchgeführt. Die Teilnehmer sind Ingenieure aus nahezu allen Fachbereichen der Branche.
Das Alter teilt sich wie folgt auf:
- 37 % zwischen 45 und 59 Jahren
- 28 % zwischen 35 und 44 Jahren
- 25 % zwischen 25 und 34 Jahren
- Sonstiges 35 %
- Maschinenbau 17 %
- Automobil 19 %
- Bau 16 %
- Mitarbeiter 49 %
- Bereichs-/ Abteilungsleiter 28 %
- Geschäftsführung 14 %
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