Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit
Flexibilität und Lernfähigkeit sind angeborene Merkmale eines jeden Menschen. Ohne „geistige Beweglichkeit“ und ohne dem natürlichen Trieb zu lernen, gäbe es im Grunde kein menschliches Leben. Kleinkinder sind mit großem Eifer dabei, die „neue Welt“ zu erkunden, sich unbekannten Situationen zu stellen, sie zu meistern, daran zu lernen und zu wachsen.
Einführung
Allgemeine Beschreibung
Kleinkinder sind mit großem Eifer dabei, die „neue Welt“ zu erkunden, sich unbekannten Situationen zu stellen, sie zu meistern, daran zu lernen und zu wachsen. Doch schon mit dem Gang in die Schule ändert sich in vielen Fällen das Verhältnis zum Lernen. Der einzelne wird bewertet und seine Fähigkeit und Bereitschaft zu lernen schlägt sich in Noten nieder. Was für den einen zum Erfolg wird, führt beim anderen zur Frustration. Andererseits kann fehlende Lernfähigkeit durch eine höhere Lernbereitschaft teilweise kompensiert werden. Daher haben die vermeintlichen Genies am Ende nicht unbedingt die Nase vorne. Die Erfahrungen mit dem Lernen setzen sich beim Studium und im Beruf fort. Nicht jede Lernaktivität wird belohnt und nicht alles, was gelernt wird, wird wirklich benötigt. Und längst ist nicht gesagt, dass derjenige, der am meisten lernt, wirklich das bessere Diplom, den anspruchsvolleren Job, das höhere Einkommen, den größeren Einfluss ausüben kann und darf. Dennoch ist eines klar, ein breites Wissensspektrum, der Wille neues hinzuzulernen und das Beherrschen effektiver Lernmethoden tragen wesentlich zum beruflichen Selbstbewusstsein und den beruflichen Einsatzmöglichkeiten bei. Sie führen zu der notwendigen Sicherheit geht es darum, neue berufliche Herausforderungen anzunehmen und zu managen.
Lernbereitschaft und Flexibilität bedingen sich gegenseitig. Breites Wissen ermöglicht es, einen Betrachtungsstandort gegen einen anderen auszutauschen und Problem- bzw. Aufgabenstellungen aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln zu sehen und dann zu lösen. Diese Fähigkeit zeugt von hoher geistiger Beweglichkeit. Umgekehrt, wer eine hohe Flexibilität nachweist, hat eine gute grundsätzliche Anlage, sich an neue Situationen heranzuwagen, hieran zu lernen und sie letztlich erfolgreich zu meistern. Häufig wird in zunehmendem Alter die Flexibilität gegen Sicherheit ausgetauscht. Statt zu experimentieren werden gewohnte Wege beschritten. Gerade darin besteht ein hohes Risiko. Wer zu früh den bequemen Weg sucht, läuft als Ingenieur Gefahr, für den eigenen und andere Arbeitgeber unattraktiv zu werden.
Kein Wunder also, dass hier die Forderung nach lebenslangem Lernen laut wird. Allerdings darf sie nicht missverstanden werden. Gemeint ist nicht die willkürliche Ansammlung von akademischen Titeln, Seminaren, Trainings usw. Lebenslanges Lernen wird zur Denkhaltung! Sie bedeutet die Notwendigkeit, Wissen, Erfahrungen, Vorurteile usw. ständig zu überdenken ggf. umzudenken und gezielt Neues hinzuzulernen. Es ist demnach nicht wichtig, wie viel gelernt wird, sondern dass das richtige gelernt wird. Heute geht allerdings häufig auch bei Ingenieuren der Blick für das, was wichtig ist zu lernen, verloren. Statt sich punktuell und permanent weiterzubilden, etwa im Management Accounting, Controlling oder Projektmanagement, nimmt man einmalig den großen Rundumschlag vor und absolviert ein Zweit-/Aufbaustudium. Am liebsten wird viel Geld für ein modisches MBA-Programm in die Hand genommen.
Theorie und Praxis
Nur selten sieht die Theorie wie die Praxis und die Praxis wie die Theorie aus.
So können Bücher, Seminare, Fallstudien zu Schlüsselqualifikationen nicht immer vollständig alle praktischen Problemstellungen zu einem Thema und alle speziellen Randbedingungen des einzelnen Arbeitsplatzes berücksichtigen. Ausführungen aus Seminaren und Büchern treffen deshalb so gut wie nie in Reinkultur auf die Praxis zu.
