Ingenieure als Markenbotschafter? – So kann es gehen!
In diesem Interview spricht Gerlind Hartwig, Expertin für Selbstmarketing, über das Thema Markenbotschafter im Ingenieurwesen. Sie erklärt, worauf es dabei ankommt und gibt Tipps, wie man ein erfolgreicher Markenbotschafter werden kann.
Frau Hartwig, was verstehen Sie unter einem Markenbotschafter?
Ein Markenbotschafter ist eine Person oder Gruppe (z. B. Kunden, Geschäftspartner, Influencer und vor allem Mitarbeitende), die eine Marke oder ein Unternehmen freiwillig unterstützen und positiv darüber sprechen. Wenn jemand von einem Produkt oder einer Marke (Unternehmen) begeistert ist und diese Begeisterung mit anderen teilt, fungiert er effektiv als positiver Markenbotschafter.
Häufig wird der Begriff „Markenbotschafter“ in einem professionellen oder marketingorientierten Kontext verwendet. In diesem Fall bezieht sich ein Markenbotschafter auf jemanden, der bewusst von einer Marke oder einem Unternehmen als offizieller Repräsentant ausgewählt wird. Diese können entweder prominente Persönlichkeiten, Influencer oder auch Kunden sein, die von der Marke für ihre Reichweite, Glaubwürdigkeit oder ihren Einfluss gewählt werden, um für das Unternehmen zu werben.
In meinen Vorträgen und Beratungen während der vdi nachrichten Recruiting Tage liegt jedoch mein Fokus auf der eigenen Marke. Ich spreche da gerne von der ICH-Marke. Auch als „Personal Branding“ bekannt. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass sie selber eine Marke sind, also eine „Personal Brand“ sind. Auch nicht, dass sie immer ein Image nach Außen transportieren.
Jeder Mensch ist beruflich und privat sein eigener Markenbotschafter. Ich ermutige meine KundInnen, ihr Image, also ihre ICH-Marke gezielt und positiv aufzubauen. Die fachliche Kompetenz ergänzen wir durch die sogenannten Soft-Skills. Umgangsformen, Outfits, Auftreten, verbale und non-verbale Kommunikation dürfen hier je nach Persönlichkeit erlernt, integriert und vor allem authentisch angewendet werden. Die Reputation und Sichtbarkeit werden erhöht.
Sich selber positiv und stimmig „vermarkten“
Was sind die Aufgaben eines Markenbotschafters?
Geht es um die ICH-Marke, also die „Personal Brand“ dann sehe ich die Aufgaben darin, sich selber positiv und stimmig zu „vermarkten“. Und zwar mit der notwendigen Substanz an fachlicher Qualifikation und Soft-Skills. Um für sich selbst und auch den Arbeitgeber die besten Ergebnisse zu erzielen.
Mitarbeitende, die, wie erwähnt, auch immer Markenbotschafter*innen sind, repräsentieren ihre Arbeitgeber. Die Aufgaben können unterschiedlich nach Unternehmen und Ziel definiert werden. Zum Beispiel ein Unternehmen, ein Produkt, ein Projekt bzw. Organisation bekannt zu machen. Bestimmte Wertevorstellungen nach außen zu transportieren, Kunden zu akquirieren, Verkäufe oder Umsätze zu steigern, neue Bezugsquellen zu eröffnen, Mitarbeitende zu gewinnen, das Bewusstsein für bestimmtes Handeln schärfen usw.
Letztendlich geht es immer darum, ein positives Bild und Glaubwürdigkeit zu vermitteln.
Gibt es einen Unterschied zwischen Markenbotschaftern und Corporate Influencer?
Corporate Influencer und Markenbotschafter werden oft synonym verwendet, aber es gibt einen kleinen Unterschied zwischen den beiden Konzepten. Wie schon erklärt, können Kunden, Partner oder andere externe Meinungsführer eine bestimmte Marke freiwillig unterstützen und ihre positiven Erfahrungen teilen. Sie sind auf unterschiedliche Weise mit dem Unternehmen verbunden.
