Branchenprofil: Wie sich die Baubranche entwickelt
Hausbau, Städtebau, Wohnungsbau. Brücken, Tunnel, Straßen. Privates oder öffentliches Bauen. Bauten aus Stahlbeton, Holz oder Stein. Das Bauwesen ist eine der vielfältigsten Branchen, die es gibt. Nicht nur Bauingenieure finden in der Bauindustrie Arbeit, auch für Logistiker, Maschinenbauer und Elektrotechniker gibt es „auf dem Bau“ jede Menge Arbeit.
- Allgemeines zur Baubranche
- Beschäftige, Umsatz und Export in der Baubranche
- Das Studium des Bauingenieurwesens und der Architektur
- Unternehmen in der Baubranche
- Die Teilbereiche der Baubranche
- Karriere für Ingenieure in der Bau-Branche
- Die Zukunft der Baubranche
Allgemeines zur Baubranche
Wenn man bedenkt, dass der Mensch zu seinen Anfangszeiten in Höhlen wohnte und als Nomade umherzog, hat sich über die Jahrtausende viel getan. Vor etwa 12.000 Jahren wurde der Mensch sesshaft. Seitdem baut er auch Häuser. Boten sie anfangs lediglich Schutz gegen Wind und Wetter, haben Häuser heute deutlich mehr Funktionen: „My home is my castle“ – für viele ist das Zuhause Rückzugsraum und Erholungszone.
In der Architektur wechselten sich Romanik, Gotik, Renaissance, Barock, Rokoko und Klassizismus ab und entsprechend wurden und werden auch die Häuser gebaut. Mal voller Schnörkel und Verzierungen, mal mit klaren starren Formen wie im Bauhaus. Die Baubranche unterliegt also Trends. Und das nicht nur beim Haus- und Wohnungsbau. Vor allem an Kathedralen und öffentlichen Bauten kann man die verschiedenen Geschmäcker im Wandel der Zeit gut erkennen. Von den klaren Linien der Gotik über die Schnörkel des Barocks bis hin zur kühlen Architektur des Stahlbetonzeitalters.
Doch die Baubranche umfasst nicht nur Gebäude. Auch Brücken, Tunnel und Straßen fallen in ihr Metier. Und in diesen Bereichen hieß es im vergangenen Jahrhundert: höher, schneller, weiter. Erregte in den 1990er-Jahren noch die Brücke über den großen Belt zwischen Dänemark und Schweden viel Aufmerksamkeit, so ist es seit 2007 die Hangzhou Bay Bridge die mit einer Spannweite von 36 Kilometern die Bucht nahe der gleichnamigen chinesischen Stadt überspannt. Auch beim Tunnelbau zeigen Bauingenieure und Architekten immer wieder, dass sich bisherige Leistungen noch toppen lassen – etwa beim Eurotunnel, der unterhalb des Ärmelkanals verläuft oder beim Gotthard-Basistunnel, der mit rund 57 Kilometern der längste Tunnel der Welt ist.
Ohne die Branche „Bau“ wäre vieles nicht möglich. Deshalb gehört das Bauingenieurwesen zu den ältesten Ingenieurwissenschaften überhaupt. Anfangs arbeiteten die Baumeister allein aufgrund ihrer Erfahrung. Erst später, gegen Ende des 18. Jahrhunderts, wurden bei der Renovierung des Petersdoms erstmals Berechnungen von Mathematikern herangezogen. Ab dieser Zeit wurden die Bauwerke und die nötige Statik vor Baubeginn errechnet. Korrekte Ergebnisse sind wichtig für die Sicherheit und Standfestigkeit der Bauwerke. Entsprechend verantwortungsvoll ist der Beruf des Bauingenieurs und auch der des Architekten.