Bei der Anwendung des Gelernten am Arbeitsplatz stellen sich schnell Hürden und Schranken in den Weg. Möchte man die neuen Erkenntnisse dennoch anwenden, bedarf es mehr oder weniger Phantasie. Möglicherweise muss die Reinkultur verlassen und es müssen praxisfähige Abwandlungen, z.B. von Methoden und Instrumenten, kreiert werden. Häufig reicht es auch, die wenigen Punkte aus Büchern und Seminaren heraus zu filtern und anzuwenden, die in der Praxis am ehesten weiterhelfen.
Die obige Erkenntnis sollte nicht übersehen werden, geht es um die Fähigkeiten zu den einzelnen Schlüsselqualifikationen. Sicherlich können die unter dem Gliederungspunkt „Schlüsselqualifikation“ umfangreich dargestellten Fähigkeiten nicht komplett im Bewerbungsprozedere untergebracht werden. Das Studium der Schwerpunkte soll aber zu einer höheren Sensitivität für die Qualifikation führen. Danach muss jeder selbst entscheiden, welche Punkte für den beworbenen Arbeitgeber bedeutend sein könnten, welche er davon aufgreifen möchte und ob er dies in der schriftlichen Bewerbung oder im Vorstellungsgespräch macht.
Zudem können viele Begriffe nur angerissen und nicht detailliert erläutert werden. Hier muss in der Literatur nachgelesen werden. Literaturhinweise finden sich gleichfalls in den nachfolgenden Ausführungen.
Bezeichnungen
Im Stellenangebot stehen in der Regel die Beschreibung der Aufgaben sowie die fachlichen Voraussetzungen des Bewerbers im Mittelpunkt. Anforderungen, die mehr die Persönlichkeit betreffen, werden meist in einem Katalog sich aneinanderreihender Begriffe im unteren Teil der Anzeige gebracht. Die Begriffe Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit werden dabei direkt genannt oder es werden in seltenen Fällen ähnlich Begriffe gewählt, die in die gleiche Richtung abzielen:
Anpassungsfähigkeit, Aufgeschlossenheit, schnelle Auffassungsgabe, Einarbeitungsbereitschaft, Neugierde, Veränderungsbereitschaft, Weiterbildungsbereitschaft, Einarbeitungsfähigkeit
Schlüsselqualifikation
Schwerpunkt 1
Fachliche Flexibilität glaubhaft machen
- Darstellen, wie neue/ungewohnte berufliche Situationen, die starke Veränderungen mit sich brachten, gemeistert wurden
- Bandbreite der Berufserfahrungen betonen, Verschiedenartigkeit der unterschiedlichen Aufgaben und Projekte
- Ansprechen der verschiedenen unternehmerischen Funktionsbereiche, in denen gearbeitet wurde
- Berichten über Einarbeitungserfolge in neue Technologien, Systeme, Werkstoffe usw., insbesondere als Fachspezialist Flexibilität untermauern
- Beherrschen der verschiedenen Fachsprachen (Jargons) der einzelnen Berufsfelder wie Entwicklung, Produktion, Vertrieb usw.
- Aufzeigen, wie interkulturellen/internationalen Situationen begegnet wurde: Auslandseinsätze, Konfrontation mit fremder Konzernsprache etc.
- Zusatzqualifikationen ansprechen, die unmittelbar mit dem Ingenieurstudium/der Ingenieurpraxis nichts zu tun haben
- Berichten über Erfahrungen/Vorteile mit Jobrotations-Programmen, wenn man an solchen teilgenommen hat
- Ehrenämter, Engagements, Hobbys ansprechen, die gänzlich andere Qualifikationen erfordern als der Beruf
Schwerpunkt 2
Flexibilität als Denk- und Handlungsmuster
- Vokabeln ansprechen, die Flexibilität unterstreichen: Vielseitigkeit, Beweglichkeit, Improvisation, Anpassungsfähigkeit, Offenheit etc.
