Vergütungsmodelle im Vertrieb
Wenn sich Leistung lohnt und individueller Einsatz fair honoriert wird, bringen sich Mitarbeiter motivierter ein. Immer mehr Unternehmen setzen deshalb auf variable Vergütungsmodelle, die Provision und Prämien zusätzlich zum Gehalt bieten.
- Was sind Vergütungsmodelle?
- Welche Vergütungsmodelle gibt es?
- Vor- und Nachteile verschiedener Vergütungsmodelle
Was sind Vergütungsmodelle?
Verdiene ich genug? Diese Frage stellen sich auch Ingenieure und Informatiker zurecht – und alle paar Jahre aufs Neue. Umgekehrt fragen sich Chefs und Personalabteilungen, ob die Gehälter angemessen oder schon zu hoch sind – denn wer zahlt gern Mitarbeitern hohe Gehälter, die nur Dienst nach Vorschrift machen? Aber nicht nur das Fixgehalt ist entscheidend, sondern auch das „Drumherum“. Arbeitsatmosphäre, Work-Life-Balance und Weiterbildungsangebote haben für Angestellte einen hohen Stellenwert. Auch Zusatzleistungen wie Firmenwagen, betriebliche Altersvorsorge und Handyverträge werden immer wichtiger. Vor allem im Vertrieb gibt es einen hohen variablen Bestandteil bei den Gehältern.
Für die Unternehmen sind die variablen Prämien und Provisionen im Vertrieb ein Vorteil. Besonders erfolgreiche Mitarbeiter werden belohnt, ohne dass eine Gehaltserhöhung vonnöten wäre. Denn davon kämen Arbeitgeber rechtlich gesehen nicht mehr weg. Auch dann nicht, wenn der Mitarbeiter plötzlich weniger erfolgreich und engagiert ist. Für Ingenieure im Vertrieb ist das nicht immer angenehm. In strukturschwachen Zeiten verdienen sie weniger, wenn sie weniger verkaufen.
Grundsätzlich ist es nachvollziehbar, dass sich Ingenieure ein risikofreies Einkommen wünschen. Das bedeutet, eine Vergütung unabhängig von den erbrachten Ergebnissen und Leistungen. Es ist aber auch nachvollziehbar, dass das nicht im Sinn der Unternehmen sein kann: Aus ihrer Sicht sollte der erfolgreiche Mitarbeiter mehr verdienen als derjenige, der Dienst nach Vorschrift macht. Mehr und mehr Unternehmen führen deshalb Vergütungsmodelle ein, die neben dem Fixgehalt mit variablen Gehaltsanteilen für das Erreichen bestimmter Ziele arbeiten. Das bedeutet: Vergütungsmodelle werden zu einem Instrument, um die Mitarbeiter zu steuern und zu motivieren.
Welche Vergütungsmodelle gibt es?
Erfolgs- und zielorientierte Vergütungsmodelle gewähren Boni in Form von Prämien, Provisionen, Tantiemen und Ähnlichem. Meist stehen diese Zahlungen im Zusammenhang mit dem Erreichen eines persönlichen Ziels oder eines Ziels für das Unternehmen. Es gibt jedoch auch noch ältere Modelle, die rein nach Leistung oder Umsatz vergüten. Folgende Vergütungsmodelle sind im Vertrieb üblich:
Vergütung mit Provision
Dabei handelt es sich um ein älteres Vergütungsmodell. Der Arbeitnehmer erhält ein mehr oder weniger hohes Grundgehalt. Hinzu kommen Provisionen, die individuell mit dem Arbeitgeber ausgehandelt werden. Dieses Modell ist nach wie vor im Vertrieb vieler Unternehmen gängig, vor allem in kleineren und mittelständischen Firmen. Die Provision wird auf die Summe der verkauften Produkte bezahlt.
Ein Beispiel: Ein Vertriebsingenieur vertreibt Produkte für ein Unternehmen. Er erhält ein Grundgehalt von 2.500 Euro. Auf den Umsatz erhält er eine Provision in Höhe von 10 %. Bei einem Umsatz von 20.000 Euro pro Monat liegt sein Gehalt bei 2.500 Euro Grundlohn plus 2.000 Euro Provision, also bei 4.500 Euro. Läuft der Monat schlecht und liegt der Umsatz bei nur 5.000 Euro, so sinkt auch das Einkommen. In der Beispielrechnung auf 3.000 Euro. Dadurch entsteht für den Angestellten zwar ein Leistungsanreiz, doch auch äußere Umstände können bei gleicher Leistung für eine Schwächung des Umsatzes sorgen, was die Motivation wiederum mindert. Mit einem Bonus vergütet wird ja ausschließlich eine einzige Leistung: der Umsatz.
