Gehaltserhöhung 12.11.2019, 14:03 Uhr

Gehaltserhöhung: Der beste Zeitpunkt für Ingenieure mit Berufserfahrung

Mit zunehmender Berufserfahrung können Ingenieure auch eine höhere Bezahlung für ihre Leistung erwarten. Die bieten Arbeitgeber allerdings selten von sich aus an. Wann ist der richtige Zeitpunkt gekommen, um nach einer Gehaltserhöhung zu fragen?

Angemessene Gehaltsforderungen sind angebracht.

Angemessene Gehaltsforderungen sind angebracht.

Foto: panthermeida.net/kavita

Die Berufsaussichten für Ingenieure haben sich in den vergangenen Jahren stetig verbessert. Das ist vor allem der gesamtwirtschaftlichen Lage geschuldet: Das deutsche Bruttoinlandsprodukt ist zwischen 2002 und 2018 um satte 24 % gestiegen. Davon profitieren nicht zuletzt die technischen Branchen, die trotz zwischenzeitlicher Einbrüche unterm Strich allesamt deutliche Umsatzzuwächse verzeichnet haben. Entsprechend sind die Gehälter in die Höhe geschossen, wie die Gehaltsstudie von ingenieur.de zeigt. Im verarbeitenden Gewerbe haben sich die tariflichen Monatsgehälter der Angestellten im genannten Zeitraum um 51,3 % erhöht, mit einer jährlichen Steigerungsrate von durchschnittlich 3,2 %. Der Verbraucherpreisindex ist hingegen nur um 25,3 % gewachsen – bei den meisten Ingenieuren bleibt also deutlich mehr Geld im Portemonnaie.

Das ist ohne Frage eine sehr positive Entwicklung. Hinzu kommt der Mangel an spezialisierten Fachkräften in vielen Branchen, der für manch einen Ingenieur den Marktwert noch einmal steigen lässt und die Gehaltsverhandlung erleichtert. Dennoch gibt es unter erfahrenen Ingenieuren zum Teil große Gehaltsgefälle – und das ist nicht alleine durch regionale Abweichungen und unterschiedliche Gehaltsstrukturen zu erklären, die unter anderem von der Unternehmensgröße abhängen. Wenn berufserfahrene Ingenieure unterdurchschnittlich verdienen, ist häufig falsche Bescheidenheit der Grund. Anders gesagt: Sie bitten zu selten aktiv um eine Gehaltserhöhung – oder wählen dafür den falschen Zeitpunkt.

Welche Rahmenbedingungen sollten für eine Gehaltserhöhung stimmen?

Für Ingenieure mit Berufserfahrung sollte im ersten Schritt die Frage nach der grundsätzlichen wirtschaftlichen Lage im Vordergrund stehen, bevor sie um eine Gehaltserhöhung bitten. Eine gleichermaßen große Rolle spielt die individuelle Situation des Arbeitgebers. Konkret heißt das: Während einer Wirtschaftskrise erkundigen sich Berufserfahrene normalerweise nicht nach einer Gehaltserhöhung. Das erweckt einerseits den Eindruck, sie seien über die aktuelle Konjunktur nicht ausreichend informiert. Zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass der Personalchef zu diesem Zeitpunkt der Bitte um mehr Geld nachkommt. Diese Chance für eine erfolgreiche Gehaltsverhandlung wäre also vertan.

Ähnlich sieht es mit der Bilanz des Arbeitgebers aus – die Sie als Ingenieure durchaus lesen sollten, bevor Sie in eine Gehaltsverhandlung starten. Denn abgesehen von der Umsatzentwicklung erhalten Sie dort unter Umständen interessante Informationen über die strategische Ausrichtung des Unternehmens, die eventuell auch Ihre Abteilung betreffen. Wird dieser große Priorität eingeräumt, könnte das zu einem weiteren Argument für eine Gehaltserhöhung werden. Schließlich werden bei einem Ausbau Ingenieure mit viel Berufserfahrung benötigt. Sind Bilanz oder andere belastbare Zahlen nicht öffentlich zugänglich, kommt den Hinweisen im Arbeitsalltag größere Bedeutung zu. Berufserfahrene Ingenieure können darauf achten, wie gut die Auftragslage anscheinend ist, in welche Richtung sie sich entwickelt und was für eine Stimmung im Management herrscht – das ist ein wichtiger Indikator dafür, wann Sie um eine Gehaltserhöhung bitten können. Denn ein entsprechendes Gespräch sollten Sie nur bei positiven Zukunftsaussichten führen.