- Sprechen über Flexibilität als eigene, internalisierte Denkhaltung, Handlungsmaxime und Lebensphilosophie
- Bereitschaft, die eigene Meinung revidieren/modifizieren zu können, andere Meinungen zu tolerieren, ganz oder teilweise anzunehmen
- Wille, auch die Ideen anderer anzuhören, zu verstehen, aufzugreifen und weiter zu entwickeln, mit den eigenen Ideen zu verknüpfen
- Über Lösungen berichten, die durch Verlassen des eigenen Standortes/ Standpunktes erst ermöglicht wurden
- Aufzeigen, dass man in der Lage ist, die Betrachtungsperspektive bzw. Betrachtungsweise zu verändern
- Fähigkeit nachweisen, sich in neue Situationen/andere Menschen schnell hineindenken zu können
- Situationen erläutern, in denen anders-/neuartige Wege beschritten, gewohnte, eingefahrene Bahnen verlassen werden mussten
- Bereitschaft verdeutlichen, neue Herausforderungen anzunehmen, räumlich flexibel (mobil) zu sein
- Zeigen, wie durch Flexibilität private Situationen vorteilhaft gemanagt wurden
Schwerpunkt 3
Flexibilität als Führungsphilosophie
- Stärken als situative Führungskraft untermauern: Statt starrer Regelungen flexible (situative) Entscheidungen und Lösungen finden
- Erst zuhören, fragen und dann antworten statt prinzipiell auf alles die einzige und richtige Antwort zu haben
- Erweitern von Entscheidungsspielräumen (Alternativen) durch flexible Reaktion auf neue Situationen
- Nachweis flexibler Reaktionen, z.B. auf Marktveränderungen, geänderte Lieferantenkonstellationen, neue Kundenwünsche usw.
- Darstellen konzeptioneller Flexibilität, z.B. rund um die Uhr Verfügbarkeit (just in time) von technischen Services für die Kunden
- Diskussionssicherheit zeigen auf Gebieten wie flexible Arbeitszeiten, Fernarbeitsplatz (Home Office), Teilzeitlösungen, Job Sharing etc.
- Schnittstellqualitäten ansprechen: Ziele harmonisieren, Konflikte ausgleichen, Abteilungsinteressen integrieren zu können
- Fähigkeit darstellen, verschiedene Rollen spielen zu können: Manager, Moderator, Coach, Berater, Fachmann etc.
Schwerpunkt 4
Lernbereitschaft demonstrieren
- Bereitschaft zeigen, sich in neue Aufgaben, Berufsfelder, Positionen usw. systematisch einarbeiten zu wollen
- Wissensbegierde, Neugierde, Streben nach Perfektionierung, Offenheit für Neues durchblicken lassen
- Lernen als lebenslangen Prozess begreifen, sprechen über die kurze Haltbarkeit (Halbwertzeit) des Wissens
- Bereitschaft ansprechen, auch selbst in die Weiterbildung zu investieren und dies nicht nur dem Arbeitgeber zu überlassen
- Noch glaubhafter wird dies, wenn bereits in der Vergangenheit aus eigener Tasche in Weiterbildung investiert wurde
- Lernerisches Engagement nachweisen: Seminare etc. im Lebenslauf darstellen, Bescheinigungen der Bewerbung beifügen
- Fähigkeit zur schnellen Einarbeitung und Weiterbildungsbereitschaft ins Arbeitszeugnis aufnehmen lassen
- Nach Einarbeitungsprogramm und Personalentwicklungsmaßnahmen des Unternehmens im Vorstellungsgespräch fragen
- Durchgeführte Auslandsreisen (berufliche/private) zur Perfektionierung der Fremdsprachenkenntnisse ansprechen
- Investitionen in fachübergreifende (interdisziplinäre) Weiterbildung als lohnenswert darstellen, zeigen wie die Weiterbildung umgesetzt wurde
- Roten Fadens der eigenen Weiterbildung erläutern: Systematik statt willkürliche Ansammlung von Schulungen, Seminaren etc.
