Soft Skills 22.06.2022, 13:02 Uhr

Emotionale Intelligenz im Job: Wie Sie einen hohen EQ bekommen

Die emotionale Intelligenz (EQ) ist eine wesentliche Schlüsselkompetenz im Job. Doch was genau ist emotionale Intelligenz? Kann man einen hohen EQ trainieren? Und mit welchen Fragen zielen Recruiter im Bewerbungsgespräch auf den EQ ab?

Emotionale Intelligenz hat viel mit Empathie zu tun: Wer die Emotionen anderer gut deuten kann, hat wahrscheinlich auch einen hohen EQ. Foto: Panthermedia.net/dima_sidelnikov

Emotionale Intelligenz hat viel mit Empathie zu tun: Wer die Emotionen anderer gut deuten kann, hat wahrscheinlich auch einen hohen EQ.

Foto: Panthermedia.net/dima_sidelnikov

Sicher: Schlaue Menschen haben’s oft leichter im Leben. Studien zeigen aber: Ein hoher IQ allein ist bei Weitem nicht der einzige relevante Faktor für den persönlichen Erfolg. Ebenfalls großen Einfluss hat nämlich die sogenannte emotionale Intelligenz – auch bekannt als EQ, beziehungsweise „emotionaler Quotient“. Das Weltwirtschaftsforum hält emotionale Intelligenz sogar für eine Schlüsselkompetenz im Beruf. Doch worum handelt es sich hierbei eigentlich? Was ist emotionale Intelligenz? Welche Fähigkeiten zeichnen sie aus? Wieso ist emotionale Intelligenz im Job so wichtig? Wie kann man emotionale Intelligenz trainieren und einen hohen EQ bekommen?

Was ist emotionale Intelligenz?

„Emotionale Intelligenz umfasst drei Komponenten: Erstens, die Fähigkeit, Emotionen wahrzunehmen. Zweitens, Emotionen zu verstehen.  Und drittens, Emotionen bei sich selbst und anderen zu regulieren“, erläutert Diplom-Psychologin Prof. Dr. Myriam Bechtoldt von der EBS Universität für Wirtschaft und Recht in Oestrich-Winkel. Bechtoldt forscht aktuell zum Thema, leitet eine Studie über Emotionale Intelligenz und stand für diesen Beitrag beratend zur Seite. Übrigens: Für die Forschung wegweisend definiert wurde der Begriff 1990 von den US-Psychologen John D. Mayer und Peter Salovey, richtig populär gemacht hat ihn jedoch erst ihr Kollege Daniel Goleman mit seinem Buch „EQ. Emotionale Intelligenz“ (1995). In der Forschung kommt allerdings üblicherweise die Definition von Mayer und Salovey zum Einsatz, denn: Golemans Definition weicht von dieser stark ab und ist in der Wissenschaft als nicht valide kritisiert worden.

Welche Fähigkeiten machen emotionale Intelligenz aus?

Menschen mit einem hohen IQ fallen zum Beispiel komplexe Rechenaufgaben besonders leicht – oder sie punkten mit einer schnellen Auffassungsgabe. Doch welche Fähigkeiten machen Emotionale Intelligenz aus?

Hierzu Expertin Myriam Bechtoldt: „Die Fähigkeit, Emotionen zu erkennen, ist zentral für emotionale Intelligenz, denn sie ist Voraussetzung dafür, die geeigneten Emotionsregulations-Strategien einzusetzen. Gemeint ist mit emotionaler Wahrnehmungsfähigkeit die Fähigkeit, nonverbal kommunizierte Emotionen wahrzunehmen, das heißt Emotionen aus einem Gesichtsausdruck, der Stimme oder der Körperhaltung abzulesen.“

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Die zweite Komponente von Emotionaler Intelligenz ist das Verständnis für Emotionen, also das Wissen darüber. Und die dritte Komponente: Emotionsregulation. Sie bezeichnet die Fähigkeit, angemessen mit Emotionen umzugehen, so Myriam Bechtoldt: „Und zwar sowohl mit den eigenen als auch mit den Emotionen anderer“.

Welche Soft Skills sind wirklich wichtig? 

