Soft Skills 20.07.2022, 10:10 Uhr

Integrität: Solide Basis für Vertrauen im Job

Integrität gilt als wichtiger Wert. Doch ist vielen ist gar nicht klar, was unter der alten Tugend zu verstehen ist. Und eine große Herausforderung ist es ohnehin, immerzu moralisch, ehrlich und standhaft zu sein. Doch es zahlt sich am Ende, möglichst integer zu sein.

Der moralische Kompass: Integrität im Job zahlt sich aus. Foto: Panthermedia.net/BrianAJackson

Der moralische Kompass: Integrität im Job zahlt sich aus.

Foto: Panthermedia.net/BrianAJackson

Integrität zählt zu den Eigenschaften, denen die meisten einen hohen Wert beimessen. Doch was genau ist unter der Tugend eigentlich zu verstehen? Und ist das überhaupt zu schaffen, stets integer zu sein?

Klar ist: Es lohnt sich, einem moralischen Kompass zu folgen. Im Job oder im Geschäftsleben ist Integrität von Vorteil, um so echtes Vertrauen zu schaffen.

Was ist Integrität?

Integrität definiert der Duden als „Makellosigkeit, Unbescholtenheit, Unbestechlichkeit“. Auch Geradlinigkeit oder Redlichkeit werden oft als Synonyme verwendet. Das Cambridge-Wörterbuch sieht darin die “Qualität, ehrlich zu sein und starke moralische Prinzipien zu haben, von denen man auch nicht abweicht.“ Das Online-Wörterbuch Wiktionary beschreibt Integrität als „die charakterliche Unbescholtenheit, Unversehrtheit oder Unverletzlichkeit von jemandem“.

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Übersetzung von Integrität:

Der Begriff geht auf die lateinische Bezeichnung Integritas zurück. Damit ist ein „unbeschädigter, unverdorbener Zustand“ gemeint. Übersetzt heißt integer so viel wie „unbeschädigt, heil“. Dies spiegelt sich auch im politischen Konzept der „territorialen Integrität“ wider, die ebenfalls einen unbeschädigten, ungeteilten, ganzheitlichen Zustand beschreibt.

Gegenteil von integer:

Auf der zwischenmenschlichen Ebene ist Integrität zweifellos ein Merkmal charakterstarker Personen, die ihr Handeln nach festen Werten und Überzeugungen ausrichten und nach dem, was sie sagen. Als Gegenteil von integer lässt sich korrumpierbar nennen.

Menschen, die sich bestechen oder so beeinflussen lassen, dass sie nicht mehr zu ihren Werten, Überzeugungen, Zusagen oder Versprechen stehen, sind nicht integer. Auch Organisationen und Unternehmen können integer sein und sich dementsprechend verhalten – oder eben nicht. Integrität ist für eine erfolgreiche Unternehmensführung zwar nicht unbedingt Voraussetzung, aber hilfreich.

Wie verhalte ich mich integer?

Ein integrer Mensch lässt sich von Werten und Prinzipien leiten – und setzt sie auch unter schwierigen Bedingungen um. Er hängt sein Fähnchen nicht in den Wind, sondern steht zu dem, was er vorher gesagt und angekündigt hat – selbst dann, wenn negative Konsequenzen drohen. Eine Übereinstimmung zwischen Wort und Tat, zwischen Ankündigung und Umsetzung, zwischen Theorie und Praxis ist ein Ausdruck von Integrität.

Werte definieren:

Im Unternehmen stehen speziell Führungskräfte im Blickpunkt und in der Verantwortung. Sie verhalten sich integer, wenn sie nicht nur ihre eigenen, sondern auch die Werte des Unternehmens vertreten und danach handeln. Transparenz und Kommunikation sind dafür Voraussetzung. Werte müssen zuvor definiert und kommuniziert worden sein; andernfalls ist es unmöglich, jemanden auf Einhaltung ebendieser zu kontrollieren.

Probleme bei der Umsetzung:

In der Realität ist es schwierig bis unmöglich, immerzu ehrlich, redlich und unbestechlich zu sein. Im Arbeitsalltag gibt es abweichende Interessen und Standpunkte, Strömungen und Meinungen, Dynamiken und Trends. Hundertprozentige Integrität – sie gibt es wohl nur auf dem Papier. Zudem sollte man nicht den Fehler begehen, Menschen in zwei Gruppen – die Redlichen und die Unredlichen – einzuteilen. Die Grenzen sind wie so oft fließend. Auch vermeintlich ehrliche Menschen sagen nicht immer die Wahrheit, greifen schon mal auf eine Notlüge zurück. Und vermeintlich unehrliche Menschen haben auch Gewissensbisse, Skrupel, sind nicht per se geborene Manipulateure. Und jeder kann durchaus im Laufe der Zeit – durch gewonnene Erfahrungen oder ein geschärftes Unrechtsbewusstsein – Integrität herausbilden.

