Gehalt 28.07.2023, 09:00 Uhr

Gehaltsforderung: So stellen Sie die richtige

Eine Gehaltsforderung formulieren — das ist vielen Bewerbern unangenehm. Unrealistische Vorstellungen könnten entweder das frühe Aus bedeuten oder aber wertvolle Euro kosten. Wir sagen Ihnen, wie Sie das verhindern.

Gut informiert können Sie die Gehaltsspanne richtig einschätzen.

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Foto: panthermedia.net/Gajus-Images

Gehaltsforderung in der Bewerbung angeben?

Aus Unsicherheit tendieren viele Bewerber dazu, die Frage nach der eigenen Gehaltsforderung unbeantwortet zu lassen. Doch keine Angaben zu machen ist nicht ratsam, wenn es ausdrücklich in der Ausschreibung erwähnt wird. „Trotz Aufforderung nichts zum Gehalt zu sagen, ist eine grobe Missachtung eines Wunsches des stärkeren Partners“, warnt Personalberater und VDI-Nachrichten-Recruiterpapst Heiko Mell.

„Bitte geben Sie in Ihrer Bewerbung Ihre Gehaltsvorstellungen an.“ Dieser Aufforderung sollten Bewerber also Folge leisten, wenn sie in einer Stellenanzeige darauf stoßen. Ist die Annonce frei von einem Gehaltsappell, dann können sie darauf verzichten, eine Gehaltsforderung zu formulieren. Über das Gehalt lässt sich dann im ersten oder zweiten Bewerbungsgespräch immer noch verhandeln. Wenn Sie aber einen bestimmten Betrag in Ihrem Anschreiben einfordern, dann sollten Sie wissen, welcher angemessen ist. ingenieur.de hilft Ihnen dabei, das herauszufinden…

Gehalt fordern: Vorteile und Gefahren

Ingenieure sind gefragt auf dem Arbeitsmarkt — nicht nur in der Industrie, auch in der Beratung oder als Lehrkräfte. Gleichzeitig sind viele nicht tariflich angestellt. Sie fallen unter keine Tarifvereinbarung, können das jeweils stimmige Gehalt nicht einfach nachschlagen. Und transparent gehen noch immer die wenigsten Unternehmen mit ihren Gehaltsstrukturen um. Ihre Unwissenheit kann gerade Berufseinsteiger dazu verleiten, überhöhte Gehaltsforderungen aufzurufen.

Und das wiederum könnte sich sehr nachteilig auf ihre Einstellungschancen auswirken.Tatsächlich ist es so: Je höher die Gehaltsforderung, desto unsympathischer wirkt ein Bewerber— egal, ob es sich um eine Frau oder einen Mann handelt. Zu diesen Ergebnissen kam eine israelische Studie um Yossi Maaravi, Dekan der Adelson School of Entrepreneurship an der Reichman University im israelischen Herzlia und Entwicklungspsychologin Sandra Segal, welche im Fachmagazin „Journal of Vocational Behavior“ veröffentlicht wurde. Und Sympathie ist keineswegs ein windelweiches, sondern ein hammerhartes Auswahlkriterium. Sympathische Menschen bekommen eine Stelle eher als vermeintliche Kotzbrocken. Was nur logisch ist, immerhin müssen die Interviewer mit ihnen hinterher tagtäglich zusammenarbeiten, womöglich sogar im gleichen Raum sitzen.

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„Ja, es gibt immer mal wieder Bewerber, die in ihren Gehaltsvorstellungen weit von der Realität abdriften“, bestätigt Elisa Wicke, Recruitment-Managerin bei Ferchau Engineering. Gerade Hochschulabsolventen oder junge Ingenieure hätten kaum Erfahrungswerte. In ihren Augen sei das jedoch weniger tragisch. „Das ist kein K.-o.-Kriterium. Wenn jemand fachlich interessant ist, kann man über Geld nochmal sprechen“, so Wicke.

Zu niedrig sollten Bewerber ihre Gehaltsforderung ebenfalls nicht ansetzen. Steigen sie nämlich zu tief ein, lässt sich der Rückstand über die Jahre kaum noch aufholen — zumindest beim gleichen Arbeitgeber nicht. Bei einem Arbeitgeberwechsel wiederum sind große Gehaltssprünge von zehn bis 20 Prozent realistisch, bei einer Beförderung sogar noch mehr. Daher ist es so wichtig, seinen Marktwert vorab zu eruieren. ingenieur.de hat 7 Tipps für Sie, wie Sie mit Ihrer Gehaltsforderung voll ins Schwarze treffen…

7 Tipps für die richtige Gehaltsforderung

7 Tipps: So entwickeln Bewerber eine stimmige Gehaltsforderung für ihre Bewerbung:

  1. Einzelfaktoren

    Wer eine Gehaltsforderung entwickelt, muss sich eines klarmachen: Es gibt nicht DEN Ingenieur und entsprechend gibt es auch nicht DAS Einstiegsgehalt. Stattdessen sind viele Faktoren zu berücksichtigen, um den eigenen Marktwert realistisch einzuschätzen. Dazu zählen insbesondere die Qualifikation, Position, Berufserfahrung, Branche, Unternehmensgröße, Standort und die wirtschaftliche Lage.