- Darstellen, wie man sich berufliche und private Freiräume geschaffen hat, um Lernzeit zu gewinnen
- Reaktion auf Globalisierung beschreiben: Bildungsmaßnahmen zum Ausbau der internationalen, interkulturellen Kompetenzen
Schwerpunkt 5
Lernfähigkeit beweisen
- Über Lehr- und Lernmethoden sprechen, die man beherrscht, über ihre Vor- und Nachteile berichten
- Beispiele aus der Vergangenheit bringen, die die eigene Lernfähigkeit beweisen
- Fähigkeit andeuten, sich in neue Aufgaben, Berufsfelder, Branchen etc. systematisch einarbeiten zu können
- Über Erfolgserlebnisse als Quereinsteiger in neue Funktionsbereiche (Berufsfelder) oder Branchen erzählen, in der Bewerbung schreiben
- Über Einarbeitungserfolge berichten: Probezeiten, neue Projekte, Aufgaben, Sprachen, Systeme, Technologien, Werkzeuge etc.
- Lernfortschritte (Professionalisierung/Perfektionierung) hinsichtlich der eigenen Qualifikationen durch Trainings, Coachings usw. darstellen
- Über eigene Fehler (z.B. falsche Lebenslaufentscheidungen) und die Einsicht, aus Fehlern lernen zu können, sprechen
- Behaupten, im Umgang mit den Technologien, Werkzeugen, Medien usw. auf dem aktuellsten Stand zu sein (wenn zutreffend)
- Bereitschaft demonstrieren, Erlerntes in der Praxis zu erproben und praxisgerecht anzupassen, zu experimentieren und daraus zu lernen
- Willen durchblicken lassen, den eigenen Wissensstand durch neue Erfahrungen erweitern zu wollen
Nachweis im Bewerbungsprozess
Nachweis im Anschreiben
Fünf bis sieben der wichtigsten Aufgaben und Anforderungen aus der Stellenanzeige sollten im Anschreiben aufgegriffen und abgehandelt werden.
Zunächst geht es darum, die fachlichen Anforderungen abzuarbeiten. Manche Anzeigen stellen die fachlichen Anforderungen nur knapp dar. So bleibt im Anschreiben Platz, um auf Anforderungen zur Persönlichkeit einzugehen. Da diese meist in einem Katalog von Begriffen herunter gebetet werden, fällt es zunächst schwer zu entscheiden, welche Anforderungen im Anschreiben auf welche Art und Weise angesprochen werden sollen.
Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit sollten dann im Anschreiben angesprochen werden, wenn sie ausdrücklich in der Stellenanzeige gefordert sind oder im Rahmen einer Initiativbewerbung betont werden sollen. Der Ingenieur kann im Anschreiben kurz und exemplarisch ansprechen, weshalb er die Anforderungen abdeckt. Hier ein Beispiel:
„Die Vereinheitlichung des Maintenance Management für unseren Instandhaltungsbereich erforderte Flexibilität von allen Seiten. Als Betriebsingenieur arbeitete ich mich in ein völlig neues System sehr schnell ein und wirkte an der Implementierung der neuen Strukturen bzw. Abläufe mit.“
Nachweis im Lebenslauf
Im Lebenslauf gibt es wenige spezielle Stellen, an denen Qualifikationen zur Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit aufgeführt werden können – etwa unter Schwerpunkten „Weiterbildung“, „Ausbildung“, „Zusatzqualifikationen“. Zur Beurteilung dieser Schlüsselqualifikationen wird aber viel stärker der gesamte Lebenslauf herangezogen. Sind Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit dort erkennbar oder nicht?
Im Extremfall liegt nach einem Elektrotechnikstudium eine anschließende 10jährige Berufspraxis bei einem Arbeitgeber in der Sensorentwicklung als Projektingenieur vor. Was Branche, Positionsebene, Funktionsbereich, Region und Unternehmensgröße angeht, liegen hier hohe Treuegrade und eine hohe Arbeitgeberloyalität vor, die der Flexibilität entgegenlaufen. Starke Lernfähigkeit, Lernbereitschaft und Flexibilität lassen sich aus einem derartigen Lebenslauf nur schwer ableiten. Anders sieht es in einem Lebenslauf aus, der Bewegung zeigt, hinsichtlich Branche, Positionsebene, Funktionsbereich, Region und Unternehmensgröße. Auch allgemeine, fachliche, betriebswirtschaftliche Weiterbildungen usw. können Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit unterstreichen.
Fazit: Wer oft das Unternehmen gewechselt, in verschiedenen Positionen, Branchen, Funktionen, Regionen, Unternehmensgrößen gearbeitet und viele Weiterbildungsmaßnahmen genossen hat, zeigt ein hohes Maß an Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit. Allerdings muss ein Roter Faden erkennbar sein. Ein willkürliches Wechseln oder nur ein Anhäufen von Weiterbildungen spricht eher für Kopflosigkeit als für Zielorientierung. Es kommen Zweifel auf, ob der Betreffende möglicherweise doch nicht die Anpassungsbereitschaft für die jeweiligen Herausforderungen mitbringt.
