Arbeitslosigkeit 31.08.2020, 16:01 Uhr

Arbeitslosengeld: Das müssen Sie über Anspruch, Antrag und Höhe wissen

Vor Arbeitslosigkeit, ob kurzzeitig oder langfristig, ist keine Berufsgruppe gefeit, auch nicht Ingenieure. Wenn Sie arbeitslos werden, sichert das Arbeitslosengeld Sie ab. Diese Möglichkeit steht sogar selbstständigen Ingenieuren in einem begrenzten Rahmen offen.

Mann in JEans mit ausgestülpten Hosentaschen

Foto: panthermedia.net/ChamilleWhite

Die Berufsaussichten für Ingenieure sind in der Regel sehr gut; die Nachfrage nach Fachkräften hoch. Doch in der Corona-Krise ist auch die Nachfrage nach ITlern, Ingenieuren und Elektrotechnikern eingebrochen. Kurzarbeit ist in diesen Branchen genauso an der Tagesordnung, wie eine mögliche Entlassungswelle. Ob die Corona-Pandemie den Arbeitsmarkt für Ingenieure zerstört, lesen Sie hier. Um auf einen möglichen Job-Verlust gefasst zu sein, haben wir für Sie alles rund um das Thema Arbeitslosengeld zusammengefasst.

Kurzarbeitergeld-Rechner: So viel steht Ihnen zu

Unter welchen Voraussetzungen können Sie Arbeitslosengeld beziehen?

Wenn Sie als Ingenieur Arbeitslosengeld beziehen möchten, müssen Sie natürlich arbeitslos sein. Das klingt selbstverständlich, die Definition sieht aber anders aus, als viele denken. Es reicht nämlich schon, dass Sie weniger als 15 Stunden pro Woche tätig sind – bei einem selbstständigen Ingenieur kann eine längere Zeit der Auftragsflaute also durchaus die Definition für Arbeitslosigkeit erfüllen. Geprüft wird der Anspruch, sobald Sie sich persönlich bei der Arbeitsagentur arbeitslos melden. Wie bei jeder Versicherung ist zudem der Zeitpunkt entscheidend, zu dem Sie Arbeitslosengeld beziehen wollen. Die Beiträge müssen dafür zunächst über einen festgelegten Zeitraum bezahlt worden sein. Dieser Zeitraum wird als Anwartschaft bezeichnet.

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Im Normalfall gilt für die Anwartschaft, dass Sie versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein müssen und im Rahmen dieser Tätigkeit mindestens 12 Monate lang innerhalb der vergangenen 2 Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Darüber hinaus gibt es Lebenssituationen, die Ihnen so angerechnet werden, als hätten Sie Sozialabgaben geleistet, obwohl es nicht direkt der Fall war, unter anderem:

  • Mutterschaft und Kindererziehung mit einem Kind bis zum vollendeten dritten Lebensjahr
  • Pflege eines Angehörigen (mit Versicherungspflicht)
  • Krankengeldbezug
  • Jugendfreiwilligen- oder Bundesfreiwilligendienst.

Anspruch auf Arbeitslosengeld trotz kurzer Einzahlungszeit

Falls Sie in den vergangenen zwei Jahren keine zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt waren, ist es trotzdem nicht ausgeschlossen, dass Sie Arbeitslosengeld erhalten. In diesem Fall muss geprüft werden, ob Sie die Voraussetzung für die sogenannte kurze Anwartschaft erfüllen. Diese ist für Personen geschaffen worden, die sich hauptsächlich in eher kurzfristigen Beschäftigungsverhältnissen befinden. Sie erhalten dann Arbeitslosengeld, wenn sie innerhalb der letzten zwei Jahre sechs Monate lang versicherungspflichtig beschäftigt waren. Unter folgenden Bedingungen:

  • Die Beschäftigungsverhältnisse, in denen sich der Arbeitslose befand, waren überwiegend auf maximal zehn Wochen befristet.
  • Das Arbeitsentgelt in den letzten zwölf Monaten hat die maßgebliche Bezugsgröße nach §18 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch nicht überstiegen. Die Bezugsgröße im Sinne des § 18 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch beträgt im Jahr 2020 38.220 Euro und monatlich 3.185 Euro. Die Bezugsgröße (Ost) beträgt jährlich 36.120 Euro und monatlich 3.010 Euro.

