Graphen
Graphen gilt seit seiner Entdeckung aufgrund seiner einzigartigen Struktur als Wundermaterial. Daneben besitzt es unterschiedliche, einzigartige Eigenschaften. So ist es gleichzeitig hauchdünn und trotzdem sehr widerstandsfähig. An dieser Stelle sollen die Hintergründe zu Graphen und seine vielfältigen Anwendungsgebiete beleuchtet werden. Zuerst soll allerdings die Frage geklärt werden, worum genau es sich bei Graphen handelt.
Mehr erfahrenWas ist Graphen?
Nüchtern betrachtet handelt es sich bei Graphen um nichts Besonderes, da Graphit, welches sich vor allem durch seine Vielschichtigkeit unterscheidet, in jedem handelsüblichen Bleistift vorkommt. Diese Schichten zeichnen sich durch Kohlenstoffatome aus, die zu Sechsecken angeordnet sind. Aus der Struktur gehen viele besondere Eigenschaften des Graphen, wie eine exzellente Leitfähigkeit hervor. Schon lange vor der Entdeckung des Graphen bestanden Überlegungen über die Eigenschaften besonders dünner Graphit-Schichten. Es sollte lange Zeit allerdings bei theoretischen Überlegungen zu Kohlenstofffolien bleiben, da deren Schaffung schlicht unmöglich schien. Eine praktische Umsetzung sollte erst im Jahr 2004 erfolgen. Sie geht auf die Arbeit von Andre Geim und Kostya Novoselov zurück. Sie hatten an der Universität von Manchester an der Erschaffung eines entsprechenden Materials geforscht und die Ergebnisse schließlich in einem Artikel offen gelegt. Es war den beiden gelungen eine Schicht Graphen zu isolieren und im praktischen Einsatz zu testen.
So verläuft die Graphen-Herstellung
Für die Herstellung des Test-Samples versuchten die Forscher unterschiedliche Methoden. Komplizierte Verfahren wie das Schleifen von Graphit brachte beispielsweise nicht den gewünschten Erfolg. Stattdessen bewährt sich eine wesentlich einfachere Möglichkeit. Mit der Verwendung von Klebestreifen wurden Flocken von Graphit abgezogen und schließlich mit weiteren Klebstreifen immer weiter ausgedünnt. In einer Lösung aus Iso-Propanol folgte die Loslösung des Graphen. Beide Forscher erhielten für ihre Arbeit einen Physik-Nobelpreis. Das liegt vor allem an den einzigartigen Eigenschaften des Materials, die wir nachfolgend kurz vorstellen wollen.
Die Eigenschaften von Graphen
Graphen profitiert im Vergleich zu Graphit von einer fehlenden Interaktion zwischen Elektronen und Kohlenstoffatomen. Elektronen weisen das Verhalten masseloser Teilchen auf und bewegen sich mit annähernder Lichtgeschwindigkeit. Praktisch lassen sich verschiedene Arten von Graphen unterschieden, die unterschiedliche Eigenschaften besitzen. Differenziert wird hier nach der Zahl der Lagen, wobei von einer Lage bis hin zu mehr als zehn Lagen abgestuft wird. Mit einer Dicke von 0,3 Nanometern pro Schicht ist eine Graphenschicht wesentlich dünner, als ein menschliches Haar. Je nach dem Verhältnis zwischen Kohlenstoff- und Sauerstoffatomen lassen sich ganz unterschiedliche Eigenschaften für das Material erreichen. Diese besonderen Eigenschaften bedingen unterschiedliche Einsatzgebiete für Graphen.
Vielfältige Anwendungsgebiete
Ein häufig diskutiertes Anwendungsgebiet für das spezielle Material sind Akkus. Grundsätzlich handelt es sich um Lithium-Ionen-Akkus, deren Pole mit Graphen beschichtet wurden. Sie lassen sich trotz hohen Fassungsvermögen deutlich schneller laden als bisher. Gleichzeitig soll die Kapazität im Vergleich mit bisherigen Lithium-Ionen-Akkus deutlich gesteigert sein. Mehr Kapazität bei gleichzeitig verkleinerter Bauform hätten auch Prozessoren, sofern sie auf das besondere Material setzten. Das bisher in Verwendung befindliche Silizium begrenzt deren Herstellung nämlich auf sieben Nanometer. Nur eine weitere Verkleinerung beim Herstellungsprozess sei in der Lage, hier einen weiteren großen Sprung zu ermöglichen. Und Graphen könnte sich auch an dieser Stelle als Material der Wahl erweisen. Entwicklungen sind allerdings wesentlich weniger weit fortgeschritten als bei Akkus. Es ist derzeit nicht abzusehen, wann hier Ergebnisse zu erwarten sind.
Bildschirme, Lautsprecher, Brandschutz – Graphen als Allzweckwaffe
Ähnlich sieht es bei Smartphones und Bildschirmen aus, die sich die Eigenschaften von Graphen auf andere Weise zunutze machen können. Denn Graphen ist durchsichtig und gleichzeitig besonders elektrisch leitfähig, was sich bei der Herstellung von Bildschirmen als Vorteil erweisen könnte. Auch für mobile Geräte von Interesse wären mit Sicherheit Lautsprecher, die auf Graphen basieren. Sogenannte thermoakustische Lautsprecher sind vor allem in Hinblick auf den geringen Platzbedarf interessant. Und warum thermoakustisch? Der Begriff leitet sich aus dem Vorgang ab, welcher der Geräuscherzeugung vorausgeht. Hierfür Resultat wären wohl deutlich gesunkene Preise bei der Produktion. Eine andere Seite zeigt das Material beim Brandschutz. Zumindest, sofern Graphen als Mischung mit Plastik zum Einsatz kommen, da sich hieraus eine Hitzebeständige Verbindung ergibt, die gleichzeitig starken mechanischen Belastungen standzuhalten in der Lage ist.
Die Auswirkungen – Graphen in der Praxis
In der praktischen Anwendung findet sich Graphen derzeit noch nicht. Viele Produkte aus den zuvor präsentierten Szenarien sind allerdings vorgestellt und befinden sich in der aktiven Entwicklung. Durch seine besonderen Eigenschaften ist zu erwarten, dass das Material in den nächsten Jahren den Platz im Alltag einnimmt, den zuvor Plastik innehatte. Das könnte auch für die Auswirkungen des besonderen Materials gelten. Dessen biologische Implikationen sind nach dem derzeitigen Stand noch wenig untersucht. Im Rahmen der EU-Forschungsförderung „Graphene Flagship“ werden die verschiedenen Seiten des Materials untersucht. Und auch die gesundheitlichen Folgen eines Einsatzes stehen hier im Fokus. Die aktuelle Datenlage wird über die Verbindung der Ergebnisse unterschiedlicher Studien abgebildet. Diese kann als rudimentär bezeichnet werden und toxische Auswirkungen auf den menschlichen Körper und die Umwelt sind noch nicht abzusehen. Das liegt vor allem an dem vielseitigen Auftreten von Graphen. Je nach Materialzusammensetzung entstehen unterschiedliche Eigenschaften und Auswirkungen. Ziel der Forscher für die nähere Zukunft ist die Schaffung eines Modelles, um die Auswirkungen auf Menschen und die Umwelt bewerten zu können, um einen sicheren Einsatz des „Wundermaterials“ in Zukunft gewährleisten zu können.