Beschäftige, Umsatz und Export in der Bauranche
837.000 Arbeitnehmer waren im Jahr 2018 in der Bauindustrie beschäftigt. Gegenüber dem Jahr 1995, dem Beginn der Baukrise, hat sich die Zahl fast halbiert. Seit 2005 steigen die Beschäftigtenzahlen jedoch wieder. Aktuelle Schätzungen für das Jahr 2019 liegen bei 855.000 Beschäftigten. Diese Arbeitnehmer arbeiteten für insgesamt 15.783 Unternehmen im Baugewerbe, wobei nur Firmen mit mehr als 20 Angestellten in dieser Statistik erfasst wurden. Auch deren Zahl ist seit 2008 (12.702) kontinuierlich steigend. Der Anteil der Frauen, die im Baugewerbe arbeiten, lag im Juni 2018 bei 13 %. Sowohl in Voll- als auch in Teilzeit. Frauen sind in der Bauindustrie zwar in der Minderheit, laut Statistik aber durchschnittlich besser ausgebildet als ihre männlichen Kollegen.
Insgesamt haben die Unternehmen der Bauhauptbranche– also Wohnungsbau, Wirtschaftsbau und Öffentlicher Bau – im Jahr 2018 rund 127 Milliarden Euro erwirtschaftet. Das waren 11,3 % mehr als 2017 und nach Angaben des Verbandes der Deutschen Bauindustrie der bislang höchste nominale gesamtdeutsche Wert. Ursächlich waren vor allem die gestiegenen Baupreise, die im Jahr 2018 um knapp 6 % angezogen haben. Besonders gut entwickelt hat sich außerdem die Sparte Wirtschaftsbau, die ein Umsatzplus von 12 % erreichte. Der Wohnungsbau liegt mit einem Plus von 10,8 % auf Rang 2. Der Öffentliche Bau konnte 9,5 % Umsatzzuwachs vermelden.
Die deutsche Bauindustrie ist weltweit aktiv, insbesondere im Bau von Tunneln, Brücken und Straßen. Die vom Verband der Deutschen Bauindustrie erfassten, international tätigen Unternehmen erwirtschafteten außerhalb Deutschlands im Jahr 2017 etwa 4,3 Milliarden Euro. Hinzu kam ein Ordervolumen von 4,9 Milliarden Euro. Aktiv sind die Unternehmen der deutschen Baubranche überwiegend in Europa, gefolgt von Lateinamerika und Asien.
Das Studium des Bauingenieurwesens und der Architektur
Für eine Arbeit in der Baubranche kommen verschiedene Studiengänge infrage. Die beiden klassischen sind das Bauingenieurwesen und die Architektur mit ihren jeweiligen Spezialisierungen Innenarchitektur, Landschaftsarchitektur und Stadtplanung.
Das Studium des Bauingenieurwesens gehört zu den drei klassischen Studiengängen der Ingenieurswissenschaften. Die anderen beiden sind Elektrotechnik und Maschinenbau. Möglich sind das Bachelorstudium sowie ein später aufbauender Master. Diese Aufteilung gilt auch für das Studium der Architektur. Die Regelstudienzeit liegt für beide Studiengänge bei etwa 10 Semestern, davon entfallen 6 Semester auf den Bachelor und 4 auf den Master. Sowohl Bauingenieurwesen als auch Architektur können an Universitäten, Fachhochschulen und Berufsakademien studiert werden.
Der Studiengang Bauingenieurwesen ist an vielen Hochschulen durch einen Numerus clausus (NC) beschränkt, jedoch nicht an allen. Die Höhe des NC variiert von Hochschule zu Hochschule. Das Fach Architektur ist an fast allen staatlichen Hochschulen mit einem Numerus clausus belegt, insbesondere für den Bachelor. Die Note variiert dabei je nach Hochschule zwischen 1,9 und 3,3.