    Diese Fragen können sich Arbeitnehmer und Bewerber stellen, um die richtige Gehaltsforderung zu ermitteln:

  • Welchen Abschluss habe ich und welche Berufserfahrung kann ich vorweisen?
  • Wie setzt sich mein aktuelles Gehalt zusammen?
  • Wie groß ist das Unternehmen, in dem ich mich bewerbe und in welcher Branche ist es tätig?
  • Welche Entwicklungsmöglichkeiten verspricht die Position, auf die ich mich bewerbe?
  • Zahlt das Unternehmen Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld?
  • Ist im Jahresgehalt ein variabler Anteil enthalten?
  1. Tarifverträge

    Ingenieure ohne Berufserfahrung werden nicht immer, aber oft tariflich eingruppiert. Tarifverträge finden immer dann Anwendung, wenn der Arbeitgeber Mitglied im Arbeitgeberverband der jeweiligen Branche ist oder wenn sich Bestimmungen im Arbeitsvertrag auf die jeweils geltenden Tarifverträge dieser Branche beziehen. Ist das der Fall, kann der Arbeitnehmer seine persönliche Gehaltsforderung nicht auf eigene Faust durchsetzen — sondern ist vom Ergebnis der Tarifverhandlungen abhängig. Allerdings kann über die Einstufung in eine Entgeltgruppe oder mögliche Zusatzleistungen durchaus verhandelt werden.

    In den Tarifverträgen der angestrebten Branche erfahren Bewerber, welche Gehälter für sie realistisch sind. Einzige Einschränkung: Einige Gewerkschaften stellen ihre Entgelt-, Teilzeit-, Altersvorsorge- und Manteltarifverträge nur Mitgliedern zur Verfügung, etwa die IG BCE für die Branchen Bergbau, Chemie und Energie. Die IG Metall aber veröffentlicht Tarifinformationen etwa für Eisen & Stahl, Metall & Elektro, Textile Branchen sowie Leiharbeit. Aktuelle Tarife für Ingenieure in der Metall- und Elektroindustrie in Bayern finden Sie hier, tarifliche Einstiegsentgelte auch anderer Bundesländer hier.

  2. Gehaltsstudien

    Ein Bild machen können sich Absolventen und Arbeitnehmer mit Hilfe von Gehaltsstudien. Nicht alle Gehaltsstudien sind repräsentativ, aber sie vermitteln einen ersten Eindruck. Der VDI fasst aktuelle Gehälter für Ingenieure regelmäßig in einer großen Gehaltsstudie zusammen. Wer aktuelle Zahlen in Erfahrung bringen möchte, findet hier die aktuellen Gehälter für Ingenieure sowie die Durchschnittsgehälter einzelner Fachrichtungen.

    Auch andere Verbände wie etwa der VDMA analysieren und veröffentlichen in unregelmäßigen Abständen die Vergütungen ihrer Mitglieder. Populär ist zudem der alljährliche Gehaltsreport der Jobbörse Stepstone, der sich unter anderem an Absolventen von IT- und ingenieurwissenschaftlichen und Studiengängen richtet.

  3. Gehaltsportale

    Immer mehr Internet-Portale tragen Gehaltsdaten von Usern zusammen. Hier tun sich besonders die Bewertungsplattformen Kununu und Glassdoor sowie die Gehaltsdatenbank gehalt.de hervor, welche die Einkommen teils nach Berufen, Arbeitgebern und Berufserfahrung aufschlüsseln. Aber Achtung: Die Daten stammen von anonymen Nutzern, ihre Authentizität darf zumindest leise angezweifelt werden. Faustregel: Je größer die Stichprobe, desto belastbarer die Angaben.

    Orientierung bieten zudem die aggregierten Daten, die die Bundesagentur für Arbeit in ihrem Entgeltaltlas frei zugänglich macht sowie jene im Lohnspiegel der Hans-Böckler-Stiftung.

  4. Netzwerke

    Der persönliche Kontakt ist Gold wert. Gerade in Zeiten steigender Fachkräfteengpässe finden Ingenieure oder Softwareentwickler häufig Post im elektronischen Briefkasten. Kontakte zu Headhuntern oder Personalverantwortlichen können Wechselwillige nutzen, um mehr über die Angemessenheit ihrer Gehaltsforderungen zu erfahren.

