Betriebliche Altersversorgung in kleineren Unternehmen
Anders als in großen Konzernen, für die komplexe Versorgungskonzepte sinnvoll sein können, setzen klein- und mittelständische Unternehmen (KMU) eher auf überschaubare, aufwandsarme Lösungen für die betriebliche Altersversorgung (bAV). In der Praxis herrschen jedoch häufig vielfältige Einzelzusagen vor, sodass Optimierungsbedarf besteht.
Die Mehrheit der Arbeitnehmer und Arbeitgeber in kleineren und mittleren Unternehmen wäre bereit, in eine betriebliche Altersvorsorge zu investieren. Große Beträge können die Befragten einer aktuellen Unternehmensumfrage aber nicht entbehren. In der Regel werden Summen von bis zu 500 Euro im Jahr bevorzugt. Laut einer Machbarkeitsstudie des Bundesarbeitsministeriums ist die Verbreitung mit Betriebsrenten in kleinen Firmen besonders gering ausgeprägt. Vor allem in Kleinstunternehmen, die weniger als zehn Mitarbeiter zählen, hat nicht einmal jeder Dritte (27 %) eine entsprechende Anwartschaft erworben. Welche Möglichkeiten es für Betriebe mit weniger als 250 Mitarbeitern gibt.
Mitarbeiter wünschen sich eine unkomplizierte betriebliche Altersversorgung
Eine ergänzende betriebliche Altersversorgung ist unverzichtbar – davon ist ein Großteil der Arbeitnehmer überzeugt. Und Personalverantwortliche sehen in der betrieblichen Altersversorgung ein wesentliches HR-Instrument, das die grundsätzliche Entscheidung für einen Arbeitgeber, aber auch die langfristige Bindung ans Unternehmen unterstützt. Ohne bAV lassen sich talentierte Mitarbeiter nur schwer gewinnen, wie 67 % der Besucher der letzten bAV-Konferenz von Towers Watson bestätigten.
Diese positive Wertung betrieblicher Versorgungswerke trifft aber insbesondere in kleineren und mittelständischen Betrieben (KMU) häufig auf eine reservierte bis ablehnende Haltung bei der Unternehmensführung. Daher ist die betriebliche Altersversorgung gerade in kleineren Unternehmen deutlich weniger verbreitet, wie eine Studie von TNS Infratest Sozialforschung zeigt. „Zu hohe Kosten“ (43 %) und „zu kompliziert / zu hoher Aufwand“ (18 %) führen die Unternehmen, die ihren Mitarbeitern keine bAV anbieten, häufig als Begründung an.
Auch die Langfristigkeit, etwaige Risiken, mangelnde Flexibilität oder ein hoher Administrationsbedarf für die betriebliche Altersversorgung werden häufig als Gegenargumente angeführt. Gerade wenn Unternehmen mit begrenzten personellen Ressourcen gesteuert werden – laufen in KMU doch häufig alle operativen und administrativen Entscheidungen und Aufgaben bei den Geschäftsführer-Ehegatten zusammen – wird die „gefühlt erwartete“ Belastung aus einem Versorgungswerk höher bewertet als dessen durchaus erkannte personal- und auch sozialpolitische Bedeutung.
Betriebliche Altersversorgung: unterschiedliche Erwartungen
Stellt man die Erwartungen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern an betriebliche Versorgungswerke gegenüber, wird jedoch schnell deutlich, dass diese so weit nicht auseinander liegen: Beide Seiten streben eine einfache, sichere und gut steuerbare betriebliche Altersversorgung an. Aus Unternehmenssicht wäre es ideal, wenn mit einem einmal jährlich geleisteten Versorgungsbeitrag die Verpflichtung weitgehend erfüllt ist und damit ein aus Arbeitnehmersicht gutes Versorgungsergebnis erreicht wird. Durch eine externe Anlage sollen Nachfinanzierungsrisiken minimiert werden. So stellt das Versorgungswerk nur eine geringe Belastung für die künftige Unternehmensentwicklung dar. Gerade letzteres gewinnt vor dem Hintergrund häufig ungeklärter und unsicherer Unternehmensnachfolge in KMU an Bedeutung.
Daher setzen viele KMU auf versicherungsförmig finanzierte Versorgungswerke, insbesondere auf betriebliche Direktversicherungen. Häufig wurden diese allerdings wenig koordiniert umgesetzt. Sie werden vor allem genutzt, um dem Rechtsanspruch der Arbeitnehmer auf eine betriebliche Altersversorgung aus Entgeltumwandlung zu entsprechen. Aus Sicht der Arbeitnehmer bedauerlich ist dabei, dass der Arbeitgeber die somit gesparten Sozialversicherungsbeiträge oftmals nicht als zusätzlichen Versorgungsbeitrag einsetzt. Diese für den Arbeitgeber „kostenneutrale“ und den Mitarbeiter attraktive Förderungsmöglichkeit bleibt in vielen KMU ungenutzt.
Ab wann ist die BAV für kleine Unternehmen relevant?
Fakt ist: In Deutschland hat jeder Arbeitnehmer ein Recht auf Entgeltumwandlung. Das heißt, dass jeder Arbeitnehmer die Möglichkeit haben muss, Teile seines Lohnes in eine betriebliche Altersvorsorge einzuzahlen. Diese Versorgungskonzepte steigern auch die Attraktivität des Arbeitgebers deutlich. Die bAV ist ein wirksames Mittel, um gute Mitarbeiter lange an sich zu binden. Die betriebliche Altersvorsorge für KMU macht bereits ab dem ersten Mitarbeiter Sinn.