Typische Studieninhalte im Bauingenieurwesen sind unter anderem:
- Baustoffkunde
- Bauchemie
- Mathematik
- Statik
- Stahlbau und Stahlbetonbau
- Holzbau
- Festigkeitslehre
- Hydromechanik
- Wasserwesen
- Straßenplanung und Straßenbautechnik
- Statistik
Angehende Architekten erwarten u.a. folgende Studieninhalte:
- Bau- und Kunstgeschichte
- Bauphysik
- Modellbau
- Freihandzeichnen
- Darstellen und Gestalten
- Gebäudelehre
- Baubetriebslehre
- Öffentliches Baurecht
- Kostenplanung
Die Studierendenzahlen für das Bauingenieurwesen sind seit einigen Jahren stabil. Sie liegen durchschnittlich bei 54.000 bis 56.000 Studierenden. Stabile Zahlen kann auch das Fach Architektur vorweisen: Sie schwanken zwischen 36.000 und 38.000 Studierenden.
Im Wintersemester 2017/2018 gehörten sowohl das Studium Bauingenieurwesen/Ingenieurbau als auch das Studium der Architektur zu den 20 von weiblichen Studierenden am stärksten besetzten Studienfächern. Insgesamt studierten im genannten Semester 16.347 Studentinnen Bauingenieurwesen, darunter 2.655 Studienanfängerinnen. Für Architektur waren es 20.811 Studentinnen, davon 3.559 Erstsemester. Der Frauenanteil im Architekturstudium liegt bei über 50 %.
Unternehmen in der Baubranche
Zu den Unternehmen im Bereich Bau gehören nicht nur die ausführenden Firmen, sondern auch solche, die Werkzeuge und Maschinen liefern. Ebenso ausführende Planungsbüros und Transportunternehmen für Materialien. Hier eine Übersicht über bekannte Unternehmen und große Arbeitgeber der Baubranche:
- BAM Deutschland AG (Bauunternehmen Hochbau)
- Ganter Group (Baudienstleister)
- Hanse Haus GmbH & Co. KG (Fertighäuser)
- HeidelbergCement AG (Baustoffe)
- Hilti Deutschland (Zulieferer für Werkzeuge, Software und Systemlösungen)
- HKL Baumaschinen GmbH (Baumaschinenvermieter)
- HOCHTIEF (Baudienstleister)
- HUF HAUS GmbH & Co. KG (Fertighäuser)
- Johann Bunte Bauunternehmung GmbH & Co. KG (Baudienstleister)
- KAEFER (Innenausbau, Zugangstechnik, Isolierung, passiver Brandschutz)
- Knauf Gips KG (Baustoffe für Trockenbau, Boden, Putz und Fassade)
- Lindner Group (Ausbau, Innenausbau, Gebäudehülle und Isloliertechnik)
- Lindschulte Ingenieure + Architekten (Beratung und Planung)
- MOLL bauökologische Produkte GmbH (Beratung, ökologischer Baustoffhandel)
- Saint-Gobain Isover G+H AG (Dämmstoffe)
- Schüco International KG (Systemlösungen für Fenster, Türen und Fassaden)
- Schwörer Haus KG (Fertighäuser)
- Strabag SE (Baudienstleistungen)
- Velux Deutschland GmbH (Dachfenster)
- Wayss & Freytag Ingenieurbau AG (Baudienstleister für Großprojekte)
Die Teilbereiche der Baubranche
Die einzelnen Fachbereiche der Bauindustrie lassen sich nicht immer klar abgrenzen. Es gibt viele Überschneidungen. Man kann nach Art des Baus, des Baustoffs, der Konstruktionsform oder des Arbeitsbereichs unterscheiden. Eine Übersicht:
- Arbeitsbereiche: Hochbau, Tiefbau, Städtebau, Garten- und Landschaftsbau
- Bauabschnitt: Planung, Genehmigung, Ausführung (Rohbau und Innenausbau) sowie Instandhaltung
- Bauleistung: Erdarbeiten, Bohrarbeiten, Maurerarbeiten, Dachdeckerarbeiten, Zimmermannsarbeiten
- Baurecht: Gewerbliches und privates Baurecht, Bauverträge, Bauordnungen, Bauleitplanung
- Baustoff: Bauten aus Holz, Lehm, Stein, Stahlbeton, Mauerwerk
- Bauwerk: Brücken, Tunnel, Straßen, Häuser, Schulen, Kirchen sowie öffentliche Gebäude
- Konstruktion: Massivbau, Fachwerk, Verbundbau, Montagebau (Fertighäuser)
Karriere: Ingenieure in der Baubranche
Bauingenieure und Architekten sind gefragte Fachkräfte. Je nach Spezialisierung im Studium ergeben sich viele Einsatzgebiete: zum Beispiel beim Tunnel- oder Brückenbau oder beim Verkehrs- und Wasserbau. Die Nachfrage nach Fachkräften in der Baubranche ist in den vergangenen Jahren wieder angestiegen. Für Absolventen des Bauingenieurwesens sind das gute Aussichten. Demografischer Wandel und Energiewende sorgen dafür, dass vertiefend ausgebildete Bauingenieure in Bereichen wie Regional- und Stadtplanung immer wichtiger werden. Doch auch der Bau von industriellen Anlagen und Großprojekten gehört zu ihren Aufgabengebieten.