Zielprämien
In vielen größeren Unternehmen und Konzernen lösen die Zielprämien inzwischen die Provisionsvergütung ab. Gegenüber dem klassischen Ansatz der leistungsbezogenen Vergütung mit Provision ist die Zielprämien-Vergütung auf die Erfüllung bestimmter Ziele ausgerichtet. Diese werden vorab in sogenannten Zielvereinbarungen vertraglich festgelegt. Zielvereinbarungen können sowohl über einen langen Zeitraum laufen als auch kurzfristig für einzelne Projekte definiert werden. Die Prämien werden individuell festgelegt. Zielprämien sind nicht nur auf den Umsatz ausgerichtet, sondern können ganz unterschiedliche Ziele umfassen. Das kann vom Gewinn neuer Kunden über den Absatz einer bestimmten Menge eines bestimmten Produktes bis hin zum Umsatz gehen.
Es werden also nicht nur kurzfristige Ziele (erreichter Umsatz) vergütet, sondern auch langfristige. So wird die Sicherstellung der Unternehmensziele über mehrere Jahre gewährleistet – bei bester Einbindung der Fähigkeiten der Mitarbeiter. Die Zielprämie setzt gewöhnlich beim Erreichen einer Mindestleistung ein. Werden zum Beispiel 80 % eines Ziels erreicht, wird auch ein gewisser Teil der Prämie bereits ausgezahlt. Darüber hinaus steigt die Zielprämie bis zu einem Zielübererfüllungsgrad. Wo dieser liegt, wird ebenfalls individuell ausgehandelt – meist bei 120 %. Bis zu diesem Punkt steigt die Prämie entsprechend an.
Vergütungsmodell 80/20
Bei dieser Variante wird ein festes Gehalt vereinbart. 80 % von diesem Gehalt sind der sogenannte Pflichtteil, den der Vertriebsingenieur auf jeden Fall vom Arbeitgeber ausgezahlt bekommt. 20 % sind der sogenannte „Kann“-Teil. Durch das Erreichen bestimmter Vorgaben kann der Arbeitgeber das gesamte Gehalt, also 100 %, erreichen. Schafft er die Vorgaben nicht, bekommt er nur die 80 % Pflichtteil sowie gegebenenfalls eine prozentuale Erhöhung, gemessen am Erreichen der Ziele. Anders als bei den Zielprämien steigt das Gehalt dabei auf keinen Fall über die 100 % hinaus. Darüber hinaus ist die Zielprämie immer ein Bonus zum Gehalt und nicht Teil des vorher vereinbarten Grundgehaltes.
Zusätzliche Vergütung im Vertrieb wurde früher meist unter dem Blickwinkel der Motivation betrachtet. Daran orientieren sich vor allem die älteren Modelle der Provisionszahlung. Wer viel Umsatz machte, erhielt mehr Gehalt. Die vermeintliche finanzielle Motivation führte jedoch dazu, dass einige Führungskräfte es bei dieser Form der Leistungsunterstützung beließen und sie als Ersatz für eine qualifizierte Führung der Mitarbeiter ansahen.
Unternehmensführung ist heute jedoch komplexer und anspruchsvoller als früher. Vergütungsmodelle werden als Führungs- und Steuerungsinstrument genutzt. Die Mitarbeiter werden in die Ziele des Unternehmens eingebunden. Indem sie für das Erreichen der Ziele belohnt werden, werden die Angestellten auf eine andere Art geführt und gesteuert. Vertriebsingenieure erhalten auf diesem Weg mehr Selbstständigkeit. Das Ziel muss erreicht werden, der Weg bleibt dem Mitarbeiter überlassen. Das führt zu großen Entscheidungsspielräumen.
Vor- und Nachteile verschiedener Vergütungsmodelle
Vergütungsmodelle auf Provisions- oder Prämienbasis bringen weder dem Arbeitgeber noch dem Arbeitnehmer ausschließlich Vorteile. Bei allen Modellen gibt es Nachteile – mal mehr, mal weniger:
Vor- und Nachteile der Provisionsvergütung
Die kurzfristige Leistungssteigerung des Arbeitseinsatzes aufgrund der finanziellen Motivation ist sicher der größte Vorteil der Provisionsvergütung. Der Vertriebsingenieur hat seinen Lohn selbst in der Hand. Je mehr Umsatz, desto besser. Dies kann jedoch schnell zu Langeweile führen, weil die eigene Leistungsbandbreite nicht entsprechend abgerufen wird. Für den Arbeitgeber bringt das Modell insoweit Vorteile, als dass der Umsatz entsprechend steigt. Darüber hinaus vermeiden Arbeitgeber ungedeckte Fixkosten, indem sie diese in gedeckte variable Kosten umwandeln. Denn die Mehrausgabe der Provision ist durch den entsprechend höheren Umsatz abgedeckt.