    Darüber hinaus sind sogar Berufs- oder Branchenforen potenzielle Goldgruben, in denen die Teilnehmer mitunter Interna über ihr Gehalt ausplaudern. Kleiner Tipp: Wer sich in Foren informiert, sollte stets auf das Datum achten. Angaben von vor fünf Jahren haben in den meisten Fällen ausgedient und lassen sich nicht durch Aufschlagen einer fiktiven Summe ins Hier und Jetzt übertragen.

  5. Vergleich

    Über Geld redet man nicht. Warum auch? Mehr über das Salär ihrer Kolleginnen und Kollegen finden Arbeitnehmer über eine schriftliche Anfrage an ihren Arbeitgeber heraus. Grundlage ist das
    Entgelttransparenzgesetz, das im Jahr 2018 in Kraft trat. Mitarbeitende haben demnach das Recht zu wissen, nach welchen Kriterien und Verfahren sie bezahlt werden. Auch können sie erfragen, wie viel der Arbeitgeber für die gleiche oder eine vergleichbare Tätigkeit zahlt, sofern sie von mindestens sechs Arbeitnehmern des anderen Geschlechts ausgeübt wird.

    Anwendung findet das Entgelttransparenzgesetz allerdings nur in Betrieben mit mehr als 200 Mitarbeitenden. Für Berufsanfänger ist das Instrument zwar unbrauchbar, für Berufserfahrene mit Wechselwunsch aber äußerst hilfreich. Bislang macht nur eine Minderheit davon Gebrauch. Der Anteil der Betriebe, in denen mindestens eine Auskunftsanfrage gestellt wurde, liegt in Betrieben der Privatwirtschaft mit Betriebsrat, in denen die Beschäftigten einen gesetzlichen Auskunftsanspruch haben, bei rund einem Viertel und bei etwa zehn Prozent im Öffentlichen Dienst, so das Ergebnis einer Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung von 2023.

  6. Gehaltstest

    Wer längst berufstätig ist und aktuelle Verdienstangaben machen kann, für den lohnt ein Blick auf den Gehaltstest von ingenieur.de. Dort werden die eigenen Angaben mit Ingenieuren und Ingenieurinnen in vergleichbaren Positionen verglichen. Hilfreich ist das vor allem für Ingenieure, die Gehaltsforderungen im Rahmen eines Arbeitgeberwechsels angeben sollen oder wollen. Der interaktive Gehaltsvergleich verrät den Usern auch, wo sie innerhalb ihrer Vergleichsgruppe stehen, inwiefern sich eine Weiterbildung bezahlt machen oder ob sich ein Arbeitgeber- oder Branchenwechsel überhaupt lohnen würde. Erstellt wurde das Tools auf Basis der Daten von mehr als 5.600 Ingenieurinnen und Ingenieuren. Überdies kann auch ein Brutto-Netto-Rechner kann helfen, die richtige Gehaltsforderung zu entwickeln.

Gehaltsforderung formulieren

Wer sich darüber im Klaren ist, was er verdienen will, der muss es nur noch zu Papier bringen. Eine Gehaltsforderung wird üblicherweise ins Anschreiben der Bewerbung integriert — nämlich in den Schlusssatz. Geheimtipp: Fordern Sie als Gehalt eine krumme Summe. Eine schiefer Betrag sendet das Signal aus, sich eingehend mit dem Thema auseinandergesetzt und peinlich genau kalkuliert zu haben und über Vergleichswerte genauestens Bescheid zu wissen — ob das nun wahr ist oder nicht.

Heiko Mell rät, die Gehaltsforderung möglichst eindeutig und keine Bandbreite zu nennen. „Welcher Arbeitgeber will dann wohl den oberen Bereich abdecken?“, fragt der erfahrene Personalberater. Besser sei es, sich am aktuellen Gehalt oder einem Mittelwert der in Erfahrung gebrachten Werte zu orientieren. Dabei sollte man sich selbst sicher sein, ob man Sonderbezüge wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld sowie sonstige Zusatzleistungen inkludiert oder außen vor lässt. Rechnet man es mit ein, sollte man während des Bewerbungsprozesses bei seiner erstmals geäußerten Vorstellung bleiben (außer der Arbeitgeber bietet viel mehr). Formuliert man dagegen nur die Erwartungen an das Jahresgehalt, kann man im Gespräch den Wunsch nach Sonderzahlungen äußern. Am Ende ist das Jahresgehalt schließlich auch Verhandlungssache.

Ein Beitrag von:

  • Sebastian Wolking

    Sebastian Wolking ist freier Journalist in Hamburg und schreibt seit über 15 Jahren für die VDI Nachrichten. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit den Themen Arbeitsmarkt und Karriere.

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