Nein sagen im Job: Warum es nicht gut ist, immer dem Chef zu folgen
Vielen kommt ein Nein im Job schwer über die Lippen. Aber auch Ingenieure sollten an ihren Neinsager-Qualitäten feilen – denn diese befördern eher die Karriere als ihr zu schaden. Tipps für mehr Selbstbewusstsein.
Eigentlich ja nicht schlecht: Ingenieure, die für ihren Job brennen, können schlecht widerstehen – und schultern auf Geheiß des Chefs noch ein weiteres Projekt (obwohl das gar keinen Sinn macht) oder sagen Ja wo ein Nein die klar bessere Wahl gewesen wäre. So kann es kommen, dass man die Software für illegale Abschalteinrichtungen von Diesel-Fahrzeugen schreibt, obwohl man das für den falschen Weg hält. Neinsagen mag mitunter schwer sein, aber es ist meist besser als flotte Jasagerei. Zumal sich der Wind unter deutschen Firmendächern dreht, weil nach etlichen Industrieskandalen von VW & Co. Unternehmen nun selbst eine Widerspruchskultur herauskitzeln wollen. Höchste Zeit. Macht Sinn: Nicht nur, um den Compliance-Officer zu befriedigen, sondern auch um der eigenen Karriere Willen und dem eigenen Standing im Kollegium zuliebe. Denn wer sich immer anpasst, wird als wenig kompetent wahrgenommen oder sogar ausgenutzt.
Konstruktiven Neinsagern werden eher Führungseigenschaften unterstellt, was letztlich die Karriere befördert. Mitarbeiter, die Mut zum Widerspruch haben, machen eher Karriere – zumal ein unbedachtes Ja weniger Eindruck beim Chef schindet als eine gut begründete, konstruktive Absage.
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Nein sagen im Job: Warum es nicht gut ist, immer dem Chef zu folgen
„Jasagern fehlt oft das nötige Selbstbewusstsein“, weiß Management- und Etikette-Trainerin Anke Quittschau. Nur wer seine Stärken kenne und ausbaue, strahle Selbstbewusstsein aus.
„Dabei hilft, sich an Situationen zu erinnern, in denen man sich sicher gefühlt hat. Diese innere Haltung zeigt sich dann verstärkt auch in der Körpersprache“, rät Quittschau.
Wichtig findet sie die Frage, warum Neinsagen eigentlich so schwerfällt? Die häufigsten Gründe:
- Wir wollen andere nicht vor den Kopf stoßen.
- Wir erhoffen Anerkennung und Wertschätzung.
- Wir wollen andere nicht verletzen.
- Wir fürchten Konsequenzen.
„Von frühester Kindheit an haben wir gelernt, dass das Wort Nein von den Eltern ernst zu nehmen ist und eventuell Konsequenzen haben kann. Es fällt uns also nicht gerade leicht, ein Nein auszusprechen“, weiß die Kommunikationsexpertin. Daher seien auch Ingenieure nicht per se schlechte Neinsager. Aber sie neigen dazu.
Wie alle anderem allzu Geschmeidigen auch, schweben sie in Gefahr, ihr eigenes Image nicht selber zu gestalten, sondern es von anderen aufgedrückt zu bekommen.
Quittschau: „Ob das dann immer so ausfällt, wie es wirklich ist, sei in Frage gestellt.“
Besser ist: Selbst die Initiative ergreifen, auch indem Unsinniges beizeiten abgeblockt wird, und darüber reden – so wird man wahrgenommen und letztlich die Karriere befördert.
Neinsager machen eher Karriere
Kommunikative Eigenschaften wie ein Gekonntes Nein sind ausschlaggebend, um sich zum richtigen Zeitpunkt Gehör zu verschaffen, erklärt Quittschau: „Wie oft macht sich Frust breit, weil sich mal wieder der lautere Kollege durchgesetzt hat, obwohl man selbst über das bessere Fachwissen verfügt.“ Für eine erfolgreiche Karriere spiele die fachliche Kompetenz leider eine häufig überschätzte Rolle. Natürlich ist sie die Grundlage. „Aber mindestens genauso wichtig sind Faktoren wie Social Skills und Beziehungen“, so die Trainerin. Wer sagt, was er will (oder nicht will), kann sich besser positionieren. Wer darauf wartet entdeckt zu werden, wird oft übersehen.
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Doch wie lässt sich Neinsagen und Selbstbehauptung im Job lernen? Basis ist, an einer sauberen Sprache und Konkretion in jeder Lebenslage zu arbeiten. „Wer seine Argumente häufig in ein unverbindliches ‚man‘ verpackt und davon spricht, dass ‚Wir möglicherweise unter Umständen in Betracht ziehen sollten…‘, wirkt nicht überzeugend und macht sich angreifbar“, sagt Quittschau. Ideen, Konzepte und Vorschläge werden so nicht ernst genommen. Durchsetzungsstarke Kollegen nutzen jetzt die Lücke zum Gegenangriff. „Deshalb sollte man seinen Sprachstil überprüfen und trainieren“, ist Quittschaus dringender Rat.
„Maßgeblich ist, dass Chef und Kollegen von der Stärke einer Person Kenntnis nehmen. Und das gelingt nur, wenn Meinung, Kritik oder Ideen klar und präzise formuliert sind.“
Nein sagen kann man üben
Wer Nein sagen kann, wenn er Nein meint, gewinne an Respekt. Das ist reine Übungssache, betont die Expertin: „Fangen Sie im privaten Umfeld an.“ Etwa, indem man bei einem Restaurantbesuch freundlich aber bestimmt auf einen Tisch am Fenster beharrt. Dann geht es galant im Job weiter. Etwa, wenn der Chef mit einer neuen Aufgabe kommt. Quittschau: „Fragen Sie ihn nach der Priorität: ‚Es stehen noch die Themen A und B an – wie sehen Sie die Prioritäten?‘“
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Anke Quittschaus Sprachtipps für selbstbewusstes Auftreten im Job:
- Sprechen Sie langsam und verständlich. Zu schnelles Sprechen kann die Zuhörer überfordern, die dann aussteigen.
- Setzen Sie bewusst Pausen ein, um bestimmte Aussagen zu unterstreichen.
- Üben Sie eine deutlich artikulierte Sprechweise durch das Aufsagen von Zungenbrechern wie „Fischers Fritz fischt frische Fische“. Geben Sie einfach unter Google den Begriff „Zungenbrecher“ ein und Sie finden zahlreiche Sammlungen dieser Artikulationsübungen.
- Verzichten Sie auf Fremdwörter, firmenspezifische Begriffe und Abkürzungen.
- Formulieren Sie positiv. Fragen oder Informationen kommen beim Gegenüber deutlicher an, wenn Sie negative Formulierungen aus Ihrer Sprache streichen. Statt „Wir hatten bisher nicht die Gelegenheit…“ besser positiv formulieren „Wir werden in Zukunft öfter die Gelegenheit nutzen…“.
- Keine Floskeln wie „Alles super“ oder „Ist klar“.
- Prüfen Sie Ihre Sprache auf Füllwörter wie „Ähm“, „Ok“ oder „Jaaa?“.
- Wortmüll streichen. Aussagen wie „da müsste ich mal nachsehen“ wirken verweichlicht. Aktiver ist: „Ich werde mal nachsehen“.
- Häufiger die Stimmlage und Lautstärke wechseln – macht Ihren Vortrag interessant.
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