Gender Pay Gap: Weniger Gehaltserhöhungen für Frauen im Vergleich zu Männern
Die Job-Plattform Indeed hat eine Umfrage unter Arbeitnehmer*innen durchgeführt, um herauszufinden, ob es in den letzten zwölf Monaten Veränderungen in ihrem Gehalt gab. Die Ergebnisse überraschen.
Es ist ein allgemein bekanntes und leider immer noch aktuelles Phänomen: Frauen profitieren seltener von Gehaltserhöhungen als ihre männlichen Kollegen. Dafür gibt es viele Gründe und viele Diskussionen zugleich. Schließlich hat das Thema in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit bekommen und zu verschiedenen Untersuchungen und Maßnahmen geführt, um die Ursachen und Auswirkungen zu verstehen und zu bekämpfen.
Im vergangenen Jahr sind die Nominallöhne in Deutschland aufgrund von Inflationsausgleich, Mindestlohn und einer hohen Nachfrage nach Arbeitskräften gestiegen. Allerdings stellt sich die Frage, wie stark Frauen von diesen Gehaltssteigerungen profitiert haben. Indeed hat dazu eine Umfrage unter 1.000 Beschäftigten durchgeführt. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass Frauen im vergangenen Jahr nicht nur seltener, sondern auch geringere Gehaltserhöhungen erhalten haben als ihre männlichen Kollegen.
Männer bekommen Gehaltserhöhung häufiger als Frauen
Die ansteigende Inflation im vergangenen Jahr hat dazu geführt, dass Arbeitnehmer*innen in dieser Zeit höhere Gehältern gefordert haben. Einige Befragte waren erfolgreich und haben in der Tat eine Gehaltssteigerung bekommen. Leider sind diese Steigerungen nicht geschlechtergerecht verteilt. Die Umfrage zeigte, dass mit 47 Prozent deutlich weniger Frauen als Männer im vergangenen Jahr eine Gehaltserhöhung erhalten haben. Bei männlichen Befragten können sich 56 Prozent über höhere Gehälter freuen.
Zudem sind die Gehaltserhöhungen bei Frauen laut der Umfrage auch in Bezug auf den Umfang geringer ausgefallen. So haben Frauen im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich 79 Euro mehr brutto im Monat erhalten, während Männer 132 Euro mehr bekommen haben.
Frauen profitieren von Eigeninitiative
Für Frauen haben sich Eigeninitiative und der gestiegene Mindestlohn als besonders vorteilhaft erwiesen, um ihr Einkommen zu erhöhen. Bei diesem Punkt waren sie erfolgreicher als Männer. Laut der Umfrage haben 22 Prozent der befragten Frauen im vergangenen Jahr erfolgreich mit ihrem Arbeitgeber über ein höheres Gehalt verhandelt, während nur 16 Prozent der Männer dies getan haben.
Auch der gestiegene Mindestlohn hat zu höheren Gehältern beigetragen, Frauen konnten hiervon mit 20 Prozent doppelt so oft profitierten als die Männer (11 Prozent).
„Die aktuelle Gehaltsentwicklung wird den Gender Pay Gap nicht verkleinern. Dafür profitieren Frauen im Vergleich zu den Männern zu selten und zu wenig von Gehaltserhöhungen. Allerdings gibt es auch positive Ergebnisse: Deutlich mehr Frauen als Männer handeln ein höheres Gehalt selbst aus“, kommentierte Dr. Annina Hering, Ökonomin im Indeed Hiring Lab diese Ergebnisse. Das sei ein tolles Signal, dass Frauen mutiger werden und ihren Wert erkennen. „Außerdem bekommen Frauen mit steigendem Karrierelevel häufiger Gehaltserhöhungen und nähern sich der Gehaltsentwicklung der Männer an“, so die Expertin weiter und wies darauf hin, dass Frauen, die ihre Vorstellungen von Gehalt und Karriere aktiv gestalten, die Gehaltsschere ein Stück weiter schließen können.
