Inflation und Gehalt: So holen Sie mehr Geld für sich heraus
Die Inflation galoppiert, das Gehalt stagniert. Ein Recht auf eine Gehaltsanpassung gibt es aber nicht – und die können sich aufgrund der angespannten wirtschaftlichen Lage auch viele Unternehmen nicht leisten. Unsere Expertin verrät, wie eine Gehaltsanpassung trotzdem gelingen kann.
Die steigendeInflation in Folge der weltweiten Krisen verunsichert derzeit die Erwerbstätigen in Deutschland. Insbesondere die enormen Teuerungsraten im Bereich der Energie- und Lebensmittelversorgung führen dazu, dass man immer tiefer in den Geldbeutel greifen muss. Forderungen, Gehälter anzupassen, werden lauter. Lucia Ramminger, Director Human Resources bei Edenred Deutschland, beantwortet Fragen zu steuer- und sozialabgabefreien Mitarbeiter-Benefits wie dem 50-Euro-Sachbezug und zeigt, wie Mitarbeitende auch in wirtschaftlich angespannten Zeiten gezielt entlastet werden können.
ingenieur.de: Welche Benefits können sowohl Arbeitgeber wie Arbeitnehmer derzeit finanziell entlasten?
Lucia Ramminger: Wertschätzung und Anerkennung für erbrachte Leistungen erfolgt nicht nur über ein faires Gehalt. Zwar verspricht eine Gehaltserhöhung zunächst mehr Geld auf dem Konto, allerdings kann das auch eine höhere Steuerbelastung nach sich ziehen. Eine clevere Alternative ist deshalb der Einsatz von steuerbegünstigten Benefits.
Das müssen Sie erklären.
Grundsätzlich unterscheidet man zwischen steuerbegünstigten und steuerfreien Gehaltsextras. Zu den steuerbegünstigten Zuwendungen zählen unter anderem der Verpflegungs-, Fahrtkosten-, Internet- oder Telefonkostenzuschuss sowie das zunehmend beliebte Dienstrad. Steuerfrei sind beispielsweise der Betreuungskostenzuschuss, die betriebliche Altersvorsorge, die Erholungsbeihilfe sowie persönliche Geschenke bis zu einer Höhe von 60 Euro und der 50-Euro-Sachbezug. Da Sachbezüge steuerbegünstigt oder steuerfrei an Mitarbeitende fließen, werden nicht nur Lohnnebenkosten gesenkt, Mitarbeitende werden durch regelmäßige Zuwendungen langfristig motiviert und die Bindung zum Unternehmen wird gestärkt.
Welche Instrumente zur Mitarbeiterbindung liegen im Trend und sind sinnvoll?
Wer seine Angestellten heutzutage binden möchte, muss auch auf nicht-monetäre Faktoren setzen. Dazu zählen eine moderne Führungskultur, ein attraktives Arbeitsumfeld, flexible Arbeitszeitmodelle ebenso wie Weiterbildungsangebote, ein nachhaltiges betriebliches Gesundheitsmanagement und ein ausgewogenes Benefit-Programm.
Welche Benefits sind denkbar, machbar und gefragt?
Durch den Wandel unserer Gesellschaft und der Arbeitswelt stehen heute insbesondere Benefits hoch im Kurs, die es Mitarbeitenden ermöglichen das Privat- und das Berufsleben gut zu verbinden, die einen Zeitvorteil bieten oder zu deutlichen Entlastungen des Einzelnen führen. Dies sind beispielsweise Zusatzleistungen wie Sportkurse während der Arbeitszeit, Zuschüsse zur Kinderbetreuung, Erholungsbeihilfe sowie flexible Arbeitszeitmodelle und natürlich mobiles Arbeiten. Nicht erst seit Beginn der Pandemie und vor dem Hintergrund des demografischen Wandels stellt sich auch die Frage, welchen Beitrag Unternehmen zur Gesundheit von Mitarbeitenden leisten können.
