Erste Gehaltserhöhung: So viel ist als Berufsanfänger tatsächlich drin
Jeder freut sich über die erste Gehaltserhöhung. Doch wann und wie können Berufseinsteiger am geschicktesten darum bitten? Direkt nach der Probezeit oder erst nach zwei Jahren? Und was für eine Steigerung wäre realistischerweise möglich? Antworten und Tipps gibt es hier.
Das erste Gehalt erwarten Berufseinsteiger sehnsüchtig. Ingenieure und Ingenieurinnen steigen in der Regel schon mit einem attraktiven Jahresgehalt ein – davon können Absolventen in anderen Branchen nur träumen. Berufseinsteiger mit Ingenieurstudium haben 2020 im Durchschnitt 48.800 Euro brutto im Jahr verdient. Als gefragte Fachkraft soll die erste Gehaltserhöhung aber nicht lange auf sich warten lassen. Wir verraten, wie es mit der Verhandlung klappt.
Zu den Einstiegsgehältern für Ingenieure
Es wird viel über die Bedeutung von Innovationen für den Technologiestandort Deutschland diskutiert. Da liegt der Gedanke nahe, die eigene Qualifikation in bare Münze umwandeln zu wollen. Das gilt natürlich besonders, falls Sie als für Ihren Arbeitsschwerpunkt eine attraktive Nische gewählt haben sollten, in der die Konkurrenz selbst unter Berufsanfängern nicht so groß ist.
Doch die Forderung nach einer Gehaltserhöhung kann für Berufseinsteiger auch problematisch sein und ist nicht immer von Erfolg gekrönt. Umso wichtiger ist es, Zeitpunkt, Argumente und Höhe der anvisierten Gehaltserhöhung gut zu planen.
Gehaltserhöhung nach Probezeit
Die Dauer der Probezeit finden Sie in Ihrem Arbeitsvertrag. Der Gesetzgeber hat festgelegt, dass sie maximal sechs Monate betragen darf. Manche Unternehmen vereinbaren aber nur eine Probezeit von drei Monaten, um die begehrte Fachkraft früher ans Unternehmen zu binden. Immerhin kann auch der Ingenieur während der Probezeit innerhalb von zwei Wochen kündigen. Der Zeitraum, in dem Berufseinsteiger ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können, ist jedenfalls relativ kurz. Zudem entfalten selbst hoch qualifizierte Ingenieure während der Einarbeitungsphase noch nicht ihre vollen Kompetenzen. Das sollten Sie bedenken, wenn Sie als Berufsanfänger darüber nachdenken, nach Ende der Probezeit um eine Gehaltserhöhung zu verhandeln.
Hinzu kommt in vielen Fällen das Phänomen der falschen Selbsteinschätzung. Ein guter Vorgesetzter wird Berufseinsteiger beispielsweise viel loben. Das trägt zur Motivation bei und sorgt für eine gute Arbeitsatmosphäre. Mit anderen Worten: Großes Lob bedeutet nicht automatisch, dass Ihre Leistung überdurchschnittlich ist.
Das dritte Argument gegen eine Forderung um mehr Gehalt ist der Eindruck, den Sie dabei vermitteln. Denn jeder Berufseinsteiger muss zunächst Erfahrung sammeln und viel lernen. Der Fokus sollte also darauf liegen, gut angeleitet zu werden und eventuell an Schulungen teilnehmen zu dürfen, um die eigenen Kompetenzen zu erweitern. Mit einer zu frühen Verhandlung um eine Gehaltserhöhung könnten Sie jedoch signalisieren, dass Sie als Berufsanfänger nur aufs Geld achten und Inhalte eine weniger wichtige Rolle spielen.
Diesen Punkt greift auch Karrierecoach Bodo Ikinger in dieser Podcast-Folge von „Technik aufs Ohr“ auf. Er gibt den Hörerinnen und Hörern zahlreiche Tipps, wie sie sich bei einer verpassten Gehaltsrunde verhalten sollten.
Wann ist eine Gehaltserhöhung nach der Probezeit angemessen?
Für jede Regel gibt es natürlich Ausnahmen. In zwei Situationen wäre es durchaus angemessen, wenn Berufsanfänger nach der Probezeit um eine Gehaltserhöhung bitten:
- Beim Einstellungsgespräch wurde eine Anpassung vereinbart. Es kommt durchaus vor, dass Arbeitgeber Berufsanfängern eine Gehaltserhöhung nach Ende der Probezeit in Aussicht stellen. Darauf können und sollten Sie natürlich Bezug nehmen und einen Termin mit der Personalleitung vereinbaren. Falsche Bescheidenheit könnte Ihnen in diesem Fall sogar negativ ausgelegt werden – als seien Sie selbst von Ihren Leistungen nicht überzeugt.