Nicht jede der Komponenten ist dabei immer gleich stark ausgeprägt. Beispielsweise gibt es Menschen, die Emotionen zwar sehr gut wahrnehmen, aber nicht angemessen damit umgehen können, erklärt Bechtoldt. „Das kann insbesondere dann ein Problem werden, wenn die Personen besonders sensibel für negative Emotionen sind: wahrzunehmen, dass andere verärgert oder missbilligend reagieren, kann zu einem Gefühl persönlicher Bedrohung und dadurch einer höheren Stressbelastung führen, wenn die Person nicht auch über Fertigkeiten im Umgang mit ihren eigenen Emotionen verfügt.“ Die gute Nachricht: Entsprechende Fertigkeiten lassen sich trainieren.

Wie kann ich emotionale Intelligenz und Empathie trainieren?

Zunächst sollte man emotionale Intelligenz und Empathie unterscheiden: Empathie setzt zwar emotionale Wahrnehmungsfähigkeit voraus – eine Komponente von Emotionaler Intelligenz. Aber, so Psychologin Myriam Bechtoldt: „Sie geht darüber hinaus. Sie meint das Mitfühlen mit dem Gegenüber: Man teilt das emotionale Erleben der anderen Person, man nimmt emotional Anteil.“ Empathie setze neben Fähigkeit auch Motivation voraus. Beispielsweise würden Menschen häufig mehr Empathie für ihre Haustiere aufbringen als für einen obdachlosen Menschen auf der Straße. Das zeigt: Empathie hängt von unserer Beziehung zum Gegenüber ab. „Je enger die Beziehung, umso höher unsere Motivation, empathisch zu sein“, so die Wissenschaftlerin. Doch wie lassen sich sowohl emotionale Intelligenz als auch Empathie verbessern? Folgende Aspekte helfen laut Prof. Dr. Bechtholdt, emotionale Intelligenz zu trainieren:

  • Durch das bewusste Reflektieren eigener Emotionen
  • Durch das Achten auf die Emotionen anderer
  • Durch das Erlernen von Emotionsregulationsstrategien (für den Umgang mit den eigenen Emotionen)
  • Durch Konfliktmanagement-Strategien (für den Umgang mit den Emotionen anderer)

Auch Empathie kann man Prof. Dr. Bechtoldt zufolge trainieren – und zwar durch die Bereitschaft, sich auf die andere Person / das Lebewesen emotional einzulassen. Sprich: Man sollte sich immer wieder fragen, wie sich das Gegenüber fühlt – und dann versuchen, diese Emotion nachzuempfinden.

Wie wird man emotional intelligenter?

Mit folgenden fünf Übungen lässt sich emotionale Intelligenz trainieren:

1. Übung: Selbstwahrnehmung optimieren

Um andere emotional zu „verstehen“, muss man sich auch über seine eigenen Empfindungen im Klaren sein. Es gilt: Wer seine Selbstwahrnehmung schult, optimiert damit auch den Blick auf sein Gegenüber. Sie können Ihre Selbstwahrnehmung und damit die emotionale Intelligenz trainieren, indem Sie sich ein, zwei Mal am Tag eine kurze Pause gönnen, tief einatmen und dann fragen: „Was fühle ich gerade? Wodurch wurde es ausgelöst? Warum fühle ich so?“ Auch wenn Sie eine intensive negative Emotion fühlen: nicht unterdrücken, sondern beobachten! Wo kommt sie her? Wie fühlt sie sich an? Wann verschwindet sie? Darüber hinaus kann beispielsweise das Führen eines Tagebuchs oder das Definieren Ihrer Werte, Ziele und Prinzipien die Selbstwahrnehmung verbessern.

2. Übung: Empathie trainieren

Der EQ lässt sich auch optimieren, indem man anderen Personen mit Achtsamkeit begegnet – ein zentrales Element emotionaler Intelligenz. Wichtig: Man sollte seine eigenen Gefühle nicht verurteilen, sondern annehmen. So fällt es auch leichter, die Emotionen anderer zu akzeptieren – was wiederum unser Mitgefühl verstärkt. Stellen Sie sich dann Fragen wie zum Beispiel: Was empfindet mein Gegenüber in dieser Situation? Wieso fühlt es diese Emotionen womöglich? Wie geht es damit um – und warum? Trifft beispielsweise ein Kollege im Job eine unverständliche Entscheidung: Versuchen Sie herauszufinden, warum derjenige so und nicht anders gehandelt hat. Wer immer wieder versucht, sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen, lernt damit im Idealfall etwas über die Gefühlswelt des Anderen – und das trainiert die Empathie.