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Wie lange sollte die letzte Gehaltserhöhung zurückliegen?

Ingenieure mit Berufserfahrung haben in der Regel schon mehrere Gehaltsverhandlungen hinter sich. Hinzu kommt im Laufe der Berufsjahre meistens ein gestiegenes Einkommen durch neue Tarifverträge. Beides hat Einfluss auf den richtigen Zeitpunkt für eine Gehaltserhöhung.

An erster Stelle steht die Frage, wann Sie zuletzt um eine Gehaltserhöhung gebeten haben. Denn nach einem Zuschlag muss natürlich Zeit vergehen, in der Sie gute Leistung zeigen, Erfolge erbringen und dem Vorgesetzten demonstrieren, dass Sie mehr Geld wert sind. Als Faustregel gilt: Berufserfahrene sollten maximal einmal im Jahr um eine Gehaltserhöhung verhandeln. Ausnahmen sind erlaubt, wenn Sie befördert werden oder eine höher qualifizierte Aufgabe ansteht.

Das heißt natürlich nicht, dass Sie automatisch jedes Jahr Gehaltsverhandlungen führen sollten. Hier ist ein bisschen Fingerspitzengefühl gefragt. Läuft beispielsweise ein Projekt über 2 Jahre, macht es Sinn, erst nach erfolgreichem Abschluss das Thema Geld erneut anzusprechen. Außerdem sollten Sie als erfahrener Ingenieur einbeziehen, wie hoch die letzte Gehaltsanpassung ausgefallen ist und wie der Gesprächsverlauf war. Hat der Arbeitgeber beispielsweise weitere Gehaltserhöhungen in Aussicht gestellt oder umgekehrt für die nähere Zukunft ausgeschlossen? Zu lange warten sollten Berufserfahrene jedenfalls auch nicht. Das wird häufig als mangelndes Selbstbewusstsein oder sogar Unsicherheit ausgelegt. Länger als 3 Berufsjahre darf der Zeitraum bis zur nächsten Gehaltserhöhung daher im Normalfall nicht betragen.

Grafik der Gehaltserhöhung nach Berufserfahrung
Projektingenieur: Gehalt nach Berufserfahrung.

Foto: VDI Verlag GmbH

Grafik der Gehaltserhöhung nach Berufserfahrung
Projektmanager: Gehalt nach Berufserfahrung.

Foto: VDI Verlag GmbH

Grafik der Gehaltserhöhung nach Berufserfahrung
Teamleiter: Gehalt nach Berufserfahrung.

Foto: VDI Verlag GmbH

Bei einem tarifgebundenen Arbeitgeber ist es zudem sinnvoll, einige Monate Abstand zur letzten tariflichen Gehaltserhöhung zu wahren. Andernfalls wird vom Personalchef wahrscheinlich das Argument kommen: „Sie haben doch gerade erst mehr Geld erhalten.“ Dem lässt sich schwer widersprechen, auch wenn Tarifabschluss und die leistungsabhängige Gehaltserhöhung bei viel Berufserfahrung zwei Paar Schuhe sind. Zudem kommen nach einer tariflichen Lohnsteigerung höhere Personalkosten auf den Arbeitgeber zu. Die Bereitschaft, diese weiter zu steigern, wird also nicht allzu hoch sein.

