Dieselskandal
Was als Rückruf von in Amerika verkauften VWs begann, hat sich seit 2015 zu einem Skandal entwickelt. Der Abgas- oder Dieselskandal wurde zum Synonym für gezielte Manipulation von Fahrzeugen, um die gesetzlichen Grenzwerte einzuhalten. Nachfolgend schildern wir die Chronologie und klären, was es mit Fahrverboten, Grenzwerten und Hardware-Nachrüstungen auf sich hat.
Mehr erfahrenDie Chronologie des Dieselskandals
VW und zugehörige Konzerne hatten sich offenbar bereits 2005 dazu entschlossen, Software zur Manipulation der Abgaswerte einzusetzen. Der Ursprung liegt Ermittlern zufolge entweder in Wolfsburg (VW-Zentrale) oder Ingolstadt (Audi-Zentrale). 2007 soll Bosch vor dem Einsatz seiner Technik zur Abgasnachbehandlung zum Zweck der Manipulation gewarnt haben. Es sollte allerdings noch sieben Jahre dauern, bis die falschen Abgaswerte auffällig wurden. Im Jahr 2014 erstellte die Universität West Virginia gemeinsam mit dem Forschungsinstituts International Council on Clean Transportation eine Studie. Im Rahmen dieser Studie wurden unterschiedliche Dieselfahrzeuge unter realistischen Rahmenbedingungen auf unterschiedlichen Strecken getestet. An Bord war ein System, welches die Emissionen auffangen und analysieren konnte. Dabei fielen die erhöhten Emissionswerte der Fahrzeuge auf. Nach dem Versuch die Probleme in Verhandlungen zu lösen, startete VW Ende 2014 eine Rückrufaktion. Erst im September 2015 klärt VW gegenüber der US-Umweltbehörde auf, dass Abgaswerte manipuliert worden sind. Erst danach informiert das Unternehmen die Allgemeinheit. Die Generalstaatsanwaltschaft des Bundesstaates New York und das Justizministerium schalten sich am 21. September 2015 im Fall VW ein, während der damalige Chef Martin Winterkorn eine Aufklärung des Skandals ankündigt. Nach kräftigen Verlusten an der Börse kündigt Winterkorn schon wenige Tage später sein Ausscheiden aus VW-Konzernchef an. Ende September steht fest, dass bei mindestens zwei Millionen Fahrzeugen von VW und seinen Tochterunternehmen getrickst wurde. In den USA lassen erste Klagen nicht lange auf sich warten, während VW schon Anfang Oktober 2015 eine Website verfügbar macht, die Fahrzeughaltern ermöglicht festzustellen, ob ihr Fahrzeug betroffen ist. Ebenfalls im Oktober durchsucht das Landeskriminalamt die Geschäftsräume von VW. Nach einem Rückruf in den USA muss VW am 15. Oktober auch die Fahrzeuge europäischer Käufer zurückrufen. 8,5 Millionen Fahrzeuge sind von der Aktion betroffen, die im Dezember startet. Im November wird öffentlich, dass nicht nur die Stickoxidwerte manipuliert worden sind. Auch der CO2-Ausstoß der Fahrzeuge ist betroffen, wie VW wenig später bestätigt. Am 4. Januar 2016 werden VW und seine Tochterunternehmen vom amerikanischen Justizministerium für den Einsatz von Betrugssoftware verklagt.
Wie im Abgasskandal manipuliert wurde
Um die Abgaswerte der eigenen Fahrzeuge auf dem Prüfstand zu verbessern, nutzen die Hersteller Software, die den aktuellen Status des Fahrzeugs erkennt. Was von der amerikanischen Umweltbehörde Epa als Abschalteinrichtung bezeichnet wird, funktioniert folgendermaßen: moderne Autos besitzen eine Software, die bei Tests verhindert, dass das ESP auf einem sogenannten Rollenprüfstand greift. Um dies zu erreichen, kann die Software einen solchen synthetischen Testlauf von einer realen Fahrt auf der Straße unterscheiden. Eben jene Erkennung wurde verwendet, um die Motorwerte während der Tests anzupassen. Diese Nutzung der Software ist illegal.