Ingenieure können diese Voraussetzungen für die kurze Anwartschaft unter Umständen erfüllen, falls sie beispielsweise nur über kurzfristige Projektverträge beschäftigt waren.

Für welche Dauer können Sie Arbeitslosengeld beziehen?

Die Dauer Ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld hängt vor allem von der Anzahl der Monate ab, die Sie in den zurückliegenden fünf Jahren Beiträge an die Bundesagentur für Arbeit gezahlt haben. Der zweite Faktor ist Ihr Lebensalter. Denn die maximale Bezugsdauer liegt normalerweise bei zwölf Monaten. Für ältere Arbeitslose wird diese jedoch erweitert. Einzelheiten finden Sie in der Tabelle:

Dauer der Tätigkeit mit Versicherungspflicht in Monaten Alter in vollendeten Lebensjahren Dauer des Anspruchs in Monaten
12 keine Relevanz 6
16 keine Relevanz 8
20 keine Relevanz 10
24 keine Relevanz 12 (Maximum für Arbeitnehmer unter 50)
30 50 15
36 55 18
48 58 24

Wichtig ist dabei, dass für die Berechnung der Bezugsdauer zwar die vergangenen fünf Jahre herangezogen werden. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie im Laufe der letzten zwei Jahre insgesamt zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein müssen. Erst wenn diese Grundbedingung erfüllt ist, erfolgt die genaue Bestimmung der Anspruchsdauer.

Die Komponente des Lebensalters ist nur dann relevant, wenn Sie über 50 Jahre alt sind. Für jüngere Arbeitnehmer erhöht sich die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes grundsätzlich nicht. Es bleibt bei einer Zahlung des Arbeitslosengeldes von höchstens zwölf Monaten.

Wie verändert sich die Bezugsdauer bei einer kurzen Anwartschaft?

Wer die Bedingungen für eine kurze Anwartschaft erfüllt, erhält sein Arbeitslosengeld zwar in voller Höhe, die Dauer des Zeitraums ist aber verkürzt. Sie wird selbst bei einem hohen Lebensalter des Antragstellers nicht verlängert:

Dauer der Tätigkeit mit Versicherungspflicht in Monaten Dauer des Anspruchs in Monaten
6 3
8 4
10 5

Was passiert, wenn die maximale Anspruchsdauer abgelaufen ist?

Es gibt keine Möglichkeit, den Bezug des Arbeitslosengeldes I zu verlängern. Sollten Sie nach Ablauf der maximal zwölfmonatigen Auszahlung noch keine neue Stelle gefunden haben, können Sie beim Jobcenter das Arbeitslosengeld II beantragen, auch Sozialgeld genannt. Neben einer Grundsicherung für den Lebensunterhalt können Sie weitere Leistungen beziehen, etwa für Weiterbildungen.

In welcher Höhe wird das Arbeitslosengeld ausgezahlt?

Die Grundlage, um die Höhe des Arbeitslosengeldes zu berechnen, ist das Gehalt, das in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausbezahlt worden ist. Dabei zählt allerdings nicht das Bruttoarbeitsentgelt, das im letzten Monat vor der Arbeitslosigkeit ausbezahlt wurde. Vielmehr zieht die Arbeitsagentur ein Durchschnittsgehalt aus den letzten zwölf Monaten heran. Es orientiert sich also am tatsächlichen Lebensstandard des zurückliegenden Jahres.

Dabei gibt es eine Ausnahme: Falls Sie in den vergangenen 24 Monaten bevor Sie arbeitslos wurden im Durchschnitt mindestens 10 % mehr verdient haben als zuletzt, sollten Sie die entsprechenden Unterlagen einreichen. Sie haben dann nämlich einen Anspruch darauf, dass der Zeitraum für die Berechnung des Arbeitslosengeldes auf zwei Jahre ausgedehnt wird.

Abhängig von der Steuerklasse errechnet die Arbeitsagentur aus diesem Bruttoarbeitsentgelt ein pauschales Nettogehalt. Dieser Wert ist der wichtigste, da sich die Höhe des Arbeitslosengeldes I direkt nach ihm richtet: Wer sich arbeitslos meldet und mindestens 1 Kind hat, erhält als Arbeitslosengeld 67 % dieses pauschalen Nettogehalts. Alle übrigen Arbeitslosen haben einen Anspruch auf 60 % dieser Summe.

