ESA
Die Europäische Weltraumorganisation ist ein Zusammenschluss von 22 Mitgliedsstaaten (Stand 2021). Die meisten davon sind Staaten der EU, ergänzt um das Vereinigte Königreich, die Schweiz und Norwegen Hinzu kommen mehrere assoziierte Mitglieder, Kooperationspartner wie Kanada und europäische Staaten, die bereits ebenfalls mit der ESA kooperieren und wahrscheinlich in näherer Zukunft vollwertige Mitglieder werden.
Mehr erfahrenZwar gehören die meisten Mitglieder zur Europäischen Union, trotzdem besteht keine unmittelbare Verbindung zur EU. Die ESA ist also nicht als Raumfahrtbehörde der EU zu betrachten, sondern als selbstständige Einrichtung, die allerdings von der EU finanzielle Mittel erhält.
Die Abkürzung ist der englischen Bezeichnung European Space Agency entlehnt. Auf Französisch heißt die Organisation Agence spatiale européene (ASE). Englisch, Französisch und Deutsch sind nach einem Beschluss aus dem Jahr 2010 gleichzeitig auch die offiziellen Amts- und Arbeitssprachen innerhalb der Organisation.
Geschichte der ESA
Die ESA wurde 1975 mit dem Ziel gegründet, die Aktivitäten der europäischen Raumfahrt zu bündeln und besser koordinieren zu können. Dies geschah nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt, ein ähnlich starkes Gegenstück zu den entsprechenden Organisationen in den Vereinigten Staaten und der damaligen Sowjetunion zu schaffen, um nicht in eine vollständige technologische und politische Abhängigkeit zu geraten.
Viele Ingenieure und Wissenschaftler aus dem Bereich Luft- und Raumfahrt waren nach dem Zweiten Weltkrieg von den USA und der UdSSR abgeworben worden oder freiwillig zum Arbeiten in die beiden Länder ausgewandert. Rein nationale Bemühungen einzelner europäischer Staaten, mit den beiden Supermächten in Konkurrenz zu treten, wären angesichts der wesentlich geringeren finanziellen und wissenschaftlichen Kapazitäten von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen.
Bevor es allerdings zur Gründung kam, entstanden zwei Vorläuferorganisationen: die European Launcher Development Organisation (ELDO) und die European Space Research Organisation (ESRO). Aufgabe der ELDO war es, Trägerraketen zu konstruieren und zu bauen. Die ESRO sollte Satelliten für wissenschaftliche Zwecke entwickeln. Während die ESRO mit amerikanischer Unterstützung erfolgreich sieben Forschungssatelliten ins All brachte, scheiterte die ELDO an ihrer Aufgabe. 1975 schließlich wurden die beiden Organisationen zusammengeschlossen.
Den ersten Erfolg lieferte die ESA im ersten Jahr ihres Bestehens mit dem Projekt COS-B, einem Satelliten, der die kosmische Gamma-Strahlung erforschen sollte. Drei Jahre später wurde mit dem International Ultraviolet Explorer (IUE) das erste Weltraumteleskop in eine Erdumlaufbahn geschickt. 1985 startete die unbemannte Raumsonde Giotto, die in einer ersten Deep-Space-Mission die Kometen Halley und Grigg-Skjellerup untersuchte. In dieser Phase entstanden auch die wissenschaftlich und kommerziell erfolgreichen Trägerraketen des Typs Ariane, die vom Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana abheben und ein Glanzstück der Luftfahrt darstellen.
In den Anfangsjahren kooperierte die ESA hauptsächlich mit der US-amerikanischen Weltraumagentur NASA. Auf Grund diverser Schwierigkeiten wie eingeschränktem Informationsaustausch und Streichungen von Finanzmitteln in den USA konzentrierte sich die Organisation auf eigene Missionen und verstärkte die Zusammenarbeit mit den Organisationen Roskosmos (Russland), JAXA (Japan) und ISRO (Indien).