4 Schritte auf dem Weg zu mehr Integrität

  1. Wertebestimmung

    Am Anfang steht das eigene Wertekorsett, das oft erst noch errichtet werden muss. Welche Wertvorstellungen haben Sie, welche Werte sind Ihnen wichtig, welche weniger? Für welche Werte steht Ihr Arbeitgeber ein? Nur wer die Werte, die er konsequent vertreten will, überhaupt kennt, kann integer sein.

  2. Selbstreflexion

    Auch ein Blick in die Vergangenheit kann helfen. In welchen Situationen haben Sie redlich und vorbildlich gehandelt – und in welchen nicht? Was waren die Auslöser für nicht-integres Verhalten? Lassen Sie sich womöglich zu leicht von anderen beeinflussen, zu schnell unter Druck setzen, zu einfach überzeugen? Standortbestimmung und Selbstreflexion helfen bei der Einordnung. Daraus können Sie Ihr zukünftiges Handeln ausrichten.

  3. Realismus

    Wer Werte wie eine Monstranz vor sich herträgt, wird oft als Moralapostel oder Sonntagsprediger verspottet – erst recht, wenn er oder sie den hehren Maßstäben selbst nicht genügt. Bleiben Sie realistisch – absolute Ehrlichkeit und Redlichkeit sind de facto unmöglich. Wenn Ihnen beispielsweise Pünktlichkeit im Beruf sehr wichtig ist, dann werden Sie trotzdem nicht zu jedem Termin in Ihrem Leben pünktlich erscheinen können. Diese Erkenntnis ist wichtig, um auf der Suche nach Rechtschaffenheit und Integrität nicht unterzugehen.

  4. Fehlerakzeptanz

    Integrität sollte mehr sein als nur ein Wort. Speziell Führungskräfte üben Macht aus im Unternehmen. Sie haben die Möglichkeit, integres Verhalten aktiv zu fördern. Dies kann sich ganz handfest in Beförderungen und Gehaltserhöhungen widerspiegeln, mit denen gute und ehrliche Mitarbeiter belohnt werden. Gleichzeitig wollen Sie, dass die Mitarbeiter kritisch sind und Fehler offen ansprechen. Dafür benötigen sie Mut. Ohne funktionierende Fehlerkultur im Unternehmen geht es nicht.

Welche Charaktereigenschaften hängen mit Integrität zusammen?

Eine integre Persönlichkeit übernimmt Verantwortung für ihr Handeln. Sie ist aufrichtig und konsequent, macht sich nicht von Stimmungsschwankungen und Meinungsumschwüngen abhängig, sondern bleibt sich selbst treu. Dazu gehören vor allem viel Mut und Charakterstärke – und ein gefestigtes Weltbild und Selbstbild.

Integrität ist demnach auch eine wichtige Führungseigenschaft. Denn sie fördert zugleich positive Eigenschaften in anderen Menschen. Beweist eine Führungskraft fortwährend Integrität, baut dies bei anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Motivation und Loyalität auf.

Welche Eigenschaften sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor allem von ihren Vorgesetzten wünschen, lesen Sie hier.  

Die Top 3-Eigenschaften integrer Menschen

Laut einem Beitrag der US-Wissenschaftler Michael E. Palanski und Francis J. Yammarino, der 2007 im Fachmagazin European Management Journal erschienen war, fußt Integrität auf drei Charaktereigenschaften:

  1. Moral: Eine integre Persönlichkeit handelt nicht ausschließlich egoistisch, sondern versucht, eigene Interesse mit denen der anderen auszutarieren und ins Gleichgewicht zu bringen.
  2. Authentizität: Echt sein, indem man etwa das tut, was man vorher angekündigt hat. Aus Authentizität entsteht Glaubwürdigkeit.
  3. Standhaftigkeit: Zu Werten stehen und danach handeln – insbesondere auch dann, wenn äußere Widerstände zunehmen oder Nachteile damit verbunden sind.

Wie baue ich Vertrauen auf?

Integrität bedingt Vertrauen – in die eigenen Werte, aber auch in die eigene Stärke und Handlungsfähigkeit. Gleichzeitig werden Menschen vertrauenswürdig, wenn sie integer handeln. Das gilt sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext. Laut Duden ist Vertrauen „festes Überzeugtsein von der Verlässlichkeit, Zuverlässigkeit einer Person, Sache“.

8 Maßnahmen, mit denen Sie Vertrauen aufbauen

  1. Reden: Regelmäßig miteinander sprechen, sich austauschen, Lob und Kritik teilen. Eine offene und aktive Kommunikation schafft Vertrauen, verhindert das Gefühl, ausgegrenzt oder ausgeschlossen zu werden.
  2. Zuhören: Wo und wie unterscheiden sich Ihre Werte von denen Ihres Gegenübers? Wie nimmt er Sie wahr? Wann haben Sie zuletzt Vertrauen verspielt? Aktives Zuhören hilft, die Vertrauensbasis auf eine Grundlage zu stellen.
  3. Helfen: Feuerwehrleute, Polizisten, Krankenschwestern, Apotheker, Ärzte und Lehrer landen regelmäßig ganz vorne in den einschlägigen Berufe-Rankings. Der Grund: Sie helfen anderen Menschen. Wenn Sie das am Arbeitsplatz auch tun, gewinnen Sie das Vertrauen Ihrer Kollegen.
  4. Zusammensein: Vertrauen entsteht teils sogar automatisch, wenn Sie längere Zeit mit Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten. Ein gelungenes Projekt, eine gemeisterte Deadline, ein konstruktives Meeting – all das sind vertrauensbildende Maßnahmen.
  5. Überstehen: Eine Krisensituationen ist immer auch eine Chance. Wenn Sie eine schwierige Situation gemeinsam – und nicht gegeneinander – meistern, entsteht Vertrauen. In diesen Situationen zeigt sich, ob Sie wirklich standhaft, verlässlich und integer sind.
  6. Einweihen: Weihen Sie Kolleginnen und Mitarbeiter – so lange keine internen Gründe dagegen sprechen – in Abläufe ein, versorgen Sie sie mit Informationen. Freilich sind Transparenz, Offenheit und Ehrlichkeit nur bis zu einem gewissen Grade möglich. Ist dies nicht möglich, dann gilt: Lieber schweigen als lügen!
  7. Loslassen: Im Unternehmen zeigen Vorgesetzte zum Beispiel durch Mikromanagement, dass sie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht vertrauen. Wer anderen etwas zutraut und ihnen Freiräume gibt, wird im Gegenzug auch mit Vertrauen belohnt.
  8. Entschuldigen: Eine Entschuldigung ist ein starkes Signal. Wenn Sie Sorry sagen, zeigen Sie damit, dass Sie selbstreflektiert und ehrlich zu sich selbst sind, dass Sie ihr eigenes Handeln auf den Prüfstand stellen.

Korruption – der Gegenspieler der Integrität

Von staatlichen Akteuren und Unternehmen wird Integrität erwartet und dass sie sich an geltende Gesetze und Regeln halten. Tun sie dies nicht, öffnen sie der Korruption Tür und Tor. Darum gibt es Verhaltenskodizes, Compliance-Vorschriften oder auch Social Media Guidelines. Sie sollen letztlich die Integrität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fördern – bisweilen auch erzwingen.

Folgen der Korruption:

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen gehen fünf Prozent des globalen Bruttoinlandsprodukts durch Korruption verloren. Korruption gilt als eines der größte Entwicklungshemmnisse, führt zu erhöhten Geschäftskosten, verringertem Wettbewerb und vermindertem Wirtschaftswachstum. Regeltreue von Unternehmen beugt aktiv Betrug, Bestechung, Erpressung und anderen Formen der Korruption vor.

UN Global Compact:

Ein funktionierender Rechtsstaat ist auf integre Staatsdiener angewiesen, die Wirtschaft auf verlässliche Regeln und ehrliche Mitarbeiter.