Wenn ein Lebenslauf hohe Konstanz zeigt, sollte überlegt werden, wie etwa eine längere Station in mehrere Einzelstationen herunter gebrochen werden kann. In den meisten Fällen gibt es eine Entwicklung von den Aufgaben und der Verantwortung über die Jahre, selbst wenn man bei ein und demselben Arbeitgeber verblieben ist. Sie muss entsprechend dokumentiert werden. Die oben angesprochene Verweilzeit von 10 Jahren könnte z.B. aufgesplittet werden in die Positionen: Trainee – Ingenieur-Sachbearbeiter – Projektingenieur. Über die Darstellung steigender Verantwortungen oder wechselnder Aufgaben/Projekte kann Dynamik in den Lebenslauf gebracht werden. Gleiches gilt, wenn z.B. Projekte in verschiedenen Ländern abgewickelt wurden. Die Länder sollten ruhig im Lebenslauf genannt werden. Wahrscheinlich waren die Projekte ähnlich, die regionalspezifischen Herausforderungen aber recht unterschiedlich.
Nachweis 3. Seite
Manche Bewerber fügen dem Lebenslauf eine „Dritte Seite“ bei, auf der sie hauptsächlich die Fragen abhandeln: Wer bin ich? Was will ich? Was kann ich? Unabhängig, vom Sinn oder Unsinn einer solchen Seite, können Ingenieure hier ihre Qualifikationen hinsichtlich der Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit ansprechen. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn derartige Qualifikationen in der Anzeige zur offenen Position gefragt sind oder zu vermuten ist, dass sie eine entscheidende Rolle spielen, was auch für eine Initiativbewerbung gilt.
Bei der Frage „Wer bin ich?“ werden in der Regel Persönlichkeitsmerkmale aufgeführt. Dazu können jetzt Begriffe gebracht werden, die auf Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit abzielen und den Personalern aus den Anzeigen in ähnlicher Weise bekannt vorkommen. Hier einige Beispiele: „Fachliche/persönliche Flexibilität“, „Aufgeschlossen gegenüber Neuem“, „Lernfähig“, „Weiterbildungsbereitschaft“.
Nachweis in den Unterlagen
Bei den Bewerbungsunterlagen steht mancher vor der Qual der Wahl, geht es darum, Seminar-, Trainings- und Schulungsbescheinigungen beizufügen. Seminare, Trainings, Coachings, die Kompetenzen hinsichtlich Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit vermitteln wird es in den seltensten Fällen geben. Wenn absolviert, sollten Bescheinigungen beigelegt werden.
Ansonsten verhält es sich wie mit dem Lebenslauf. Die der Bewerbung insgesamt beigefügten Nachweise (Zeugnisse, Seminarbescheinigungen etc.) müssen beim Leser letztlich zu dem Urteil führen, dass die gefragten Schlüsselqualifikationen Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit vorhanden sind. Hinsichtlich der Seminarbescheinigungen sollte möglichst ein breites (buntes) Spektrum abgebildet werden. Arbeitszeugnissen sollten eine gewisse Bandbreite von Aufgaben und Projekten enthalten, um hier Flexibilität nachzuweisen. Bei längeren Verweilzeiten bei einem Arbeitgeber sollten aus gleichem Grunde die verschiedenen Stationen in den Zeugnissen dokumentiert werden, auch die dazugehörigen Verantwortlichkeiten etc.
Nachweis im Qualifikationsprofil
Im Qualifikationsprofil stellt der Bewerber neben einer Kurzbiographie in vier oder fünf Schwerpunkten seine Berufserfahrung dar. Unter einzelnen Schwerpunkten können jetzt Ausführungen folgen, die ähnlich wie bei den Stationen im Lebenslauf Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit betonen, z.B. „Einarbeitung in das neue Maintenance Management System“, „Erlernen der Konzernsprache Französisch“. Im Rahmen der Kurzbiographie kann eine Zeile den gesamten Persönlichkeitsmerkmalen gewidmet werden. Hier gilt es, einen interessanten Mix zusammenzustellen, in dem Begriffe fallen können, die Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit untermauern. Hier ein Beispiel für einen solchen Mix: „Hohe Lernfähigkeit, geistige Beweglichkeit, situative Lösungsansätze, Mut zu neuen Wegen.“
Insgesamt wird aber das gesamte Qualifikationsprofil zur Beurteilung von Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit herangezogen.