Das Selbstverständnis der ESA
Als gesamteuropäische Weltraumorganisation will dafür sorgen, dass die Forschung im All der Allgemeinheit zugutekommt. Zu diesem Zweck werden Raketen und Satelliten entwickelt, gebaut und gestartet und Astronauten ausgebildet. Darüber hinaus will die ESA über die Erde wachen und die großen und wichtigen Fragen des Universums beantworten.
Wie finanziert sich die ESA Luftfahrt?
Die Aktivitäten teilen sich in ein verpflichtendes und zahlreiche optionale Programme. Dabei werden das verpflichtende und das Weltraumforschungsprogramm durch sämtliche Mitglieder finanziert, und zwar anteilig nach dem jeweiligen Bruttoinlandsprodukt. Bei den optionalen Programmen entscheidet jedes Land selbst, ob es sich an der Finanzierung beteiligen will oder nicht und wie hoch der Beitrag sein soll. Im Jahr 2021 finanziert Frankreich rund 23 Prozent des Gesamtbudgets der ESA Luftfahrt, Deutschland 21 %, Italien 13 %.
Die verschiedenen Zentren
Der Hauptsitz befindet sich in der französischen Hauptstadt Paris. Daneben sind jedoch über ganz Europa verschiedene Zentren verteilt, die jeweils unterschiedliche Aufgabenbereiche übernehmen. Dazu zählen:
- Europäisches Weltraumforschungs- und -technologiezentrum (European Space Research and Technology Centre, ESTEC) im niederländischen Noordwijk als Entwicklungs- und Testzentrale für die Mehrzahl der ESA-Raumfahrzeuge
- Europäisches Satellitenkontrollzentrum (European Space Operations Centre, ESOC), zuständig für die Überwachung von ESA Satelliten, die sich in einem erdnahen oder interplanetaren Orbit bewegen; außerdem verantwortlich für das ESA-Programm zu Weltraumsicherheit, -wetter, -schrott sowie Asteroiden; der Sitz befindet sich in Darmstadt
- Europäisches Astronautenzentrum (European Astronauts Centre, EAC) in Köln; dort werden Astronautinnen und Astronauten für zukünftige Weltraummissionen ausgebildet und trainiert
- Europäisches Raumfahrtforschungsinstitut (European Space Research Institute, ESRIN) in Frascati, Italien; sammelt, speichert und verteilt die von Satelliten gewonnenen Daten an die ESA Mitglieder und Partner; dient zudem als Zentrale der Organisation für Informationstechnologie
- Europäisches Weltraum-Astronomiezentrum (European Space Astronomy Centre, ESAC) in Villafranca, Spanien; Anlaufstelle und Archiv für wissenschaftliche Daten aus sämtlichen planetaren und astronomischen Missionen der ESA Luftfahrt
- Europäisches Zentrum für Weltraumanwendungen und Telekommunikation (ECSAT) in Harwell, Vereinigtes Königreich; kümmert sich um Partnerschaften sowie die Kommerzialisierung der ESA Raumfahrtaktivitäten
- Europäisches Raumfahrtsicherheits- und Bildungszentrum (ESEC) in Redu, Belgien; versteht sich als Kompetenzzentrum für die Cyber-Sicherheitsdienste im All; beherbergt zudem die Zentren für die Proba-Missionskontrolle, für Weltraumwetterdaten sowie für die ESA Bildung
Bei der ESA Karriere machen – als Astronautin oder Astronaut
Wer bei der ESA Karriere machen möchte, hat zahlreiche Möglichkeiten. Viele Menschen werden sich aber zuallererst wünschen, Astronautin oder Astronaut zu werden. Im Vergleich zu anderen Berufen wie Ingenieur ist die Zahl der benötigten Astronauten bei der ESA Luftfahrt natürlich wesentlich geringer. Das wird zum Beispiel daran deutlich, dass die ESA mehr als zehn Jahre Pause eingelegt hat, bevor sie von Ende März bis Ende Mai 2021 wieder ein Bewerbungsverfahren eröffnet hat. Das allerdings bringt zwei interessante Neuerungen mit sich. Zum einen sollen nicht nur Berufs-, sondern auch Reserveastronauten ausgewählt werden, die für bestimmte Aufgaben und Missionen befristet angestellt werden.