- Ihr Tätigkeitsbereich entspricht nicht den Vereinbarungen aus dem Arbeitsvertrag. Falls Sie ungeplant höher qualifizierte Aufgaben übernommen haben oder Führungsverantwortung tragen, beispielsweise aufgrund der Erkrankung eines Kollegen, können Sie darum bitten, dass Ihr Vertrag angepasst wird. Gegebenenfalls wäre die Forderung nach einer Gehaltserhöhung dann auch für Berufsanfänger legitim.
Gehaltserhöhung nach einem Jahr: Nach welchem Zeitraum steht eine Verhandlung an?
In der Regel ist es also nicht sinnvoll, wenn Berufsanfänger schon nach der Probezeit um eine Gehaltserhöhung bitten. Wann ist denn der richtige Zeitpunkt gekommen? Nach einem Jahr oder erst nach zwei Jahren? Das hängt natürlich von der individuellen Situation ab. Es kommt durchaus vor, dass Berufseinsteiger bereits nach einem Jahr mehr Verantwortung übernehmen oder in ein neues Projekt einsteigen, weil sie sich gut bewährt haben. Führt der Vorgesetzte ein diesbezügliches Gespräch und lobt explizit Ihre Leistung, wäre das ein gutes Argument, um auch als Berufsanfänger bei der Personalleitung das Thema Gehaltserhöhung nach einem Jahr anzusprechen.
Aber Vorsicht: Die eigene Fortbildung, inklusive praktischer Erfahrung, sollte weiterhin im Vordergrund stehen. Wägen Sie als Berufsanfänger also gut ab, ob Sie tatsächlich nach so einem kurzen Zeitraum neu über Ihr Gehalt verhandeln möchten. Sicherlich hinterlassen Sie einen besseren Eindruck, wenn Sie sich voll und ganz auf den erweiterten Tätigkeitsbereich konzentrieren und die neue Herausforderung als Chance für Ihre Entwicklung verstehen – die nicht automatisch höher dotiert sein muss.
Als ideal gilt es, wenn Berufsanfänger nach 24 Monaten um die erste Gehaltserhöhung bitten. Sie hatten zwei Jahre Zeit, um sich zu bewähren und Ihre Fähigkeiten auszubauen. Gleichzeitig demonstrieren Sie mit Ihrer Forderung, dass Sie sich ihres eigenen Wertes bewusst sind. Das ist insbesondere wichtig, falls Sie sich mittelfristig für eine Führungsposition qualifizieren wollen. Wer sich zu bescheiden gibt, kann hier ins Hintertreffen geraten. In größeren Konzernen sind solche Verhandlungen für Berufseinsteiger sogar ein Mittel, um sich bei der Personalleitung ins Gedächtnis zu bringen.
Wie beginne ich ein Gespräch wegen Gehaltsverhandlung?
Ist der Einstieg in das Gespräch versaut, kann es die Chancen auf eine Gehaltserhöhung schmälern. Mit diesen Tipps steigen Sie richtig in die Gehaltsverhandlung ein.
- Drohen Sie nicht mit Kündigung: „Wenn ich nicht mehr Geld bekomme, kündige ich!“ Dieser Einstieg ist alles andere als ratsam, denn Vorgesetzte lassen sich nicht erpressen.
- Vergleiche mit Kollegen außer Acht lassen: Wer sich mit anderen vergleicht, hat schon verloren. Was zählt sind die eigenen Leistungen und Referenzen.
- Starke Argumente bringen: Argumente sind immer noch der beste Weg, um eine erfolgreiche Gehaltsverhandlung zu führen. Überlegen Sie sich vorab, was Sie dem Unternehmen bringen. Welche Skills bringen Sie ein? Welches Wissen bringt das gesamte Team weiter, über das Sie verfügen? Starke Argumente lassen sich durch Projekterfolge untermauern.
- Ziele nennen: Vorgesetzte denken oft in Meilensteinen. Setzen Sie sich also eigene Ziele, die sie mit mehr Verantwortung erreichen wollen. Das rechtfertigt oft eine Gehaltserhöhung.
- Wie viel Geld darf es denn sein? Die konkrete Summe der Gehaltserhöhung hängt oft von Faktoren wie einer Budgetplanung ab. Wurden die Personalkosten eng budgetiert, kann die gewünschte Gehaltserhöhung geringer ausfallen. Allerdings sollten Sie sich für das Gespräch eine Maximal- und Minimalgrenze überlegen. In der Mitte treffen, kann man sich immer noch.