3. Übung: Lernen, mit Emotionen umzugehen

Auch das Erlernen von Emotionsregulationsstrategien trainiert die emotionale Intelligenz. Der erste Schritt diesbezüglich: Lernen Sie Ihre Schlüsselreize kennen – also Faktoren, die Emotionen in Ihnen auslösen. Was macht sie wütend? Etwa, wenn sich jemand nicht an Abmachungen hält? Aber warum ist das so? Weshalb reizt es Sie? Fühlen Sie sich womöglich respektlos behandelt? Indem Sie so in sich hineinhören, entwickeln Sie ein Bewusstsein dafür, was in welchen Momenten welche Emotion erzeugt. Und das ermöglicht es Ihnen, bewusst und überlegt auf den Schlüsselreiz in der jeweiligen Situation zu reagieren.

4. Übung: Kritik annehmen, Feedback schätzen lernen

Nehmen Sie Kritik und Feedback an – das kann die Selbstwahrnehmung verbessern. Mitunter weichen Selbst- und Fremdwahrnehmung stark voneinander ab. Beispielsweise, wenn Sie sich selbst für einfühlsam und verständnisvoll halten, Ihre Kollegen diese Einschätzung aber ganz und gar nicht teilen. Seien Sie also offen für Meinungsäußerungen – oder, noch besser: Fordern Sie entsprechendes Feedback aktiv ein. Konstruktive Kritik kann einen wertvollen Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung leisten.

5. Übung: Emotionale Intelligenz am Arbeitsplatz trainieren

Emotionale Intelligenz hilft, Emotionen zu erkennen und zu regulieren – das macht sie auch zu einem starken Werkzeug für Konflikte am Arbeitsplatz. Menschen mit einem hohen EQ fällt es beispielsweise leichter, bei einem Streit unter Kollegen zu vermitteln. Mit folgender Übung können Sie versuchen, Ihren EQ im Job zu verbessern. Steht ein Gespräch oder Meeting an, überlegen Sie sich im Vorfeld: Warum findet dieses Gespräch beziehungsweise das Meeting statt? Welches Ziel verfolgt mein Gegenüber – und warum? Was kann ich im Idealfall für sie oder ihn erreichen? Versetzen Sie sich vorab in die andere Person. Hören Sie im Gespräch dann mit ungeteilter Aufmerksamkeit zu, sprich: Formulieren Sie im Geiste nicht schon eine Antwort, sondern versuchen Sie aktiv zu verstehen, was Ihr Gegenüber sagen will.

Wie hilft mir Empathie im Job?

US-Psychologe Goleman zufolge sind Menschen mit hoher emotionaler Intelligenz „anpassbar, flexibel, selbstbewusst und arbeiten effektiv auf ihre Ziele hin“. Außerdem seien sie belastbar und würden sich schnell von Stress erholen. Auch Myriam Bechtoldt kommentiert: „Eine hohe Ausprägung in den drei Komponenten emotionaler Intelligenz stellt insgesamt eine Ressource dar. Emotionale Intelligenz fördert die Qualität sozialer Beziehungen, auch im beruflichen Kontext (zum Beispiel im Umgang mit Kunden, aber auch mit Kollegen und Vorgesetzten).“

Sie trage dazu bei, bessere Entscheidungen zu treffen: So hätten beispielsweise in einer Studie Personen mit hoher emotionaler Intelligenz bessere finanzielle Investment-Entscheidungen getroffen, „weil sie sich nicht unbewusst von ihren Emotionen beeinflussen ließen“. Auch erzielen Studierende mit hoher emotionaler Intelligenz bessere Leistungen als jene mit niedriger emotionaler Intelligenz, wie Untersuchungen beweisen. „Ungeachtet dessen ist jedoch wichtig festzuhalten, dass der wichtigste Prädiktor für Erfolg im Studium und Beruf nicht emotionale Intelligenz, sondern kognitive Intelligenz ist, das heißt der klassische IQ“, ergänzt Bechtoldt.

