Stressresistenz gefragt: Belastbarkeit wichtiger als Fachwissen?
In einer Arbeitswelt, die von immer höherem Tempo und steigenden Anforderungen geprägt ist, gewinnt die Belastbarkeit der Mitarbeitenden zunehmend an Bedeutung. Eine aktuelle Studie zeigt, wie Führungskräfte die Resilienz nicht nur im Auswahlverfahren, sondern auch im täglichen Arbeitsumfeld gezielt fördern können, um langfristigen Erfolg zu sichern.

Belastbarkeit vor Fachwissen? Warum Resilienz bei der Mitarbeiterauswahl immer wichtiger wird.
Foto: PantherMedia / IgorVetushko
Bei der Auswahl neuer Mitarbeitender wird Belastbarkeit bzw. Resilienz oft wichtiger eingeschätzt als Fachwissen. Allerdings hängt dies vom Einsatzgebiet ab: Generalisten müssen vor allem belastbar sein, während im technischen Bereich die Qualifikation entscheidender ist. Unternehmen können die Resilienz ihrer Mitarbeitenden durch passende Rahmenbedingungen stärken. Das zeigt der aktuelle Hernstein Management Report, eine Studie mit 1.600 Führungskräften aus Deutschland und Österreich.
Die Belastbarkeit der Mitarbeitenden ist ein entscheidender Faktor für den langfristigen Erfolg eines Unternehmens. Sie beschreibt die Fähigkeit, auch unter hoher Arbeitslast, Zeitdruck oder schwierigen Bedingungen leistungsfähig und motiviert zu bleiben. Eine hohe Belastbarkeit geht oft mit Stressresistenz, Flexibilität und einer guten Selbstorganisation einher. Dennoch ist es wichtig, dass Unternehmen ein gesundes Arbeitsumfeld schaffen, in dem Überlastung vermieden und die psychische sowie physische Gesundheit der Mitarbeitenden gefördert wird. Nicht zuletzt haben wir von einem hohen Krankenstand in Deutschland berichtet.
Warum Unternehmen zunehmend auf resiliente Mitarbeitende setzen
Laut der Studie spielt die Belastbarkeit eine entscheidende Rolle im Auswahlverfahren. 90 % der Befragten erachten es als wichtig, dass neue Mitarbeitende über diese Eigenschaft verfügen. Besonders in den Bereichen Finanzen, Banken und Versicherungen wird großer Wert darauf gelegt.
„Für Unternehmen ist diese Eigenschaft oft eine Grundvoraussetzung“, sagt Michaela Kreitmayer, Leitung Beratung, Projektleitung und Vertrieb des Bildungsinstituts Hernstein der FHWien der Wirtschaftskammer Wien. „Vertiefendes und spezifisches Fachwissen kann man sich im Regelfall im Unternehmen aneignen. Gute Führungskräfte fördern ihre Mitarbeitenden dahingehend, eine innere Stärke aufzubauen, widerstandsfähig gegenüber Stress und anpassungsfähig zu sein sowie auch nach Rückschlägen eine rasche Erholungsfähigkeit zu entwickeln“, erklärt Kreitmayer weiter.
Die Resilienz der Mitarbeitenden wird laut Führungskräften besonders durch gegenseitiges Vertrauen (61 %) gestärkt. Danach folgen Gemeinschaft und Zusammenhalt (55 %) sowie die Sinnhaftigkeit der Arbeit (47 %) und die Anerkennung von Erfolgen. Als Hindernisse gelten Zeit- und Leistungsdruck, ständige Kontrolle und häufige Unterbrechungen.
Belastbarkeit fördern
Kreitmayer erklärte, dass Führungskräfte durch den Aufbau guter Beziehungen und das Entgegenbringen von Vertrauen ein Umfeld schaffen könnten, das die Resilienz der Mitarbeitenden stärkt. Ständige Kontrolle und Erfolgsdruck seien hingegen kontraproduktiv.
Laut 62 % der befragten Führungskräfte ist Lösungsorientierung die wichtigste Eigenschaft, um die Resilienz und Belastbarkeit der Mitarbeitenden zu stärken. Kreitmayer erklärte, dass es dabei hilfreich sei, den Fokus auf die Zielerreichung statt auf mögliche Schwierigkeiten zu legen. Außerdem unterstütze es die Lösungsfindung, Probleme in Fragen zu verwandeln. Weitere wesentliche Eigenschaften zur Förderung der Widerstandsfähigkeit seien die Akzeptanz unveränderbarer Umstände, die Übernahme von Verantwortung und ein gesunder Optimismus.
Die Führungskräfte stellen fest, dass das Stressempfinden aufgrund der Arbeitsbelastung in den letzten 20 Jahren deutlich gestiegen ist. 36 % bestätigen dies, während 37 % von einer etwas höheren Belastung sprechen.

Mag.a (FH) Michaela Kreitmayer „Gute Führungskräfte fördern die Belastbarkeit und Resilienz ihrer Mitarbeitenden.“
Foto: feelimage/Matern)
Wie Führungskräfte ihre eigene Resilienz einschätzen
56 % der Führungskräfte können sich in ihrer Freizeit gut erholen, während etwa 10 % das Gegenteil berichten. Führungskräfte im oberen Management schätzen ihre Belastbarkeit geringer ein als ihre Kollegen im mittleren und unteren Management. Insgesamt sehen sich die Befragten als relativ belastbar an, 65 % bewerten sich auf einer Skala von 0 bis 10 mit den höchsten drei Werten. Kreitmayer stellt fest, dass sich die deutschen Führungskräfte dabei leicht belastbarer einschätzen als die österreichischen.
Der Hernstein Management Report erfasst seit über 20 Jahren jährlich die Stimmung von Führungskräften und Unternehmern in Deutschland und Österreich. Die aktuelle Umfrage fand von Juli bis August 2024 statt. Befragt wurden 1.600 Personen, darunter 600 aus Österreich und 1.000 aus Deutschland. Die maximale Schwankungsbreite liegt bei +/- 2,5 %. Die Befragung wurde online durchgeführt und von Triple M Matzka Markt- und Meinungsforschung umgesetzt.
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