Genau der Gegenteil ist der Fall, wenn das Unternehmen nicht tarifgebunden ist, die Gewerkschaften jedoch gerade eine bessere Bezahlung für verwandte Branchen herausgeschlagen haben. Das können Ingenieure zum Anlass nehmen, um eine Gehaltserhöhung auf Basis der Anzahl ihrer Berufsjahre durchzusetzen – da sie auf die tariflichen Zulagen verzichten müssen.

Inwiefern sollte die Gehaltserhöhung an die aktuelle Arbeit gebunden sein?

Ist der Chef zufrieden mit der Leistung eines berufserfahrenen Ingenieurs, dürfte er eine größere Bereitschaft haben, eine Gehaltserhöhung zu gewähren. Positive Ergebnisse sind daher ein guter Anlass, um Verhandlungen zu führen. Das kann zum Beispiel der erfolgreiche Abschluss eines Projektes sein, eine Innovation oder eine Prozessoptimierung, an der Sie beteiligt waren. Ideal ist der Zeitpunkt für eine Gehaltserhöhung, wenn Sie Ihre Berufserfahrung so einsetzen, dass Ihre Leistung als Ingenieur buchstäblich gewinnbringend für das Unternehmen ist.

Umgekehrt kann der Start einer neuen Aufgabe gut dafür geeignet sein, sich nach einer Gehaltserhöhung zu erkundigen. Schließlich demonstriert der Arbeitgeber mit einer höher qualifizierten Tätigkeit oder gar Personalverantwortung Vertrauen in Ihre Fähigkeiten. Da liegt es nahe, sich zu erkundigen, ob diese Wertschätzung parallel auf finanzieller Ebene erfolgen kann.

Umgekehrt schließen schlechte Ergebnisse selbstverständlich die Frage nach einer Gehaltserhöhung aus, auch wenn die Situation objektiv gesehen eventuell nicht Ihr Verschulden ist.

Steht für Berufserfahrene bei anderen Angeboten eine Gehaltserhöhung an?

Andere Unternehmen schätzen Ihre Qualifikation und Berufserfahrung so sehr, dass Sie Ihnen ein Angebot unterbreiten, dass für Sie mit einem höheren Jahresgehalt verbunden wäre? Diese Gelegenheit können Sie durchaus für ein Gespräch über eine Gehaltserhöhung nutzen. Dabei sollten Sie Ihrem Arbeitgeber aber nicht drohen, sondern freundlich darauf hinweisen, dass Sie durch ein Angebot Ihren aktuellen Marktwert gemäß Ihren Berufsjahren und Fähigkeiten erfahren haben und ob die Möglichkeit bestünde, das Gehalt anzupassen. Dass ein Ingenieur mit viel Berufserfahrung alternativ kündigen kann, weiß der Personalleiter selbst. Es ist nicht nötig, das auszusprechen.

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Übrigens kann auch die Gehaltserhöhung eines Kollegen ein guter Anlass sein, wenn er ähnlich viele Berufsjahre hinter sich hat wie Sie. In diesem Fall müssen Sie aber sensibel vorgehen. Es kann beispielsweise besser sein, die Gehaltsanpassung des Mitarbeiters nicht zu erwähnen, sondern nur anzudeuten, dass derzeit ja Gespräche über Gehaltserhöhungen geführt würden und Sie sich daher auch einen Termin hätten geben lassen. Ihr Chef wird den Hinweis verstehen, Sie vermeiden aber einen direkten Vergleich. Die meisten Arbeitsverträge enthalten zudem eine Verschwiegenheitsklausel – Sie brächten in diesem Fall den Kollegen in Schwierigkeiten, der Ihnen von der Gehaltserhöhung gar nicht hätte erzählen dürfen.

Können Ingenieure nach Fortbildungen mehr Geld verlangen?

Neben der Berufserfahrung und der Zahl der Berufsjahre sind konkrete Fähigkeiten ein wichtiger Maßstab für die Höhe des Gehalts. Qualifizierte Fortbildungen können Ihren Wert als Ingenieur deutlich steigern. Das setzt allerdings voraus, dass die berufliche Weiterbildung für Ihren Arbeitgeber einen Nutzen haben, Sie das erworbene Wissen also für Ihre aktuelle Stelle nutzen können.