Nachweis im Vorstellungsgespräch
Die Themen Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit werden im Vorstellungsgespräch mehr oder weniger direkt oder indirekt angesprochen, je nach Tendenz der Stellenausschreibung. Unabhängig davon sollte der Ingenieur das Thema von sich aus ansprechen, wenn diesbezügliche Eigenschaften in der Anzeige aufgeführt wurden oder die Vermutung nahe liegt, dass sie eine Schlüsselrolle spielen, wie etwa im technischen Vertrieb, Produktmanagement, Produktion usw. Der Ingenieur kann zudem in den eigenen Fragen und Antworten jede Menge diesbezügliche Fähigkeiten, Qualifikationen und Erfahrungen abbilden. Hilfreicher als theoretische Abhandlungen sind Beispiele aus der Berufspraxis, aus Praktika usw.: „Wir kamen erst durch eine andere Betrachtung zu den neuen technischen Services. Bislang bestimmten überwiegend Anregungen aus unserer eigenen Entwicklung die Dienstleistungen. Heute sind es die Produktionsleiter der Kunden, die die angebotenen Serviceleistungen wesentlich beeinflussen. Wir mussten hier alle umlernen.“
Zur Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch empfiehlt es sich zudem, eine Liste aller bisher abgewickelten Projekte und Aufgaben anzulegen und im Vorfeld nochmals zu hinterfragen, welche besonders geeignet sind, Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit nachzuweisen. Es fällt dann leichter, die konkreten Berufserfahrungen im Vorstellungsgespräch ins Spiel zu bringen oder bei anderweitigen Fragen über kleinere Umwege zum Thema Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit zurückzukehren.
Nachweis in der Praxis
Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit fallen besonders in der Probezeit auf, wenn es darum geht, das neue Arbeitsumfeld zu ergründen und sich in neue Aufgabenstellungen und Projekte einzuarbeiten. Da nörgelt der Neue etwa sehr schnell an bewährten Konzepten und Abläufen herum, weil er sich in die neue Arbeitswelt nicht hineindenken kann oder will. Ein anderer neuer Mitarbeiter beruft sich in der Probezeit ständig auf seine Stellenbeschreibung, die vom Arbeitsalltag mehr oder weniger abweicht.
Gerade Kandidaten, die sich in der Vergangenheit nur selten in neue Aufgaben, Projekte, Positionen und Unternehmen einarbeiten mussten, tun sich hier schwer. Für sie ist das Risiko besonders hoch, bereits in der Probezeit zu scheitern. Sehr wichtig ist es daher, sich für die Einarbeitungszeit eine methodische Herangehensweise zu überlegen, wie man die neuen Aufgaben und deren Umfeld systematisch erschließen kann (etwa mit Analysemethoden aus dem Prozessmanagement). Gefragt ist zudem eine flexible Denkhaltung. Wahrscheinlich wird beim neuen Arbeitgeber vieles anders gemacht als beim alten.
Bedeutung
Fach-/Management Laufbahn
Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit gehören in der heutigen schnelllebigen Welt zu den wichtigsten Schlüsselqualifikationen für Ingenieure. Die Schlagzahl des Marktes ist hoch, der Unternehmensdruck zur Innovation und Rationalisierung enorm. Die Ingenieure sehen sich daher immer kürzeren Lebenszyklen von Produkten, Anlagen, Maschinen, Werkzeugen usw. gegenüber. Immer rascher muss nachgelegt werden und die Änderungs- und Neuentwicklungsprojekte stehen unter einem erheblichen Zeitdruck. Egal, auf welchem Berufsfeld sich der einzelne Ingenieur bewegt, er wird zunehmend mit neuen oder sich schnell wandelnden Technologien, Werkstoffen, Prozessen usw. konfrontiert. Hiermit muss man sich schlichtweg auseinandersetzen und sich das neueste Wissen aneignen, um sich auf diese Weise am Puls der Zeit zu bewegen und als Ingenieur gefragt zu bleiben. Dies gilt umso mehr, je stärker sich der Ingenieur in der fachlichen Laufbahn bewegt.