- Selbstbewusst auftreten: Sicheres Auftreten ist das A und O für Verhandlungen. Wer weiß, was er kann und wert ist, fordert viel selbstbewusster ein – ohne dabei unverschämt zu werden.
- Freundlich bleiben: Auch wenn sich Frust einstellt – bleiben Sie stets freundlich und sachlich. Alles andere wäre unprofessionell.
Warum kann es sinnvoll sein, mit Gehaltsverhandlungen zu warten?
Abgesehen von der groben Zeitschiene gibt es weitere Faktoren, die Sie bedenken sollten, bevor Sie als Berufsanfänger um eine Gehaltserhöhung bitten:
- Wie schätzen Sie Ihre Leistung ein? Natürlich sollten Sie um Ihre Gehaltsstufe nur verhandeln, wenn Ihr Vorgesetzter gerade besonders zufrieden mit Ihnen ist. Der erfolgreiche Abschluss eines Projektes bietet sich beispielsweise an.
- Auch neue Aufgaben oder Tätigkeitsbereiche können ein guter Anlass sein, um als Berufsanfänger das Thema Gehaltserhöhung ins Spiel zu bringen.
- Bedenken sollten Sie zudem die Situation Ihres Arbeitgebers. Falls zum Beispiel gerade ein großer Auftrag verloren gegangen sein sollte, warten Sie besser mit Ihrer Bitte um mehr Geld. Auch nach einem Tarifabschluss, der ohnehin mehr Gehalt und für den Arbeitgeber höhere Personalkosten mit sich bringt, sollten Sie keine zusätzlichen Gehaltsverhandlungen starten.
Wie bitte ich um eine Gehaltserhöhung?
Wenn Sie als Berufsanfänger eine Gehaltserhöhung wünschen, sollten Sie das Gespräch natürlich gut vorbereiten. In größeren Unternehmen ist der Abteilungs- oder Projektleiter in der Regel nicht für die Gehälter zuständig. Das übernimmt der Personalleiter. Daher stimmen Sie sich am besten zunächst mit Ihrem direkten Vorgesetzten ab. Ist er mit der Qualität Ihrer Arbeit zufrieden? Hält er eine Gehaltserhöhung ebenfalls für angemessen? Würde er Sie als Berufsanfänger bei dieser Forderung unterstützen? Kann er das Thema gegebenenfalls in der Personalabteilung platzieren?
Unter Umständen sieht er bei Ihnen andere Vorzüge als Sie selbst. Daher sollten Sie ihn um eine Einschätzung bitten und sich Notizen machen. Aus seinen Angaben und Ihrer eigenen Sicht auf Ihre Erfolge können Sie eine kleine Liste mit Argumenten für die Gehaltsverhandlung vorbereiten. Wichtig: Führen Sie nur Fakten an, keine Emotionen. Dass Sie beispielsweise Spaß haben oder loyal gegenüber dem Unternehmen sind, gehört nicht ins Gespräch über die Gehaltserhöhung.
Darüber hinaus spielt natürlich Ihr objektiver Marktwert außerhalb des Unternehmens eine Rolle. Verweisen Sie auf besondere Qualifikationen, die Ihr Arbeitgeber gewinnbringend für sich nutzen kann. Idealerweise benennen Sie Fortbildungen, die Sie im Laufe der ersten zwei Jahre als Berufsanfänger besucht haben und die Ihren Marktwert im Vergleich zum Einstellungsgespräch steigern.
Für die Gesprächsführung ist es geschickt, erst nach Aufzählung der Erfolge und Fähigkeiten anzusprechen, was für Möglichkeiten für die Gehaltsentwicklung bestünden. Vermeiden Sie dabei eine fordernde Haltung, verwenden Sie besser das Verb „wünschen“ oder fragen Sie nach den Chancen für eine finanzielle Entwicklung. Ein absolutes Tabu ist es übrigens, bei der Gehaltsverhandlung mit einer Kündigung zu drohen. Personalchefs wissen, dass diese Option bei gefragten Fachkräften besteht. Wird sie ausgesprochen, entwickelt sich aus der Frage nach einer Gehaltserhöhung ein Machtspiel, das Sie als Berufsanfänger vermutlich verlieren werden – und das Ihre Position im Unternehmen mit größter Wahrscheinlichkeit verschlechtert.
Wie viel Prozent mehr Gehalt können Berufsanfänger erwarten?
