Schlüsselqualifikation 01.09.2022, 12:59 Uhr

Authentizität: Wie man sich im Job treu bleibt

Sie sollen immer Sie selbst sein, heißt es. Authentizität ist im Job gefragt, nur: Was heißt das eigentlich? Und geht das überhaupt? Ist nicht manchmal auch ein bisschen Diplomatie zielführender? Wie Sie sich treu bleiben – ohne sich im Weg zu stehen.

Authentizität ist eine gefragte Eigenschaft im Job - doch was heißt das eigentlich? Foto: Panthermedia.net/VitalikRadko

Authentizität ist eine gefragte Eigenschaft im Job - doch was heißt das eigentlich?

Foto: Panthermedia.net/VitalikRadko

Ein Mensch, der im Einklang mit sich ist, wirkt auf andere authentisch. Aber auch ein Gefühlsausbruch, der die Umgebung verwirrt, kann authentisch sein, wenn er in dem Moment so empfunden wird. Selbst, wenn der Betreffende nicht dazu neigt. Authentizität gilt – auch – im Beruf als hoher Wert. Doch was heißt das eigentlich genau?

Was bedeutet Authentizität?

Nervös vor dem Bewerbungsgespräch oder vor der Präsentation? „Sei einfach authentisch“ lautet dann ein häufig gegebener und gut gemeinter Ratschlag. Aber was bedeutet das eigentlich? Authentisch sein? Sind wir außerhalb der eigenen vier Wände oder unserer persönlichen „Komfortzone“ überhaupt authentisch? Spielen wir nicht immer irgendeine Rolle?

Authentizität ist definiert als „mit sich eins sein, aus persönlicher Erfahrung entwickelt“. Der Wortursprung aus dem Altgriechischen, „authentes“, bedeutet selbstvollbringend oder selbstvollendend. Authentizität ist zudem etwas, das einen Menschen unverwechselbar macht, seine wesensmäßige Einzigartigkeit ausdrückt. Authentisches Handeln ist ein Akt der Selbstbestimmung, der als ureigene „Ich-Entscheidung“ empfunden wird.

Und nun? Sind unsere Entscheidungen tatsächlich völlig selbstbestimmt? Inwieweit lassen wir uns von außen beeinflussen? Vom Freundeskreis, Familie, Kolleginnen und Kollegen, aber auch von den Medien, von Werbung und ähnlichen Eindrücken? 100-prozentige Authentizität gibt es nicht. Wirklich authentisch wären nur jene Menschen, die sich ohne externen Einfluss entwickeln könnten. So wächst jedoch niemand auf. Ob zum Beispiel im Kindergarten, in der Schule oder der Ausbildung – unsere Sozialisierung erfolgt in einem vorgegebenen Rahmen. Nur innerhalb dessen ist es uns möglich, an unserer Authentizität zu arbeiten.

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Wie zeigt man, dass man authentisch ist?

Ein authentischer Auftritt überzeugt Kundinnen und Kunden sowie Geschäftspartner gleichermaßen. Denn authentische Menschen gelten als vertrauenswürdig. Authentizität lässt sich allerdings nur schwer überprüfen. Das Gegenüber vergleicht daher unbewusst: Passt die Sprache zu dieser Person? Wirkt sie verkleidet? Ist sie empathisch und kann Gefühle ausdrücken? Können diese Fragen positiv beantwortet werden, wirken Sie auf ihre Geschäftspartner echt und glaubwürdig – beides wesentliche Merkmale von Authentizität.

Was bedeutet das nun für den Alltag? Es klingt sehr einfach, ganz man selbst zu sein. Aber wir verstellen uns schneller, als wir eigentlich wollen. Das echte „authentische Ich“ kennen vermutlich nur die engsten Familienmitglieder sowie die besten Freundinnen und Freunde. Das liegt in der Natur der Authentizität. Jeder Mensch hat Ecken und Kanten – diese werden insbesondere im Berufsleben kritisch beäugt. Zwar wünschen sich die meisten authentische Kolleginnen und Kollegen, unbewusst erwarten sie jedoch, dass sich andere entsprechend ihren eigenen Vorstellungen verhalten. Ecken und Kanten sind nicht vorgesehen. Das führt dazu, dass nicht diejenigen als authentisch empfunden werden, die es auch sind, sondern die, die ihre Rolle am besten spielen.