Außerdem sollten Sie zunächst keine Gehaltserhöhung erwarten, falls Ihr Chef die Fortbildung finanziert hat. Dann wäre es angemessen, zunächst Berufserfahrung mit den neuen Fähigkeiten zu sammeln, bevor Sie um eine Anpassung des Gehalts bitten. Wenn der Arbeitgeber die Weiterbildung finanziert, gibt es übrigens noch einiges mehr zu beachten.

Wann im Arbeitsalltag der richtige Zeitpunkt ist, eine Gehaltserhöhung anzusprechen

Bleibt noch eine Frage offen: Wann genau sprechen Sie Ihren Chef denn nun an? Heute, direkt nach der Mittagspause? Das wäre ehrlich gesagt kein guter Plan, auch wenn die Situation und der Umgang miteinander natürlich in jedem Unternehmen unterschiedlich sind. In einem mittelständischen Betrieb, wo der Chef auf einen Kaffee zu Ihnen kommt, um den Stand eines Projektes zu besprechen, würde sich ein Gespräch über eine Gehaltserhöhung zwar eher ergeben, als in einem Konzern, wo der Personalleiter gar nicht vor Ort ist. Dennoch sind Sie in beiden Fällen gut beraten, dem Inhalt des Gesprächs durch einen vorab vereinbarten Termin Gewicht zu verleihen. Als Anlass nennen Sie beispielsweise Ihre langjährige Berufserfahrung und dass Sie mit dem Personalleiter oder Chef über Perspektiven sprechen möchten. Ihr Vorgesetzter weiß dann bereits, dass es Ihnen um eine Gehaltserhöhung geht.

Parallel wäre das ebenfalls der richtige Zeitpunkt, um eine inhaltliche Weiterentwicklung anzusprechen, etwa den Wunsch nach neuen Aufgabenbereichen oder Führungsverantwortung – was später wiederum in einer Gehaltserhöhung münden könnte.

Selbstverständlich sollten Sie auch bei der Terminvereinbarung geschickt vorgehen und nicht ausgerechnet im größten Stress vor einer wichtigen Messe das Thema Gehaltserhöhung auf die Agenda setzen. Ideal wäre es, wenn Ihr Vorgesetzter zuvor in Urlaub war und seinerseits entspannt ist. Fragt die Sekretärin nach der benötigten Zeit für den Termin, sollten Sie ihn eher länger ansetzen, damit Sie Ihre Berufserfahrung und Leistung ausführlich schildern können. Minimum ist eine halbe Stunde.

Ein perfekter Zeitpunkt für eine Gehaltserhöhung sind zudem regelmäßige Mitarbeitergespräche. Sie werden oft als Maßnahme der Personalentwicklung in größeren Unternehmen geführt und sind unter anderem dafür gedacht, Ingenieuren mit Berufserfahrung bewusst Wertschätzung zu demonstrieren und Perspektiven aufzuzeigen. Aber auch in kleinen Betrieben setzen sich viele Vorgesetzte regelmäßig mit den Angestellten zusammen, um gemeinsam die Leistung zu besprechen. Das heißt jedoch nicht, dass solche Gespräche, abhängig von den Berufsjahren, automatisch in einer Gehaltserhöhung münden. Bitten Sie grundsätzlich nur dann um mehr Geld, wenn die Leistung der vergangenen Jahre aus Ihrer Sicht den Zuschlag rechtfertigen würde.

 

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Ein Beitrag von:

  • Nicole Lücke

    Nicole Lücke macht Wissenschaftsjournalismus für Forschungszentren und Hochschulen, berichtet von medizinischen Fachkongressen und betreut Kundenmagazine für Energieversorger. Sie ist Gesellschafterin von Content Qualitäten. Ihre Themen: Energie, Technik, Nachhaltigkeit, Medizin/Medizintechnik.

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