Sie müssen damit rechnen, dass Ihr Personalchef Sie nach Ihren Vorstellungen für eine Gehaltserhöhung fragt. Ähnlich wie beim Einstellungsgespräch sollten Sie nicht zu tief stapeln und auch nicht zu hoch pokern. Beides wirkt unprofessionell. Als Daumenregel gilt, dass eine Gehaltserhöhung bei Berufsanfängern zwischen 3 und 10 % liegt. An welchem Ende der Skala Sie Ihren Wert ansetzen sollten, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Hat es in den vergangenen Monaten bereits eine Gehaltserhöhung um mehrere Prozent gegeben, weil es zu einem neuen Tarifabschluss gekommen ist? Dann sollten Sie nur um ein geringes zusätzliches Plus bitten.
- Das Gehaltsgefüge innerhalb des Unternehmens muss stimmen, sonst ist Unzufriedenheit unter den Mitarbeitern zu erwarten. Auch wenn Angestellte offiziell nicht über ihre Gehälter reden sollen, ist das im Arbeitsalltag oft anders. Falls Sie also einschätzen können, ob sich Ihr Gehalt als Berufsanfänger eher im unteren oder im oberen Bereich bewegt, sollten Sie sich in Ihrem Gespräch zur Gehaltserhöhung daran orientieren.
- Grundsätzlich ist das Gehalt natürlich auch abhängig von der Branche, wie Sie anhand der Gehaltsstudie von ingenieur.de erkennen können – beispielsweise verdienen Bauingenieure als Berufsanfänger derzeit im Durchschnitt knapp 4.600 Euro brutto weniger im Jahr als Mechatroniker. Doch, wenn Sie sich die Verdienste Ihrer Kollegen anschauen, werden Sie feststellen, dass auch die Bandbreite innerhalb einer Branche sehr groß sein kann: Bei Bauingenieuren liegt sie zwischen 41.100 und 49.400 Euro brutto im Jahr. Dabei gilt der Grundsatz, dass große Unternehmen besser zahlen als kleine. Diese Werte können Sie für einen Vergleich durchaus heranziehen und dezent darauf hinweisen, wenn Ihr Gehalt im Verhältnis eher niedrig sein sollte.
- Natürlich spielt bei der Frage, wie viel Prozent mehr Gehalt Sie bekommen können, auch die wirtschaftliche Situation des Unternehmens eine Rolle.
Außerdem sollten Sie Alternativen parat haben, wenn Ihr Arbeitgeber das Bruttogehalt nicht entsprechend Ihren Wünschen erhöhen möchte, etwa geldwerte Vorteile wie ein Firmenwagen oder feste Tage im Home Office, durch die Sie Zeit für den Weg zur Arbeit sparen könnten. Das erhöht die Chance, mit einem Gewinn aus dem Gespräch zu gehen – selbst wenn sich die gewünschte Gehaltserhöhung für Sie als Berufsanfänger nicht vollständig durchsetzen lässt.
So viel Gehalt ist für junge Fach- und Projektingenieure drin
Der Großteil der Berufseinsteiger ist als Fach oder Projektingenieur (Teilnehmer eines Projektteams) angestellt. Ingenieure und Ingenieurinnen in diesen Positionen werden mit einem durchschnittlichen Jahresgehalt von rund 49.800 Euro vergütet. Wer nach dem Studium als Projektmanager einsteigt – also Projektteams leitet – verdient jährlich circa 1.200 Euro mehr als Fach- und Projektingenieure. Das ergibt die aktuelle Gehaltsstudie von ingenieur.de.
Eine Gehaltserhöhung ist sehr oft mit einer Beförderung verbunden.
Wenn Ingenieure ein hohes Gehalt wollen, müssen Sie aktiv werden.
Warum kann eine frühe Gehaltserhöhung Berufsanfängern sogar schaden?
Ein weiterer Punkt findet bei Berufsanfängern meistens zu wenig Beachtung, wenn es um das Thema Gehaltserhöhung geht: Zu viel Geld kann die Karriere ausbremsen. Wenn Sie beispielsweise 20 % mehr verdienen als es in der Branche für Ihre Tätigkeit üblich ist, fällt ein Stellenwechsel schwer. Schließlich wollen Sie sich finanziell nicht verschlechtern. Für eine höhere Position in einem anderen Unternehmen, für die solch ein Gehalt angemessen erscheint, wären Sie aber als Berufsanfänger noch gar nicht qualifiziert. Arbeitgeber setzen dieses Instrument durchaus ein, um Fachkräfte zu binden. Die Chance, über einen neuen Job die Karriere zu fördern, schwindet damit deutlich. Denn gelingt der Aufstieg beim aktuellen Arbeitgeber nicht, bleiben Sie womöglich dauerhaft auf dieser Gehaltsstufe stecken. So attraktiv ein paar Prozent mehr Gehalt auf dem Konto sind, sollten Sie also gut abwägen, wo für Sie als Berufsanfänger die Prioritäten liegen.
Lesen Sie auch:
Ein Beitrag von: