3D-Druck: Forscher lösen schwerwiegendes Problem
3D-Druck wird immer beliebter: Sowohl im Industriebereich als auch bei Privatanwendern. Bestimmte Abfallprodukte können allerdings schädlich sein: Forscher der Uni Stuttgart arbeiten jetzt an einer Lösung.
Der Hype kommt in der Realität an: Immer mehr Unternehmen aus der industriellen Fertigung sprechen nicht mehr nur drüber, sondern nutzen 3D-Druck-Verfahren im großen Stil: Für Prototypen und in der Entwicklung, aber zunehmend auch in der Massenproduktion. Und der Markt wächst schnell. Derweil gibt es auch immer mehr Privatanwender, die den 3D-Druck nutzen.
Allerdings gibt es ein Problem bei der Additiven Fertigung: Für Formen wie Überhänge, Hohlräume oder Hinterschneidungen sind Stützstrukturen notwendig, wenn diese im 3D-Drucker hergestellt werden sollen. Sie halten die eigentliche Form stabil.
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3D-Druck: Stützstruktur als Abfallprodukt
Diese Stützstrukturen sind ein Abfallprodukt, sie müssen nach dem 3D-Druck rückstandslos entfernt werden, was oftmals sehr aufwendig sein kann. Für diese Strukturen werden häufig bestimmte Kunststoffe verwendet, die nur durch Säure, Basen oder Lösungsmittel rückstandslos aufgelöst werden können. Das belastet wiederum die Umwelt, weil bei der Entsorgung nicht nur die Kunststoffreste, sondern auch die Chemikalien ins Abwasser und den Kreislauf geraten. Und je größer der 3D-Drucker-Markt wird, desto größer wird auch dieses Problem.
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Forscher an der Universität Stuttgart haben sich des Problems jetzt angenommen. Am Institut für Kunststofftechnik entwickelt ein Team unter der Leitung von Christian Bonten ein neuartiges Stützstrukturmaterial, das sowohl wasserlöslich als auch biologisch abbaubar ist. Das Material besteht aus einem biologisch abbaubaren Kunststoff auf Basis von Polyhydroxybutyrat, der mit einem Salz compoundiert wurde.
3D-Druck mit Polyester aus erneuerbaren Rohstoffen
Polyhydroxybutyrat, auch Polyhydroxbuttersäure oder kurz PHB genannt, ist ein Polyester, der durch Fermentation aus erneuerbaren Rohstoffen hergestellt wird. Die Gewinnung kann bei der Fermentation zum Beispiel auf Basis von Zucker und Stärke erfolgen. Über die Beimischung des Zuschlagsstoffs erhält das neuartige Material die Eigenschaften, die es Stützmaterial braucht.
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Mit diesem Kunststoff als Stützmaterial können Strukturen erzeugt werden, die nach dem Druckvorgang einfach mit Wasser ausgewaschen werden können, teilt das Team der Uni Stuttgart mit. Das Wasser löst dabei das Salz aus der porösen Struktur, so dass der Werkstoff in winzige Fragmente zerfällt und sich einfach rückstandslos vom Bauteil aus dem 3D-Drucker entfernen lässt. Die im Wasser gelösten Kunststoffteile können anschließend durch Mikroorganismen vollständig biologisch abgebaut werden.
Polymerketten im Abwasser
Nach Einschätzung der Forscher kann das auch ein bestehendes Problem beim 3D-Druck vor allem bei Anwendungen im privaten Bereich lösen. Oft werden hier auch lösliche Stützstrukturwerkstoffe verwendet, die im Wasser vollständig gelöst werden. Bei Anwendungen im privaten Bereich wird das entstehende Abwasser aber mitsamt der darin gelösten Polymere entsorgt.
Potentielles Umweltproblem durch 3D-Druck
Die Polymerketten gelangen so in die Umwelt. Wissenschaftler vermuten, dass Mikroplastik dieser Art schädlich für Mensch und Tier sein kann, die Studienlage dazu ist allerdings noch ungenau. Als Mikroplastik werden Partikel bezeichnet, die 0,1 Mikrometer bis 5 Millimeter groß sind. Noch kleinere Teilchen bezeichnet man als Nanoplastik.
Die Sorge vor solchen Plastikteilche, die theoretisch in menschliche Zellen eindringen können, ist immerhin so groß, dass die Weltgesundheistorganisation WHO längst eine präventive Wasser-Filterung von Mikroplastik fordert. Über Strukturen, die biologisch abbaubar sind, ließe sich zumindest in diesem Bereich des 3D-Drucks das potentielle Umwelt-Problem von vornherein vermeiden.
Das Projekt der Uni Stuttgart wird von der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) gefördert, die Erfindung des Teams wurde in Deutschland zum Patent angemeldet, teilt die Universität mit.
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