Sind emotional intelligente Menschen beruflich erfolgreicher?

Prof. Dr. Bechtoldt relativiert: In der Öffentlichkeit werde der Einfluss emotionaler Intelligenz auf den Erfolg im Beruf tendenziell überschätzt. Müsse eine Stelle besetzt werden, sollte man zunächst die kognitive Intelligenz der Bewerbenden prüfen – und erst danach die emotionale Intelligenz. Wichtig sei auch festzuhalten, dass emotionale Intelligenz niemanden zu einem besseren Menschen mache. „Fähigkeiten sind keine moralischen Eigenschaften, sondern Werkzeuge, die sich zum Wohle anderer einsetzen lassen, aber auch zu deren Schaden“, so die Diplom-Psychologin.

Wozu Menschen ihre emotionale Intelligenz einsetzen, sei folglich abhängig von ihrer Motivation – und Motivation wiederum unabhängig von Intelligenz. Zwar haben Wissenschaftler der Universitäten Bonn und Heidelberg gemeinsam mit US-Kollegen in einer Studie nachgewiesen, dass ein hoher EQ „signifikant“ zum beruflichen Erfolg beitragen kann. Es muss den Forschern zufolge allerdings noch ein weiterer Faktor vorhanden sein: ein ausgeprägter Karrierewille. Ohne den hilft auch ein hoher EQ nicht beim Aufstieg.

Achten Recruiter darauf, ob ich emotional intelligent bin?

Absolut! Sogenannte „Softskills“ werden für Personaler von immer größerer Bedeutung: Mit gezielten Fragestellungen prüfen sie Bewerber beispielsweise auf Empathie, Teamfähigkeit oder Führungspotenzial. Typische Fragen, mit denen Recruiter die emotionale Intelligenz eines Bewerbers testen, sind beispielsweise:

„Welche Fähigkeiten oder Kenntnisse fehlen ihnen noch?“ – Hier versucht der Personaler, ein Gespür für die Selbstwahrnehmung des Bewerbers zu bekommen.

„Was hat Sie zuletzt in Verlegenheit gebracht und wieso?“ – Die Frage setzt eine Auseinandersetzung mit den eigenen Emotionen voraus. Und die Antwort verrät dem Personaler, wie ausführlich der Bewerber seine eigenen Empfindungen analysiert.

„Wenn Sie eine Firma gründen würden, was wären die drei wichtigsten Werte?“ – Die Frage bringt den Bewerber dazu, dem Recruiter einen umfassenden Einblick in seine Moral- und Wertevorstellungen zu geben.

„Wie motivieren Sie sich für eine Aufgabe, die sie nicht sonderlich begeistert?“ – Mit dieser Frage zielt der Recruiter auf die Motivationsfähigkeit des Bewerbers – wie dargelegt ein wichtiges Merkmal emotionaler Intelligenz.

Welche Soft Skills noch entscheidend sind:

Mehr zur Kommunikationsfähigkeit

  • Teamarbeit: Mit Kolleginnen und Kollegen gut kooperieren zu können, gilt als Selbstverständlichkeit. Das betrifft auch Mitarbeiter anderer Disziplinen, da größere Projekte vielfach über mehrere Abteilungen hinweg betreut werden. In großen Konzernen sind sogar Soft Skills gefragt, die Teamarbeit auf internationaler Ebene ermöglichen. Dazu gehören Kritikfähigkeit, Diskussionsbereitschaft und Flexibilität.

Mehr zur Teamfähigkeit und zur Flexibilität

  • Interkulturelle Zusammenarbeit: Dahinter verbirgt sich eine Reihe verschiedener Fähigkeiten. Neben Fremdsprachkompetenz sollten Ingenieure für die Arbeit auf internationaler Ebene Gespür für soziale Zusammenhänge besitzen und motiviert sein, sich Wissen über andere Kulturen anzueignen. Toleranz und Flexibilität sind hier ebenfalls gefragt.

Ein Beitrag von:

  • Jannis Grunewald

    Jannis Grunewald ist Autor mit Fokus auf Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum. Er schreibt News, Analysen und Prognosen über digitale Assets und beschäftigt sich mit den Entwicklungen der Branche. Außerdem schreibt er über Technik und Innovationen.

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