Sich im beruflichen Umfeld treu bleiben ist daher eine Gratwanderung. Unsere Persönlichkeit hat viele Facetten. Nicht alle müssen und können immer im Vordergrund stehen. Es kommt auf das eigene Empfinden an: Fühle ich mich noch wohl, wenn ich diese oder jene Charaktereigenschaft ein wenig in den Hintergrund treten lasse? Sich in gewissen Punkten zurückzunehmen bedeutet nicht, gar nicht mehr authentisch zu sein.

Hinzu kommt, dass wir auch Verhaltensweisen an den Tag legen, die wir selbst als negativ empfinden, aber trotzdem nicht ändern können. Negatives gehört ebenso zur Authentizität. Das zu akzeptieren bedeutet Ehrlichkeit gegenüber sich selbst und einen großen Schritt in Richtung „authentisch sein“ zu können.

Was macht einen authentischen Menschen aus?

Glaubwürdigkeit, Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit, Echtheit. Diese Charaktereigenschaften werden mit Authentizität verbunden. Reden und Handeln sowie Denken und Fühlen müssen übereinstimmen, um als authentisch wahrgenommen zu werden. Auf sozialpsychologischer Ebene gibt es vier Kriterien, die dafür erfüllt sein müssen:

  • Bewusstsein: Das bedeutet, die eigenen Stärken und Schwächen klar erkennen zu können. Warum handeln wir so, wie wir es tun? Wer die Antwort kennt, reflektiert sich selbst und kann dadurch über sein eigenes Handeln bewusst entscheiden.
  • Ehrlichkeit: Vor allem sich selbst gegenüber. Der Mensch neigt dazu, sich selbst positiver zu sehen, als er ist. Unangenehme Wahrheiten zu akzeptieren hilft dabei, anderen gegenüber authentisch sein zu können.
  • Konsequenz: Nach den eigenen Überzeugungen handeln, auch dann, wenn es möglicherweise zu Kritik führt. Opportunisten, die nur nach dem eigenen Vorteil entscheiden, sind weder beliebt noch werden sie als authentisch wahrgenommen.
  • Aufrichtigkeit: Wer sich verstellt, kann dieses Bild in der Regel nie dauerhaft aufrechterhalten. Deshalb ist es wichtig, anderen auch die negativen Seiten des eigenen Ichs zu zeigen. Wer dazu stehen kann, gilt als aufrichtig und ehrlich.

Selbstmarketing, Social Media und Authentizität: Passt das zusammen?

Wer in Social-Media-Apps wie Instagram und Co. die Kamera öffnet, um ein Selfie zu machen, stellt fest, dass viele Apps voreingestellte Filter haben, die Fotos direkt „optimieren“. Die Haut wird feiner, die Wimpern dunkler, die Lippen rosiger. Wer nur mit solchen Fotos arbeitet, der schafft sich ein reales Ich und ein virtuelles Ich. Ungefiltert geht heutzutage fast nichts mehr ins Netz. Jeder Mensch überlegt, wie er sich in sozialen Netzwerken präsentiert. Die Frage ist jedoch, ob Authentizität in den sozialen Medien überhaupt möglich ist.

Wer einmal einen kritischen Blick auf seine Onlinekonten wirft, stellt fest, wie unterschiedlich der eigene Auftritt je nach Plattform ist. Auf Facebook dominieren Lockerheit sowie Hobby- und Familien-Fotos, auf Twitter Meinungen zu politischen und sozialen Themen, auf Instagram die schöne Welt von Beauty und Reisen. Ganz anders zeigen wir uns auf Businessplattformen wie Xing oder LinkedIn. Seriöse Fotos mit Anzug oder Kostüm und ein passender Lebenslauf. All das bedeutet nicht, dass die jeweiligen Profile unauthentisch sind. Aber wir zeigen dort jeweils nur einen kleinen Teil unserer Persönlichkeit.