Die zweite Neuerung ist noch überraschender. Im Rahmen einer Machbarkeitsstudie unter dem Titel „Parastronaut Feasibility Study“ können sich Menschen mit körperlichen Behinderungen für eine ESA Karriere bewerben. Die ESA will dabei herausfinden, unter welchen Umständen es möglich ist, dass eine Kandidatin oder ein Kandidat mit Behinderung zur Internationalen Raumstation ISS aufbrechen und sich dort eine Weile aufhalten kann.
Laut eigener Aussage will die ESA sämtliche Teile der Gesellschaft repräsentieren. Die Diversität soll sich aber nicht auf Geschlecht, Herkunft, sozialem Hintergrund und Alter beschränken, sondern ausdrücklich auch Menschen mit einem körperlichen Handicap miteinbeziehen.
Mindestvoraussetzungen für eine ESA Karriere als Astronaut
Bewerber für eine ESA Karriere als Astronaut müssen als Mindestvoraussetzungen einen Master-Abschluss in den Ingenieurs- oder Naturwissenschaften, in Mathematik, Informatik oder Medizin mitbringen. Als Alternative werden auch erfolgreiche Abschlüsse als Testpilot oder Ingenieur für Flugversuche in einer Testpilotenschule anerkannt. Weiterhin erforderlich für eine Anstellung bei der ESA Luft- und Raumfahrt sind sehr gute Englischkenntnisse (mindestens auf dem Niveau C1). Zusätzliche Fremdsprachen werden als Plus gewertet. Die Kandidatinnen und Kandidaten für eine ESA Karriere als Astronaut dürfen höchstens 50 Jahre alt sein und müssen aus einem Mitgliedsland der ESA oder aus einem kooperierenden Staat stammen.
Allerdings will die ESA für eine Karriere als Astronaut noch zahlreiche weitere Eigenschaften erfüllt sehen. Dazu zählen eine sehr gute physische Fitness, Stressresistenz, Teamfähigkeit und interkulturelle Kompetenzen, hervorragende analytische Fähigkeiten, eine schnelle Auffassungsgabe, eine exzellente Feinmotorik, die Bereitschaft zu häufigem Reisen und allgemein eine hohe Motivation.
Ein langer Auswahlprozess bis zur Karriere
Nach der Bewerbung für eine ESA Karriere beginnt ein langer Auswahlprozess in sechs Stufen. Zunächst werden auf Grundlage der eingereichten Bewerbungen mehrere Screenings durchgeführt. Im zweiten Schritt erfolgen Tests zu den Faktoren Motorik, Kognition und Persönlichkeit. Daran schließt sich ein Assessment Center mit praktischen und psychometrischen Test und Einzel- bzw. Gruppenübungen an. Die vierte Stufe umfasst Untersuchungen zu mentalen und physischen Fähigkeiten in Bezug zu Langzeitmissionen als Astronaut der ESA Luft- und Raumfahrt. Stufe 5 und 6 schließlich gehören zahlreichen Interviews, darunter auch mindestens eins mit dem Generaldirektor der ESA.
Der gesamte Auswahlprozess für die ESA Karriere als Astronaut dauert mehr als ein Jahr, bis dann die Astronautenanwärter der Öffentlichkeit präsentiert werden. Wer sich bewerben will, muss sich auf eine harte Konkurrenz einstellen. In der letzten Runde im Jahr 2008 gab es mehr als 8.400 Bewerber. Davon schafften es lediglich 11 % in die erste Runde. 2021/22 werden vier bis sechs fest angestellte Astronauten und 20 Reserve-Astronauten ausgewählt.
Bei der ESA Luft- und Raumfahrt gibt es neben dem Astronautenberuf aber noch viele andere interessante Jobs. Vor allem für Ingenieure, Informatiker und Wissenschaftler öffnen sich hier zahlreiche attraktive Tätigkeitsfelder.