Die Beiträge für die Krankenversicherung und für die Pflegeversicherung werden übrigens von der Bundesagentur für Arbeit übernommen. Das gilt auch für eventuelle Zusatzbeiträge zur Krankenversicherung. Mit weiteren Abzügen müssen Sie also nicht rechnen.

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Wann muss man Arbeitslosengeld beantragen?

Wenn Sie Arbeitslosengeld erhalten möchten, müssen Sie bestimmte Fristen einhalten. Außerdem ist ein rechtzeitiger Antrag wichtig, weil die Behörden natürlich eine gewisse Bearbeitungszeit benötigen. Grundsätzlich gilt, dass Sie sich sofort als arbeitssuchend melden sollten, sobald Sie erfahren haben, dass Sie Ihre Stelle verlieren werden. Ist das recht früh bekannt, beispielsweise bei einem befristeten Vertrag, sollten Sie sich spätestens drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Arbeitsagentur melden. Falls es nicht mehr möglich sein sollte, diesen Zeitraum einzuhalten, weil sie erst später von der drohenden Arbeitslosigkeit erfahren haben, dürfen Sie maximal drei Tage warten, bevor Sie sich arbeitssuchend melden. Falls Sie nicht rechtzeitig eine neue Stelle finden sollten, müssen Sie sich spätestens am ersten Tag der Arbeitslosigkeit persönlich arbeitslos melden und Arbeitslosengeld beantragen. Empfehlenswert ist es jedoch, den Antrag bereits früher einzureichen und zu klären, ob beispielsweise zusätzliche Unterlagen benötigt werden.

Die Bearbeitungszeit Ihres Antrags darf normalerweise höchstens sieben Kalendertage betragen – nach Eingang aller erforderlichen Unterlagen. In den Monaten August bis November darf diese Frist bei maximal 14 Kalendertagen liegen, weil sich in dieser Zeit viele Saisonkräfte an die Arbeitsagentur wenden. Ausbezahlt wird das Arbeitslosengeld jeweils zum Ende des Monats.

Was ist unter einer Sperre des Arbeitslosengeldes zu verstehen?

Es gibt verschiedene Situationen, in denen Sie für einen festgelegten Zeitraum kein Arbeitslosengeld erhalten. Diese Sperrzeit wird Ihnen auf die Dauer Ihres Anspruchs angerechnet. Das heißt: Eine Bezugsdauer von maximal 12 Monaten würde sich bei einer dreimonatigen Sperre auf neun Monate verkürzen. Die Sperrzeit kann zwischen einer und zwölf Wochen liegen. Gründe für eine Sperre können sein:

  • Sie haben Ihr Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund selbst gekündigt
  • Sie wurden von Ihrem Arbeitgeber verhaltensbedingt gekündigt
  • Sie haben es versäumt, sich frühzeitig arbeitssuchend zu melden
  • Eine Stelle, die Ihnen von der Arbeitsagentur angeboten wurde, haben Sie nicht angenommen
  • Sie weigern sich, an einer Maßnahme zur beruflichen Eingliederung teilzunehmen
  • Sie können nicht nachweisen, dass Sie sich darum bemühen, eine neue Stelle zu finden.

Können selbstständige Ingenieure Arbeitslosengeld erhalten?

Selbstständige Ingenieure haben durchaus die Möglichkeit, Arbeitslosengeld zu beziehen, wenn sich ihre Auftragslage negativ entwickelt. Voraussetzung ist allerdings, dass sie freiwillig in die Arbeitslosenversicherung für Selbstständige einbezahlt haben. Diese muss spätestens drei Monate nach Beginn der Selbstständigkeit beantragt werden.

Anders als bei einem versicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis wird der Beitragssatz für die freiwillige Arbeitslosenversicherung nicht nach dem Bruttoeinkommen berechnet. Es gilt ein fester Satz von 76,44 Euro im Monat für die alten Bundesländer und 72,24 Euro für die neuen Bundesländer – für das Jahr 2020. Existenzgründer zahlen im ersten Jahr nur die Hälfte.

Da die Höhe der Beiträge festgelegt ist, orientiert sich auch das bei Bedarf ausbezahlte Arbeitslosengeld nicht am zuletzt erwirtschafteten Bruttoeinkommen, sondern an der Qualifikation.

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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