Was das Management betrifft, werden die Anforderungen an interdisziplinäres, betriebswirtschaftliches und internationales/interkulturelles Denken immer größer. Im Zeitalter der Globalisierung und des Druckes der Unternehmen, Gewinne um (fast) jeden Preis zu maximieren, sind dies Wesenszüge, die das technische Management zunehmend nachweisen muss. Keine Frage, um hier die richtige Denkhaltung zu entwickeln, erfordert dies von Ingenieuren in Führungsfunktionen ein hohes Maß an Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit.
Berufsfeldspezifische Bedeutung
Die berufsfeldspezifische Bedeutung für die Schlüsselqualifikation „Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit“ lässt sich anhand einer Auswertung von rund 4.000 Stellenanzeigen, die im Jahr 2012 auf ingenieurkarriere.de geschaltet wurden, ableiten. In den Stellenanzeigen wurde nach Begriffen gesucht, die direkt auf die jeweilige Schlüsselqualifikation abzielen. Demnach zeigte sich für die Schlüsselqualifikation „Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit“ folgendes Ergebnis:
Sehr hohe Bedeutung
- Forschung und Lehre
Hohe Bedeutung
- Arbeitssicherheit, Umweltschutz, Anlagensicherheit
- Produktmanagement
- Konstruktion
- Forschung und Entwicklung
- Technischer Vertrieb, technisches Marketing
- Qualität, Material- und Güteprüfung
- Wartung, Instandhaltung, Inbetriebnahme
- Montageorientierte Produktion/Verfahrenstechnische Produktion
- Projektmanagement
- Technischer Einkauf
- Logistik (Produktion, Vertrieb, Einkauf)
Mäßige Bedeutung
- Technische Unternehmensleitung/Geschäftsführung
Unter den 11 ausgewerteten Schlüsselqualifikationen nimmt die Schlüsselqualifikation „Flexibilität, Lernbereitschaft und Lernfähigkeit“ Rang 5 ein und liegt somit im vorderen Mittelfeld der Rangliste.
Für die Berufsfelder „Engineering im Anlagenbau“, „Controlling/Kalkulation/Projektierung“ und „Facility Management“ gab es keine gesonderten Auswertungen. Die Berufsfelder „Engineering im Anlagenbau“ und Controlling/Kalkulation/Projektierung“ lassen sich wohl am ehesten mit dem Berufsfeld „Projektmanagement“, das Berufsfeld „Facility Management“ mit dem Berufsfeld „Wartung, Instandhaltung, Inbetriebnahme“ auf eine Stufe bringen.
Weiterbildungsmöglichkeiten
Seminare/Schulungen/Coaching
Generelle Seminare zum flexiblen Denken/Handeln werden so gut wie nicht angeboten. Selten gibt es Angebote, die sich mit „alternativen“ Denkansätzen beschäftigen, in denen dann Flexibilität eine wichtige Rolle spielt. Häufiger finden sich dagegen Angebote in Richtung Lernen: Grundlagen des Lernens, Lernmethoden und Lerntechniken, Ansatz des lebenslangen Lernens. Situatives (flexibles) Führen wird oft in allgemeinen Führungsseminaren im Rahmen der Darstellung der unterschiedlichen Führungsstile besprochen. Was die Lerntechniken angeht, gibt es gleichfalls eine Reihe von Einzelseminaren z.B. zum Mind-Mapping, NLP u.a. Die Flexibilität als Denkhaltung zu erhöhen, ist dagegen eher ein Thema für das Coaching oder Kleingruppenseminare, die zentrale Themen aufgreifen wie: Innere Flexibilität und Stabilität in Zeiten des Wandels gewinnen oder Flexibilität und Belastbarkeit stärken.
Literatur
Das Literaturangebot zu diesem Themengebiet ist sehr vielfältig, was die Themen Lernmethoden und Lernen generelle betrifft. Beim Thema Flexibilität wird es da schon schwerer. Hier eine kleine Literatursammlung:
- Meyer, Jens-Uwe, Das Edison-Prinzip, Campus
- Müller, Horst, Mind Mapping, Haufe-Lexware
- Hofmann, Eberhardt; Löhle, Monika, Erfolgreich Lernen, Hofgrefe-Verlag
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