Gefragt sind deshalb auch Benefits, die auf die mentale und physische Gesundheit einzahlen, wie Zuschüsse zur ergonomischen Büroausstattung im Homeoffice oder ein Verpflegungszuschuss und Workshops im Bereich Stressmanagement und Resilienz. Im Trend liegen zudem Benefits, die Themen wie Nachhaltigkeit und Mobilität aufgreifen. Hier können Unternehmen punkten, die anstelle eines Dienstwagens auf Zusatzleistungen wie ein Dienstrad oder einen Fahrtkostenzuschuss setzen. Personalverantwortliche tun außerdem gut daran, neue Arbeits(zeit)modelle mitzudenken. Da immer mehr Beschäftigte im Homeoffice arbeiten, sind unterdessen Leistungen wie eine Internetpauschale, ein Telefonkostenzuschuss aber auch die private Nutzung von Arbeitsmaterial beliebt.
Was ist dabei zu beachten?
Wichtig ist jedoch: um einen echten Mehrwert zu schaffen, sollten Benefits immer auf die individuelle Lebenssituation der (potenziellen) Angestellten zugeschnitten sein. Diese Individualität ist es auch, warum der steuer- und sozialabgabenfreie 50-Euro-Sachbezug so beliebt ist. Denn Mitarbeitende können frei entscheiden, wofür sie ihr Gehaltsextra nutzen möchten.
Welche rechtlichen Aspekte sollten Unternehmen beachten, wenn sie Gutscheinlösungen einsetzen, um den 50-Euro-Sachbezug zu gewähren?
Für Unternehmen ist es wichtig, passende und vertrauenswürdige Anbieter auszuwählen und auf Rechtskonformität der Lösungen zu achten. Seit dem BMF-Schreiben vom 15.03.2022 gestaltet sich der steuerrechtliche Hintergrund folgendermaßen: Für den Sachbezug eingesetzte Gutscheinkarten dürfen ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen und müssen im Rahmen der 50-Euro-Freigrenze verpflichtend die Kriterien von § 2 Absatz 1 Nummer 10 a) oder b) des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) erfüllen. Damit sind nur noch folgende zwei Kategorien von Gutscheinkarten erlaubt:
- § 2 Abs. 1 Nr. 10a: Begrenztes Netzwerk – Gutscheinkarten vom Einzelhandel, von Einzelhandelsketten oder regional begrenzte CityCards
- § 2 Abs. 1 Nr. 10b: Begrenzte Produktpalette – Gutscheinkarten für nur eine Produktkategorie. So zum Beispiel eine Tankkarte, die ausschließlich den Erwerb von Waren und Dienstleistungen ermöglicht, die das Auto bewegen (Treibstoff, Motoröl, AdBlue, etc.)
Unternehmen, die sich unsicher sind, ob ihre verwendete Gutscheinkarte rechtskonform ist, können sich an ihren Steuerberater oder die örtliche Finanzbehörde wenden und kostenfrei einen Antrag auf Anrufungsauskunft stellen.
Wie können Benefits wie etwa der steuerfreie 50-Euro-Sachbezug dazu beitragen, die durch aktuelle Krisen geschwächte Branchen – und die Mitarbeitenden – zu stärken?
Die Auswirkungen der aktuellen globalen Krisen treiben derzeit die Kosten in vielen Lebensbereichen in die Höhe. Insbesondere Preise für Energie, Lebensmittel, Kraftstoffe aber auch für Transport und Mieten steigen. Der Druck auf Branchen wie den Einzelhandel, das verarbeitende oder produzierende Gewerbe sowie die Gastronomie wächst. Sieht man sich die Lebensbereiche an, in denen die Teuerungsrate besonders zuschlägt, gibt es für jeden Teilbereich den passenden Benefit. Nehmen wir die gestiegenen Lebensmittelpreise. Hier kann ein Verpflegungszuschuss unterstützen. Dies ist insbesondere für Unternehmen spannend, die keine eigene Kantine anbieten. Auch in digitaler Form ist der Verpflegungszuschuss attraktiv, da Mitarbeitende frei entscheiden können, wo sie ihr Essen kaufen. In Deutschland wird die Mitarbeiterverpflegung steuerlich gefördert. Im Jahr 2022 können Arbeitgebende das Mittagessen Ihrer Mitarbeitenden mit maximal 6,67 Euro pro Tag steuerbegünstigt bezuschussen.
Welche Möglichkeiten gibt es noch?