Männer bekommen mehr Beförderungen
Im Gegensatz dazu haben 15 Prozent der Männer aufgrund von Beförderungen eine Gehaltserhöhung erfahren, während es bei Frauen nur sieben Prozent waren.
In Bezug auf Tarifverträge haben Männer und Frauen relativ ähnlich profitiert. Hier haben 43 Prozent der Männer und 38 Prozent der Frauen ein höheres Einkommen erhalten.
Die Inflationsprämie hat ebenfalls zu höheren Gehältern geführt, davon haben 23 Prozent der Männer und 21 Prozent der Frauen profitiert.
Position ist auch entscheidend
Der Abstand zwischen den Gehaltserhöhungen von Frauen und Männern wird geringer, je höher Frauen auf der Karriereleiter aufsteigen. Unter den Festangestellten im Low-Level und den Hilfskräften haben 37 Prozent der Frauen innerhalb der letzten zwölf Monate eine Gehaltserhöhung erhalten, während es bei den Männern mit 54 Prozent deutlich mehr sind.
Im Mid-Level, also bei Beschäftigten mit ein bis fünf Jahren Berufserfahrung, haben 50 Prozent der Frauen eine Gehaltserhöhung erhalten, bei den Männern sind es hingegen 66 Prozent.
In der Führungsetage wird der Unterschied aber geringer: Im Senior-Level, also bei Beschäftigten mit mehr als fünf Jahren Berufserfahrung, haben 55 Prozent der Frauen eine Gehaltserhöhung erhalten und in der C-Level-Position oder in einer Führungsposition sind es sogar 59 Prozent. Bei den Männern haben 62 Prozent im Senior-Level und 66 Prozent in Führungspositionen eine Gehaltserhöhung erhalten.
Was versteht man unter Gender Pay Gap und einer Glasdecke?
Eine der Hauptursachen für die Gehaltsungleichheit zwischen Männern und Frauen ist die sogenannte „Gender Pay Gap“. Dieser Begriff bezeichnet den Unterschied im durchschnittlichen Brutto-Stundenverdienst zwischen männlichen und weiblichen Beschäftigten.
Eine weitere Ursache für die Ungleichheit bei Gehaltserhöhungen ist die sogenannte „Glasdecke“. Die Glasdecke beschreibt eine unsichtbare Barriere, die Frauen daran hindert, in höhere Positionen aufzusteigen und damit höhere Gehälter zu erreichen. Oft arbeiten Frauen in traditionell „weiblichen“ Berufsfeldern wie der Pflege oder dem Sozialwesen, in denen das Gehalt tendenziell niedriger ist als in „männlichen“ Berufsfeldern wie dem Ingenieurwesen oder der IT-Branche.
Europaparlament stimmt für mehr Lohntransparenz
Das Europaparlament hat Ende März zugestimmt, strengere Regeln für mehr Lohntransparenz einzuführen. Künftig müssen Unternehmen in der EU mit mehr als 100 Angestellten Informationen zu Gehaltsunterschieden zwischen Männern und Frauen offenlegen. Allerdings gilt die Regelung auch für Unternehmen mit weniger als 100 Angestellten, sobald ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin dazu auffordert.
Geheimhaltungsklauseln über das Gehalt sollen verboten sein. Die EU-Länder müssen noch zustimmen, was nur als Formsache gilt. Damit könnte man künftig Gehälter leichter vergleichen und eventuelle Lohnunterschiede aufdecken.
Der Gender Pay Gap in der EU beträgt nach dpa-Informationen im Schnitt 13 Prozent. Die EU plant außerdem eine verpflichtende Untersuchung gemeinsam mit Arbeitnehmervertretungen, falls bei einem Unternehmen eine Lohndifferenz von fünf Prozent oder mehr festgestellt wird. Zudem sollen Arbeitnehmer das Recht haben, Entschädigung zu verlangen, wenn Arbeitgeber Verpflichtungen des Grundsatzes für gleiche Bezahlung nicht beachten.
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