Corporate Influencer sind in erster Linie Mitarbeitende eines Unternehmens. Sie nutzen ihre Expertise und ihr Wissen, um das Unternehmen und seine Produkte, Dienstleistungen oder Projekte zu fördern. Diese Mitarbeitenden eines Unternehmens haben in den sozialen Medien oder anderen Online-Plattformen eine bedeutende Präsenz. Ihre Fachkenntnisse, Erfahrungen, Meinungen zu Themen, die im Zusammenhang mit ihrem Arbeitgeber stehen, teilen und kommentieren sie auf den verschiedenen Plattformen. Im Wesentlichen nutzen sie ihre persönliche Glaubwürdigkeit und Reichweite, um die Sichtbarkeit und das Image des Unternehmens zu verbessern und eine engagierte Online-Community aufzubauen. Die Aufgaben eines Corporate Influencers variieren je nach Unternehmen und Branche, aber im Allgemeinen umfassen sie:
- Content Creation
- Community Engagement
- Markenbotschafter
- Tought Leadership
- Unterstützung von Marketing- und Vertriebsaktivitäten
Nicht alle Mitarbeitenden sind automatisch geeignet, ein Corporate Influencer zu sein. Corporate Influencer und Markenbotschafter können jedoch beide dazu beitragen, das Ansehen und die Sichtbarkeit eines Unternehmens zu verbessern. Indem sie ihre Glaubwürdigkeit und Reichweite nutzen, um eine positive Botschaft zu verbreiten.
Wenn eine Person sich selbst als Marke positioniert
Wir sprechen auch von Selbstmarketing. Was gehört noch dazu?
Der Aufbau der ICH-Marke (Personal Branding) und Selbstmarketing sind zwei eng miteinander verbundene Konzepte. In der heutigen Zeit werden sie immer wichtiger, insbesondere in einem zunehmend wettbewerbsorientierten Arbeitsmarkt. Sie ermöglichen es Arbeitnehmenden ihre einzigartigen Fähigkeiten, Erfahrungen und Persönlichkeitsmerkmale hervorzuheben. Mit dem Ziel, sich von anderen abzuheben und beruflichen Erfolg zu erzielen.
Personal Branding ist der Prozess, bei dem eine Person sich selbst als Marke positioniert. Es geht darum, ein konsistentes und authentisches Image aufzubauen, das die eigenen Werte, Stärken, Visionen und Ziele repräsentiert. Ähnlich wie bei einer Unternehmensmarke geht es beim Personal Branding darum, eine klare Identität zu schaffen, die von anderen positiv wahrgenommen und anerkannt wird.
Selbstmarketing ist der Aktionsplan, mit dem eine Person ihre persönliche Marke fördert und sich selbst effektiv in verschiedenen beruflichen Kontexten vermarktet. Es geht darum, die eigene Marke bekannt zu machen und sich als wertvolle Ressource und Experte in einem bestimmten Bereich zu positionieren.
Größte Fehler beim Personal Branding
Gibt es potenzielle Fehler oder Risiken, die angehende Markenbotschafter*innen berücksichtigen sollten?
Beim Personal Branding ist es meiner Meinung nach der größte Fehler, sich nicht bewusst zu sein, dass man eine Marke und damit ein Markenbotschafter ist.
Natürlich lauern auch manche Stolperfallen. Diese sind manchmal in einem geringen (teilweise unbewussten) Selbstwertgefühl oder in einer Überheblichkeit begründet. Auch Ungeduld oder eine falsche Erwartungshaltung können zu Frustration führen. Mit meinen Kunden beginne ich beim Markenaufbau immer mit einer Standortbestimmung. Wir erarbeiten viele Details und definieren dann das Ziel. Erst wenn der Ausgangsort und das Ziel bekannt sind, legen wir die Route und entsprechende Tools fest.
Möchten Ingenieure*innen ganz bewusst Markenbotschafter*innen für ihren Arbeitgeber werden, dann könnten bei den nächsten Punkten Fehler oder Risiken lauern:
- Fehlende Kommunikationskompetenz: Es ist entscheidend, komplexe Themen klar und verständlich für die Zielgruppe zu kommunizieren.
- Fehlende Klarheit: Die Erwartungshaltung beider Seiten und der Prozess werden nicht präzise definiert und kommuniziert.
- Image Risiko: Markenbotschafter sind mit der Marke verbunden und ihr persönliches Verhalten und ihre Handlungen können sich auf die Wahrnehmung der Marke auswirken.
- Unterschiedliches Werteempfinden: Stimmt das persönliche Wertegerüst nicht mit dem des Arbeitgebers überein, entstehen Konflikte. Trotz aller Professionalität wirken sich diese irgendwann auf die Leistung und die interne sowie externe Kommunikation aus.
- Zeitmanagement: Regelmäßigen Content für die sozialen Medien und weiteren Online-Plattformen zu erstellen, erfordert Kompetenz und Zeit. Begleitend zum regulären Tagesgeschäft kann das Stress erzeugen.
Ich empfehle, Erwartungen, Zeitaufwand, Kompetenzen, Bereitschaft usw. im Vorfeld offen zu kommunizieren und in regelmäßigen Zeitabständen zu reflektieren.
Authentizität, Vertrauenswürdigkeit und ein verantwortungsbewusster Ansatz sind Schlüsselfaktoren für eine erfolgreiche Markenbotschafter-Partnerschaft als Ingenieur.