Die Nutzung wiederaufladbarer Gutscheinkarten für den steuer- und sozialabgabefreien 50-Euro-Sachbezug, wie zum Beispiel die Ticket Plus City punkten dagegen mit einer größtmöglichen Flexibilität. Mitarbeitende können das Kartenguthaben in regionalen Einlösegebieten bei angeschlossenen Händlern einlösen und unterstützen so regionale Einzelhändler, die wiederum mit ihrer Vielfalt zur Lebensqualität der Regionen beitragen. Gleichzeitig profitieren Mitarbeitende von einem flexiblen Gehaltsextra, welches je nach persönlichem Bedarf für den Einkauf im Supermarkt um die Ecke, einem Restaurantbesuch oder das Tanken genutzt werden kann.
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Wie sieht es mit dem Aspekt der Nachhaltigkeit aus?
Nachhaltigkeit gilt heute in vielen Lebensbereichen als wesentliches Qualitätskriterium und wird von zahlreichen Menschen bewusst gelebt. Aus diesem Grund wollen immer mehr (potenzielle) Mitarbeitende auch bei ihrem Arbeitgeber ökonomische, ökologische und soziale Aspekte vereinbart sehen. HR-Verantwortliche sollten solche Entwicklungen im Blick haben und für sich als Unternehmen Anknüpfungspunkte identifizieren. Ein wichtiger Faktor ist dabei die Mobilitätswende. Arbeitgeber können hier Schritt halten, indem sie Leasing-Bikes und Zuschüsse für den öffentlichen Nahverkehr anbieten. Wenn nicht auf Autos verzichtet werden kann, bietet eine Dienstwagenflotte mit Hybrid- oder Elektroautos eine grüne Alternative. Unternehmen, die darüber hinaus Lademöglichkeiten für Elektroautos anbieten, schaffen neue Anreize und erweisen sich als zukunftsgerichtete Arbeitgeber. Ebenso ist – nicht zuletzt befeuert durch die Pandemie – der Arbeitsort in den Fokus gerückt. Homeoffice, mobiles Arbeiten, weniger Dienstreisen und Co. sorgen für weniger Verkehr und schonen die Umwelt. Zudem steigt seit Jahren die Zahl der Menschen, die sich vegan oder vegetarisch ernähren.
Was im Alltag vieler angekommen ist, sollte auch im beruflichen Umfeld gelebt werden. Regionale und Bio-Produkte sollten sich als fester Bestandteil bei der Verpflegung der Mitarbeitenden wiederfinden – ob in der Kantine oder als Verpflegungszuschuss für das Essen aus dem heimischen Biomarkt. Unternehmen, die ihre nachhaltigen Benefits zudem mit grünen Maßnahmen im Büroalltag flankieren (papierloses Büro, Glas- statt Plastikflaschen, etc.), gewinnen auf ganzer Linie.
Wie fordere ich als Mitarbeiterin oder Mitarbeiter geschickt solche Formen des Inflationsausgleiches?
Grundsätzlich sollte die Kommunikation zwischen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden immer auf Augenhöhe und auf Basis gegenseitigen Respekts stattfinden. Werden Themen wie die Verhandlungen von Gehalt oder Zusatzleistungen angesprochen, geht es immer auch um Motivation und die Wertschätzung erbrachter Leistungen. Aus diesem Grund bieten sich für solche Themen neben den halbjährlich oder jährlichen institutionalisierten Mitarbeitergesprächen, in denen Aspekte wie Personalentwicklung, Zielvereinbarungen oder Karriereplanung thematisiert werden, auch spontane Feedback- oder Anerkennungsgespräche an.
Was sind gute Argumente – und was nicht?
Gute Argumente sind grundsätzlich solche, welche die Interessen und Bedürfnisse beider Seiten berücksichtigen, und die herausstellen, welchen Beitrag der beziehungsweise die Mitarbeitende für den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens leistet. Zudem liegt in dieser von Inflation geprägten Zeit klar auf der Hand: Finanzielle Engpässe sind nicht nur für die Mitarbeitenden real, sondern auch für die Arbeitgebenden. Es gilt gemeinsam zu definieren, welche Alternativen zu einer Gehaltserhöhung sinnvoll sind. Mit Lösungen, bei denen beide Parteien profitieren und Steuern sparen, haben wir eine klassische Win-Win-Situation.
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