Schon der frühere US-Präsident Theodore Roosevelt wusste das, er forderte: „Wir müssen die höchste Ordnung der Integrität und Fähigkeit unserer öffentlichen Männer fördern.“

Auch betont der UN Global Compact in seinen zehn Prinzipien neben Menschenrechten, Arbeitsnormen und Umwelt die Korruptionsprävention: „Unternehmen sollen gegen alle Arten der Korruption eintreten, einschließlich Erpressung und Bestechung.“

Allianz für Integrität:

Die UNO arbeitet dabei mit der „Allianz für Integrität“ zusammen. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von Organisationen, Wirtschaftsverbänden und Unternehmen, die sich nach eigener Lesart „gemeinsam für mehr Integrität im Wirtschaftssystem“ engagieren. Initiatoren sind das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und das Global Compact Netzwerk Deutschland. Zu den Partnerunternehmen zählen auch viele Automobil- und Maschinenbauunternehmen.

Wie können Unternehmen durch Integrität Vertrauen schaffen?

So mancher Unternehmensskandal hätte durch eine starke Integritätskultur vielleicht verhindert werden können. Zu den bekanntesten Beispielen zählen etwa der VW-Abgasskandal, die FIFA-Korruptionsaffäre(n) oder die Pleite der US-Bank Lehman Brothers. Unternehmen können durch mangelnde Integrität einen totalen Reputationsverlust, einen Umsatzrückgang oder einen Einbruch des Aktienkurses erleiden und viel Glaubwürdigkeit verspielen.

Stellenwert von Integrität:

Das Thema hat in der Wirtschaft an Relevanz gewonnen. Im Rahmen des Global Integrity Report 2022 des Beratungsunternehmens Ernst & Young sagten überwältigende 97 Prozent der Befragten, dass Integrität wichtig ist. Aus diesem Grunde investieren immer mehr Unternehmen Zeit und Ressourcen in Compliance- und Integritätsschulungen, erarbeiten Unternehmenswerte und Verhaltenskodizes. Gleichzeitig gab mehr als die Hälfte der Befragten in der EY-Umfrage an, dass die Integritätsstandards in ihrem Unternehmen infolge der Corona-Pandemie gleich geblieben sind oder sich sogar verschlechtert haben.

Effektivität von Schulungen:

Darüber hinaus gibt es einen Widerspruch zwischen dem, was die Befragten für wichtig halten, und den Arten betrügerischen Verhaltens, die sie bereit wären zu übersehen oder die sie akzeptieren würden, um einen persönlichen Vorteil zu erzielen. Studien zeigen zudem, dass speziell Compliance-Schulungen meist nur wenig Auswirkungen haben.

Vorteile durch Integrität für Unternehmen

Unternehmen, die Werte mit Leben füllen, können mit einem Reputationsgewinn rechnen. Sie bauen eine starke Marke auf, was wiederum dabei hilft, Absatz, Umsätze, Aufträge und Kundenzufriedenheit zu steigern. Auch nach innen kann Integrität in eine positive Unternehmenskultur, höhere Mitarbeiterzufriedenheit, geringere Fluktuation sowie mehr Produktivität und Engagement der Beschäftigten münden.

So können Unternehmen Vertrauen aufbauen

  1. Definition: Werte, die für das Unternehmen wichtig sind, sollten erörtert und diskutiert werden. Für manche ist die Einhaltung ethischer Standards ein wichtiges Merkmal von Integrität, für andere vor allem die Einhaltung von Gesetzen, Vorschriften und Verhaltenskodizes.
  2. Ausdauer: Bis eine starke Integritätskultur im Unternehmen verankert ist, braucht es vor allem Zeit. Eine Organisation ist träger als ein Individuum. Es dauert länger, bis sie sich geändert, angepasst und erneuert hat. Das sollte berücksichtigt werden.
  3. Personalauswahl: Star-Investor Warren Buffett ist bekannt dafür, Integrität zum Hauptkriterium bei der Rekrutierung neuer Kräfte zu machen. Bewerber, die Intelligenz und Energie mitbrächten, seien wertlos, wenn ihnen zugleich ein guter moralischer Kompass fehle.
  4. Transparenz: Unternehmen schaffen in der Öffentlichkeit Vertrauen, wenn sie ihr Handeln nach dem ausrichten, was sie nach außen kommunizieren. Ein Unternehmen, dass sich als fairer und nachhaltiger Produzent bewirbt, aber in Wahrheit keiner ist, ist alles andere als integer – und beschädigt die eigene Marke.

Ein Beitrag von:

  • Sebastian Wolking

    Sebastian Wolking ist freier Journalist in Hamburg und schreibt seit über 15 Jahren für die VDI Nachrichten. Er beschäftigt sich hauptsächlich mit den Themen Arbeitsmarkt und Karriere.

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