Welche Vorteile ergeben sich für Unternehmen, wenn ihre Mitarbeitende als Markenbotschafter fungieren?
Markenbotschafter spielen eine wichtige Rolle in der modernen Marketingstrategie, da sie dazu beitragen können, das Vertrauen in das Unternehmen aufzubauen und die Glaubwürdigkeit einer Marke zu stärken.
Eigene Mitarbeitende, sind ein lebendiges Beispiel für die Werte, Visionen und Missionen. Durch den persönlichen Bezug und die Verbundenheit zum Arbeitgeber erzielen sie eine positive und authentische Wirkung auf Kunden, Mitarbeitende, Geschäftspartner, Stakeholder, mögliche Investoren und neue Mitarbeitende.
Ein Potenzial, das meiner Meinung nach viel stärker genutzt werden darf. Arbeitgeber sollten ganz gezielt ihre Mitarbeitenden unterstützen, ihre ICH-Marke aufzubauen. Starke „Personal Brands“ beeinflussen den Erfolg des Unternehmens.
Ingenieure*innen als Markenbotschafter
Welche Schritte kann ein Ingenieur oder eine Ingenieurin unternehmen, um ein erfolgreicher Markenbotschafter*in zu werden?
- Das Fachwissen auf- und ausbauen. Die Glaubwürdigkeit wird durch ein fundiertes Fachwissen gestärkt.
- Die eigenen beruflichen Leidenschaften identifizieren. So kann eine authentische Verbindung zur Arbeit und der entsprechenden Marke aufgebaut werden.
- Die eigene Marke aufbauen.
- Ein passendes Unternehmen finden, welches die eigenen Werte teilt. Es ist entscheidend, sich mit der Marke identifizieren zu können. Ein echtes Engagement für die Marke wird die Glaubwürdigkeit als Markenbotschafter stärken.
- Mit anderen Fachleuten vernetzen, um sich als Experte zu positionieren.
- Fachwissen und Erfahrungen teilen. Das zeigt nicht nur die Kompetenz, sondern auch die Fähigkeit, komplexe Themen verständlich zu vermitteln.
- Konsistent und authentisch sein.
- Geduldig bleiben. Der Aufbau einer starken Präsenz als Markenbotschafter erfordert Zeit und Mühe.
- Reflektieren und Anpassen. Was funktioniert darf ausgebaut werden. Ansonsten die Strategie anpassen.
- Ein erfolgreicher Markenbotschafter denkt langfristig und arbeitet kontinuierlich an seiner Präsenz und Reputation. Es ist eine Investition in die persönliche Marke und kann langfristig positive Auswirkungen auf die Karriere als Ingenieur haben.
Können Sie erfolgreiche Beispiele für Markenbotschafter im Ingenieurwesen nennen?
In den letzten Jahren durfte ich viele Ingeneur*innen durch den Prozess des Markenaufbaus begleiten. Sowohl bei dem Aufbau der ICH-Marke und auch im Auftrag von Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden fördern und weiterentwickeln. Mit einigen bin ich immer mal wieder in Kontakt. Auch über die „Sozialen Netzwerke“ bekomme ich noch so manches mit. Es ist mir jedes Mal eine Freude zu sehen, wie sich diese Menschen entwickelt haben und eine starke Marke vertreten. Ich bin dankbar, dass ich einen Teil dazu beitragen durfte. Namen von meinen Kund*innen möchte und darf ich nicht nennen. Wenn ich jedoch die Aktivitäten von Mitarbeitenden der VDI-Gruppe auf den bekannten „Social Media“ Plattformen betrachte, dann bin ich dort schon auf ein paar starke Markenbotschafter getroffen.
Welche Ratschläge haben Sie für Ingenieure, die als Markenbotschafter aktiv werden möchten?
Die Grundlage ist eine starke, authentische und positive ICH-Marke. Wie ich schon erwähnt habe, kann und vor allem sollte diese aktiv aufgebaut und stetig weiterentwickelt werden. Oft ist ein Blick von außen hilfreich, um neue Impulse zu bekommen.
Ingenieure, die für ihr Unternehmen als Markenbotschafter aktiv werden möchten, sollten dies mit ihrem Arbeitgeber besprechen. Meiner Erfahrung nach ist es wichtig, ein Ziel zu benennen und gemeinsam eine Strategie zu entwickeln. So profitieren beide Seiten davon. Denn es werden 2 Marken gestärkt. Die ICH-Marke und die Unternehmensmarke.
Vielen Dank für das Interview!
Zu diesem Thema spricht Gerlind Hartwig bei unserem Recruiting Tag in Dortmund am 01. September 2023.
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