Gute Karriereperspektiven bieten auch Ingenieur- und Beratungsfirmen sowie der öffentliche Dienst. Denn auch in den Bauämtern von Städten und Kreisen sind Bauingenieure und Architekten gefragt. Auch Firmen für Baumaschinen suchen immer öfter Bauingenieure: in Zusammenarbeit mit den Maschinenbauern können Sie den Kollegen beratend zur Seite stehen. Gutachtertätigkeiten sowie der klassische Hochbau sind weitere Möglichkeiten für eine Karriere in der Baubranche.
Mehr dazu lesen Sie in „Bauboom macht Bauingenieure zu gesuchten Fachkräften“
Die Zukunft der Baubranche
Während viele Branchen bereits voll von der Digitalisierung erfasst sind, trifft das auf die Baubranche nur in manchen Fällen zu. Wer heute die Produktionshallen von Fabriken mit denen von vor zehn Jahren vergleicht, wird mit Sicherheit deutliche Unterschiede feststellen. Beim Blick auf eine Baustelle ist das seltener der Fall – die Maschinen und die Art der Arbeit sind noch die gleichen wie vor zehn Jahren. Der Globalisierungsduck in der Baubranche ist geringer. Die Art und Weise des Bauens hängt oft von lokalen Gegebenheiten ab, während die Industrie heute unter dem globalen Blickwinkel gesehen wird. Doch die Bauunternehmen wissen, dass die Digitalisierung keine Möglichkeit ist, sondern ein Muss. Das ergab eine Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertags. Demnach sind 93 % der Baufirmen der Ansicht, dass die Digitalisierung die Prozesse in der Bauindustrie beeinflussen wird.
Roboter auf der Baustelle, Beton und Gebäudeteile aus dem 3D-Drucker – das ist im Moment noch Zukunftsmusik. Veränderungen wird es zunächst eher an den Schnittstellen zwischen Bauplanung und Bauausführung geben. Hierfür steht das Building Information Modeling (BIM) bereit. Die Digitalisierung bietet Bauingenieuren und Architekten viele Möglichkeiten zum Beispiel bei Bauüberwachung und Qualitätssicherung. Die Herausforderungen der näheren Zukunft liegen außerdem bei den Klimaschutzmaßnahmen. Kraftwerke müssen energieeffizienter gebaut werden, Fabriken besser isoliert werden und Häuser sowie Wohnungen unter ökologischen Gesichtspunkten gestaltet sein. Denn der Klimaschutz gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Das wird auch die Bauindustrie zu spüren bekommen.
Grundsätzlich hat die Branche „Bau“ in Deutschland einen guten Ruf. Die Mehrheit der Bevölkerung verbindet die Bauwirtschaft mit hoher Qualität und internationalem Renommee. Das ergab eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach.
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