Andere Ziele werden dabei jedoch außer Acht gelassen. Wer in seinem Unternehmen auf Provisionsvergütung setzt, setzt damit meist die Teamarbeit aufs Spiel. Da das Vergütungsmodell auf den eigenen Verdienst ausgelegt ist, ist Teamgeist dabei nur selten gefragt. Vergütet wird also die Leistung Einzelner. Das klassische Netzwerken findet nicht statt. Dabei bleibt meist auch der Servicegedanke gegenüber dem Kunden auf der Strecke, der heute für viele Unternehmen hohe Priorität hat.
Wenn der Mitarbeiter den Umsatz immer wieder über denselben Kunden generiert, bleibt auch die Gewinnung von Neukunden außen vor. Zieht der Vertriebsingenieur durch Zufall einen großen Kunden an Land und sorgt so für eine große Umsatzsteigerung, wird der Zufall honoriert und nicht die eigentliche Leistung des Mitarbeiters. Weil die wenigen Vorteile, die das System bietet, die Nachteile nicht ausgleichen können, haben sich viele Unternehmen von der Provisionsvergütung abgewendet.
Vor- und Nachteile von Zielprämien
Zielprämien haben sicher mehr Vor- als Nachteile. Das ist einer der Gründe, warum immer mehr Unternehmen von den Provisionsmodellen zu den Zielprämien wechseln. Die Zielprämie will nicht nur den Umsatz erhöhen und dient nicht mehr nur ausschließlich der Motivation der Mitarbeiter. Sie will auch Unternehmensziele unterstützen. Diesem Vergütungsmodell kommt im Vertrieb die Rolle eines Verstärkers zu. Das Modell der Zielprämie beachtet dabei auch moderne psychologische Erkenntnisse. So geht man heute davon aus, dass Motivation ohne klare Ziele nicht gut möglich ist. Ziele ermöglichen es, die eigene Leistung in konkrete Bahnen zu lenken. Sie sorgen für mehr Effektivität im Verhalten der Angestellten.
Die Vorteile für Unternehmen liegen klar auf der Hand: Es wird nur die tatsächliche Leistung des Mitarbeiters zusätzlich vergütet. Parallel dazu werden die Unternehmensziele klar definiert und über die Leistungssteigerung erreicht. Die Mitarbeiter werden nicht durch den finanziellen Anreiz motiviert, sondern durch die Verbesserung von Selbststeuerung und Eigenverantwortung, was wiederum zu einer höheren Leistung führt. Das Definieren klarer Ziele führt zudem zu einer höheren Identifikation der Mitarbeiter mit dem Vertrieb. Der Punkt „Eigenverantwortung“ ist auch für die Angestellten ein entsprechend großer Vorteil. Außerdem können sie, anders als bei den Provisionen, für das Erreichen kurzfristiger Ziele entsprechende Top-Prämien aushandeln, die ein großer Anreiz sein können.
Einer der größeren Nachteile der Zielprämien entsteht weniger für den Arbeitnehmer als für den Arbeitgeber. So müssen die individuellen Leistungen der Mitarbeiter jeden Monat erfasst und ausgewertet werden. Sind die Ziele erreicht worden? Die Abrechnung wird dadurch etwas komplizierter, der Verwaltungsaufwand erhöht sich.
Vor- und Nachteile der 80/20-Vergütung
Das Vergütungsmodell 80/20 weist im Großen und Ganzen die gleichen Vor- und Nachteile auf wie die Zielprämien. Auch bei diesem Vergütungsmodell werden Ziele definiert, die vom Vertriebsingenieur erfüllt werden sollten, um das volle Gehalt zu erhalten. Arbeitgeber erhalten sich so eine gewisse Flexibilität. Für Arbeitnehmer besteht der Nachteil, dass sie nie mehr als das 100-prozentige Grundgehalt erreichen können, während die Höhe von Zielprämien individuell verhandelbar ist.
Für Arbeitgeber besteht neben einem erhöhten Abrechnungsaufwand auch die Gefahr, dass es Mitarbeiter gibt, denen 80 % des ausgehandelten Festgehalts ausreichend sind und die entsprechend wenig motiviert sind, die vorgegebenen Ziele zu erreichen.
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