Durchdachtes Gesamtkonzept für die betriebliche Altersversorgung
Die Erfahrung zeigt auch, dass Angebote „von der Stange“ oder „vom Arbeitnehmer mitgebrachte“ Versorgungen die Interessenlage des Arbeitgebers nicht unbedingt treffen müssen oder fehlerbehaftet sein können. Darüber hinaus kann mit der Direktversicherung für Führungskräfte und Leistungsträger nur ein geringer Teil für die betriebliche Altersversorgung abgedeckt werden, da die steuer- und abgabenfreie Dotierungsmöglichkeiten auf einen Betrag in Höhe von vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (BBG) begrenzt ist. Dies entspricht derzeit maximal 2.688 Euro pro Jahr (ab 2013: 2.784 Euro pro Jahr), ggf. zzgl. 1.800 Euro.
Damit ist die Direktversicherung als alleiniges Versorgungsinstrument zumindest bei Einkommen oberhalb der BBG weniger interessant. Hier bedarf es ergänzender Instrumente, die den Anforderungen an Sicherheit und Ausfinanzierung genügen und den Komplexitätsgrad nicht wesentlich erhöhen. Eine – je nach gewünschtem Flexibilisierungsgrad – Ergänzung durch eine rückgedeckte Unterstützungskasse oder rückgedeckte Direktzusage kann bei entsprechender Ausgestaltung und Betreuung „aus einer Hand“ zu einem für beide Seiten attraktiven Gesamtkonzept führen.
Betriebliche Altersversorgung „von der Stange“
Um bei der Umsetzung Fehler zu vermeiden und eine den Interessen des Unternehmens entsprechende Lösung zu finden, empfiehlt es sich am Anfang zu investieren, damit man am Ende nicht „drauflegen muss“. Eine sorgfältige Analyse der Interessenlage, eine nicht produktgetriebene Entwicklung des Versorgungskonzeptes und die neutrale Auswahl des Anbieters sind wesentliche Voraussetzungen, um eine attraktive, einfache und sichere betriebliche Altersversorgung zu erreichen. Zeit und Geld für die Beratung durch unabhängige Experten ist hier gut angelegt.
Ebenso gilt es, die Vielzahl historisch gewachsener Verpflichtungen aus unterschiedlichen Direktzusagen und ggf. Unterstützungskassen zu einer Gesamtlösung für die betriebliche Altersversorgung zusammenzuführen. Eine zielorientierte Analyse der Problemlage und die Entwicklung einer an den Unternehmenszielen orientierten, einfachen Lösungsstrategie sollte der schnellen Lösung vorgezogen werden, um nicht im laufenden Betrieb anfänglich nicht bedachten Problemen begegnen zu müssen.
Möglichkeit: Pensionskasse
Die Pensionskasse ist eine für Mitarbeiter eines Unternehmens im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) beliebte Lösung. Die erhaltene Zusage kann entweder vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer durch die Gehaltsumwandlung ermöglicht werden. Das eingezahlte Kapital verwaltet die Pensionskasse selbst. Später wird eine Altersrente oder das Kapital ausgezahlt.
Betriebliche Altersversorgung: Risiken beachten
Nicht zuletzt ist der Experte gefragt, wenn es darum geht, die Versorgungssituation der Unternehmensleitung in den Blick zu nehmen. Aufgrund der nicht ausreichenden Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung ergibt sich gerade bei (Gesellschafter-) Geschäftsführern ein besonderer Versorgungsbedarf, der eine betriebliche Altersversorgung sinnvoll und steuerlich attraktiv machen kann. Aufgrund der in der Regel besonderen wirtschaftlichen Bedeutung dieser Zusagen sind hier besondere Risikoaspekte im Hinblick auf Bilanzierung, Liquidität und Absicherung der Versorgung zu beachten. Von besonderer Bedeutung sind bei (beherrschenden) Gesellschafter-Geschäftsführern schließlich die in ihrer besonderen Situation begründeten steuerlichen Restriktionen für die Ausgestaltung der Zusagen. Ziel muss es auch hier sein, eine aus Sicht des Unternehmens und des Versorgungsanwärters langfristige, sichere und attraktive Lösung zu entwickeln.
In der Praxis werden bei der Einführung neuer Versorgungspläne zunächst kurzfristige Effekte häufig stärker berücksichtigt als die langfristige Belastung. Dies führt dazu, dass Unternehmen häufig damit konfrontiert werden, bestehende Pensionszusagen nachträglich „zu renovieren“. Aufgrund der steuerlichen Restriktionen sind aber auch an diese Restrukturierungsmaßnahmen hohe Anforderungen geknüpft, die durch Standardlösungen für die betriebliche Altersversorgung nur unzureichend abgebildet werden können.
In KMU werden vor allem einfache, gut beherrschbare Lösungen für die betriebliche Altersversorgung angestrebt – und diese Anforderungen lassen sich in einem durchdachten Gesamtkonzept gut umsetzen. Jedoch wird deutlich, dass eine solche Lösung sinnvoll nicht „von der Stange“ genommen werden kann, sondern gemeinsam mit einem Spezialisten entwickelt und genau auf die unternehmensspezifischen Umstände abgestimmt werden sollte.
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