Es ist durchaus möglich, in den sozialen Medien Authentizität abzubilden. Fotos, ob beruflich oder privat, sollten ohne Filter entstehen. Alles, was wir dort schreiben, sollte den eigenen Werten folgen. Es mag einfach sein, auf Twitter der Mehrheitsmeinung nachzulaufen. Seine eigene zu schreiben, auch wenn es Gegenwind bringt, ist hingegen authentisch.

Wie ehrlich muss ich beim Vorstellungsgespräch sein?

Authentizität im Vorstellungsgespräch ist wichtig. Ehrlichkeit ist in diesem Fall ein anderer Punkt. In Sachen beruflicher Werdegang, Qualifikation, Referenzen sowie Stärken und Schwächen ist Ehrlichkeit unabdingbar. Wer dabei lügt, fliegt irgendwann auf, was im schlimmsten Fall die Kündigung nach sich zieht. Anders ist das bei Fragen nach dem Privatleben. Zu viel Ehrlichkeit kann die Chance auf den Traumjob schmälern. Nicht jeder oder jede Vorgesetzte schätzt Bewerber und Bewerberinnen, die in ihrer Freizeit gefährlichen Hobbys nachgehen oder allzu offen die noch nicht abgeschlossene Familienplanung thematisieren. Es ist in Ordnung, private Details im Vorstellungsgespräch nicht zu offenbaren. Wird die Antwort entsprechend formuliert, bleibt man sich dabei selbst treu.

Lesen Sie auch: Welche Soft Skills sind wirklich wichtig? 

Ist Authentizität überhaupt wichtig?

Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten. Natürlich ist Authentizität wichtig. Sich selbst zu verbiegen, macht nicht glücklich. Immer und überall mit der eigenen Meinung anecken, nur weil man sich zwingend treu bleiben will, aber auch nicht. Unter dem Deckmantel der Authentizität wird „ehrlich und offen sein“ gern einmal mit „übers Ziel hinausschießen“ verwechselt.

„Ich folge nur meinen Werten, ich sage meine Meinung und verbiege mich nicht – ich bin halt so.“ Diese Argumentationslinie können Sie fahren. Ehrlich zu sein ist nicht falsch. Aber Vorsicht: Die Authentizität zum einzig wahren Wert zu erklären, kann ein Fehler sein. Vom Gegenüber als authentisch empfunden zu werden, bedeutet noch lange nicht, dass er sie auch sympathisch findet. Das ist natürlich in Ordnung, wenn Sie damit umgehen können, von manchen Menschen nicht gemocht zu werden.

Was bedeutet berufliche Authentizität?

Im Berufsleben ist es oft schwierig, authentisch zu bleiben. Wir möchten mit den Kolleginnen und Kollegen sowie mit den Vorgesetzten gleichermaßen gut zurechtkommen. Die Erwartungshaltung beider Parteien kann sehr unterschiedlich sein. Das führt dazu, dass wir zwangsläufig in Rollen schlüpfen. Das ist in Ordnung, solange wir den eigenen Charakter nicht dauerhaft verstellen. Zu sich zu stehen bringt im Beruf viele Vorteile:

Sich mit Fehlern und Schwächen zu akzeptieren macht unabhängig von der Meinung anderer. Wer seine Makel akzeptiert, kann umgekehrt auf seine Stärken stolz sein. Das führt dazu, dass sich der Umgang mit Kritik verbessert. Wer weiß, was er oder sie kann, nimmt Kritik seltener als persönlichen Angriff wahr.

Wer mit sich im Reinen ist, strahlt diese Selbstzufriedenheit nach außen. Durch Authentizität verändert sich folglich der Umgang mit den Mitmenschen. Wer sich selbst akzeptiert, wird einfacher von anderen angenommen. Zudem erarbeiten Sie sich so den Respekt von Kolleginnen und Kollegen. Ja-Sager hat niemand gern im Team. Den eigenen Standpunkt vertreten, ohne andere vor den Kopf zu stoßen, steigert die Achtung im Kollegenkreis.

Ein Beitrag von:

  • Julia Klinkusch

    Julia Klinkusch ist seit 2008 selbstständige Journalistin und hat sich auf Wissenschafts- und Gesundheitsthemen spezialisiert. Seit 2010 gehört sie zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Klima, KI, Technik, Umwelt, Medizin/Medizintechnik.

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