Welcher Hersteller hat im Dieselskandal manipuliert
Neben VW selbst sind andere Unternehmen aus dem Konzern betroffen. So soll Audi seinen Fahrzeugen einen zu kleinen AdBlue-Tank spendiert haben. Die harnstoffbasierte Lösung AdBlue hilft bei der Reduzierung der ausgestoßenen Stickoxide. Da die Tankfüllung allerdings nicht ausreichend war, wurde die Abgabe von AdBlue durch das System des Fahrzeugs reduziert. Dadurch stieg der Ausstoß der Stickoxide auf ein grenzwertüberschreitendes Maß. Hinzu kommt, dass Audi ebenfalls auf die Abschalteinrichtungen gebaut hat, die in VW-Motoren zum Einsatz kamen. Und durch die Verwendung von Audi-Motoren sind außerdem Fahrzeuge von Porsche betroffen. Auch gegen BMW, Mercedes, Ford und Fiat wird ermittelt. Auch sie sollen technische Mittel eingesetzt haben, um die Prüfungen zu umgehen und die Grenzwerte bei Tests einzuhalten. Außerdem sollen die Hersteller ein Kartell gebildet haben, um die zu geringe Größe der AdBlue-Tanks zu vereinheitlichen. Dies geht aus Recherchen des Spiegels hervor.
Hardware-Nachrüstung nach dem Dieselskandal
Vor allem Besitzer älterer Dieselfahrzeuge waren in den letzten Monaten verunsichert. Die Einführung von Fahrverboten führt dazu, dass die Fahrzeughalter nach vertretbaren Lösungen suchen, ihr Fahrzeug wieder stadttauglich zu machen. Nach anfänglichem Zögern durch Regierung und Autohersteller sind die Weichen für eine Hardware-Nachrüstung älterer Fahrzeuge inzwischen gestellt.
Diesel Hardware-Nachrüstung im Test
Zur Funktionalität und Effektivität der Nachrüstungen liegen durch Tests des ADAC inzwischen auch Ergebnisse vor. Um zu diesen zu gelangen, wurden entsprechende Sets ein Jahr lang auf tausenden Kilometern Strecke getestet. Die Ergebnisse der Tests sind gemischt. Die Systeme zur Abgasreinigung sind bei allen getesteten Fahrzeugen wirksam, allerdings nicht wirksam genug, um die geltenden Grenzwerte jederzeit einhalten zu können. Das Verkehrsministerium ermöglicht nachgerüsteten Fahrzeugen ein Übertreten der Grenzwerte um sechs Prozent. Bei warmem Wetter werden diese eingehalten. Im Herbst oder Winter überschreiten die Systeme die Vorgaben allerdings stark. Fahrzeugbesitzer müssen sich darüber hinaus auf deutlich höhere Kosten einstellen, was den Dieselverbrauch betrifft. Vor allem im Winter benötigen SCR-Katalysatoren (Selective Catalytic Reduction) durch die zu erreichende Betriebstemperatur von 200 Grad mehr Treibstoff. Allerdings spricht der ADAC im Test auch davon, dass es bei den verschiedenen Systemen noch genügend Spielraum für Verbesserungen gibt. Vor allem bei Fahrzeugen, welche die Platzierung des Katalysators nah dem Motor erlauben, ist eine Senkung des Energieverbrauchs möglich. Hier sorgt der Motor für die nötige Wärme und spart das elektrische Erhitzen teilweise ein.
Dieselfahrverbote in Deutschland
Nachdem Bekanntwerden der Manipulationen durch zahlreiche Hersteller von Dieselfahrzeugen, hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) schon im September 2015 Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in deutschen Städten für das Jahr 2016 gefordert. Inzwischen sind Dieselfahrverbote in verschiedenen Städten deutschlandweit eingeführt worden. In NRW sind beispielsweise Essen und Gelsenkirchen betroffen. Entsprechende Verbote gelten ab dem 1. Juli. Auch in Köln sollten, basierend auf einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln entsprechende Verbote eingeführt werden. Durch eine Berufung beim Oberverwaltungsgericht NRW in Münster konnten diese noch abgewandt werden.